Die Klägerin berühmt sich verschiedener Schadensersatzansprüche im Gesamtbetrag von DM 197.284,‑ gegen die Beklagte, weil diese das im Eigentum der Klägerin stehende Binnenschiff „M.“ bei Löscharbeiten von Kiesladungen ab 01.06.1989 wiederholt beschädigt habe. Zuständig für die Entscheidung hierüber sei das Schiffahrtsgericht Würzburg.
Bezüglich des Sachvortrages der Parteien in 1. Instanz und die dort gestellten Anträge wird auf die Seiten 3 und 4 des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Am 20.11.1992 hat das Amtsgericht -- Schiffahrtsgericht -- Würzburg das angefochtene Zwischenurteil erlassen, wonach die Klage zulässig sei.
Auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt.
Sie bestreitet, daß zwischen den Parteien ein Erfüllungsort und Gerichtsstand wirksam vereinbart worden sei.
Die Anwendung der ADSp sei selbst nach den Rechnungsvordrucken der Klägerin ausgeschlossen. Deren Konnossementsbedingungen seien ihr bei den Vertragsverhandlungen nicht zur Kenntnis gebracht worden.
Durch den Rechnungsaufdruck in den Formularen der Klägerin „Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Würzburg“ werde keine Vereinbarung des Erfüllungsorts und Gerichtsstandes begründet.
Auch nach Art. 17 und Art. 5 des EuGVÜ fehle es an der Schriftform der Vereinbarung.
Im übrigen wird auf das erste Berufungsvorbringen der Beklagten Bezug genommen.
Diese hat beantragt, das Zwischenurteil des Amtsgerichts -- Schiffahrtsgericht -- Würzburg vom 20.11.1992 aufzuheben und die Klage als unzulässig kostenpflichtig abzuweisen.
Die Klägerin hat beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Aus dem Bestätigungsschreiben der Klägerin vom 16.02.1990 ergebe sich die Vereinbarung des Erfüllungsortes und Gerichtsstandes Würzburg. Dem habe die Beklagte nie widersprochen, ebensowenig der Aktennotiz vom 13.02.1990, die im Schreiben vom 16.02.1990 und in der Rechnung vom 14.03.1990 als Vertragsbestandteil angeführt sei.
Im übrigen habe die Beklagte die Konnossementsbedingungen der Klägerin vor Vertragsbeginn erhalten und gekannt.
Der Vermerk über den Erfüllungsort und Gerichtsstand Würzburg sei auf sämtlichen Rechnungen, Gutschriften und im Schriftverkehr enthalten. Ebenso im Bestätigungsschreiben vom 16.02.1990.
Allein 1989 habe die Beklagte 103 derartige Rechnungen erhalten. Nie habe die Beklagte dem Vermerk über Erfüllungsort und Gerichtsstand widersprochen.
Auf die weiteren Ausführungen der Klägerin wird verwiesen.
Das Berufungsgericht hat zunächst Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D., W. und B.
Auf die Sitzungsniederschriften vom 07.10.1993 und 09.12.1993 wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 27.01.1994, auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat das Oberlandesgericht Nürnberg das Ersturteil abgeändert und die Klage abgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin Revision eingelegt.
Im Revisionsverfahren hat der Bundesgerichtshof (i.F. BGH) gemäß Beschluß vom 06.03.1995 dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (i.F. EuGH) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist eine mündliche Vereinbarung über den Erfüllungsort (Art. 5 EuGVÜ) auch dann anzuerkennen, wenn sie nicht die Festlegung des Ortes bezweckt, an dem der Schuldner die ihm obliegende Leistung zu erbringen hat, sondern allein darauf abzielt, einen bestimmten Gerichtsstand -- formfrei -- festzulegen (sog. „abstrakte“ Erfüllungsortvereinbarung)?
