Die Klägerin begehrt von der Beklagten wegen der Lieferung mangelhafter Bekleidungsartikel Wandelung, Minderung und Schadensersatz.
Die Klägerin betreibt unter der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft des Schweizerischen Rechts den Handel mit Sportartikeln und sportlicher Bekleidung. Sie bestellte Ende Mai/Anfang Juni 1993 bei der Beklagten folgende Bekleidungsstücke:
767 Stück Classic T-Shirts zum Stückpreis von DM 11,20
699 Stück Joint T-Shirts uni zum Stückpreis von DM 12,20
611 Stück Joint T-Shirts zweifarbig zum Stückpreis von DM 12,20
501 Stück Basic Sweatshirts zum Stückpreis von DM 15,90
379 Stück Sweatshirts kurz uni zum Stückpreis von DM 15,90
137 Stück Joint Sweatshirts kurz zweifarbig zum Stückpreis von DM 17,60
309 Stück Joint Sweatshirts lang uni zum Stückpreis von DM 17,60
579 Stück Joint Sweatshirts lang zweifarbig zum Stückpreis von DM 17,60
343 Stück Zipper Sweatshirts zum Stückpreis von DM 21,10
599 Stück Westen ohne Arm/Vaso zum Stückpreis von DM 17,60
217 Stück Westen langer Arm zum Stückpreis von DM 21,90
553 Stück Westen mit Kapuze zum Stückpreis von DM 23,–
1123 Stück Bermudas zum Stückpreis von DM 16,30
803 Stück Jogger-Hosen zum Stückpreis von DM 18,20
zum Gesamtpreis von DM 143.394,65 incl. MWSt. Die Ware sollte bis zum 16.7.1993 geliefert werden; mit Telefax vom 9.8.1993 setzte die Klägerin der Beklagten eine Nachfrist bis 13.8.1993. Die Beklagte lieferte schließlich folgende Ware an:
728 Stück Classic T-Shirt
662 Stück Joint T-Shirt uni
555 Stück Joint T-Shirt zweifarbig
428 Stück Basic Sweatshirt
360 Stück Joint Sweatshirt kurz uni
100 Stück Joint Sweatshirt kurz zweifarbig
317 Stück Joint Sweatshirt lang uni
357 Stück Joint Sweatshirt lang zweifarbig
261 Stück Zipper Sweatshirt
596 Stück Westen ohne Arm/Vaso
239 Stück Westen langer Arm
565 Stück Westen mit Kapuze
1125 Stück Bermudas
50 Stück Jogger-Hosen
zum Gesamtwert von 129.524,39 DM brutto. Die Differenz zwischen gelieferten und bestellten Artikeln beträgt 732 Stück. Bis auf einen Restbetrag von 19.889,02 DM wurde die Ware von der Klägerin bezahlt. Auf Weisung der Klägerin lieferte die Beklagte den noch mit farbigen Motiven zu bedruckenden Teil der Bekleidung unmittelbar an die Druckfirma Bauer aus.
Nach Überprüfung der Lieferung am 4. und 5.9.1993 stellte die Klägerin stichprobenartig fest, daß die Kleidungsstücke beim Waschen überproportional einliefen (10 bis 15 %). Dieses erörterte sie mit der Beklagten am 7.9.1993 in einem persönlichen Gespräch. Mit Schreiben vom 11.9.1993 rügte sie darüberhinaus die Minderlieferung der Ware und ferner die Falschlieferung der T-Shirts SIMCA und der Sweatshirts SEPA (falsche Farbversion).
Vom 11. bzw. 12.10.1993 datiert ein Schreiben von der Klägerin an die Beklagte, daß von beiden Parteien unterzeichnet wurde. Darin heißt es auszugsweise:
“Sehr geehrte Frau...,
leider kommt es zwischenzeitlich zu den ersten Rücksendungen unserer Kunden an uns aufgrund des hohen „Einlaufens“ der von Ihnen gelieferten Waren (T-Shirt- und Sweat-Material).
Wie mit Ihnen vereinbart werden Sie die fehlerhafte Ware zurücknehmen und den Kaufspreis erstatten. Die Ware lagert in unserem Lager in Taufkirchen/Vils zu Ihrer Verfügung.
