Im Jahre 1993 erteilte die Beklagte der Klägerin insgesamt 15 Aufträge zur Herstellung und Lieferung von Textilien. Zu den jeweiligen Aufträgen kam es, indem die Beklagte unter Benutzung ihrer Bestellformulare der Klägerin Bestellungen über die jeweils gewünschten Mengen an Textilien nebst Preis, Liefertermin und Angabe weiterer Daten zusandte. Auf diesen Bestellformularen war vorgedruckt die Klausel:
„Erfüllungsort und Gerichtsstand Mülheim/Ruhr Gültig ist das Recht der Bundesrepublik Deutschland“.
Weiter hieß es regelmäßig unter der Rubrik Zahlungsbedingungen/Kondition: „30 Tage 4 % Skonto nach Erhalt der Ware per Swift (telegrafische Überweisung), 4 % Provision“. Wegen der weiteren Einzelheiten eines solchen Bestellformulars wird beispielhaft auf die Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.02.1995 verwiesen.
Die Klägerin verlangt aus den Aufträgen 1177/94, 1233/94 und 1176/94 insgesamt restliche 118.653.000 Lire. Aus dem Auftrag 1177/94, den sie mit Rechnung vom 23.12.1993 mit insgesamt 94.725.000 Lire berechnet hat (BI. 7 der Akten) verlangt sie restliche 6.141.000 Lire. Aus dem Auftrag 1133/94 verlangt sie 5.950.000 Lire abzüglich 4 % Skonto (238.000 Lire) = 5.712.000 Lire und aus dem Auftrag 1176/94 106.800.000 Lire. Über die Aufträge 1233/94 und 1176/94 hat sie unter dem 29.12.1993 Rechnung über insgesamt 112.512.000 Lire erstellt (BI. 6 der Akten).
Der Auftrag 1177/94 lautete ursprünglich über 4.500 Jogginganzüge zu einem Preis von 7.200 Lire/Stück und nannte einen Lieferfixtermin zum 02.12.1993 (Anlg. 5). Mit Fax der Beklagten vom 03.11.1993 wurde der Auftrag auf 13.470 Stück zu je 7.500 Lire erhöht und der Liefertermin auf den 30.12.1993 festgesetzt. Tatsächlich lieferte die Klägerin jedoch nur 12.630 Stück. Die Lieferung erfolgte zwischen dem 23. und 27.12.1993. Die Beklagte übersandte der Klägerin am 30.12.1993 einen Scheck in Höhe von 90.936.000 Lire. Von dem Scheckbetrag rechnete die Klägerin 88.584.000 Lire auf diese Lieferung an, die restlichen 2.352.000 Lire verrechnete sie mit einer älteren Schuld der Beklagten. Der Scheck wurde der Klägerin gutgeschrieben am 17.01.1994. Der von der Klägerin geltend gemachte Restbetrag auf diesen Auftrag in Höhe von 6.141.000 Lire errechnet sich aus den anderweitig gutgeschriebenen 2.352.000 Lire, sowie daraus, daß sie den von der Beklagten vorgenommenen Abzug von 4 % Skonto = 3.789.000 Lire nicht anerkennt.
Der Auftrag 1233/94 lautete über 7.000 Jogginganzüge zu je 8.500 Lire, zu liefern fix am 22.11.1993 (Anlage 8). Tatsächlich lieferte die Klägerin zwischen dem 03.12.1993 und dem 16.12.1993 in Teillieferungen insgesamt nur 6.068 Stück. Die Klägerin verlangt mit dieser Klage die Bezahlung von 700 Jogginganzügen.
Der Auftrag 1176/94 lautete über 15.000 Stück zu je 8.500 Lire, Liefertermin fix am 02.12.1993. Später vereinbarten die Parteien die Lieferung von nur 12.000 Stück, einen Liefertermin zum 30.12.1993 und einen Preis von 10.000 Lire/Stück. Tatsächlich lieferte die Klägerin schließlich nur 10.860 Stück. Diese verlangt die Klägerin bezahlt.