2. Für den Fall, daß der Gerichtshof die Vorlagefrage 1. verneint:
a) Kann eine Gerichtsstandsvereinbarung im internationalen Handelsverkehr nach Art. 17 Abs. 1 S. 2, 3. Fall EuGVÜ in der Fassung von 1978 auch in der Weise getroffen werden, daß der eine Teil einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben nicht widerspricht, das einen vorgedruckten Hinweis auf den ausschließlichen Gerichtsstand des Versenders enthält, oder bedarf es in jedem Fall einer vorherigen Willenseinigung hinsichtlich des Inhalts des Bestätigungsschreibens?
b) Reicht es für eine Gerichtsstandsvereinbarung nach der genannten Vorschrift, daß die von dem einen Teil übersandten Rechnungen jeweils einen Hinweis auf den ausschließlichen Gerichtsstand des Beförderers und auf die von ihm verwendeten, ebenfalls denselben Ort als Gerichtsstand festlegenden Konnossementsbedingungen enthalten und der andere Teil die Rechnungen jeweils widerspruchslos bezahlt oder bedarf es auch insofern einer vorherigen Willenseinigung? Am 20.02.1997 hat der EuGH mit Urteil vom 20.02.1997, auf dessen Gründe verwiesen wird, auf die vorgelegten Fragen für Recht erkannt:
1. Im internationalen Handelsverkehr kann im Rahmen eines mündlich geschlossenen Vertrages gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 dritter Fall des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der Fassung des Übereinkommens vom 09. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreiches Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland eine Gerichtsstandsvereinbarung auch in der Weise getroffen werden, daß die eine Vertragspartei auf ein ihr von der anderen Partei übersandtes kaufmännisches Bestätigungsschreiben, das einen vorgedruckten Hinweis auf den Gerichtsstand enthält, nicht reagiert oder wiederholt Rechnungen, die einen solchen Hinweis enthalten, widerspruchslos bezahlt, sofern dieses Verhalten einem Handelsbrauch in dem Bereich des internationalen Handelsverkehrs entspricht, in dem die Parteien tätig sind, und sofern dieser Brauch ihnen bekannt ist oder als ihnen bekannt angesehen werden muß. In einem Geschäftszweig des internationalen Handelsverkehrs besteht ein Handelsbrauch namentlich dann, wenn ein bestimmtes Verhalten von den dort tätigen Kaufleuten bei Abschluß einer bestimmten Art von Verträgen allgemein befolgt wird. Daß die Vertragsparteien einen solchen Handelsbrauch kennen, steht namentlich dann fest, wenn sie schon früher untereinander oder mit anderen in dem betreffenden Geschäftszweig tätigen Vertragspartnern Geschäftsbeziehungen angeknüpft hatten oder wenn in diesem Geschäftszweig ein bestimmtes Verhalten bei dem Abschluß einer bestimmten Art von Verträgen allgemein und regelmäßig befolgt wird, so daß es als ständige Übung angesehen werden kann.
2. Eine mündliche Vereinbarung über den Erfüllungsort, die nicht die Festlegung des Ortes bezweckt, an dem der Schuldner die ihm obliegende Leistung tatsächlich zu erbringen hat, sondern allein darauf abzielt, einen bestimmten Gerichtsstand festzulegen, fällt nicht unter Art. 5 Nr. 1 des Übereinkommens vom 27. September 1968, sondern unter dessen Art. 17 und ist nur zulässig, wenn sie dieser Bestimmung entspricht.
Am 16.06.1997 hat der BGH folgendes Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen wird, verkündet:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Schiffahrtsobergerichts Nürnberg vom 27. Januar 1994 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens und des Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Im nachfolgenden Berufungsverfahren hat die Beklagte vorgetragen, das streitgegenständliche Schiff sei „im wesentlichen“ auf rechtsrheinischer, deutscher Seite beladen und auf linksrheinischer Seite in Frankreich gelöscht worden, außerdem sei innerfranzösisch gefahren worden.
Sie ist der Meinung, der dem zugrunde liegende Vertrag sei ein Miet-/Pachtvertrag. Auf ihre Ausführungen hierzu im Schriftsatz vom 25.09.1997 S. 2 -- 5 (Bl. 373 mit 376 der Akten) wird Bezug genommen.
Die Beklagte sei auch kein Betrieb der Binnenschiffahrt, wie sich aus der, auf den Seite 7 mit 9 dieses Schriftsatzes dargestellt, Art der Tätigkeiten der Beklagten ergebe.
Im Bereich des internationalen Kieshandels entspreche es nicht nur den Üblichkeiten, sondern vor allem dem Handelsbrauch, den Gerichtsstand des Verkäufers zugrundezulegen.
Die Beklagte bestreitet einen internationalen Handelsbrauch des Inhalts, daß durch Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben oder die widerspruchslose Bezahlung von Rechnungen eine formgerechte Gerichtsstandsvereinbarung getroffen werde.
