Die Klägerin fordert von der Beklagten Bezahlung einer Teillieferung von 9 to Paprikapuder. Die Beklagte fordert – im Wege der Widerklage von der Klägerin Schadenersatz.
Die Klägerin ist ein spanisches Unternehmen, das Gewürze u. a. nach Deutschland exportiert. Geschäftsabschlüsse mit deutschen Kunden tätigt die … namens und in Vollmacht der Klägerin.
Die eine ständige Geschäftsbeziehung unterhaltenden Parteien vereinbarten im August 1994, daß die Klägerin der Beklagten 80 to Paprika spanisch, Ernte 1994, gar. 100 % rein (ca. 60 to edelsüß und ca. 20 to scharf) zum Preis von DM 3,02 je Kilo netto, … liefert, und zwar in Teilpartien von mindestens 5 to, auf Abruf der Beklagten. Hinsichtlich der Qualität ist vereinbart: „Wie bisher geliefert, Minimum 60 Asta.“ Außerdem wurde vereinbart: „Verladung in 25-kg-Säcken auf Paletten. Certificate über Aflatoxin- und Salmonellenfreiheit sind jeder Partie beizufügen“ (vgl. Auftragsbestätigung der Fa. … vom 02.08.1994). Zur gleichen Zeit schlossen die Parteien unter Vermittlung der Firma … einen Vertrag über 10 to Paprikaflocken spanisch zum Preis von DM 5,60 pro Kilo netto. Die Lieferung sollte in Teilpartien von jeweils mindestens 1 to erfolgen. Jeder Lieferung sollten Zertifikate über Aflatoxin- und Salmonellenfreiheit beigefügt werden.
Die Klägerin lieferte von den vereinbarten 80 to bis November 1994 12 to Paprikapulver an die Beklagte; diese hat den Kaufpreis für diese Lieferung bezahlt.
Am 23.11.1994 ging folgende Lieferung der Klägerin bei der Beklagten ein: 5 to Paprika edelsüß, 3 to Paprika scharf und 1 to Paprikaflocken. Die Lieferung erhielt bei der Beklagten die Partie- Nr. 292. Der Kaufpreis für diese Lieferung in Höhe von DM 29.760,00, den die Klägerin mit Rechnung Nr. 145-P vom 17.11.1994 in Rechnung gestellt hat, ist Gegenstand der Klage.
Die Klägerin hat der Beklagten bezüglich der Lieferung vom 23.11.1994 ein Zertifikat mit Datum 28.11.1994 zugesandt (Bl. 5 K 3; das Zertifikat stammt nicht von einem chemischen Institut, sondern ist von der Klägerin selbst ausgestellt).
Die Beklagte erhielt am 09.12.1994 ein Rundschreiben des Fachverbandes der Gewürzindustrie e. V., Bonn, in welchem darauf hingewiesen wurde, daß in spanischem Paprika (sowohl edelsüß als auch scharf) aus der Provenienz … Ethylenoxid-Rückstände von 0,7 mg/kg gefunden wurden. Nach der Rückstands-Höchstmengenverordnung seien lediglich 0,02 mg/kg toleriert. Mit Schreiben vom 09.12.1994 an die Firma … forderte die Beklagte eine sofortige verbindliche Erklärung, daß der von der Klägerin gelieferte Paprika nicht mit Ethylenoxid behandelt ist. Mit Fax vom 09.12.1994 teilte die Firma … der Beklagten mit: Die „Frage der Etobehandlung ist uns bereits bekannt. Unser Haus hat uns gegenüber schon verschiedentlich erklärt, daß Etobehandlung in keinem Falle durchgeführt wird und hierfür auch keinerlei Anlage vorhanden ist. Eine Bestätigung dieser Art direkt aus Spanien können wir Ihnen leider heute nicht zukommen lassen, da gestern und heute dort Feiertage sind...“
Am 13.12.1994 erteilte die Beklagte dem TÜV … in … den Auftrag, Paprika scharf, Paprika edelsüß und Paprika Flakes auf eine Belastung mit Ethylenoxid zu untersuchen. Laut Prüfbericht mit Ausgangsdatum 20.12.1994 waren enthalten in mg/kg: Im Paprika scharf <0,05, in Paprika süß <0,05 und in Paprika Flakes <0,05.
