Die Parteien, beide ausschließlich italienische Staatsangehörige, sind seit 14.02.1997 miteinander verheiratet. Aus dieser Ehe sind keine Kinder hervorgegangen.
Die Antragsgegnerin befindet sich in laufender fachärztlicher Behandlung, weil sie unter Oligophrenie nach einer Hirntumoroperation im Jahre 1988, neurotischer Depression mit latenter Suizidalität und phobischen Ängsten leidet.
Die Parteien leben seit November 1999 ununterbrochen voneinander getrennt. Seinerzeit zog die Antragsgegnerin aus der vormals ehelichen Wohnung aus.
Die Parteien werfen sich wechselseitig ehewidriges Verhalten vor. Der Antragsteller behauptet, die Antragsgegnerin habe sich während der Ehezeit anderen Männern zugewandt und ihm gedroht, ihn umzubringen.
Die Parteien beantragen,
die am 14.02.1997 vor dem Standesbeamten in Lüdenscheid unter der Heiratsregister-Nr. 30/1997 geschlossene Ehe der Parteien zu trennen.
Die Antragsgegnerin behauptet, der Antragsteller seinerseits habe seine ehelichen Pflichten nicht erfüllt, insbesondere sie zum Auszug gedrängt und beschimpft, sie sei „dumm” und „krank im Kopf’; außerdem sei sie zu nichts zu gebrauchen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Anträge der Parteien sind zulässig.
Die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts folgt aus Art. 2 lit. a) 1. Variante VO EG Nr. 1347/2000 (EheGVVO). Danach sind u. a. für Entscheidungen, die die Trennung einer Ehe ohne Auflösung des Ehebandes betreffen, die Gerichte des Mitgliedsstaates zuständig, in dessen Hoheitsgebiet beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dieser befindet sich in Lüdenscheid.
Diese Zuständigkeitsregelung verdrängt § 606a ZPO (Geimer in: Zöller, 23. Aufl., § 606a ZPO Rn. 1 und Art. 1 EheGVVO Rn. 2; Heldrich in: Palandt, 61. Aufl., Art. 17 EGBGB Rn. 15,27; Albers in: Baumbach/Lauterbach, 60. Aufl., Einf. vor EheGVVO Rn. 4 mwN) nach dessen Abs. 1 Nr. 2 die Zuständigkeit ebenfalls gegeben wäre.
Die örtliche Zuständigkeit beruht auf § 606 Abs. 2 S. 1 ZPO. Es ist allgemein anerkannt und richtig, diese Vorschrift auf die Trennung von Tisch und Bett anzuwenden. Der dazu ergehende Ausspruch ist in der Norm zwar nicht vorgesehen, aber von der Scheidung und dem Recht zum Getrenntleben nicht so grundsätzlich verschieden, daß er dem Ausländer, der dringend auf ihn angewiesen sein kann, deshalb vorenthalten werden müßte, weil das deutsche Prozeßrecht keine ausdrückliche Bestimmung darüber enthält, in welchem Verfahren ein solches Begehren zu verfolgen ist (BGHZ 47, 325 (338); BGH FamRZ 1987, 793; OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 146 (147) mwN; Maurer in: Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl., 11120; Phillippi in: Zöller aaO, § 606 ZPO Rn. 11; Albers aaO Grundz. vor § 606 ZPO Rn. 1).
Diese Beurteilung wird durch die in Art. 2 Abs. 1 EheGWO vorgenommene Zusammenfassung der Ehescheidung, der Trennung ohne Auflösung des Ehebandes und der Ungültigerklärung der Ehe bestätigt.
Die Anträge der Parteien sind auch begründet.
Ihre gleichgerichteten Begehren sind gemäß Art. 17 Abs. 1 S. 1 iVm Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB nach italienischem Recht zu beurteilen. Denn beide Parteien sind italienische Staatsangehörige. Art. 17 Abs. 1 S. 1 EGBGB ist – ebenso wie die Zuständigkeitsregelung in § 606 ZPO (s. o.) – auch auf Separationsklagen nach ausländischem Recht anzuwenden. Obwohl die Trennung eine dem deutschen Recht fremde Rechtseinrichtung ist, steht sie ihrer sozialen Funktion der Auflösung der Ehe dem Bande nach nahe und eröffnet seit der Einführung der Scheidung im italienischen Recht die Möglichkeit, diese später auszusprechen. In kollisionsrechtlicher Sicht ist es deshalb geboten, diese Regelungsmaterie den für die Scheidung geltenden Vorschriften zuzuordnen (BGH FamRZ 1987, 793; BGHZ 47,324 (333); OLG Stuttgart FamRZ 1997, 879; Dopffel FamRZ 1987, 1205, 1210; Heldrich aaO Rn. 15).