Die Beklagte beantragt das Zwischenurteil des Amtsgerichts Schiffahrtsgericht Würzburg vom 20.11.1992 aufzuheben und die Klage als unzulässig kostenpflichtig abzuweisen.
Die Klägerin beantragt die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin vom 28.12.1992 zurückzuweisen.
Die Klägerin trägt zusätzlich vor, daß das streitgegenständliche Schiff ausschließlich rechtsrheinisch auf deutscher Seite beladen und auf ausschließlich linksrheinischer, französischer Seite gelöscht worden sei.
Sie ist der Meinung, dem Rechtsverhältnis mit der Beklagten liege ein Binnenschiffahrtsfrachtvertrag zugrunde. Bezüglich der Begründung wird auf die Seiten 2 und 3 der Schriftsätze vom 04.09.1997 (Bl. 362/363 der Akten) und vom 27.10.1997 (Bl. 386 ff. der Akten) Bezug genommen.
Die Klägerin behauptet, der Gerichtsstand Würzburg sei durch den auf Rechnungen, Anschreiben etc. verwendeten Aufdruck „Erfüllungsstand und Gerichtsstand ist Würzburg“ und durch den Hinweis auf die Konnossementsbedingungen, dort § 28 mit dem Wortlaut: „364“ geregelt.
Dies entspreche einem Handelsbrauch in der westeuropäischen Binnenschiffahrt, wonach ein Reedereiunternehmen stets den Gerichtsstand am eigenen Firmensitz vereinbart und zu vereinbaren sucht.
Der Rheinschiffahrtsbezug der Beklagten ergebe sich aus ihrem Namen, aus ihrer Lage am Rhein, aus dem Betrieb einer Schiffslöschstelle am Geschäftssitz am Rhein, aus ihrem Eintrag im deutschen Schiffahrtstelefonadressbuch und der Tatsache, daß sie über 90 % ihrer Ware per Schiff verladen und auf dem Wasserweg transportieren lasse.
Die Klägerin behauptet, die Beklagte kenne den angeführten Handelsbrauch und erkenne gleichlautende Konnossementsbedingungen mit anderen Vertragspartnern fortlaufend an.
Im übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Das Berufungsgericht hat zusätzlich Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluß vom 27.11.1998 durch Erholung eines Gutachtens der Schifferbörse und der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer D.-W. zu D. und durch Anhörung der Sachverständigen Dr. M. und S.
Auf das Gutachten vom 09.04.1998 (Bl. 420 der Akten) und die Sitzungsniederschrift vom 25.06.1998 wird verwiesen.
Entscheidungsgründe:
1. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft eine Binnenschiffahrtssache gemäß §§ 2 Abs. 1 a, 2 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrtssachen.
Über die erhobene Klage hatte zunächst das AG Würzburg gemäß §§ 3, 5 dieses Gesetzes unter der Bezeichnung „Schiffahrtsgericht“ zu entscheiden.
Obwohl eine Rheinschiffahrtssache vorliegt, da für die Schiffsbewegungen der Rhein gemäß § 14 Abs. 2 dieses Gesetzes benützt wurde, war das Amtsgericht Würzburg, dessen Zuständigkeit behauptet wird, als Schiffahrtsgericht zur Entscheidung berufen (§ 14 Abs. 2 S. 2).
Der Verfügung des Schiffahrtsgerichts Würzburg vom 22.07.1992, Nr. 4, und der Sitzungsniederschrift vom 30.10.1992 ist zu entnehmen, daß über die Zulässigkeit der Klage vorab abgesondert verhandelt worden ist (§ 280 Abs. 1 ZPO). Die hierauf verkündete Entscheidung des Schiffahrtsgerichts Würzburg ist zulässigerweise als Zwischenurteil (§ 280 Abs. 2 ZPO) ergangen.
2. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Schiffahrtsgericht Würzburg ist für die Entscheidung der erhobenen Klage zuständig. Die Klage ist zulässig.
2.1. Die Klägerin ist als eingetragene Genossenschaft eine juristische Person gemäß § 17 Abs. 1 GenG mit dem Sitz in der Bundesrepublik Deutschland. Die Beklagte ist eine juristische Person des französischen Rechts mit dem Sitz in der Republik Frankreich.
