I. Die Parteien streiten um das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter O., geb. am 18.01.1994.
Der Antragsteller, der die niederländische Staatsangehörigkeit besitzt, und die Antragsgegnerin, die Italienerin ist, sind seit Oktober 1992 miteinander verheiratet und lebten bis zu ihrer Trennung im September 2000 in F. Seit September 2000 lebt die Antragsgegnerin in R. (Italien); O. blieb zunächst beim Antragsteller in F. O. besitzt die niederländische und die italienische Staatsangehörigkeit.
Unter dem 5. Juni 2001 machte der Antragsteller ein isoliertes Verfahren auf Regelung der elterlichen Sorge anhängig. Nachdem ihm zunächst im Wege der vorläufigen Anordnung vom 25.06.2001 das Aufenthaltsbestimmungsrecht für O. übertragen worden war, erließ das Gericht mit Beschluss vom 16.08.2001 eine weitere vorläufige Anordnung, mit der es die elterliche Sorge auf die Mutter übertrug. Seitdem lebt O. bei der Antragsgegnerin in R. (Italien).
Am 13.07.2001 machte die Antragsgegnerin beim Tribunale Civile di R. einen Trennungsantrag – verbunden mit einem Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge – anhängig. Mit Schriftsatz vom 19.10.2001, der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin zugestellt am 25.10.2001, stellte der Antragsteller beim Amtsgericht – Familiengericht – F. seinerseits Antrag auf Scheidung der Ehe der Parteien (41 FF 411/01). Mit Beschluss vom 30.06.2002 setzte das Familiengericht F. dieses Verfahren gemäß Art. 11 der EG-Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten vom 29. Mai 2000 (Brüssel II-VO) aus, bis die Zuständigkeit des Tribunale Civile di R. für das dort anhängige Trennungsverfahren geklärt ist.
Mit Urteil vom 17.05.2002 bejahte der Tribunale Civile di R. seine internationale Zuständigkeit für das von der Antragsgegnerin dort anhängig gemachte Trennungsverfahren gemäß Art. 11 Brüssel II-VO, welches das in Deutschland eingeleitete Sorgerechtsverfahren gemäß Art. 3 Nr. 1 Brüssel II-VO an sich binde. Ob diese Entscheidung inzwischen rechtskräftig ist, ist zwischen den Parteien streitig. Mit Beschluss vom gleichen Tage übertrug das römische Gericht außerdem der Mutter die elterliche Sorge für O.
Mit Beschluss vom 19.07.2002 übertrug das Amtsgericht – Familiengericht – F. (ebenfalls) die elterliche Sorge für O. auf die Antragsgegnerin unter Bejahung seiner internationalen Zuständigkeit nach dem Grundsatz der perpetuatio fori. Gegen diesen, der damaligen Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 24.07.2002 zugestellten Beschluss richtet sich dessen Beschwerde vom 21.08.2002, beim OLG Karlsruhe eingegangen am 22.08.2002, die mit Schriftsatz vom 13. November 2002, beim OLG Karlsruhe eingegangen am 14. November 2002 innerhalb der bis 15.11.2002 verlängerten Frist begründet wurde.
Der Antragsteller erstrebt mit seiner Beschwerde die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und eine Zurückverweisung der Sache zur Herstellung des Verfahrensverbunds an das Amtsgericht – Familiengericht – F. Er macht geltend, dass mit der Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens in Deutschland das isolierte Verfahren über die elterlicher Sorge gem. § 623 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 ZPO automatisch in den Verbund gefallen sei. Da eine Abtrennung weder beantragt noch angeordnet worden sei, hätte über die Folgesache elterliche Sorge nicht isoliert entschieden werden dürfen, so dass der gleichwohl ergangene Beschluss vom 19.07.2002 aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen sei.
Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen. Sie ist der Meinung, dass eine isolierte Entscheidung ergehen durfte, da das Verfahren mangels internationaler Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit nicht in den Verbund gefallen sei. Insbesondere sei die Brüssel II-VO auf isolierte Sorgerechtsverfahren nicht anwendbar, so dass sich die internationale Zuständigkeit nach wie vor nach dem Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen vom 05.10.1961 (MSA) richte. Da O. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in R. (Italien) habe, seien deutsche Gerichte für die Entscheidung des Sorgerechtsstreits nicht mehr zuständig. Der Grundsatz der perpetuatio fori gelte insoweit nicht. Im Ergebnis nichts anderes ergebe sich im Übrigen bei Anwendung der Brüssel II-VO, da dann die Annexzuständigkeit der italienischen Gerichte aus Art. 3 Abs. 1 iVm Art. 2 Abs. 1 Brüssel II-VO folge. Auf die Frage des Verbunds komme es nicht an, da dieser gem. §§ 621, 623 ZPO nur entstehe, wenn die deutsche Gerichtsbarkeit international zuständig sei.
Auch der Antragsteller ist der Auffassung, dass sich die internationale Zuständigkeit vorliegend nach dem MSA und nicht nach der Brüssel II-VO bestimmt. Soweit man der Auffassung sei, dass das Sorgerechtsverfahren nicht in den Verbund gefallen, sondern nach wie vor als isoliertes Verfahren zu behandeln sei, sei der Beschluss des Amtsgerichts vom 19.07.2002 daher jedenfalls mangels internationaler Zuständigkeit ersatzlos aufzuheben. Allerdings sei zu bedenken, dass die Antragsgegnerin durch falsche Angaben und Vorlage manipulierter Zeichnungen O.s den Beschluss des Amtsgerichts vom 16.08.2001 zur vorläufigen Sorgerechtsübertragung und damit die internationale Zuständigkeit der italienischen Gerichte herbeigeführt habe.
II. Auf die gemäß §§ 621 Abs. 1 Nr. 1, 621 e Abs. 1 und Abs. 3 ZPO zulässige befristete Beschwerde war der angefochtene Beschluss ohne Sachprüfung aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht – Familiengericht – F. zurückzuverweisen, da das Amtsgericht F. zu einer Sachentscheidung nicht befugt war, sondern das Verfahren gem. Art. 11 Abs. 1 Brüssel II-VO hätte aussetzen müssen.
Zutreffend weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass ein Verbund nach §§ 621, 623 ZPO nur dann entstehen kann, wenn die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gegeben ist. Denn auf zwischenstaatlichen Abkommen beruhende Regelungen haben im Zweifel Vorrang vor den Vorschriften des autonomen nationalen Rechts, auch wenn dieses später gesetzt worden ist (vgl. BGH, NJW 1984, 1302, 1304 m.w. N.; Jayme/Kohler, Iprax 1998, 417, 420 Fn. 35).
Dabei ist das Beschwerdegericht auch befugt und verpflichtet, die internationale Zuständigkeit zu prüfen. § 621e Abs. 4 ZPO steht insoweit nicht entgegen, da sich diese Regelung – wie auch §§ 545 Abs. 2, 513 Abs. 2 ZPO – ungeachtet ihres weit gefassten Wortlauts nicht auf die internationale Zuständigkeit bezieht (BGH, NJW 2003, 426, 427).
1. Das Amtsgericht leitet seine internationale Zuständigkeit ersichtlich aus Art. 1 MSA ab. Diese Auffassung ist unzutreffend, da O. zum Zeitpunkt der Beschlussfassung ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr in F., sondern in R. (Italien) hatte – was auch das Amtsgericht nicht verkennt – und der Grundsatz der perpetuatio fori im Anwendungsbereich des MSA nicht gilt.