Weiterhin machen wir Schadensersatz geltend für die anfallenden Vertreterprovisionen, Lagerauslieferungsprovisionen, Nebenkosten aus den Rücksendungen und Kollektionsvorlaufkosten.“
Die Klägerin behauptet, sämtliche bestellte Ware, die in mehreren Teillieferungen, zuletzt am 18.8.1993 geliefert worden sei, habe sie mit Liefertermin bis spätestens 15.9.1993 weiterveräußert. Ihre Kunden hätten bis 25.1.1994 sämtliche unter Klageantrag Ziffer 1 aufgeführten Kleidungsstücke wegen des übermäßigen Einlaufens an sie zurückgegeben. Den Warenwert von 59.635,89 DM verlange sie von der Beklagten Zug um Zug gegen Herausgabe der Bekleidung im Wege der Wandelung zurück. Die Mängelrüge habe sie der Beklagten gegenüber telefonisch fristgerecht am 6.9.1993 erhoben. Am 7.9.1993 habe sich die Beklagte außerdem bereit erklärt, für die Mängelrügen der Kunden der Klägerin einzustehen.
Für die nicht zurückgegebene Ware begehre die Klägerin Minderung in Höhe von 30 % des Einkaufspreises. Als Gesamtbetrag müsse ihr die Beklagte DM 14.655,07 erstatten, die die Klägerin ihrerseits als Minderung an ihre Kunden weitergegeben habe.
Weiterhin macht die Klägerin Schadensersatzansprüche geltend:
Die mit der Auftragsbearbeitung und Reklamationsabwicklung der fehlerhaften Kleidungsstücke betraute... GmbH in Ismaning habe von der Beklagten brutto DM 1.368,50 für Sortier- und Verpackungskosten, DM 281,75 für Zwischeninventuren, DM 1.088,59 für Portokosten für unfreie Warenrücksendungen und DM 1.269,60 für die Erstellung von Gutschriften für Warenrücksendungen erhalten (Summe: DM 4.008,40).
Die Klägerin kalkuliere hinsichtlich ihres Verkaufspreises mit dem Faktor 1,9. Bezüglich des Wertes der zurückzugebenden Bekleidung ergebe sich ein fiktiver Verkaufspreis von DM 59.635,89 x 1,9 = DM 113.303,19. Davon habe die Klägerin 8 % als (vergebliche) Handelsvertreterprovisionen für die Vertreter der Firma... GmbH bezahlt (= DM 9.064,65). Über diese Organisation habe die Klägerin die Ware vorverkauft. Hinsichtlich der Provisionen für die im Preis geminderte Ware (DM 14.655,07) seien weitere DM 1.172,40 (= 8 %) vergeblich aufgewendet worden.
Für die gesamte Bekleidung hat die Klägerin (unstreitig) eine Kollektion (Herbst/Winter 1993/1994) erstellen lassen. Gemessen am Gesamtumsatz sei 40 % der Ware fehlerhaft, weshalb die Gesamtkosten für die Kollektion von DM 27.314,71 (sogenannte „Kreativkosten“) in Höhe von DM 10.925,88 vergeblich aufgewendet worden seien.
Insgesamt 1.458 Bekleidungsteile seien für DM 3,– zuzüglich Mehrwertsteuer je Stück umsonst bedruckt worden, Kosten DM 5.030,10.
Auf den Verkaufspreis von DM 113.308,20 habe die Klägerin 5,5 % Lagerauslieferungsprovisionen an die... GmbH bezahlt, Summe: DM 6.231,95.
Schließlich begehrt die Klägerin wegen der Minderung entgangenen Gewinn in Höhe von DM 13.697,19.
Die Klägerin behauptet, einen Bankkredit mit 11,5 % Zinsen in Anspruch zu nehmen.
Die Summe der begehrten Beträge ergibt DM 64.785,64. Davon abzuziehen sind (das ist jeweils unstreitig) DM 19.889,02 noch offene Forderungen aus dem streitgegenständlichen Kaufvertrag und DM 2.377,50 anderweitiger Forderungen der Beklagten gegen die Klägerin. Das ergibt die Summe von DM 42.519,12 (= Klageantrag Nr. 3).