Beide Länder sind Vertragsstaaten der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Union.
Die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit für gerichtliche Streitigkeiten unterliegt daher dem EuGVÜ, das den Zuständigkeitsregeln des autonomen, nationalen Rechts vorgeht (vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 4. Aufl., 1993, vor Art. 2 Rd.-Nr. 15).
Danach sind für den geltend gemachten Zahlungsanspruch grundsätzlich die Gerichte der Republik Frankreich zuständig, da die Beklagte dort ihren Wohnsitz hat (Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ).
Eine Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 5, 18 EuGVÜ ist nicht gegeben.
Es liegt jedoch eine ausschließliche Zuständigkeit des vereinbarten Schiffahrtsgerichts Würzburg gemäß Art. 17 Abs. 1 S. 2 dritter Fall EuGVÜ vor.
2.2. Gemäß ihrem Schriftsatz vom 18.03.1993 stützt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch auf positive Vertragsverletzung, §§ 780, 781 als auch § 823 Abs. 1 BGB.
Gemäß Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ kann die Beklagte vor dem AG Würzburg verklagt werden, wenn die Ansprüche nach diesen Normen im Bereich dieses Gerichts zu erfüllen wären. Hierbei ist der Erfüllungsort i.S. des Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ nach dem Recht zu bestimmen, das nach den Kollisionsnormen des befaßten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgeblich ist (vgl. BGH NJW 1991/3096), also hier nach deutschem internationalen Privatrecht (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.1993 -- VIII ZR 110/92 --).
2.2.1. Der zwischen den Parteien unstreitig mündliche geschlossene Vertrag ist als Charter-Vertrag zu beurteilen (vgl. BGH, Beschluß vom 06.03.1995 und Urteil vom 16.06.1997 in dieser Sache), weil die zeitlich begrenzte Durchführung von Binnenschiffahrtstransporten für die Beklagte gegen Entgelt Vertragsgegenstand war.
Da er keine Rechtswahl (Art. 27 EGBGB) enthält, ist für Vertragsansprüche nach Art. 28 Abs. IV EGBGB das Recht der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden.
Die Klägerin fordert Schadensersatz für die Verletzung der vertraglichen Nebenverpflichtung der Beklagten, bei den Entladearbeiten das Schiff nicht zu beschädigen.
Die geforderte Leistung wäre eine Schickschuld in der Form der Geldschuld (§ 270 BGB). Leistungsort hierfür ist der Sitz der Beklagten, auch im Falle einer Nebenpflicht (vgl. Heinrichs in Palandt, 53. Aufl., BGB, § 269 Anm. 7). Dieser liegt in Rhinau/Frankreich.
2.2.2. Gleiches gilt für den behaupteten Zahlungsanspruch aus den §§ 780, 781 BGB.
2.2.3. Für Ansprüche aus unerlaubter Handlung ist gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ das Gericht des Ortes zuständig, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist. Dies war nach dem Vortrag anläßlich der Entladearbeiten in F. Dieser Ort liegt in Frankreich.
Somit ist in allen 3 Fällen (2.2.1. mit 2.2.3.) keine internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts begründet.
2.3. Die Klägerin hat jedoch bewiesen, daß das Schiffahrtsgericht Würzburg rechtswirksam durch eine internationale Gerichtsstandsvereinbarung zwischen den Parteien zuständig geworden ist (Art. 17 Abs. 1 S. 2 dritter Fall EuGVÜ).
2.3.1. Zwar haben die vom Berufungsgericht erhobenen Beweise dieses nicht davon überzeugt, daß die Parteien eine entsprechende mündliche Vereinbarung (Art. 17 Abs. 1 a EuGVÜ) geschlossen haben.
Der Zeuge Schiffsinspektor D., der für die technische Betreuung des Schiffes zuständig war, wußte nach seiner Aussage nichts darüber, ob zwischen den Parteien über einen Gerichtsstand gesprochen wurde oder eine Vereinbarung getroffen war.
Einzelheiten über zwischen den Parteien ausgehandelte Geschäftsbedingungen konnte auch der Zeuge B. nicht bekunden, weil er hieran keine Erinnerung mehr hatte. Er hat diese Unkenntnis glaubwürdig damit bekundet, daß er kein eigenes Interesse hatte.