Später hat die Beklagte Gewürzproben von TÜV … auf Chlorethanol untersuchen lassen. Laut Prüfbericht mit Ausgangsdatum 12.04.1995 war Chlorethanol in mg/kg enthalten: in Paprika scharf 2,96, in Paprika edelsüß 3,99 und in Paprika Flakes 1,44. (Vgl. Prüfberichte Bl. 57 Anlage 1 und 2).
Nachdem der Beklagten der erste Befund zugegangen war, teilte sie diesen der Firma … mit Fax vom 27.12.1994 mit. Gleichzeitig schrieb sie: „Wir stellen Ihnen hiermit o.g. Partien zur Verfügung. Sämtliche uns entstehenden Kosten und Schäden werden wird im Sinne unseres Faxes vom 09.12.1994 bei Ihnen bzw. bei Ihrem Partner geltend machen...“
Die Firma … erwiderte mit Fax vom 27.12.1994:
„Bezugnehmend auf unser Telefonat sowie Ihr uns zugesandtes Fax nebst Anlagen möchten wir in erster Linie nochmals dringend darauf hinweisen, daß zwar eine Eto-Belastung vorliegt, diese jedoch auf keinen Fall durch Eto-Behandlung zustande gekommen sein soll, sondern bei einer solchen Behandlung Mindestbelastungen von 40 mg/kg festgestellt werden... Die Firma … ist schon seit drei Wochen damit beschäftigt, die Herkunft dieser geringen Eto-Belastungen zu erarbeiten und hat hierfür auch schon in Madrid mit den entsprechenden Spezialisten der Universität verhandelt...
In der Zwischenzeit haben wir unser Haus unterrichtet und um Rücknahme der beanstandeten Partien gebeten, da diese klar über den bei uns zugelassenen Werten liegen (die nach unserer Ansicht völlig willkürlich festgelegt wurden) und mit der gegebenen Situation absolut nicht fertig werden...“
Mit Fax vom 28.12.1994 erklärte die Beklagte nochmals: „Die Partien stehen hier zu Ihrer Verfügung. Wir bitten Sie, uns bis Montag, 02.01.1995, 12.00 Uhr, Ersatzware zu beschaffen, da ab diesem Zeit- punkt unser Geschäftsbetrieb nicht mehr aufrechterhalten werden kann (Herstellung von Mischungen, Lieferverpflichtungen). Sollten Sie bis zu diesem Zeitpunkt keine Ersatzware zur Verfügung stellen können – für die Sie selbstverständlich verbindlich die Garantie übernehmen müssen, daß die Ware dem deutschen LMBG entspricht – so müssen wir uns leider gegen Sie eindecken.“
Unter dem 11.01.1995 schrieb die Beklagte an die Firma … „Zusammenfassend kann man aber leider sagen, daß sich nichts Neues ergeben hat. Die für uns wichtigste Aussage war Ihre Erklärung, daß Sie bzw. Ihr spanischer Partner keine Ersatzware zur Verfügung stellen können. Wir möchten deshalb nochmals betonen, daß wir um schnellstmögliche Abholung der noch bei uns lagernden, nicht einsatzfähigen Ware bitten...“ Mit Fax an die Beklagte vom 12.01.1995 kündigte die Firma …. an, daß die Ware am selben oder am folgenden Tag abgeholt wird.
Mit Fax vom 13.01.1995 teilte die Klägerin der Beklagten mit, daß die Ware am 16.01.1995 wieder abgeholt werde. Mit Schreiben vom 16.01.1995 teilte die Beklagte der Firma … mit, daß ein Teil der Partie 292 bereits zu einem Zeitpunkt abgepackt worden sei, bevor der Beklagten die Warnung des Verbandes zugegangen sei. Dieser Teil der Ware müsse sukzessive bei den Kunden der Beklagten zurückgeholt werden und gegen einwandfreie Ware ausgetauscht werden.