Die Klägerin behauptet, zu keinem Zeitpunkt habe die Beklagte bei Auslieferung von Ware eine Rüge erhoben, weder bezüglich Qualität, Quantität, Verzögerung, noch bezüglich unzulässiger Teillieferungen.
Zu dem Auftrag 1177/94 behauptet die Klägerin, nach der zunächst erfolgten Erhöhung des Lieferumfangs habe die Beklagte anschließend eine Reduzierung auf die schließlich gelieferte Menge von 12.630 Stück vorgenommen. Der Scheck (Anlage 5 B) sei ihr nicht mit dem Schreiben der Beklagten vom 30.12.1993 (Anlage 5 C) übersandt worden. Dieses Schreiben, das eine Verwendung des Scheckbetrags für diesen Auftrag beinhaltet, habe sie vielmehr nicht erhalten.
Bezüglich des Auftrags 1233/94 hätten die schließlichen Teillieferungen und der Umfang insgesamt auf einer Änderungsvereinbarung von Ende Oktober 1993 beruht. Auch bei dem Auftrag 1176/94 sei nachträglich eine Änderungsvereinbarung auf die schließlich gelieferte Menge getroffen worden.
Des weiteren trägt die Klägerin vor, die Beklagte könne aus den Aufträgen, die nicht Gegenstand der Klage sind, in diesem Rechtsstreit keine Rechte herleiten, mit Gegenforderungen schon deshalb nicht aufrechnen, weil dafür ein deutscher Gerichtsstand nicht gegeben sei. Bezüglich der sämtlichen Aufträge habe es keine Rahmenvereinbarung gegeben, vielmehr habe es sich stets um einzelne Aufträge gehandelt. Die ihr von der Beklagten übersandten Bestellformulare habe ihr Geschäftsführer in keinem einzigen Fall unterzeichnet.
Des weiteren könne die Beklagte auch mit Kosten der Firma … nicht die Aufrechnung erklären. Denn ihr Geschäftsführer habe sich unter dem 25.11.1993 (Anlage 13, BI. 113 der Akten) nicht zur generellen Kostenübernahme insofern verpflichtet, sondern nur zur Übernahme der Standgebühren, die nicht angefallen seien.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 118.653.000 Lire nebst Zinsen in Höhe von 2 % über dem amtlichen Diskontsatz der italienischen Staatsbank aus 6.141.000 Lire seit dem 23.12.1993 und aus 112.512.000 Lire seit dem 29.12.1993 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, sie sei zur Aufrechnung mit Gegenforderungen aus sämtlichen 15 Aufträgen berechtigt, weil die Klägerin die Bestellformulare unterschrieben habe und deshalb die AGB-Klausel „Gerichtsstand Mülheim/Ruhr“ ebenso wie die Wahl deutschen Rechts gültig sei. Zudem sei die Aufrechnung zulässig, weil sie bereits vorprozessual erfolgt ist und weil sämtliche Aufträge in dem von der Rechtsprechung verlangten Zusammenhang stünden. Teillieferungen, verspätete oder Minderlieferungen habe sie stets gerügt. Zudem sei sie dazu noch nicht einmal verpflichtet gewesen. Aufgrund der somit wirksam erklärten Aufrechnung mit Gegenforderungen aus der gesamten Geschäftsbeziehung, die die Beklagte mit insgesamt 133.904.917 Lire beziffert, sei die Klageforderung erloschen.
Des weiteren behauptet die Beklagte, sie sei dazu von der Klägerin gezwungen worden, soweit es im nachhinein bei einzelnen Aufträgen zu Preiserhöhungsvereinbarungen gekommen sei.