Der Zeuge W. hat zwar ausgesagt, daß er bei einer Besprechung zwischen den Herren H. und R. im Büro des letzteren (sc. in Frankreich) zugegen war. Er bestätigte auch, daß der Vorstand der Klägerin, Herr H., erklärt habe, daß die Transporte zu den Konnossementbedingungen der Klägerin durchgeführt werden sollten.
Der Zeuge W. hat aber weiter ausgesagt, daß der Geschäftsführer der Beklagten, Herr R., sich hierzu nicht geäußert habe.
Bei zusammenfassender Gesamtwürdigung dieser Aussagen ist nach der Überzeugung des Berufungsgerichts keine erkennbare Vereinbarung über den Gerichtsstand/Erfüllungsort durch Abgabe übereinstimmender Willenserklärungen, auch nicht durch schlüssiges Verhalten, bewiesen. Auch hat der Zeuge W. nicht ausgesagt, daß der Gerichtsstand/Erfüllungsort Würzburg ausdrücklich erwähnt worden ist.
Die Meinung des Zeugen W., Herr R. habe auf die Bemerkung zu den Konnossementbedingungen der Klägerin „leicht genickt“ und sein „Eindruck“, dieser sei hiermit einverstanden gewesen, reicht für eine entsprechende Überzeugungsbildung des Gerichts nicht aus.
Die Klägerin bestreitet, daß bei den Verhandlungen die Konnossement-Bedingungen der Klägerin vorlagen und diese Herrn R. bekannt waren.
Hierzu sagte der Zeuge W. aus, daß dieser während der Verhandlungen nicht zu erkennen gegeben habe, ob ihm die MSG-Bedingungen bekannt seien. Er habe sie auch nicht verlangt.
Bei dieser Beweislage kann nicht davon ausgegangen werden, daß die AGB der Klägerin vorlagen oder zur Kenntnis des Herrn R. gelangt sind, so daß eine Einigung hierüber nicht als erzielt gelten konnte (vgl. Kropholler, Art. 17 Rd.-Nr. 32).
Da es sich unstreitig um den ersten Vertrag der Parteien handelte, bestanden auch noch keine laufenden Geschäftsbeziehungen, denen in ihrer Gesamtheit allgemeine Geschäftsbedingungen unterlagen (vgl. Kropholler, aaO, Art. 17 Rd.-Nr. 32 am Ende mit Rechtsprechungshinweisen).
2.3.2. Für eine Vereinbarung des Schiffahrtsgerichts Würzburg reicht es nicht aus, daß die Klägerin bei den Verhandlungen, wie vom Zeugen W bestätigt, darauf hingewiesen hat, sie wolle zu ihren Geschäftsbedingungen abschließen. Es ist, wie ausgeführt, nicht bewiesen, daß diese vor Beginn des Rechtsstreits von der Klägerin der Beklagten zur Kenntnis gebracht worden sind (vgl. insgesamt in dieser Sache EuGH; Urteil vom 20.02.1997, Tenor Nr. 2).
2.3.3. Die von der Klägerin behauptete Gerichtsstandsvereinbarung ist jedoch in einer Form geschlossen worden, die internationalen Handelsbräuchen entspricht (Art. 17 Abs. 1 S. 2 dritter Fall EuGVÜ).
Auch unter Berücksichtigung der nach der Rechtsprechung des EuGH (s. aaOrt Nr. 14) eng auszulegenden Voraussetzungen ist hiervon auszugehen.
Der Geschäftszweig des internationalen Handelsverkehrs (vgl. EuGH vom 20.02.1997 Nr. 25 und Tenor Nr. 1), in dessen Rahmen die Parteien den streitgegenständlichen Vertrag abgeschlossen haben, ist die Rheinschiffahrt (vgl. EuGH vom 20.07.1997 Nr. 22), denn die Klägerin hat das in ihrem Eigentum stehende Binnenschiff an die Beklagte zum Pendelverkehr auf dem Rhein auf Zeit verchartert (vgl. BGH, Urteil vom 16.06.1997 S. 3).
Der Umstand, daß hierbei Kies geladen wurde, ändert den Geschäftszweig, in dessen Rahmen der streitgegenständliche Vertrag geschlossen wurde nicht, da die Art, Umfang und Zeitpunkte des Pendelverkehrs für die Kiestransporte allein nach den Weisungen der Beklagten erfolgte, auf die die Klägerin keinen Einfluß hatte (vgl. Beschluß des BGH vom 06.03.1995, S. 7).
