Die Parteien streiten um die Restzahlung einer klägerischen Rechnung vom 5.5.1993 aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag.
Die Beklagte bestellte am 15.3.1993 bei der Klägerin 200 kg des Produktes Tetracycline HCL mit der Spezifikation, daß „eine Mikronisierung“ unter 25 microns erfolgt. Die Auslieferung der zunächst für Ende 1993 vereinbarten Warenübersendung erfolgte per Luftfracht am 5.5.1993 auf eigene Kosten der Klägerin.
Die Ware traf am 10.5.1993 in München ein und wurde am 11.5.1993 an den Endkunden der Beklagten weiterversandt. Am 25.5.1993 reklamierte der Kunde der Beklagten, daß die Mikronisierung nicht fein genug sei für den Beginn des Produktionsprozesses der mit der Ware herzustellenden Augensalbe. Die Beklagte gab diese vorhandenen Mängel an die Klägerin weiter. Nachdem zunächst eine „Testproduktion“ mit Zustimmung der Klägerin bei dem Kunden der Beklagten durchgeführt wurde, die jedoch fehl schlug, kamen die Parteien am 25.5.1993 überein, die gesamte gelieferte Ware zur Nachbesserung nach Italien zurückzusenden. Die Klägerin erteilte zur Rücksendung genaue Anweisungen an die Beklagte mit Schreiben vom 25.5.1993. Auf Anlage K 5 wird ausdrücklich Bezug genommen. In diesem Schreiben wurde die Spedition Firma A. GmbH München namentlich angegeben und zugleich als Empfangsspediteur in Italien die Firma L benannt. Gleichzeitig teilte die Klägerin mit, daß sie Schwierigkeiten hatte, den örtlichen Transporteur für den Rücktransport der Waren zu finden. Im letzten Satz ihres Telefax vom 25.5.1993 hat die Klägerin auch angekündigt, daß nach Empfang der Ware und Bearbeitung erneut sofort die Rücksendung an die Beklagte erfolgen werde mit demselben Transport (TIR) und demselben Spediteur.
Zudem sollte gemäß dem Telefax vom 25.5.1993 eine Rückgabenote entsprechend den EG-Zollbestimmungen beigefügt werden. Ausdrücklich sollte dabei „freight collect“, d. h. „Frachtkosten zahlt der Empfänger“, angegeben werden.
Am 25.5.1993 erteilte die Beklagte der Firma A. München den Auftrag, zur Verfügung der Klägerin zu transportieren, wobei als Empfangsspediteur die Firma L. angegeben wurde und als Adresse für die Abholung der Ware die Firma Lo. in Emmerthal mit dem besonderen Zusatz, daß die Ware schnellstens – wenn möglich noch heute – bei Lo. abzuholen und sofort nach Italien zu liefern ist. Ausdrücklich wurde in den Speditionsauftrag aufgenommen, daß die Fracht zu Lasten der Klägerin geht.
Auf den Speditionsauftrag vom 25.5.1993, Anlage B 12, wird ausdrücklich Bezug genommen.
Die Firma A. schaltete in Hannover einen Transporteur, die Firma H., ein. Diese hat die Ware am 26.5.1993 beim Kunden der Beklagten in Emmerthal abgeholt.
Es kam dann zu Kommunikationsschwierigkeiten der Klägerin mit der Spedition, da, wie die Klägerin in einem Telefax vom 28.5.1993 der Beklagten mitteilte, niemand gewußt habe, daß sich die Ware nicht in München, sondern in Emmerthal bei der Firma Lo. befunden habe.