Zu dem Auftrag 1177/94 trägt die Beklagte im einzelnen vor, sie sei zu dem Abzug von 4 % Skonto berechtigt gewesen und habe somit die berechtigte Forderung durch Übersendung des Schecks über 90.936.000 Lire erfüllt. Der Scheck habe ihrem Schreiben vom 30.12.1993 beigelegen. Der gesamte Scheckbetrag sei also mit diesem Auftrag zu verrechnen. Von dem Rechnungsbetrag seien neben den 4 % Skonto weitere 4 % Provision sowie Scheckversendekosten in Höhe von 85.437 Lire in Abzug zu bringen. Schließlich hätten die Parteien vereinbart, daß die Beklagte wegen Verzugs der Klägerin mit der Lieferung zum Fixtermin des 02.12.1993 bei einer Zahlung noch in 1993 Verzugszinsen von 1 % per Monat verlangen könne. Weil die Klägerin weniger als die schließlich vereinbarte Menge von 13.470 Stück geliefert habe, habe sie, die Beklagte, einen Ersatzkauf vornehmen müssen mit zusätzlichen Kosten in Höhe von 924.000 Lire. Mit diesem Gegenanspruch erklärt die Beklagte, wie auch mit allen übrigen ihr zustehenden Gegenansprüchen, die Aufrechnung.
Zu dem Auftrag 1233/94 trägt die Beklagte vor, die Klägerin habe sich mit Überschreiten des vereinbarten Fixtermins vom 22.11.1993 in Verzug befunden. Auch die spätere Zusage, zumindest bis zum 03.12.1993 zu liefern, habe die Klägerin nicht eingehalten. Es seien auch keine Teillieferungen vereinbart worden und auch keine Reduzierung auf die schließlich gelieferte Menge. Ihr stünden deshalb ebenfalls Gegenforderungen wegen teureren Ersatzkaufs, zusätzlicher Transportkosten, Aufwandsentschädigung für Leistungen gegenüber ihren Kunden, Ersatz von Telefonkosten und der Scheckversendekosten zu.
Zu dem Auftrag 1176/94 trägt die Beklagte. vor, eine weitere Reduzierung unter die 12.000 Stück sei nicht vereinbart worden. Auch insoweit stünden ihr Gegenansprüche wegen Ersatzkaufs zu. Außerdem könne sie auch hier die Scheckversendekosten verlangen, zusätzlich Flugkosten und Leihwagenkosten aus einer nötig gewordenen Fahrt einer Mitarbeiterin nach Italien zur Klägerin.
Schließlich erklärt die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit 7.000,‑ DM aus übernommenen Kosten der Firma …. Unter dem 25.11.1993 (Anlage 13, BI. 113 der Akten) habe sich der Geschäftsführer der Klägerin zur Übernahme dieser Kosten verpflichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen und Befragung eines Dolmetschers zu der Erklärung vom 25.11.1993 (Anlage 13) mit dem aus dem Sitzungsprotokoll vom 24.01.1996 ersichtlichen Ergebnis (BI. 195 ff. der Akten).
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist bezüglich der Rechnung vom 29.12.1993 betreffend die Aufträge 1233/94 und 1176/94 begründet; bezüglich der Restforderung in Höhe von 6.141.000 Lire aus dem Auftrag Nr. 1177/94 unbegründet.
I. Auftrag 1177/94:
Der restlich geltend gemachte Betrag in Höhe von 6.141.000 Lire kann der Klägerin nicht zuerkannt werden. Die Beklagte hat nämlich zu Recht 4 % Skonto auf den Gesamtrechnungsbetrag in Höhe von 94.725.000 Lire und somit 3.789.000 Lire in Abzug gebracht. Unstreitig war die Beklagte nämlich berechtigt 4 % Skonto bei Zahlung innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt der Ware abzuziehen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Lieferung der Ware erfolgte zwischen dem 23. und 27.12.1993. Unstreitig ist zwischenzeitlich, daß der Klägerin der Scheck über 90.936.000 Lire am 17.01.1994 gutgeschrieben worden ist, somit innerhalb der 30-Tagesfrist.