Die Beklagte schrieb an die Klägerin unter dem 18.01.1995 u. a.: „Weiterhin teilen wir Ihnen mit, den mit Ihnen, bzw. mit Ihrem Herrn … eingegangenen Abrufkontrakt, hiermit kündigen, wegen erwiesener Unzuverlässigkeit Ihrer Firma. Den uns dadurch entstandenen Schaden werden wir Ihnen mit gesonderter Abrechnung in Rechnung stellen“ (Bl. 20 B 19 mit Übersetzung Bl. 50 B 23).
Die Klägerin behauptet, die gelieferte Ware mit der Partie Nr. 292 sei nicht mit Ethylenoxid bzw. Chlorethanol in einer Menge von mehr als 0,02 mg/kg belastet. Die streitgegenständliche Lieferung sei im Rahmen des bei ihr durchgeführten sogenannten Extraktionsverfahrens nicht mit Ethylenoxid bzw. 2-Chlorethanol behandelt worden. Im übrigen werde bestritten, daß dem TÜV in … Proben aus der Partie 292 zur Verfügung gestellt worden sei. Im übrigen sei es nicht Sache des nichtdeutschen Verkäufers, sich um die Anforderungen nach deutschem Lebensmittelrecht zu erkundigen.
Die Beklagte habe die am 23.11.1994 gelieferte Ware nicht rechtzeitig untersucht. Bei einer früheren Lieferung, die sich auf einen anderen Vertrag bezogen habe, habe die Beklagte einen Salmonellenbefall festgestellt. Seinerzeit hätten sich die Parteien darauf geeinigt, wie folgt zu verfahren (vgl. Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 07.03.1994, Bl. 20 B 1):
„Die eingehenden Partien werden von einem unabhängigen, amtlich zugelassenen Institut auf Verkehrsfähigkeit nach dem deutschen Lebensmittelrecht geprüft (insbesondere auf Salmonellen, Aflatoxide und Pestizide). Während dieser Quarantänezeit bleibt die Partie in ihrem Besitz. Erst nach Erhalt des Verkehrsfähigkeits-Zeritifikats und Freigabe der Partie durch unsere Qualitätskontrolle wird die Ware von uns übernommen und das Zahlungsziel von 30 Tagen beginnt ab diesem Zeitpunkt...“
Die Reklamation vom 27.12.1994 sei deshalb verspätet. Eine Untersuchung der Ware habe die Beklagte erst am 13.12.1994 in Auftrag gegeben.
Im übrigen sei die Beklagte – wie sie in früheren Schreiben selbst eingeräumt habe – zur vollständigen Rückgabe der beanstandeten Ware nicht mehr in der Lage.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zur verurteilen, an die Klägerin DM 29.760,- nebst 5 % Zinsen seit dem 23.11.1994 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Im Wege der Widerklage beantragt die Beklagte, die Klägerin/Widerbeklagte zur verurteilen, an die Beklagte/Widerklägerin DM 159.765,- nebst 12 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Klägerin beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor: Sie habe die gelieferte Ware rechtzeitig gerügt und ihre Obliegenheiten nicht verletzt. Die im März 1994 getroffene Vereinbarung gelte nur für den früheren, nicht für den streitgegenständlichen Vertrag.
Die am 23.11.1994 gelieferte Ware sei zu dem gewöhnlichen Gebrauch nicht geeignet und nicht verkehrsfähig. Nach den Prüfberichten der TÜV- … GmbH sei die Ware weit über das in Deutschland tolerierte Maß hinaus mit Ethylenoxid bzw. mit dem Folgeprodukt Chlorethanol belastet. Die … Gutleben habe dies im Fax vom 27.12.1994 eingeräumt. Am 27.12.1994 sei der erste Prüfbericht der TÜV- … GmbH bei der Beklagten eingegangen. An dem selben Tag habe die Beklagte der Firma … das Ergebnis mitgeteilt und Rücknahme der Ware verlangt. Die Belastung mit Ethylenoxid stelle einen verstecken Mangel dar.