Die Klägerin beantragt:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 59.635,89 incl. 15 % MWSt. zu zahlen nebst 11,5 % Zinsen p.a. hieraus ab 25.1.1994 Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung folgender 3.109 Bekleidungsstücke:
281 Stück Classic T-Shirts
255 Stück Joint T-Shirts uni
161 Stück Joint T-Shirts zweifarbig
233 Stück Basic Sweatshirts
123 Stück Joint Sweatshirts kurz uni
65 Stück Joint Sweatshirts zweifarbig
95 Stück Joint Sweatshirts uni lang
245 Stück Joint Sweatshirts lang zweifarbig
126 Stück Zipper Sweatshirts
301 Stück Westen ohne Arm/VASO
58 Stück Westen langer Arm
321 Stück Westen mit Kapuze
601 Stück Bermudas
244 Stück Jogger-Hosen
II. Es wird festgestellt, daß sich die Beklagte mit der Rücknahme der im Klageantrag Ziffer 1 aufgeführten Bekleidungsstücke seit 25.1.1994 in Verzug befindet.
III. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin DM 42.590,12 incl. 15 MWSt. zu zahlen nebst 11,5 % Zinsen hieraus seit 25.1.1994.
Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
Sie behauptet, die letzte Lieferung der Ware sei am 17.8.1993 erfolgt. Sie habe im übrigen bereits am 10.8.1993 der Klägerin telefonisch mitgeteilt, daß die Ware übermäßig stark einlaufe, was sie selbst zuvor festgestellt habe. Der Vertreter der Klägerin, der Zeuge..., habe ihr jedoch gesagt, daß sie trotzdem liefern solle. In einem weiteren Gespräch Ende August 1993 habe der Zeuge... ihr gegenüber auf die Ergänzung der Minderlieferung verzichtet. Die Beklagte bestreitet im übrigen die telefonische Mängelrüge der Klägerin am 6.9.1993 und die behauptete Vereinbarung am 7.9.1993. Die Klägerin habe vielmehr wegen der Reklamation mit dem portugiesischen Hersteller der Bekleidung direkt verhandelt. Nur zu diesem Zweck habe die Beklagte das Schreiben vom 11./12.10.1993 unterschrieben. Damit hätten keine Ansprüche ihr gegenüber begründet werden sollen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung des Zeugen...
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie Sitzungsprotokolle, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf die Sitzungsprotokolle verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich allgemein aus den Regeln der ZPO über die örtliche Zuständigkeit, so daß grundsätzlich ein örtlich zuständiges deutsches Gericht auch international zuständig ist.
Ein vorrangiger Staatsvertrag besteht nicht, insbesondere ist das Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988 zwar von der Bundesrepublik Deutschland gezeichnet worden, wurde aber noch nicht ratifiziert. Gerichtsstand ist gemäß § 12 ZPO Landshut, so daß die deutschen Gerichte international zuständig sind.
Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor. Diese sind nach der lex fori zu bestimmen. Bezüglich des Feststellungsantrages bestehen hinsichtlich der Zulässigkeit keine Bedenken. Das rechtliche Interesse der Klägerin an der Feststellung ergibt sich im Hinblick auf § 756 ZPO.
II. Die Klage ist zum großen Teil begründet.
1. Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin DM 59.635,89 inkl. 15 % MWSt. nebst 5 % Zinsen hieraus seit 25.1.1994 Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung der im Klageantrag 1 aufgeführten Bekleidungsstücke zu bezahlen.
Der Anspruch ergibt sich aus Art. 45 I a, 49, 81 II S. 2 Wiener UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (im folgenden abgekürzt: CISG).
a) Das CISG ist auf den vorliegenden Fall anwendbar. Die zeitliche Anwendbarkeit ergibt sich aus Art. 100 CISG. Das Übereinkommen ist in der Bundesrepublik am 1.1.1991 und in der Schweiz am 1.3.1991 in Kraft getreten, also vor Abschluß des streitgegenständlichen Kaufvertrages.
Auch der räumliche Anwendungsbereich ist eröffnet. Sowohl die Schweiz als auch die Bundesrepublik sind Vertragsstaaten und die Parteien haben ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten, nämlich in der Schweiz und in der Bundesrepublik (Art. 1 I a CISG). Es wurde nicht vorgebracht, daß die fremde Niederlassung nicht erkannt wurde, so daß Art. 1 II CISG keine Anwendung findet.