Die Beklagte fragte am 1.6.1993 bei der Firma A. an, ob der Wirkstoff nach Italien unterwegs sei. Dabei wurde festgestellt, daß die Ware bei der Speditionsfirma A. in München lagerte und daß von dieser Spedition nichts unternommen worden war, um den Weiterversand an den Empfangsspediteur in Italien durchzuführen. Zwischen den Parteien wurde daraufhin sofort mehrfach telefoniert. Am 4.6.1993 wurde aus dem zwischenzeitlich von der Firma A. auf das Lager der Beklagten gelieferten vier Trommeln der Ware 20 kg entnommen und dem Endkunden der Beklagten übersandt. Auch diese dem oberen Bereich der Tonnen entnommenen Materialien entsprachen jedoch nicht der erforderlichen Mikronisierung. Mit Telefax vom 8.6.1993, auf das als Anlage B 14 ausdrücklich Bezug genommen wird, teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß auch dieses Material nicht den Anforderungen entspräche. Zugleich wurde darauf hingewiesen, daß eine örtliche Mikronisierungsfirma sofort die Mikronisierung durchführen muß, weil der Endkunde bereits einen Produktionsstop einlegen mußte. Mit weiterem Telefax vom 8.6.1993 (Anlage B 15) wurde der Klägerin von der Beklagten bekannt gegeben, daß die Mikronisierungskosten für 20 kg der Ware 2.680, DM betragen, und angeboten, die restlichen 180 kg nach Italien an die Klägerin zu senden. Die Klägerin erklärte hierauf mit Fernschreiben vom 9.6.1993 gegenüber der Beklagten, daß sie mit der Mikronisierung der Ware durch eine deutsche Firma zu den genannten Bedingungen nicht einverstanden sein könne, da dieser Preis viel zu hoch sei. Die Klägerin brachte nochmals zum Ausdruck, daß die Beklagte bereits am 26.5.1993 aufgefordert worden sei, die gesamte Ware zurückzusenden, und daß die Nachbesserung in Italien hätte innerhalb kürzester Zeit erfolgen können unter der Voraussetzung, daß die Beklagte den Lagerort der Ware mitgeteilt hätte.
Noch am 8.6.1993 erfuhr die Beklagte von ihrer Endkundin, daß mit den 20 kg die Produktion keinesfalls begonnen und dann fortlaufend durchgeführt werden könne. Das gesamte ordnungsgemäß mikronisierte Material mußte sofort zur Verfügung stehen. Ein weiterer Verzug wäre von der Endkundin nicht hingenommen worden, sondern Anlaß für erhebliche Schadensersatzforderungen gewesen, die weit über die jetzt streitigen Kosten der Mikronisierung in Deutschland hinausgegangen wären.
Die Beklagte beauftragte am 9.6.1993 die Firma G. in Bremen mit der Mikronisierung der gesamten Ware. Die Ware wurde von dort an den Kunden der Beklagten, die Firma Lo., am 14.6.1993 ausgeliefert. Für die Mikronisierung der gesamten Ware durch die Firma G. inklusive Transportkosten brachte die Beklagte einen Betrag von 6.276,90 DM von dem Rechnungsbetrag der Klägerin in Höhe von 8.300, DM aus der Rechnung der Klägerin vom 5.5.1993 in Abzug und bezahlte nur den Differenzbetrag in Höhe von 2.023,10 DM per Scheck.
Die Klägerin besteht auf Zahlung eines Restbetrags von 5.562,90 DM, wobei sie der Beklagten lediglich fiktive Kosten für die Rücksendung der Ware nach Italien in Höhe von 714,- DM als Abzugsposten aus dem Gesamtrechnungsbetrag von 8.300,- DM zugesteht. Die Beklagte erklärte vorsorglich gegenüber dem klagegegenständlichen Kaufpreisanspruch die Aufrechnung mit Gegenforderungen in Höhe von 6.276,90 DM gemäß ihrer geltend gemachten Schadensersatzansprüche gemäß Aufstellung vom 26.7.1993, Anlage K 12, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird.
Die Klägerin trägt vor, ihr sei der Standort der Ware zunächst nicht bekannt gewesen. Die Beklagte habe der Speditionsfirma im eigenen Namen einen Auftrag erteilt. Die Beklagte sei insoweit für die ordnungsgemäße Abwicklung des Speditionsgeschäftes verantwortlich gewesen.
Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Ware ohne Zustimmung der Klägerin durch eine Drittfirma auf Kosten der Klägerin mikronisieren zu lassen. Gemäß Art. 48 Abs. 1 CISG habe die Klägerin gegenüber der Beklagten ein Nacherfüllungsrecht gehabt. Mit Schreiben vom 25.5.1993 sei die Beklagte zur Rücksendung der gesamten Ware und damit implizit auch zur Erklärung, daß sie die Nacherfüllung durch die Klägerin annehmen wolle, aufgefordert worden. Die Beklagte habe dieser Aufforderung nicht entsprochen, sondern anderweitig am 9.6.1993 die Ware zur Mikronisierung gegeben. Dieses Recht sei ihr gemäß Art. 48 Abs. 2 CISG jedoch verwehrt gewesen, da sie nach Art. 48 Abs. 2 Satz 2 CISG keinen Rechtsbehelf habe ausüben dürfen, der mit der Erfüllung unvereinbar sei. Die Klägerin sei bis zu den Faxbriefen vom 8.6.1993 der Beklagten zu keiner Zeit darüber informiert gewesen, daß der Kunde der Beklagten die Ware zur Aufnahme der Produktion ab dem 7.6.1993 benötigte. Eine vorherige Fristsetzung zur Vornahme der Nacherfüllung bis zum 7.6.1993 sei nicht erfolgt, so daß die Beklagte den ihr zumutbaren Nacherfüllungsanspruch der Klägerin vereitelt habe.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.562,90 DM nebst 10 % Zinsen hieraus seit 1.11.1993 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
Die Beklagte trägt vor, der Empfangsspediteur L. hatte die von der Firma A. verlangte Übernahmebestätigung hinsichtlich der Frachtkosten nicht abgegeben. Deshalb habe die Firma A. den Weitertransport der Ware mit Lkw nach Rom von München aus abgelehnt, um nicht das Risiko der Nichtannahme bei Ablieferung und sodann das Risiko der Einlagerungskosten und der Rück- transportkosten tragen zu müssen.
Die Beklagte ist unter Bezugnahme auf das Telefax der Klägerin vom 25.5.1993 (K 5) der Meinung, daß die Beklagte in Bezug auf den Speditionsauftrag an die Firma A. nur als Erfüllungsgehilfin der Klägerin gehandelt habe.
Zudem habe zwar zunächst gemäß Art. 48 Abs. 1 CISG ein Nacherfüllungsanspruch der Klägerin bestanden. Da die Klägerin die Nachbesserung jedoch nicht innerhalb zumutbarer Zeit durchgeführt hat, habe die Beklagte selbst auf Kosten der Klägerin gemäß Art. 45 Abs. 1 b CISG die Reparatur durchführen können, wobei die Setzung einer Nachfrist nach Art. 47 CISG nicht erforderlich gewesen war.
Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, es sei zur Verzögerung bei der Abwicklung des Nacherfüllungsanspruchs gekommen. Daß die Klägerin angeblich nicht gewußt habe, daß sich die Ware nicht in München, sondern in Emmerthal befunden habe, sei nicht zutreffend, da die Firma A. noch im Speditionsauftrag vom 25.5.1993 angewiesen wurde, die Ware in Emmerthal abzuholen und dies tatsächlich durch die von der Firma A. beauftrage Firma H. am 26.5.1993 geschehen sei.
Im Übrigen sei der Rücktransport der Ware ausschließlich Sache der Klägerin als Verkäuferin gewesen. Die Beklagte habe lediglich gefälligkeitshalber für Rechnung der Klägerin den Speditionsauftrag erteilt.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf den Inhalt der Protokolle zu den mündlichen Verhandlungen vom 10.2.1995 und 23.6.1995 sowie auf den Aufklärungsbeschluß des Gerichts vom 31.3.1995.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Klage erwies sich nicht als begründet.
Die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus dem Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 53 Abs. 1 GVÜ.
Die örtliche Zuständigkeit besteht gemäß den §§ 12, 17 ZPO.
Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus den §§ 23 Nr. 1, 71 GVG.
II. 1. Der Kaufpreisanspruch der Klägerin gemäß Art. 53 CISG ist durch wirksame Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen der Beklagtenpartei erloschen.
Der Erlöschenstatbestand ergibt sich aufgrund des gemäß den §§ 28 Abs. 1 und 2, 32 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB anzuwendenden Codice Civile.