Die Parteien hätten sich darauf geeinigt, daß die beanstandete Ware zurückgenommen wird. Der Aufforderung, unbelastete Ersatzware zu liefern, sei die Klägerin nicht nachgekommen. Die Firma … habe gegenüber der Klägerin am 11.01.1995 sogar erklärt, derzeit könne keine Ersatzware zur Verfügung gestellt werden (vgl. Aktennotiz der Beklagten vom 11.01.1995, Bl. 20 B 13).
Die Beklagte sei deshalb auch berechtigt, Schadenersatz gemäß Art. 74 CISG zu verlangen. Die Beklagte habe – um ihren Geschäftsbetrieb aufrechterhalten und ihre Lieferverpflichtungen einhalten zu können – einen Deckungskauf über 68 to Paprikapulver zum Preis von DM 5,25 netto pro kg getätigt. Die Differenz zu dem mit der Klägerin vereinbarten Preis betrage DM 2,23. Bei 68.000 kg errechne sich ein Schaden von DM 151.640,00. Darüber hinaus sei der Beklagten ein Gewinn in Höhe von mindestens DM 7.000,- dadurch entgangen, daß die Beklagte bis zum Eintreffen der aufgrund des Deckungskaufs gelieferten Ware zeitweise über keinen verkäuflichen Paprika verfügt habe. Die Klägerin habe der Beklagten außerdem die Kosten für die Analysen als Schaden zu ersetzen (DM 1.125,00). Der Gesamtschaden belaufe sich somit auf DM 159.765,00.
Die Beklagte sei berechtigt gewesen, den gesamten Vertrag vom August 1994 zu kündigen.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, die Widerklage könne schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die gelieferte Ware zu spät gerügt worden sei und die Ware im übrigen verkehrsfähig sei. Bei der von der Beklagten als Deckungskauf bezogenen Ware handle es sich nicht um gleichwertige, sondern um höherwertige Ware. Vergleichbare Ware sei seinerzeit zum Preis von DM 3,02 pro kg erhältlich gewesen.
Im einzelnen wird auf die Schriftsätze der Parteivertreter und die vorgelegten Schriftstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist zulässig. Das angerufene Gericht ist international zuständig (gemäß Art. 2 GVÜ; zudem durch rügelose Einlassung gemäß Art. 18 GVÜ bzw. 39 ZPO).
II. Die Klage ist nicht begründet.
A. Das Vertragsverhältnis der Parteien ist primär nach dem Übereinkommen der Vereinten Nation über Verträge über den internationalen Warenkauf – CISG – zu beurteilen (Art. 1 a CISG: Deutschland und Spanien sind Vertragsstaaten). Ergänzend gilt deutsches Recht, weil die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts der Bundesrepublik führen. Dies deshalb, weil der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag von einer in der BRD ansässigen Vermittlerfirma namens und in Vollmacht der Klägerin geschlossen worden ist (im Sinne des Art. 28 EGBGB hat der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag die engste Verbindung zur BRD).
B. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kaufpreis für die Lieferung vom 23.11.1994 zu zahlen (Art. 53 CISG).
Die Ware wies zur Zeit der Lieferung einen Ethylenoxidanteil auf, der denjenigen Wert, der nach deutschem Lebensmittelrecht toleriert wird, überschritt. Jedenfalls kann die Klägerin nicht mehr einwenden, eine solche Überschreitung habe nicht vorgelegen.
Die Qualität der Ware entsprach folglich nicht dem Vertrag (Art. 35 Abs. 1 CISG). Da die Ware wegen des Ethylenoxidanteils in Deutschland als Lebensmittel nicht verkäuflich ist, liegt eine wesentliche Vertragsverletzung der Klägerin vor; denn der Beklagten entgeht im wesentlichen, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen (vgl. Art. 25 CISG und BGH NJW 1995, 2099, 2100). Nachdem die Beklagte die hohe Ethylenoxidbelastung der Ware bemängelt hatte, hat sich die Klägerin mit der Rücknahme der beanstandeten Ware einverstanden erklärt.