Mit dem Scheckbetrag war des weiteren der Auftrag 1177/94 in vollem Umfang beglichen. Die Klägerin war nicht berechtigt, einen Teil des Scheckbetrages in Höhe von 2.352.000 Lire auf eine andere Forderung zu verrechnen. Dabei kann dahinstehen, ob dem Scheck das Schreiben der Beklagten vom 30.12.1993 (Anlage 5 c) beilag. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zumindest fest, daß an dem übersandten Scheck der Talon der … (oberer Teil der Anlage 5 b) angeheftet war und es bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, daß der Talon entsprechend der von der Beklagten vorgelegten Anlage 5 b beschriftet war. Der Zeuge … hat zwar bekundet, er meine sich erinnern zu können, daß auf dem mit dem Scheck verbundenen Papier eine Aufschrift „…“ gestanden habe, daß das Papier im übrigen aber weiß, also ohne irgendwelche Aufschriften gewesen sei. An anderer Stelle seiner Aussage hat er gesagt, er könne sich daran erinnern, etwas gesehen zu haben, was überschrieben gewesen sei mit „...“. Was das genau gewesen sei und was dort gestanden habe wisse er heute nicht mehr; er wisse deshalb heute auch nicht mehr, ob der rechte Teil der oberen Hälfte von Anlage 5 b in dem der Klägerin übersandten Kuvert gewesen sei. Insgesamt war die Aussage des Zeugen … zu dem Punkt so unbestimmt, daß sie nicht geeignet ist, vernünftige Zweifel daran zu wecken, daß die Beklagte der Klägerin einen ausgefüllten Talon übersandt hat. Diese Überzeugung der Kammer wird wesentlich gestützt durch die Aussage des Zeugen …. Dieser konnte zwar nicht mehr eine Aussage zum konkreten Einzelfall machen. Er hat aber mit Bestimmtheit, nachvollziehbar und glaubhaft ausgesagt, daß der Geschäftspartner grundsätzlich mit der Scheckübersendung über den Verwendungszweck des Schecks unterrichtet wird. Auf dem beigefügten Schecktalon stehe praktisch das gleiche wie auf einem zusätzlich beigefügten Begleitschreiben. Er könne sich nicht vorstellen, daß der Scheck an die Klägerin mit einem blanken weißen Papier übersandt worden sei.
Weil auch die Kammer keinen vernünftigen Anhaltspunkt dafür hat, insbesondere für die Anheftung eines leeren Talons, ist davon auszugehen, daß die Klägerin aufgrund des mit dem Scheck übersandten Banktalons ausreichend über den Verwendungszweck des Schecks unterrichtet war. Auf dem Talon war nämlich die Rechnungs-Nr., das Rechnungsdatum und der Rechnungsbetrag abzüglich 4 % Skonto aufgeführt.
II. Der aus dem Auftrag 1233/94 geltend gemachte Betrag von 5.712.000 Lire ist der Klägerin jedoch zuzusprechen.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus Art. 53 CISG diesen geltend gemachten Kaufpreisanspruch. Das UN-Kaufabkommen (CISG) ist anwendbar. Die AGB-Klausel der Beklagten, wonach deutsches Rechts anwendbar sei, ist nicht Vertragsgegenstand geworden. Eine Rechtswahlvereinbarung ist nicht feststellbar, denn die Beklagte hat ihre Behauptung, der Geschäftsführer der Klägerin habe die Auftragsformulare, auf denen die Rechtswahlklausel abgedruckt ist, unterschrieben, trotz Bestreitens der Klägerin nicht näher dargelegt und unter Beweis gestellt. Hinzu kommt, daß selbst eine solche Unterschrift oder das Schweigen der Klägerin nach Erhalt der Auftragsformulare nicht zur Einbeziehung dieser AGB-Klausel in den Vertrag führt.