Die Beklagte hat gemäß Art. 45 Abs. 1 b in Verbindung mit Art. 74 CISG Anspruch auf Ersatz der Kosten, die ihr durch die Beauftragung der Firma G. zur Mikronisierung der Ware entstanden sind.
2. Die Rechte der Parteien bestimmten sich aufgrund des Wiener UN- Übereinkommens über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) gemäß dessen Art. 1.
a) Der Kaufpreisanspruch der Klägerin ist zunächst gemäß Art. 53 CISG entstanden, da zwischen den Parteien ein gemäß Art. 14 CISG wirksamer Vertrag bestand.
b) Die Gegenansprüche der Beklagten ergeben sich aus Art. 45 Abs. 1 Ziffer b, da die Klägerin ihre Pflichten nach dem Vertrag nicht erfüllt hat. Die Klägerin hat nicht, wie vertraglich vereinbart, das Produkt Tetracycline HCL mit einer Mikronisierung kleiner als 25 Microns geliefert. Die Geltendmachung des Schadensersatzanspruches war nicht gemäß Art. 48 Abs. 2 Satz 2 CISG unzulässig.
Die Mängelbehebung, nämlich die weitere Mikronisierung des Materials in Italien, hätte nach dem 8.6.1993 zu einer unzumutbaren Verzögerung geführt, die einen weiteren Nacherfüllungsanspruch der Klägerin gemäß Art. 48 Abs. 1 CISG ausschloß.
Zwar hatte die Klägerin zunächst gemäß Art. 48 Abs. 1 CISG das Recht für sich in Anspruch genommen, die Ware in Italien nachbessern zu lassen. Dementsprechend wies sie mit Telefax vom 25.5.1995 die Beklagte an, die Ware nach Italien zurückzusenden. Dieser Nachbesserungsversuch schlug jedoch fehl, nachdem die Ware nicht nach Italien transportiert wurde, sondern in München liegen blieb. Die Klägerin hat somit innerhalb der der Beklagten noch zumutbaren Zeit bis 8.6.1993 die Nachbesserung nicht durchgeführt. Jede weitere Verzögerung nach dem 8.6.1993 war der Beklagten unzumutbar, da sie – unbestritten – zu erheblichen Schadensersatzforderungen der Kundin der Beklagten geführt hätte.
Die Beklagte war auch nicht gehalten, der Klägerin zur Durchführung der Reparatur eine Nachfrist gemäß Art. 47 CISG zu setzen. Die Frist des Art. 47 Abs. 1 stellt keine Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch dar, etwa wie die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gemäß § 326 BGB nach deutschem Recht. Die Beklagte war dementsprechend berechtigt, auf Kosten der Klägerin die Reparatur durchzuführen (vgl. von Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht CISG, Art. 48, Rn. 25).
Der Schadensersatzanspruch der Beklagten war auch nicht gemäß Art. 80 CISG deshalb entfallen, weil sie die Durchführung der Nachbesserung in angemessener Zeit vereitelt hätte.
Ausweislich des Speditionsauftrags vom 26.5.1993 an die Firma A. (Anlage B 12) ist die Beklagte genau den Anweisungen nach gekommen, die ihr die Klägerin mit dem Telefax vom 25.5.1993 mit teilte. Die Beklagte beauftragte gemäß dieser Weisung die von der Klägerin benannte Speditionsfirma A. mit dem Transport zur Übergabe an den von der Klägerin genannten Empfangsspediteur L. in Italien. Ausweislich des Speditionsauftrags hat die Beklagte der Firma A. auch ausdrücklich den Auftrag gegeben, die Ware bei der Firma Lo. in Emmerthal abholen zu lassen, was ausweislich des Speditionsübergabescheins vom 26.5.1993 (Anlage B 13) auch durch die von der Firma A. eingeschaltete Transportfirma H. erfolgte.
Eine Verzögerung der Durchführung des Speditionsauftrags durch eine ungenügende Benennung des Aufenthaltsorts der Ware durch die Beklagte ist somit ausgeschlossen.