1. Bei Abschluß des Vertrages waren sich die Parteien darüber einig, daß die Ware nach deutschem Lebensmittelrecht verkaufsfähig sein muß. Dies folgt aus Einräumungen der Klägerin in Verbindung mit dem Schreiben der Beklagten vom 07.03.1994.
Die Klägerin, die mit der Beklagten schon in längerer Geschäftsverbindung steht und häufig in die Bundesrepublik exportiert (vgl. Einräumung S. 2 der Klageschrift), wobei die Firma … als Vermittlerin der Klägerin auftritt, hatte die Beklagte schon vor dem Vertrag vom August 1994 mit Paprika beliefert. Nachdem festgestellt worden war, daß die Ware mit Salmonellen befallen war, teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 07.03.1994 mit, sie werde künftig die eingehenden Partien von einem unabhängigen, amtlich zugelassenen Institut auf Verkehrsfähigkeit nach deutschem Lebensmittelrecht prüfen lassen (insbesondere auf Salmonellen, Aflatoxide und Pestizide). Die Klägerin hat dieser Regelung seinerzeit zugestimmt (vgl. Einräumung auf S. 2 des Schriftsatzes vom 27.04.1995, Bl. 30 d. Akten).Die Klägerin vertritt sogar die Ansicht, daß diese Regelung auch für den Vertrag vom August 1994 maßgeblich sei (S. 6 des Schriftsatzes vom 27.04.1995). Dieser Ansicht kann allerdings nicht gefolgt werden, weil die Parteien in dem Vertrag vom 02.08.1994 ausdrücklich eine andere Regelung getroffen haben; die Verpflichtung, Zertifikate über Aflatoxin- und Salmonellenfreiheit beizubringen, ist der Klägerin auferlegt worden.
Unter den genannten Umständen steht außer Zweifel, daß sich die Parteien auch bei Abschluß des Folgeauftrags vom August 1994 darüber einig waren, daß die bestellte Ware den Anforderungen des deutschen Lebensmittelrechts zu entsprechen hat (vgl. auch BGH NJW 1995, 2101 unter ccc).
Die Klägerin kann deshalb nicht einwenden, ihr sei das deutsche Lebensmittelrecht unbekannt (zumal der Abschlußvertreterin der Klägerin dieses Recht bekannt ist bzw. bekannt sein muß).
2. Unstreitig ist, daß die Ware nach dem deutschen Lebensmittelrecht maximal 0,02 mg/kg Ethylenoxid oder Chlorethanol enthalten darf.
Die gelieferte Ware überschritt diesen Wert. Selbst wenn dieser Wert nicht überschritten worden sein sollte, wäre es der Klägerin verwehrt, sich hierauf zu berufen. Denn die Parteien haben sich darauf geeinigt, daß die Klägerin die gelieferte Ware zurücknimmt.
Die Beklagte hatte am 27.12.1994 gegenüber der Firma … gerügt, daß bei der Lieferung Ethylenoxid festgestellt worden ist; sie hatte Rücknahme der Ware gefordert und Schadenersatzforderungen angekündigt (s. Schreiben vom 27.10.1994, Bl. 20 B 10). Die Firma … räumte daraufhin das Vorliegen von Eto-Belastungen ein (Zitat aus dem Fax vom 27.12.1994, Bl. 20 B 11: „da diese klar über den bei uns zugelassenen Werten liegen...“); sie bestritt lediglich, daß diese durch eine Eto-Behandlung zustande gekommen sei. Die Firma … teilte rechtzeitig mit, sie habe die Klägerin um Rücknahme der beanstandeten Partien gebeten.
Unstreitig ist, daß sich die Klägerin daraufhin gegenüber der Beklagten bereit erklärt hat, die beanstandete Ware zurückzunehmen (vgl. Einräumung der Klägerin sowie Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 13.01.1995).