Ein Kind hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo sein faktischer Daseinsmittelpunkt liegt, d. h. dort, wo es die seinem Alter entsprechenden sozialen Bindungen entfaltet und verfestigt hat (Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber, Eherecht, 3. Aufl. 1998, § 606 ZPO Rn. 20 m. w. N; Johannsen/Henrich aaO, Art. 21 EGBGB Rn. 5 mwN). Voraussetzung für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ist dabei entweder, dass sich aus den Umständen ergibt, dass der neue Aufenthaltsort künftig anstelle des bisherigen Daseinsmittelpunkt sein soll – dies ist etwa dann der Fall, wenn das Kind zusammen mit dem sorgeberechtigten Elternteil in ein anderes Land übersiedelt – oder dass sich aus der Dauer des Aufenthalts und dem Grad der sozialen Verwurzelung ergibt, dass der Daseinsmittelpunkt des Kindes sich nunmehr an dem neuen Ort befindet. Was die Dauer des Aufenthalts angeht, wird in der Regel eine Zeitspanne von sechs Monaten als ausreichend angesehen.
Vorliegend spricht viel dafür, dass O. bereits unmittelbar nach ihrer Übersiedelung nach Italien dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Denn zu diesem Zeitpunkt war die Antragsgegnerin bereits aufgrund der vorläufigen Anordnung des Familiengerichts vom 16.08.2001 Inhaberin des Sorgerechts. Ob aus dem Umstand, dass diese Anordnung vom Antragsteller angefochten worden war, etwas anderes folgt, kann ebenso dahinstehen wie die Frage, ob die Antragsgegnerin durch Vorlage von – wie der Antragsteller behauptet – manipulierten Zeichnungen O.s und falsche Angaben den amtsgerichtlichen Beschluss herbeigeführt hat. Denn bei Erlass des Beschlusses vom 19.07.2002 lebte O. bereits knapp ein Jahr mit der Mutter in R. und besuchte dort die Schule. Da sie zweisprachig aufgewachsen ist, konnte sie bereits unmittelbar nach ihrer Übersiedelung nach R. mit ihrer dortigen Umwelt problemlos kommunizieren, so dass sich insoweit keinerlei Integrationsverzögerungen ergaben. Auch bei Anlegung eines strengen Maßstabes kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass sie im Juli 2002 ihren Daseinsmittelpunkt faktisch in R. hatte, so dass dort und nicht mehr in F. ihr gewöhnlicher Aufenthalt war.
Da O. bei Erlass der Entscheidung des Amtsgerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr in Deutschland hatte, bestand eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Denn ein Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts während der Anhängigkeit des Verfahrens lässt die internationale Zuständigkeit nach Art. 1 MSA entfallen. Der Grundsatz der perpetuatio fori gilt entgegen der – damaligen – Auffassung des Amtsgerichts insoweit nicht (BGH, FamRZ 2002, 1182, 1184). Auf der Grundlage des MSA lässt sich daher vorliegend eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht mehr begründen.
2. Nach Auffassung des Senats richtet sich die internationale Zuständigkeit vorliegend indes nicht (mehr) nach Art. 1 MSA, sondern nach der Brüssel II-VO, die in ihrem Anwendungsbereich das MSA verdrängt (Art. 37 Brüssel II-VO).
a) Der zeitliche Anwendungsbereich der Brüssel II-VO ist eröffnet, da sämtliche inmitten stehende Verfahren nach Inkrafttreten der Verordnung am 01.03.2001 eingeleitet wurden (Art. 42 Abs. 1, Art. 46 Brüssel II-VO).
b) Es handelt sich (inzwischen) auch um ein die elterliche Verantwortung für ein gemeinsames eheliches Kind betreffendes Verfahren, das aus Anlass eines Ehescheidungsverfahrens betrieben wird (Art. 1 Abs. 1 lit. b Brüssel II-VO).