Denn nach italienischem Recht erfordert die Einbeziehung von allgemeinen Geschäftsbedingungen eine doppelte Unterschrift, die keinesfalls vorliegt. Italienisches Recht ist maßgeblich für die Frage, ob die AGB der Beklagten gegen über dem italienischen Empfänger der AGB zur Anwendung kommen. Deutsches Recht ist für die Beurteilung der Frage, ob AGB Vertragsgegenstand geworden sind, grundsätzlich nur anwendbar, wenn deutsches Recht auf den Vertrag Anwendung findet (Art. 31 Abs. 1 EGBGB). Dies ist nicht festzustellen, denn es geht gerade um die Frage, ob deutsches Recht auf den Vertrag Anwendung findet. Deshalb ist der Grundsatz des Art. 31 Abs. 2 EGBGB heranzuziehen. Danach richtet sich die Frage der Einbeziehung von übersandten AGB regelmäßig nach dem an dem Wohn- oder Geschäftssitz des Empfängers geltenden Recht. Ausnahmen sind nur in den Fällen veranlaßt, in denen der Ausländer nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere bei Vertragsschluß im Inland oder aufgrund der bisherigen Geschäftspraxis zwischen den Parteien, nicht damit rechnen kann, daß sein Verhalten nach den Regeln seines Wohn- oder Geschäftssitzes beurteilt wird (vgl. Ulmer/-Brandner/Hensen, AGBG, Anhang zu § 2, Rnr. 22 mwN). Derartige besondere Umstände hat die Beklagte nicht dargelegt.
2. Der Beklagten steht ein aufrechenbarer Gegenanspruch gegen die Kaufpreisforderung der Klägerin nicht zu.
a) Die Minderlieferung gibt der Beklagten schon deshalb keinen Schadensersatzanspruch, weil dies gemäß Art. 38, 39 CISG eine kurzfristige Untersuchung und Rüge voraussetzte, was die Beklagte nicht dargelegt hat. Hinzu kommt, daß die Beklagte die weiteren Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach Art. 45 ff CISG, nämlich Fristsetzung zur Nachlieferung, nicht dargetan hat. Dies gilt auch für eine etwaige vertragswidrige Minderlieferung bei dem Auftrag 1177/94.
b) Ein Schadensersatz wegen Überschreitung des Fixtermins und verzögerter Lieferung kann der Beklagten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zuerkannt werden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat nämlich die Beklagte die wiederholten Überschreitungen der gesetzten Termin letztlich akzeptiert, weil, wie die Zeugen …und … übereinstimmend und überzeugend bekundet haben, die Beklagte die Ware unbedingt brauchte, ihr nichts anderes übrig blieb, es zu spät war, um andere Lieferanten anzusprechen. Dahinstehen kann deshalb, ob entsprechend der Aussage der Zeugen … die Parteien bereits am 03.12.1993 vereinbart hatten, daß die Beklagte nur generell sämtliche Lieferungen aus den verschiedenen Aufträgen bis Ende Dezember 1993 abwickeln sollte.
c) Scheckversendekosten in Höhe von 85.437 Lire kann die Beklagte von dem Kaufpreisanspruch nicht in Abzug bringen. Zahlungskosten gehen grundsätzlich zu Lasten des Zahlungsschuldners. Hinzu kommt, daß die Beklagte mit der Übersendung des Schecks gegen die Zahlungsvereinbarung „per Swift“ (telegrafische Überweisung) gehandelt hatte und auch deshalb daraus folgende Kosten nicht der Klägerin anlasten kann. Dies gilt auch für Scheckversendungskosten aus dem Auftrag 1177/94.
d) Ein Gegenanspruch über 4 % Provision kann der Beklagten – wiederum auch aus dem Auftrag 1177/94 – nicht zuerkannt werden. Der Auslegung der Klägerin, dazu sei zwingend eine Zahlung per Swift nötig, kann zwar nicht gefolgt werden. Unwidersprochen trägt die Klägerin jedoch des weiteren vor, daß es sich dabei um eine AGB-Klausel der Beklagten handele. Die AGB der Beklagten sind jedoch nicht (siehe oben) Vertragsgegenstand geworden. Zudem ist unklar aufgrund der Formulierung in den Bestellformularen, ob die Provision neben oder zusätzlich zu dem Skonto gewährt werden soll, möglicherweise unter denselben Voraussetzungen. Diese Unklarheit geht zu Lasten des Verwenders der AGB.