Hierzu ist rechtlicher Hinsicht auszuführen:
Die Firma … ist Handelsvertreter für die Klägerin mit der Vollmacht, Geschäfte namens der Klägerin abzuschließen. Als solche gilt sie auch als bevollmächtig, Reklamationen der Beklagten entgegenzunehmen (§§ 54, 55, 84, 91 HGB). Der Handelsvertreter ist allerdings im Zweifel nicht berechtigt, einen geschlossenen Vertrag abzuändern bzw. die Reklamation eines Kunden als berechtigt anzuerkennen. Die Klägerin muß sich aber die Erklärung, welche die Firma … am 27.12.1994 gegenüber der Beklagten abgegeben hat (B1. 20 B 11), deshalb wie eine eigene zurechnen lassen, weil sie – gemäß der Empfehlung der Firma … – der Rücknahme der Ware vorbehaltlos zugestimmt hat. Diese Zustimmungserklärung beinhaltet – aus der Sicht der Empfängerin, also der Beklagten – eine Anerkennung von deren Behauptung, daß die Lieferung vom 23.11.1994 nicht vertragsgemäß ist.
Die Klägerin behauptet zwar, der Rücknahme nur aus Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zugestimmt zu haben. Eine solche Einschränkung ist aber dem Schriftwechsel der Beteiligten nicht zu entnehmen. Es ist auch nicht substantiiert behauptet worden, daß eine solche Einschränkung mündlich erteilt worden sei (wann? von wem? gegenüber wem?).
Aus der Vereinbarung über die Rücknahme der Ware folgt, daß die Beklagte zur Bezahlung der im November 1994 erfolgten Lieferung nicht verpflichtet ist, und zwar unabhängig davon, ob die Qualität der Ware vertragsgemäß war oder nicht.
3. Der Umstand, daß die Beklagte im Januar 1995 erklärt hat, die gelieferte Ware nicht vollständig zurückgeben zu können, berechtigt die Klägerin nicht, sich von der getroffenen Vereinbarung loszusagen. Zwar verliert der Käufer nach Art. 82 Abs. 1 CISG das Recht, die Aufhebung des Vertrages zu erklären oder vom Verkäufer Ersatzlieferung zu verlangen, wenn es ihm unmöglich ist, die Ware im wesentlichen in dem Zustand zurückzugeben, in dem er sie erhalten hat. Diese Regelung findet auch keine Anwendung, wenn die Ware ganz oder teilweise infolge der in Art. 38 vorgesehenen Untersuchung untergegangen oder verschlechtert worden ist oder wenn der Käufer die Ware ganz oder teilweise im normalen Geschäftsverkehr verkauft oder der normalen Verwendung entsprechend verändert hat, bevor er die Vertragswidrigkeit entdeckt hat oder hätte erkennen müssen (Art. 82 Abs. 2 b und c CISG).
Diese Voraussetzungen liegen vor.
a) Die Die Beklagte hat die Vertragswidrigkeit am 27.12.1994 entdeckt, als ihr der Untersuchungsbefund des TÜV- … mit Ausgangsdatum 20.12.1994 zugegangen ist. Am gleichen Tag hat sie die Vertragswidrigkeit gegenüber der Klägerin wirksam gerügt (durch Fax an die Firma … vom 27.12.1994).
b) Die Beklagte hätte die Vertragswidrigkeit nicht früher erkennen müssen. Zwar war die Beklagte gehalten, die Ware binnen kurzer Frist nach der Anlieferung vom 23.11.1994 zu untersuchen oder untersuchen zu lassen, „wie es die Zustände erlauben“ (Art. 38 Abs. 1 CISG). Nachdem zuvor Ethylenoxidbelastungen bei Paprikalieferungen der Klägerin nicht festgestellt worden waren, konnte von der Beklagten aber nicht erwartet werden, daß sie Proben aus der Lieferung vom November 1994 durch ein Fachinstitut auch auf Ethylenoxid untersuchen läßt.
Die Ethylenbelastung stellt einen versteckten Mangel dar.