Die Behandlung isolierter Sorgerechtsverfahren im Anwendungsbereich der Brüssel II-VO ist noch nicht abschließend geklärt. Dies gilt insbesondere für die Frage, welche Auswirkungen ein nachträglich anhängig gemachtes Scheidungsverfahren hat (zu den insoweit aufgeworfenen Problemen vergl. etwa Puszkajler, IPrax 2001, 81, 83; Helms, FamRZ 2002, 1593, 1597). Nach überwiegender Auffassung findet die Brüssel II-VO grundsätzlich auf isolierte Sorgerechtsverfahren keine Anwendung (Puszkajler, aaO, 82, 83; Gruber, Rpfleger 2002, 545, 546; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 25. Aufl. 2003, Art. 1 EheVO Rn. 7; MK/Gottwald, ZPO, 2. Aufl. 2001, Art. 1 EheGVO Rn. 3). Im Vordergrund der Betrachtung steht insoweit allerdings, dass ein isoliertes Sorgerechtsverfahrens für sich allein nicht die Rechtshängigkeitssperre des Art. 11 Brüssel II-VO bewirken kann (siehe insbesondere Helms aaO; Thomas/Putzo/Hüßtege aaO Art. 1 EheVO Rn. 6). Nicht erörtert wird die Frage, ob sich ein ursprünglich isoliertes Sorgerechtsverfahrens mit Anhängigwerden eines Scheidungsverfahrens im Forumstaat in ein konnexes Sorgerechtsverfahren iSv Art. 1 Abs. 1 lit. b Brüssel II-VO wandelt und seinen selbständigen Charakter verliert.
Eine ausdrückliche Regelung dieser Frage findet sich in der Verordnung nicht. Die Definition eines konnexen Sorgerechtsverfahrens als eines Verfahrens, das „aus Anlass“ des Scheidungsverfahrens betrieben wird (Art. 1 Abs. 1 lit. b Brüssel II-VO), bzw. das „in engem Zusammenhang“ mit einem Scheidungsverfahren steht (11. Erwägungsgrund Brüssel II-VO, der bei der gebotenen autonomen Auslegung der Verordnung zu berücksichtigen ist, vgl. Thomas/ Putzo/ Hüßtege aaO, Vorbem Art. 1 EheVO Rn. 9), verzichtet darauf zu bestimmen, dass das Scheidungsverfahren vor oder zugleich mit dem Sorgerechtsverfahren anhängig gemacht wird. Gemeinhin wird aus dieser offenen Formulierung geschlossen, dass kein Verbund, sondern lediglich ein sachlicher oder zeitlicher Zusammenhang beider Verfahren zu fordern ist (Thomas/Putzo/Hüßtege aaO; Vogel, MDR 2000, 1045, 1047; Gruber aaO, 546). Ein derartiger Zusammenhang besteht indes auch zwischen einem nachträglich anhängig gemachten Scheidungsverfahren und einem isolierten Sorgerechtsverfahren, da letzteres zwar nicht nur (da auch schon die Zeit der Trennung geregelt werden soll), aber auch eine Regelung der elterlichen Verantwortung nach Scheidung der Ehe zum Gegenstand hat. Der Wortlaut der einschlägigen Vorschriften der Brüssel II-VO spricht daher für die Annahme, dass sich mit Anhängigwerden eines Scheidungsverfahrens im Forumstaat das isolierte Verfahren in ein konnexes Verfahren wandelt.
Allein eine derartige Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Brüssel II-VO (vgl. Art. 3), ein Auseinanderfallen der internationalen Zuständigkeit zwischen Ehesache und dem damit sachlich im Zusammenhang stehenden Sorgerechtsverfahren zu vermeiden, solange das Gericht der Ehesache als ausreichend sachkundig für die Beurteilung des Sorgerechtsverfahrens angesehen werden kann (in Art. 3 Abs. 1 der VO gewährleistet durch den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes im Forumstaat, in Art. 3 Abs. 2 durch das Erfordernis, dass die Anerkennung der Zuständigkeit des Forumstaats durch die Ehegatten „im Einklang mit dem Wohl des Kindes steht“). Gründe, diesen Grundsatz in den Fällen zu durchbrechen, in denen das Sorgerechtsverfahren zeitlich vor dem Scheidungsverfahrens eingeleitet wurde, sind nicht erkennbar.