Das italienische internationale Privatrecht verweist nicht auf das deutsche Recht zurück (vgl. Art. 31 Nr. 1 des Gesetzes Nr. 218 vom 31.05.1995 über die Reform des italienischen System des internationalen Privatrechts; s. a. Hohloch, Internationales Scheidungs- und Scheidungsfolgenrecht, 3A Rn. 14; zum früheren Recht ebenso OLG Celle FamRZ 1984, 280).
Gemäß Art. 150 des italienischen Zivilgesetzbuches (Cc) ist die Trennung von Tisch und Bett zulässig, kann gerichtlich oder einverständlich zustande kommen und kann – ausschließlich – von den Ehegatten beantragt werden. Nach Art. 151 Cc, auf den beide Parteien ihr Begehren stützen, kann die gerichtliche Trennung von Tisch und Bett u. a. beantragt werden, wenn sich, auch unabhängig vom Willen eines oder beider Ehegatten eingetretene, Tatsachen ergeben, welche die Fortsetzung des Zusammenlebens unerträglich gestalten. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft ist den Parteien objektiv unzumutbar.
Sie leben seit Jahren, nämlich seit November 1999, ununterbrochen voneinander getrennt. Beide lehnen eine Wiederherstellung der Ehe unmißverständlich ab. Sie werfen sich wechselseitig grob ehewidriges Verhalten vor und bestreiten insoweit die Behauptungen der jeweils anderen Partei. Zudem ist die Ehefrau weiterhin psychisch krank, insbesondere depressiv (zu diesem Trennungsgrund vgl. Hohloch aaO, 3B Rn. 18).
Das Gericht hat sowohl von der – zunächst getrennten und in einem gesonderten Termin durchzuführenden – Anhörung der Ehegatten ausschließlich zur Herbeiführung einer Versöhnung der Ehegatten (Art. 4 Abs. 7 Gesetz Nr. 898 / 72; Art. 708 Zivilprozeßgesetzbuch) als auch von der Beteiligung des Staatsanwalts (Art. 5 Abs. 1 Gesetz Nr. 898 / 72) abgesehen. Diese Maßnahmen stellen ausländische verfahrensrechtliche Regelungen dar (Winkler von Mohrenfels in: Münchener Kommentar, 3. Aufl., Art. 17 EGBGB Rn. 108; für den Versöhnungsversuch: OLG Frankfurt FamRZ 2001, 293 mwN auch zur Gegenansicht; Heidrich aaOArt. 17 EGBGB Rn. 16; Henrich aaO sieht zumindest den Schwerpunkt im Verfahrensrecht, die das erkennende Gericht nicht anwendet, Winkler von Mohrenfels aaO Rn. 129).
Denn insoweit gilt die lex fori (Geimer in: Zöller, 23. Aufl., IZPR Rn. 1 mwN; Hohloch aaO 1 Rn. 94; Henrich aaO, Art. 17 EGBGB Rn. 37; Heldrich aaO, Rn. 11; s. a. OLG Karlsruhe FamRZ 1984,184; OLG Celle FamRZ 1984, 280; OLG Bremen IPRax 1985, 47; OIG Hamm NJW 1981, 2648 (2649); a. A: wohl OLG Hamburg FamRZ 2001, 1008 (1009)).
Die Beachtung der genannten Vorschriften ist auch nicht zu empfehlen, wenn die Anerkennung der deutschen Entscheidung im Heimatstaat der Ehegatten von ihrer Einhaltung abhängt (so aber Henrich aaO Rn. 38 und Winkler von Mohrenfels aaO Rn. 110 jeweils m. w, N.).
Insoweit zutreffend Winkler von Mohrenfels a. a. O Anerkennung einer deutschen Gerichtsentscheidung im Ausland kann nicht dazu führen, deutsches (Verfahrens-) Recht in derartigen Fällen anders anzuwenden als in Fällen ohne Auslandsbezug. Dieses Kriterium findet für den vorliegenden Fall im geltenden Recht keine Grundlage. Die Anerkennung im Ausland konnte lediglich unter der Geltung von § 606b ZPO aF von allgemeiner Bedeutung sein, diesen Zusammenhang stellt zutreffend Tortorici IPRax 1983, 252 her.