Nachdem die Beklagte die Information des Fachverbandes vom 07.12.1994 erhalten hatte, mußte sie mit der Möglichkeit rechnen, daß die von der Klägerin gelieferte Ware mit Ethylenoxid belastet ist; die Beklagte hatte aber durch diese Information noch keine Kenntnis von der Vertragswidrigkeit der Ware erlangt.
Die Beklagte reagierte binnen kurzer Frist, und zwar mit Schreiben an die Firma … vom 09.12.1994 und durch Beauftragung des TÜV- … GmbH mit Schreiben vom 13.12.1994.
c) In der Zeit zwischen der Lieferung der Ware und dem Zeitpunkt, in welchem die Beklagte die von ihr behauptete Vertragswidrigkeit festgestellt hat, hat die Beklagte die gelieferte Ware teilweise in kleinen Mengen abgepackt und an diverse Lager ausgeliefert (vgl. auch Mitteilung der Beklagten an die … im Schreiben vom 16.01.1995). Diese Handlungsweise der Beklagten entsprach dem normalen Geschäftsverkehr im Sinne des Art. 82 Abs. 2 CISG.
d) Nach dem unwiderlegten Vortrag der Beklagten ist davon auszugehen, daß diese im Januar 1995 bereit und in der Lage war und auch noch bereit und in der Lage ist, die Lieferung vom November 1994 an die Klägerin zurückzugeben, soweit einer Rückgabe nicht Besitzrechte Dritter entgegenstehen, welche durch Maßnahmen des normalen Geschäftsverkehrs Besitz an der Ware erlangt haben.
Der Anspruch, der Gegenstand der Widerklage ist, besteht dem Grunde nach. Da der Rechtsstreit bezüglich der Höhe des Schadens noch nicht entscheidungsreif ist, erläßt die Kammer ein Grund-Urteil gemäß § 304 ZPO.
Die Beklagte fordert von der Klägerin Schadenersatz wegen Nichtlieferung von 68 to Paprika (von der vertraglich vereinbarten Menge – 80 to – sind unstreitig 12 to unbeanstandet geliefert und von der Beklagten auch bezahlt worden).
Dieser Anspruch besteht dem Grunde nach.
A. Zu den 9 to Paprika, die am 23.11.1994 geliefert worden sind:
Die Klägerin war zu einer Ersatzlieferung verpflichtet, nachdem sie sich mit der Rücknahme der beanstandeten Ware einverstanden erklärt hatte, und ihr die Beklagte – mit Schreiben an die empfangsbevollmächtigte Firma … vom 28.12.1994 – eine Nachfrist zur Erfüllung ihrer Pflicht bis 02.01.1995 gesetzt hatte (Art. 47 Abs. 1 CISG). Dahinstehen kann, ob die gesetzte Frist unangemessen kurz war. Denn die Klägerin hat erst mit Schreiben vom 18.01.1995 die Aufhebung des Vertrages erklärt gemäß Art. 49 CISG. Die gesetzte Nachfrist und die durch das weitere Abwarten zusätzlich gewährte Frist ist insgesamt als „angemessene Frist“ im Sinne des Art. 47 Abs. 1 CISG zu bewerten (so Caemmerer/ Schlechtriem, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht 2. Aufl. Art. 47 Rn. 12).
Gemäß Art. 26, 49 Abs. 1 b und 73 Abs. 1 CISG war die Beklagte deshalb am 18.01.1995 berechtigt, die Aufhebung des Vertrages bezüglich der Menge von 9 to zu erklären.
Dahinstehen kann, ob die Behauptung der Beklagten zutrifft, die Firma … habe der Beklagten am 11.01.1995 telefonisch erklärt, die Klägerin sei außerstande, unbelastete Ersatzware zu liefern (vgl. Art. 47 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz und Art. 49 Abs. 1 b, 2. Halbsatz CISG) und ob sich die Klägerin gegebenenfalls die Erklärung der Firma … wie eine eigene zurechnen lassen muß.
Die Beklagte ist deshalb (zumindest) bezüglich dieser 9 to berechtigt, Schadenersatz nach Art. 74 und 75 zu verlangen (Art. 45 Abs. 1 und 2 CISG).