Mit Anhängigwerden des Scheidungsverfahrens unterfällt daher das bisherige isolierte Sorgerechtsverfahrens dem Regime der Brüssel II-VO, mit der Konsequenz, dass die durch das italienische Trennungsverfahren (nebst Sorgerechtsverfahren) ausgelöste Rechtshängigkeitsblockade (Art. 11 Abs. 3 Satz 1 Brüssel II-VO) grundsätzlich auch dieses Verfahren erfasst (vgl. allgemein Thomas/Putzo/Hüßtege aaO, Ar. 11 EheVO Rn. 6; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2003, Art. 11 EuEheVO Rn. 6; MK-Gottwald aaO Art. 11 EheGVO Rn. 2). Dem steht nicht entgegen, dass das italienische Sorgerechtsverfahrens vom rein tatsächlichen zeitlichen Ablauf her nach dem deutschen Sorgerechtsverfahren eingeleitet wurde. Denn das deutsche Sorgerechtsverfahrens konnte als isoliertes Verfahren die Rechtshängigkeitssperre des Art. 11 Abs. 1 Brüssel II-VO nicht auslösen (Helms aaO; Thomas/ Putzo/ Hüßtege aaO Art. 1 EheVO Rn. 6) und ist daher erst mit Anhängigwerden des deutschen („konnexen“) Scheidungsverfahrens als „eingeleitet“ im Sinne der Brüssel II-VO zu qualifizieren. Das Amtsgericht hätte daher auch das Verfahren auf elterliche Sorge gem. Art. 11 Abs. 1 EheVO aussetzen müssen.
Dem steht nicht entgegen, dass derzeit eine deutsche internationale Zuständigkeit für das Sorgerechtsverfahren mangels Anerkennens der deutschen Zuständigkeit durch die Antragsgegnerin nicht gegeben ist (Art. 3 Abs. 2 b Brüssel II-VO). Denn solange das erstbefasste Gericht seine Zuständigkeit nicht rechtskräftig positiv festgestellt hat, darf das später angerufene Gericht das Verfahren (nur) aussetzen. Dies entspricht dem Zweck des Art. 11 Abs. 3 S. 1 Brüssel II-VO, negative Kompetenzkonflikte zu vermeiden. Ob das erstbefasste Gericht international zuständig ist, hat allein das erstbefasste Gericht (bzw. ein ihm übergeordnetes Gericht) zu prüfen. Die internationale Zuständigkeit steht erst mit der Rechtskraft der diesbezüglichen Entscheidung fest (Gruber, FamRZ 2000, 1129, 1133 mwN; Thoma/Putzo/Hüßtege aaO Art. 11 EheVO Rn. 12 mwN).
Ob die Entscheidung des Tribunale di R. vom 17.05.2002 bereits rechtskräftig ist, ist zwischen den Parteien streitig und konnte durch den Senat anhand der vorgelegten Unterlagen nicht festgestellt werden. Derzeit ist daher davon auszugehen, dass die italienische Entscheidung nicht rechtskräftig ist.
3. Ob außerdem einer Sachentscheidung durch das Amtsgericht das Verbundprinzip entgegen stand – nachdem die internationale (Un)Zuständigkeit deutscher Gerichte noch nicht feststeht -, kann dahinstehen (die ganz herrschende Meinung folgert den Eintritt des Verbunds aus dem Wortlaut von § 623 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Abs. 5 ZPO, vgl. nur OLG München FamRZ 2000, 1291; OLG Brandenburg, FamRZ 2000, 1291; OLG Report 2002, 538; OLG Stuttgart, FamRZ 2001, 166; Thomas/Putzo/Hüßtege aaO, § 623 Rn. 10; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 623 Rn. 23 b; Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber, Eherecht, 3. Aufl. 1998, § 623 ZPO Rn. 8; dagegen mit beachtlichen Argumenten Maurer, FamRZ 2001, 1225 ff.).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 131 III, 91 S. 2 KostO, 13a Abs. 1 S. 1 FGG, die Festsetzung des Gegenstandswerts aus §§ 94 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 S. 1, 30 Abs. 3, Abs. 2 KostO (Beschwerde) bzw. § 8 Abs. 3 S. 1 BRAGO (einstweilige Anordnung).
Die Rechtsbeschwerde war gem. §§ 621e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen (Verhältnis des MSA zur Brüssel II-VO bei isolierten Sorgerechtsverfahren).