Nach dessen Nr. 1 Fall 1 konnte – bei fehlender deutscher Staatsangehörigkeit beider Parteien – von einem deutschen Gericht in der Sache nur entschieden werden, wenn der gewöhnliche Aufenthaltsort des Mannes oder der Frau im Inland gelegen war und nach dem Heimatrecht des Mannes die von dem deutschen Gericht zu fällende Entscheidung anerkannt wurde. Diese Vorschrift ist indessen mit dem Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25.07.1986 aufgehoben worden. Die Anerkennung ist nunmehr nur noch im Rahmen des – hier nicht einschlägigen – § 606a Abs. 1 Nr. 4 ZPO von Belang. Wenn der Gesetzgeber damit jedoch das gegenüber der früheren Rechtslage erhöhte Risiko hinkender Scheidungen in Kauf genommen hat (Bergerfurth, Der Ehescheidungsprozeß und die anderen Eheverfahren, 11. Aufl., Rn. 212 mwN; zu den Kontroversen hinsichtlich des Anerkennungserfordernisses im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens vgl. Dopffel aaO, 1210) widerspricht es dieser Intention, die Frage der Anerkennung auf dem Umweg über die Verfahrensgestaltung wieder in die Prüfung einzubeziehen.
Zudem wird der hinter diesen Vorgaben des ausländischen Rechts stehende Sinn und Zweck nach deutschem Verfahrensrecht anders gesichert bzw. nicht (mehr) als erforderlich angesehen. Über diese Entscheidungen des Gesetzgebers kann sich die Rechtsprechung nicht durch bloße Zweckmäßigkeitserwägungen im Hinblick auf die etwa unterbleibende Anerkennung ihrer Entscheidungen im Ausland hinwegsetzen. Der Versöhnungsversuch war in § 608 ZPO aF vorgesehen. Nach dessen Satz 1 hatte derjenige, welcher eine Scheidungsklage oder eine Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens beabsichtigte, bei dem für die Klage zuständigen Gericht einen Sühneversuch zu beantragen. Dazu richtete sich das weitere Verfahren nach § 609f ZPO aF Diese Normen sind durch das erste EheRG vom 14.06.1976 mit Wirkung zum 01.07.1977 gegenstandslos geworden. Ob ein Versöhnungsversuch in Betracht kommt, wird nunmehr durch die persönliche Anhörung der Parteien gemäß § 613 ZPO festgestellt. Wenn sich hierfür begründete Anhaltspunkte ergeben, kommt eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 614 ZPO in Betracht. Im Rahmen dieser Möglichkeiten des deutschen Rechts mag eine Berücksichtigung ausländischer verfahrensrechtlicher Normen sachgerecht sein (zu diesem Aspekt vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2001, 293 (294)): Für die Beteiligung der Staatsanwaltschaft (oder einer anderen Behörde) ist in dem aktuellen deutschen Scheidungsrecht eine Rechtsgrundlage nicht vorhanden, AG Besigheim NJW 1981, 2647 (2648).
Im Fall ihrer Benachrichtigung wirkt sie – verständlicherweise – tatsächlich nicht mit, vgl. die in OLG Frankfurt FamRZ 1984, 184 wiedergegebene Auskunft der dortigen Generalstaatsanwaltschaft.
Der Hinweis auf § 1316 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BGB (Maurer aaO 11121) überzeugt nicht, weil dort eine andere Regelungsmaterie betroffen ist: es geht nicht um die Ehescheidung, sondern um die Aufhebung der Ehe, was im öffentlichen Interesse liegt. Unter diesen Umständen kommt auch – mangels Regelungslücke – eine Analogie unter keinem Gesichtspunkt in Betracht, AG Besigheim aaO
Aus eben diesem Grund besteht auch keine Veranlassung, an der Stelle der Staatsanwaltschaft die gemäß § 1316 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BGB zuständige Behörde, für Nordrhein-Westfalen gemäß Verordnung vom 26.05.1998 (GVBI 1998,391) die Bezirksregierung Arnsberg, zu beteiligen (so aber Geimer aaO, § 606a ZPO Rn. 15).