e) Nicht aufrechnen kann die Beklagte des weiteren mit dem bezüglich des Auftrag 1177/94 geltend gemachten Zinsanspruchs in Höhe von 924.253 Lire. Denn selbst nach ihrem Vortrag setzt dies Verzug der Klägerin mit der Lieferung und Zahlung des Kaufpreises trotzdem noch in 1993 voraus. Beides kann nicht festgestellt werden. Die Parteien haben nachträglich Lieferung bis zum 30.12.1993 vereinbart und die Zahlung erfolgte unter Berücksichtigung der maßgeblichen Wertstellung nicht im Jahre 1993, sondern erst am 17.01.1994. Eine Beweisaufnahme zu der angeblichen Zinsvereinbarung unter den vorgenannten, jedoch nicht anzunehmenden Voraussetzungen ist deshalb entbehrlich.
f) Die Beklagten kann des weiteren nicht mit Gegenforderungen aus anderen Aufträgen, die nicht Gegenstand der Klage sind, aufrechnen, weil für diese Gegenforderungen ein deutscher Gerichtsstand nicht begründet ist. Von einem sämtliche Aufträge erfassenden Rahmenvertrag ist mangels näherer Darlegung durch die Beklagte nicht auszugehen.
aa) Eine Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 17 Abs. 1 S. 2 a GVÜ ist nicht gegeben, weil weder eine schriftliche Gerichtsstandsvereinbarung vorliegt, noch eine mündliche, die zumindest einseitig nachträglich bestätigt wurde. Die AGB-Klausel der Beklagten, wonach Gerichtsstand Mülheim/Ruhr sei, ist nicht Vertragsgegenstand geworden (siehe oben).
bb) Art. 17 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) GVÜ ist nicht erfüllt, weil nicht dargelegt ist, daß die Vereinbarung des deutschen Gerichtsstandes in einer Form erfolgt ist, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden ist.
cc) Art. 17 Abs. 1 Nr. 2 c) GVG ist nicht erfüllt, weil ein internationaler Handelsbrauch, wonach Gerichtsstandsvereinbarungen auf Bestellformularen Vertragsgegenstand werden, und den die Klägerin entgegen italienischem Recht kannte oder kennen mußte und der in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein bekannt ist und regelmäßig beachtet wird, nicht ersichtlich ist.
Nach der Rechtsprechung des EuGH muß der Vertragspartner des AGB-Verwenders die Einbeziehung der AGB schriftlich bestätigen (EuGH NJW 1977, 495). Dies kann nicht festgestellt werden.
Nach einer neueren Tendenz, die die Erweiterung des Art. 17 Abs. 1 um die Alternative 2 c GVÜ berücksichtigt, ist allenfalls ein internationaler Handelsbrauch denkbar, wonach ein Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben oder eine Auftragsbestätigung AGB-Klauseln einbezieht (vgl. UImer/Brandner/Hensen aaO, Anhang zu § 2 AGBG, Rnr. 33 mwN; vgl. auch Zöller/Geimer, Kommentar zur ZPO, 19. Aufl. ., Anhang zu EGGVG, Art. 17 GVÜ, Rnr. 8 ff.). Bedenkenfrei ist jedoch selbst dies nicht, wie sich aus der Entscheidung BGH EuZW 1994, 635 ergibt und wonach in Belgien Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben nicht die Wirkung hat wie in Deutschland und deshalb ein deutscher Handhabung entsprechender internationaler Handelsbrauch nicht ersichtlich ist, Nach OLG Köln, NJW 1988, 2182, kann nach italienischem Recht dem Schweigen im Handelsverkehr, insbesondere dem Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben keine rechtliche Bedeutung zukommen, somit eine Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 17 Abs. 1 Alternative 3 GVÜ nicht begründen.