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Berufungsgericht steht zu dessen Überzeugung fest, daß ein solcher Handelsbrauch für die Schiffahrt, auch auf dem Rhein, besteht.
Dies ist dann der Fall, wenn ein bestimmtes Verhalten im internationalen Handelsverkehr von den dort tätigen Kaufleuten bei Abschluß einer bestimmten Art von Verträgen allgemein befolgt wird (vgl. EuGH vom 20.02.1997 Nr. 25).
Hierzu hat der Zeuge B., ein Schweizer Kaufmann, der seit 1954 für die Schiffahrt tätig ist und für die Verladerfirma einer schweizerischen Unternehmung arbeitet, bekundet, daß die Transportbedingungen der Schiffahrt gelten. Auch für den gesamten Rhein würden die Bedingungen des Reeders zugrunde gelegt, auch bei deutschen Reedereien.
Diese Aussage steht in Einklang mit dem entsprechend § 346 HGB erholten Gutachten des Vorstandes der Schifferbörse und der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer D-W-K zu D. vom 09. April 1998 und dessen Erläuterung durch die Sachverständigen Dr. M. und S. in der mündlichen Verhandlung vom 25.06.1998.
Der Sachverständige S. hat u.a. zum Gutachten vom 09.03.1998 ausgeführt:
„Es gibt einen internationalen schiffahrtsüblichen Handelsbrauch, wonach das Schiffahrtsunternehmen bei der Vercharterung eines Schiffes den eigenen Gerichtsstand als akzeptiert unterstellen kann, wenn der Vertragspartner auf erfolgte Bestätigungsschreiben bzw. Rechnungen, auf denen der Gerichtsstand vermerkt ist, nicht reagiert.
Ich übergebe ein Exemplar der Handelsbräuche in der Rheinschiffahrt Ausgabe 1997 und verweise auf die Nr. 1, 2, 3, 7 und 8, die sich alle mit der Frage befassen, ob es Handelsbrauch im Frachtrecht ist, daß die Bedingungen des Schiffahrtsunternehmers akzeptiert werden. Ich kann außerdem aus meiner eigenen Erfahrung sagen, daß es so ist, daß die Verlader die Bedingungen der Schiffahrt akzeptieren und darauf in aller Regel nicht mehr reagieren. Nur noch große Verlader versuchen eigene Bedingungen durchzusetzen und zwar immer vor Durchführung des Vertrags. Die von mir angegebenen Nummern sind dahin zu verstehen, daß der geschilderte Handelsbrauch international besteht. Die genannten Nummern beziehen sich überwiegend auf grenzüberschreitende Fälle. Für mich ist es klar, daß jeder der einen Schiffahrtstransport zu vergeben hat, den geschilderten Handelsbrauch kennt. Wenn ein Partner das erste Mal ein solches Geschäft macht, dann muß er sich meines Erachtens um den bestehenden Handelsbrauch kümmern. Der angesprochene Handelsbrauch ist von uns, d.h. der Schifferbörse, seit über 40 Jahren so festgestellt worden.“ Er hat ergänzend bekundet, daß sich der festgestellte Handelsbrauch auch auf solche Fälle beziehe, bei denen auf einer Seite ein Verlader oder eine andere Person beteiligt ist, die selbst keine Schifffahrt betreibt, unabhängig davon, was mit dem Schiff transportiert werde.
Diese Bekundung steht in Einklang mit den Gutachten derselben Sachverständigen vom 19.12.1968, 14. Juli 1969 und 16. Mai 1962, die allgemeinkundig veröffentlicht sind als Nr. 3, 7 und 8 in „Handelsbräuche in der Rheinschiffahrt“, 11. Aufl. 1987, Binnenschiffahrts-Verlag GmbH Duisburg.
Weiter hat der Zeuge B. ausgesagt, daß der ihm bekannte Geschäftsführer der Beklagten Rothardt den von ihm geschilderten Brauch, wonach in den Bedingungen der Reeder auf dessen Konnossementsbedingungen verwiesen werde, nach seiner Kenntnis gekannt habe. Es sei ihm nicht bekannt, daß R. irgendwann einmal diesen Brauch nicht akzeptiert habe.