Soweit die Klägerin die verzögerte Durchführung des Speditionsauftrags mit Schreiben vom 28.5.1993 der Beklagten anlastete, weil diese angeblich den Standort der Ware nicht mitgeteilt hatte, ist dies durch den Speditionsauftrag und die Übernahmebestätigung widerlegt. Im übrigen hat die Klägerin ausweislich ihres eigenen Vortrags gewußt, daß die Ware zunächst zu dem Endkunden der Beklagten am 11.5.1993 ausgeliefert worden war und dementsprechend auch zu erwarten war, daß die Ware sich noch dort befand.
Die Beklagte hat im eigenen Namen aber für Rechnung der Klägerin und in Erfüllung deren Nachbesserungspflicht die Spedition A. beauftragt. Die Beklagte glich damit nach deutschem Recht einem Dienstleistungskommissionär gemäß den Vorschriften des § 406 in Verbindung mit §§ 383 ff. HGB.
Die Beklagte hat den Speditionsauftrag erkennbar nur auf Weisung der Klägerin erteilt. Der Speditionsauftrag stellt sich somit als Geschäft zur Ausführung der Kommission dar und nicht als Eigengeschäft der Beklagten. Dementsprechend hatte die Beklagte nur dafür Sorge zu tragen, daß es zur Durchführung des Speditionsauftrags kam, sie hatte jedoch nicht für dessen Erfüllung zu haften.
Die Beklagte hat ihre Pflichten, für die Durchführung des Auftrags zu sorgen, nicht verletzt. Jedenfalls hat die Klagepartei gemäß Art. 80 CISG nichts vorgetragen, wonach die Durchführung des Speditionsauftrags aufgrund eines Verhaltens der Beklagten gescheitert sei.
Die Beklagte hat vielmehr unbestritten am 1.6.1993 noch bei der Firma A. nachgefragt, ob die Ware bereits nach Rom weitertransportiert worden sei. Unbestritten hat die Beklagte, nachdem sie von der Firma A. erfuhr, daß die Ware noch in München lagerte, mit der Klägerin telefoniert.
Es wäre nun Sache der Klägerin gewesen, Anweisung zu geben, daß die Ware durch die Firma A. nach Italien zu liefern ist, es wäre auch Sache der Klägerin gewesen, etwaige Hinderungsgründe durch entsprechende Anweisungen an die Beklagte, die Firma A. oder an den Empfangsspediteur L. auszuräumen.
Die Klägerin selbst erklärte jedoch, daß sie gerade solche Anweisungen nicht erteilt hat, vielmehr stellte sie sogar in ihrem Schriftsatz vom 20.6.1995 in Abrede, daß es zwischen der Klägerin und den Speditionen A. sowie L. Kontakte gegeben habe (Dies widerspricht im übrigen dem eigenen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 6.2.1995, wo sie eingestand, daß es zu Kommunikationsschwierigkeiten zwischen ihr und der Spedition gekommen sei, und ihrem Telefax vom 28.5.1993, in dem sie selbst mitteilte, dem Empfangsspediteur Instruktionen erteilt zu haben).
Der Schadensersatzanspruch der Beklagten bemißt sich nach Art. 74 CISG und umfaßt die Schäden, die der Beklagten infolge der Vertragsverletzung als Verlust entstanden sind. Hierzu gehören die Ersatzvornahmekosten in Höhe von 6.270,90 DM, die die Beklagte zur Aufrechnung stellte und die unbestritten in dieser Höhe bestehen.
Das Entstehen und die Höhe dieser Reparaturkosten waren für die Klägerin auch vorhersehbar (Art. 74 CISG).
Hinsichtlich des Entstehens des Ersatzvornahmekostenanspruchs ist zu berücksichtigen, daß die Klägerin bereits mit der Lieferung der für Ende März zugesagten Ware erheblich in Verzug geraten war und die Lieferung mehrmals von der Beklagten angemahnt worden war. Auch aufgrund der Tatsache, daß die Versendung der Ware schließlich per Luftfracht erfolgte, ergibt sich, daß der Klägerin bewußt war, daß die beschleunigte Auslieferung der Ware notwendig war.