Entscheidend ist, daß jedenfalls ein Schweigen auf eine AGB-Klausel auf einem Bestellschein dem Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben oder auf eine Auftragsbestätigung nicht vergleichbar ist (andere Ansicht LG Essen WM 1992, 1208, das jedoch maßgeblich auf eine langjährige Geschäftsbeziehung der Parteien abgestellt hat, die vorliegend nicht gegeben ist). Ein internationaler Handelsbrauch, wonach ein solches Schweigen des Vertragspartners die Einbeziehung der AGB des anderen Teils zur Folge hat, ist nicht ersichtlich. Selbst in Deutschland, wo Schweigen europaweit vergleichsweise weitgehende Einbeziehung von AGB zur Folge hat, wird dies im Falle von Bestellscheinen im Gegensatz zu kaufmännischen Bestätigungsschreiben und Auftragsbestätigungen nicht angenommen (vgl. Palandt/Heinrichs, Kommentar zum BGB, 55. Auflg., § 2 AGBG, Rnr. 22 ff.).
dd) Unabhängig von einer Gerichtsstandsvereinbarung folgt eine Zuständigkeit des Prozeßgerichts schließlich nicht aus Art. 6 Nr. 3 GVÜ. Danach kann eine Person auch verklagt werden im Wege der Widerklage, die auf denselben Vertrag oder Sachverhalt wie die Klage selbst gestützt wird, vor dem Gericht, bei dem die Klage selbst anhängig ist. Nach der Entscheidung des EuGH vom 13.07.1995 (NJW 1996, 42), maßgeblich für die Auslegung des GVÜ, ist diese Vorschrift nicht entsprechend anwendbar auf die Prozessaufrechnung. Vielmehr bestimmen sich die Verteidigungsmittel, die geltend gemacht werden können, und die Voraussetzungen, unter denen dies geschehen kann, nach nationalem Recht. Ob und inwieweit vorliegend die Entscheidung BGH NJW 1993, 2753 anwendbar ist, wonach Art. 6 Nr. 3 GVÜ unter bestimmten Voraussetzungen auch für die Aufrechnung gilt, kann damit dahinstehen.
Dies führt aber nicht dazu, daß die Voraussetzungen der Aufrechnung sich nach §§ 387 ff. BGB richten. Denn „nationales Recht“ i.S.d. Entscheidung des europäischen Gerichtshofes ist gemäß Art. 28, 32 EGBGB italienisches Recht, das eingreift, weil das CISG die Aufrechnung nicht regelt. Gemäß Art. 28 EGBGB findet auf den Kaufvertrag in der Regel das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt bzw. der Hauptverwaltung des Verkäufers Anwendung (vgl. OLG Stuttgart RIW 1995, 943 mwN).
Nach italienischem Recht kann die Beklagte mit den von ihr behaupteten, von der Klägerin jedoch bestrittenen Gegenforderungen nicht aufrechnen. Das italienische Recht unterscheidet zwischen der gesetzlichen Aufrechnung gemäß Art. 1243 Abs. 1 cc), der gerichtlichen Aufrechnung gemäß Art. 1243 Abs. 2 cc) und der einvernehmlichen Aufrechnung gemäß Art. 1252 cc). Die Aufrechnung trifft kraft Gesetzes ein, wenn die einander gegenüberstehenden Forderungen gleichartig, eintreibbar und entscheidungsreif sind. Sie verlangt zwar nicht eine Aufrechnungserklärung, hängt aber auch nach italienischem Recht von der Initiative der daraus begünstigten Prozeßpartei ab und ist von daher am ehesten der von der Beklagten gewollten Aufrechnung entsprechend §§ 387 ff. BGB vergleichbar. Ihre Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor, weil die Gegenforderungen nicht nach Grund und Höhe feststehen (vgl. OLG Stuttgart aaO; und zu den Möglichkeiten und Voraussetzungen der Aufrechnung nach italienischem Recht: Kindler, IPRax 1996, 16 ff., 20). Die weitere Möglichkeit der einvernehmlichen Aufrechnung ist nicht gegeben. Die gerichtliche Aufrechnung erfolgte im Wege der Widerklage (vgl. auch insoweit Kindler aaO), die nicht erhoben worden ist und deren Gerichtsstand sich nach Art. 6 Nr. 3 GVÜ bestimmt, somit die Zuständigkeit des Prozeßgerichts fraglich wäre.