Die Beklagte hat, wie vom Sachverständigen S ausgeführt, daß die Verlader die Bedingungen der Schiffahrt akzeptieren, auch wegen des Gerichtsstandes, und daß dieser als vereinbart unterstellt wird, wenn der Vertragspartner auf Bestätigungsschreiben bzw. Rechnungen, auf denen der Gerichtsstand vermerkt ist, nicht reagiert.
Bei zusammenfassender Würdigung der Aussage des sachverständigen Zeugen B., eines Schweizer Staatsbürgers, der seit Jahrzehnten in der internationalen Rheinschiffahrt tätig ist und über eine hohe Sachkunde verfügt, sowie des erstatteten Gutachtens und der angeführten Gutachten des Vorstandes der Rheinschiffahrtsbörse und der Niederrheinischen IHK gewinnt der Senat die Überzeugung, daß für die Rheinschiffahrt ein internationaler Handelsbrauch besteht, wonach eine Gerichtsstandsvereinbarung auch in der Weise getroffen werde, daß die eine Vertragspartei auf ein ihr von der anderen Partei übersandtes kaufmännisches Bestätigungsschreiben, das einen vorgedruckten Hinweis auf den Gerichtsstand enthält, nicht reagiert oder wiederholt Rechnungen, die einen solchen Hinweis enthalten, widerspruchslos bezahlt, weil dieses Verhalten einem Handelsbrauch in dem Bereich des internationalen Handelsverkehrs entspricht, in dem die Parteien tätig sind und weil dieses Verhalten von den dort tätigen Kaufleuten bei Abschluß von Charter-Verträgen allgemein befolgt wird.
Eine weitere Beweisaufnahme hierzu ist nicht veranlaßt, weil sich der Senat bei seiner Überzeugungsbildung auch auf die Sachkunde des über die internationalen Gepflogenheiten bei der Rheinschiffahrt kundigen sachverständigen Zeugen B. beziehen kann.
Die Sachkunde der Gutachterin beruht auf einer Vielzahl von begutachteten und veröffentlichten Fällen über Handelsbräuche in der Rheinschiffahrt, die, wie angeführt, auch Fälle wie den vorliegenden enthalten.
Nach der Aussage des Zeugen B. ist das Berufungsgericht auch davon überzeugt, daß dem Geschäftsführer der Beklagten R., dessen Wissen sich die Beklagte zuzurechnen hat, ein entsprechender internationaler Handelsbrauch bekannt war.
Dieses kann auch vermutet werden, weil in diesem Geschäftszweig ein bestimmtes Verhalten bei Abschluß einer bestimmten Art von Verträgen allgemein und regelmäßig befolgt wird und daher hinreichend bekannt ist, um als ständige Übung angesehen werden zu können (vgl. EuGH vom 20.02.1997 Nr. 24).
Da nach der Aussage des Zeugen B. und den von der Gutachterin erstatteten Gutachten dieser internationale Handelsbrauch seit Jahrzehnten besteht und für diese Zeit bei den Mitgliedern der Schiffahrtsbörse festgestellt worden ist, wird diese Vermutung hierdurch weiter gestützt, wie dies auch der Sachverständige S ausgeführt hat.
Auch unter Berücksichtigung enger Auslegung der Voraussetzungen des Art. 17 EuGVÜ (vgl. EuGH vom 20.02.1997 Nr. 14) hält das Berufungsgericht die Voraussetzungen eines internationalen Handelsbrauchs nach Art. 17 Abs. 1 S. 2 dritter Fall EuGVÜ für erfüllt.
Unstreitig hat die Beklagte das Bestätigungsschreiben der Klägerin vom 16.02.1990, welches den Akten anliegt und auf dem vermerkt ist, „Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Würzburg“ erhalten, außerdem den Hinweis auf die Lade- und Transportbedingungen der Klägerin (Konnossementbedingungen), gleiches gilt für 94 vorliegende Rechnungen ab 26.05.1989 mit demselben Aufdruck.
Die Beklagte hat diese unstreitig nicht beanstandet oder zurückgewiesen.
Damit sind auch die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 17 Abs. 1 S. 2 3. Fall EuGVÜ erfüllt mit der Folge, daß die Zuständigkeit des Schiffahrtsgerichts Würzburg gegeben ist.