Wenn nach italienischem Recht der Staatsanwalt einzuschalten ist, besteht kein Raum für die Mitwirkung einer anderen Behörde. Denn die Staatsanwaltschaft existiert auch nach deutschem Recht. Die Bezirksregierung ist in Ehesachen lediglich in anderem Zusammenhang zu beteiligen. Sie hat im Rahmen der Reform des Eheschließungsrechts nur einen Ausschnitt aus der vormaligen Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft übernommen, nämlich denjenigen mit der Parteistellung gemäß §§ 632, 638 ZPO aF, vgl. Hepting FamRZ 1998,713 (727).
Dieser Bereich ist hier nicht berührt. Wenn sodann aus den dargestellten Gründen die Staatsanwaltschaft nicht hinzugezogen wird, erledigt sich auch die Beteiligung einer anderen Behörde. Insoweit erscheint auch Geimers Argumentation nicht schlüssig. Wenn danach die Staatsanwaltschaft als „defensor vinculi” (zu deutsch: Verteidiger des Ehebandes), (differenzierter zur Funktion des Staatsanwalts nach italienischem Recht Tortorici aaO (253); Luther NJW 1981, 2605 (2606)), mitwirken soll, kommt hierfür der Funktion nach die Verwaltungsbehörde als zur Beantragung der Aufhebung der Ehe berechtigte Partei kaum in Betracht. Die Aufgabe, die Ehe zu bewahren, ist nach dem EheRG nicht mehr von einem gesondert Beteiligten wahrzunehmen. § 607 Abs. 3 ZPO aF, der bis zum 30.06.1977 vorsah, daß der Staatsanwalt sich über die zu erlassende Entscheidung gutachtlich äußern und, sofern es sich um die Aufrechterhaltung einer Ehe handelt, neue Tatsachen und Beweise vorbringen konnte, ist ersatzlos entfallen. Tatsächlich hatte der Staatsanwalt auch nur „sehr selten” mitgewirkt ((Baumbach/Lauterbach, 30. Aufl., § 607 ZPO Anm. 1)1; Thomas/Putzo, 8. Aufl., § 607 ZPO)).
Für die Einschaltung der Staatsanwaltschaft gibt es auch kein davon unabhängiges Bedürfnis. Wenn diese Maßnahme vor allem auch dem Schutz Minderjähriger dienen soll, so OLG Düsseldorf aaO, kommt diesem Aspekt im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu, weil die Ehe der Parteien kinderlos geblieben ist. Abstrakt würde diesem Aspekt zudem durch die notwendige Beteiligung des Jugendamtes als Fachbehörde gemäß § 50 SGB VIII, § 49a FGG hinreichend Rechnung getragen und durch die Möglichkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers gemäß § 50 FGG noch untermauert. Demgegenüber wäre eine – formale – Beteiligung der Staatsanwaltschaft offensichtlich sinnlos und damit überflüssig, weil eine das Verfahren irgendwie beeinflussende Mitwirkung derselben nicht zu erwarten wäre (s. o.).
Abgesehen davon, daß bisher von der Anerkennung eines Urteils eines deutschen Gerichts in Italien ausgegangen worden ist, selbst wenn die genannten Verfahrensvorschriften nicht beachtet worden sind (Winkler von Mohrenfels aaO Rn. 109 mwN; OLG Celle FamRZ 1984, 280, Tortrici aaO mwN), ist die Anerkennungsfrage nunmehr durch Art. 14f EheGWO eindeutig geregelt. Gemäß Art. 14 Abs. 1 EheGVVO findet eine automatische Anerkennung – jedenfalls stattgebender – Entscheidungen statt (Kohler NJW 2001, 10 (12)). Albers aaO Anm. 2. Art. 15 EheGWO sieht (abschließend Geimer (a.a. O. Art. 15 EheGWO Rn. 1)) Gründe für die Nichtanerkennung vor, die hier allesamt nicht einschlägig sind. Insbesondere liegt kein offensichtlicher Verstoß gegen den ordre public vor (Art. 15 lit. a) EheGVVO, vgl. die in OLG Frankfurt FamRZ 1984, 59 und OLG Karlsruhe FamRZ 1984, 184 wiedergegebenen diplomatischen Stellungnahmen.
Gemäß Art. 36 EheGWO wird durch diesen Vertrag der bilaterale Vertrag vom 09.03.1936 (vgl. dazu BGH FamRZ 1983, 366; Luther aaO, 2606) ersetzt, soweit dieses deutsch-italienische Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen die in der EheGWO geregelten Bereiche betrifft.