g) Schließlich kann der Beklagten auch nicht der hilfsweise geltend gemachte Gegenanspruch in Höhe von 7.000,‑ DM wegen angeblicher an die Firma … gezahlter zusätzlicher Transportkosten zuerkannt werden. Ein Anspruch der Beklagten aus Verzug der Klägerin ist nicht dargelegt (siehe oben). Außerdem hat die Beklagte nach ihrem eigenen Vortrag (Seite 35 der Klageerwiderung vom 22.02.1995, BI. 50 der Akten) die Zahlung an die Firma aus Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erbracht. Nicht ersichtlich ist, inwiefern die Klägerin der Beklagten eine kulanzweise erbrachte Zahlung erstatten muß. Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus einer selbständigen Verpflichtungserklärung der Beklagten vom 25.11.1993 (Anlg. 13, BI. 113 der Akten). Zu einen ist fraglich, ob die Klägerin daraus verpflichtet ist, kulanzweise erbrachte Zahlungen zu ersetzen. Zum anderen kann nicht festgestellt werden, daß sich die Klägerin damit verpflichtet hat, Verzugskosten zu begleichen und nicht, wie die Klägerin vorträgt, die Übernahme von Standgebühren, die unstreitig nicht angefallen sind. Der im Termin vor der Kammer am 24.01.1996 dazu befragte Dolmetscher hat unter Hinzuziehung zweier italienischer Wörterbücher, darunter eines juristischen Fachwörterbuches, die von der Beklagten vorgelegte beglaubigte Übersetzung der Erklärung vom 25.11.1993 (BI. 174 d.A) nicht bestätigt, wonach der italienische Text mit „Verzugskosten“ zu übersetzen sei. Der gehörte Dolmetscher konnte dies bezüglich des entscheidenden Wortes „sosta“ nicht bestätigen, sondern seine gefundene Übersetzung „Ruhe, Stehen, Parken“ spricht eher für die Darstellung der Klägerin.
III. Des weiteren steht der Klägerin gegen die Beklagte aus Art. 53 CISG ein Anspruch in Höhe von 106.800.000 Lire aus dem Auftrag 1176/94 gemäß der Rechnung vom 29.12.1993 zu.
Auch insofern hat die Beklagte nicht wirksam mit Gegenforderungen aufgerechnet.
Ein Gegenanspruch wegen angeblicher Minderlieferung steht der Beklagten auch hier schon mangels rechtzeitiger Rüge nicht zu (vgl. oben). Zu den Scheckkosten, der Provision, den angeblichen Forderungen aus den übrigen Verträgen und den hilfsweise geltend gemachten 7.000,‑ DM kann ebenfalls auf die vorangegangenen Ausführungen verwiesen werden. Die zusätzlich geltend gemachten Flugkosten/Leihwagenkosten in Höhe von 468.000 Lire und 161.657 Lire wegen einer Fahrt einer Mitarbeiterin der Beklagten zur Klägerin am 02.103.12.1993 kann die Beklagte nicht ersetzt verlangen. Eine Anspruchsgrundlage ist nicht ersichtlich, wenn die Mitarbeiterin der Klägerin, die Zeugin …, zu Verhandlungen mit der Klägerin fährt.
IV. Der Zinsanspruch folgt aus Art. 78 CISG i.V.m. Art. 1284 Abs. 1 Codice Civile, Art. 74 CISG. Auch insofern kommt italienisches Recht zur Anwendung, weil das CISG diese Frage nicht regelt. Zahlt der Käufer nicht, so kann der Verkäufer über den Zinssatz des Art. 78 CISG hinaus weiteren Schaden aufgrund der vorenthaltenen Zahlung geltend machen, z. B. wenn er höhere, marktübliche Kreditkosten hatte (vgl. Staudinger/Magnus, Art. 74 CISG, Rnr. 44). Dies hat die Klägerin in der geltend gemachten Höhe hinreichend dargelegt.