Die Klägerin hatte, nachdem die Ware nun auch noch mangelhaft geliefert worden war, erkennen können, daß jegliche weitere Verzögerung möglicherweise für die Beklagte unzumutbar war.
Der Beklagten kann gemäß Art. 77 CISG auch nicht der Vorwurf gemacht werden, daß sie nicht alle den Umständen nach angemessenen Maßnahmen zur Verringerung oder Entstehung des Schadens ergriffen hätte.
Zum einen kann der Beklagten nicht vorgeworfen werden, daß sie die Klägerin bis zu den Faxbriefen vom 8.6.1993 nicht darüber informierte, daß die Kundin der Beklagten die Ware zur Aufnahme der Produktion ab dem 7.6.1993 benötigte.
Denn es ist nicht bekannt, ob der Beklagten selbst von der Kundin der Beklagten ein definitives Produktionsdatum angegeben worden war. Außerdem mußte – wie dargelegt – die Klägerin selbst damit rechnen, daß jegliche Zeitverzögerung nicht mehr hinnehmbar war.
Der Beklagten kann auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß sie die Ware nicht per Luftfracht an die Klägerin rücktransportierte. Da das Nacherfüllungsrecht allein Sache der Klägerin war und auf eigene Kosten der Klägerin gemäß Art. 48 Abs. 1 CISG zu betreiben war, hätte es hierfür einer Anweisung der Klägerin bedurft.
Auch die Höhe der Reparaturkosten war für die Klägerin vorhersehbar. Sie hat jedenfalls nichts dazu vorgetragen, daß sie nicht mit derart hohen Reparaturkosten hätte rechnen müssen. Gemäß Art. 74, 77 CISG hat sie als darlegungs- und beweisbelastete Partei (vgl. Herber/Czerwenka Internationales Kaufrecht 1991 Art. 74 Rn. 13 u. 77 Rn. 8 auch nichts dazu vorgetragen, daß es der beklagten Partei möglich gewesen wäre, in der Kürze der Zeit auch eine Firma zu finden, die die Mikronisierung zu einem günstigeren Preis durchführt.
Der Schadensersatzanspruch der Beklagten besteht somit in Höhe der in der Abrechnung vom 26.7.1993 (K 12) von der Klägerin genannten Kosten, die für eine weitere Mikronisierung in Deutschland zum damaligen Zeitpunkt erforderlich waren.
3. Gemäß Art. 1243 Codice Civile ist die Kaufpreisforderung durch Aufrechnung mit dem Schadensersatzanspruch in Höhe von 6.276,90 DM erloschen.
Gemäß Art. 1243 Codice Civile trat eine sogenannte Legalkompensation ein mit der Wirkung, daß die beiden Verbindlichkeiten in dem Augenblick erloschen sind, in dem sie sich aufrechenbar gegenüberstanden.
Die Voraussetzungen für die Aufrechnung liegen vor: Forderung (Kaufpreisanspruch) und Gegenforderung (Schadensersatzanspruch) sind gegenseitig, beide Forderungen sind gleichartig und ebenso sind beide eintreibbar, d. h. einredefrei und fällig.
Beide Forderungen stehen nach Grund und Höhe fest (liquidita).
Dabei geht das Gericht davon aus, daß auch die Schadensersatzforderung der Beklagten dem Grunde nach feststehend ist, da das Bestreiten der Forderung durch die Klägerin offensichtlich unbegründet ist. Einer gerichtlichen Aufrechnung gemäß Art. 1243 Abs. 2 Codice Civile bedurfte es daher nicht (vgl. zum Ganzen: Einführung in das italienische Recht von Peter Kindler, München, Beck-Verlag, 1993, S. 155 ff.). Das Gericht war gemäß Art. 6 Abs. 3 GVÜ international zuständig, über die Gegenforderung der Beklagten zu entscheiden, zumal diese durch Widerklage die Forderung bei dem angerufenen Gericht hätte geltend machen können.
Aus alledem ergibt sich, daß die Klage zwar zulässig, aber unbegründet war.