Die Klägerin hat für die Pflichterfüllung ihrer vertraglichen Pflichten einzustehen (Art. 79 CISG), und zwar unabhängig davon, ob die Ware durch die bei der Klägerin vorgenommene Behandlung oder auf andere Weise mit Ethylenoxid belastet worden ist. In letzterem Falle hätte die Klägerin die Möglichkeit gehabt, vor der Lieferung entsprechende Untersuchungen vorzunehmen.
B. Zu den restlichen 59 to, welche die Klägerin nach dem Vertrag noch hätte liefern müssen:
Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ist ein Sukzessivlieferungsvertrag, weil mehrere zeitlich gestaffelte Lieferungen vereinbart worden sind. Für einen solchen Vertrag gilt nach Art. 73 Abs. 2 CISG folgende Regelung:
„Gibt die Nichterfüllung einer eine Teillieferung betreffenden Pflicht durch eine der Parteien der anderen Partei triftigen Grund zu der Annahme, daß eine wesentliche Vertragsverletzung in Bezug auf künftige Teillieferungen zu erwarten ist, so kann die andere Partei innerhalb angemessener Frist die Aufhebung des Vertrages für die Zukunft erklären.“
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Die Klägerin war verpflichtet, der Beklagten – gemäß deren Aufforderung – Ersatzware für die 9 to, mit deren Zurücknahme sich die Klägerin (im Hinblick auf die von der Beklagten geltend gemachte Ethylenoxidbelastung) einverstanden erklärt hatte, binnen angemessener Frist zu verschaffen. Dieser Verpflichtung ist die Klägerin nicht nachgekommen, obwohl die Beklagte in ihrem Schreiben vom 28.12.1994 mitgeteilt hatte, daß sie ihre Lieferverpflichtungen nicht mehr wird einhalten können, wenn Ersatzware nicht bis 02.01.1995 zur Verfügung steht.
Die Nichterfüllung dieser Verpflichtung stellt eine wesentliche Vertragsverletzung dar. Bei objektiver Betrachtung der Gesamtumstände mußte die Beklagte in der zweiten Hälfte des Monats Januar 1995 davon ausgehen, daß es der Klägerin damals unmöglich war, unbelasteten und den Anforderungen deutschen Lebensmittelrechtes entsprechenden spanischen Paprika der Ernte 1994 zu liefern (vgl. insbesondere Rundschreiben des Fachverbandes Gewürzindustrie e. V. vom 07.12.1994 sowie Fax der Firma … an die Beklagte vom 27.12.1994, 12.01.1995 und 16.01.1995).
Es war für die Beklagte unzumutbar, angesichts der Ungewissheit, wie lange die Klägerin zur vertragsgerechten Lieferung außerstande sein wird, an den mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrag gebunden zu bleiben.
Dabei ist auch folgendes zu berücksichtigen: Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag legt nicht große Zeitabstände zwischen den Teillieferungen fest. Nach der vertraglichen Vereinbarung war der Beklagten das Recht eingeräumt worden, die Gesamtmenge von 80 to in Teilpartien von mindestens 5 to abzurufen. Nach dem Wortlaut des Vertrages hätte die Beklagte die Gesamtmenge in zwei Teillieferungen abrufen können. Die Beklagte hätte demnach nicht vertragswidrig gehandelt, wenn sie – sei es nach der ersten Lieferung, sei es im Dezember 1994 oder im Januar 1995 – die gesamte Restmenge von 68 to abgerufen hätte. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Beklagte einen Teil der ausstehenden Lieferungen erst zu einem Zeitpunkt abgerufen hätte, in dem die Klägerin voraussichtlich wieder in der Lage gewesen wäre, Ware zu liefern, die den Anforderungen des deutschen Lebensmittelrechts entspricht.
Die Beklagte hat innerhalb angemessener Frist nach Ausbleiben der Ersatzlieferung die Aufhebung des Vertrages für die Zukunft erklärt (mit Schreiben vom 18.01.1995).