Auch der Regelungsbereich des CISG ist betroffen. Es handelt sich hier um einen Kaufvertrag über Waren, und Art. 2 CISG ist nicht erfüllt. Auch wurde das CISG nicht gemäß Art. 6 ausgeschlossen. Die Tatsache, daß die Klägerin ihren Anspruch auf Vorschriften des BGB stützt und sich die Beklagte auch mit Vorschriften des BGB verteidigt hat, ändert hieran nichts. Zwar ist nach den Regeln des IPR gemäß Art. 27 ff. EGBGB eine (konkludente) Rechtswahl möglich, aber Art. 27 ff. EGBGB kommen im vorliegenden Fall gar nicht zur Anwendung. Das CISG stellt Einheitsrecht dar, ist also unmittelbar deutsches Recht. Die Parteien können nur die Anwendung des CISG ausdrücklich ausschließen, was aber hier nicht geschah. Die bloße Vereinbarung, daß deutsches Recht anwendbar sei, würde für Art. 6 CISG nach herrschender Meinung auch nicht ausreichen.
b) Die Voraussetzungen der Art. 45 I a, 49, 81 II S. 2 CISG sind erfüllt. Die Klägerin kann die Aufhebung des Vertrags erklären und den Vertrag nach Art. 81 II CISG rückabwickeln.
Die Beklagte hat eine ihrer Pflichten nach dem Vertrag nicht erfüllt, Art. 45 I iVm Art. 35 CISG. Sie hatte Ware zu liefern, die in Qualität und Art den Anforderungen des Vertrages entspricht. Indem sie Bekleidungsstücke geliefert hat, die um 10 bis 15 %, also um eine bis zwei Größennummern einliefen, hat sie ihre vertraglichen Pflichten verletzt.
Diese Pflichtverletzung stellt auch eine wesentliche Vertragsverletzung im Sinne von Art. 25 CISG dar. Die Vertragsverletzung hatte für die Klägerin solchen Nachteil zur Folge, daß ihr im wesentlichen entgeht, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen.
Die Bekleidungsstücke wurden nach dem Waschen nicht nur geringfügig kleiner, sondern schrumpften um ein bis zwei Größennummern. Das bedeutet, daß der Endkunde diese Bekleidungsstücke nach dem ersten Waschen nicht mehr tragen kann.
Der Endkunde wird diese Bekleidungsstücke daher entweder seinem Verkäufer gegenüber reklamieren oder in Zukunft die Ware dieses Verkäufers nicht mehr kaufen. Dadurch erleidet der Verkäufer einen erheblichen Schaden. Das Interesse der Klägerin am Kaufvertrag ist also erheblich verletzt worden. Zu berücksichtigen ist hier auch, daß sämtliche Bekleidungsstücke einlaufen. Die gesamte Lieferung ist also mangelhaft.
c) Die Klägerin hat ihre Gewährleistungsrechte auch nicht gem. Art. 38, 39 CISG verloren, da die Vertragswidrigkeit auf Tatsachen beruht, die die Beklagte kannte, Art. 40 CISG. Die Beklagte bringt selbst vor, daß sie schon am 10.8.1993 vom Einlaufen der Ware gewußt hat, also noch bevor die Ware an die Klägerin ausgeliefert wurde.
Die Beklagte konnte nicht beweisen, daß sie der Klägerin diesen Mangel mitgeteilt hatte und diese die Lieferung in Kenntnis des Mangels angefordert hatte. Der Zeuge... bestätigt zwar, daß vor Auslieferung der Ware Gespräche zwischen ihm und der Beklagten stattgefunden haben, sie habe ihn jedoch nicht auf die Mangelhaftigkeit der Ware hingewiesen. Das Gericht verkennt bei der Beweiswürdigung nicht, daß der Zeuge... als Kommanditist der Klägerin mit dieser in enger Beziehung steht. Der Zeuge legte dem Gericht jedoch Korrespondenz zwischen den Parteien aus der Zeit um den 10.08.1993 vor, aus denen sich kein Hinweis der Beklagten auf die Mangelhaftigkeit der Ware oder auf ein diesbezügliches Gespräch mit dem Zeugen... ergibt. Der Beklagten ist es somit nicht gelungen, diesen Beweis zu führen. Gemäß Art. 40 CISG kann sie sich daher nicht auf eine Verspätung der Mängelrüge berufen.
Eine Einvernahme der Beklagten von Amts wegen gem. § 448 ZPO mußte nicht vorgenommen werden. Selbst wenn zugunsten der Beklagten von der Anwendbarkeit von Art. 38, 39 CISG ausgegangen wird, wurde die Mängelrügefrist nicht überschritten. Das Einlaufen der Bekleidungsstücke stellt einen versteckten Mangel dar, und die Klägerin war nicht verpflichtet, die angelieferte Ware probeweise zu waschen. Die Anzeigefrist des Art. 39 CISG wurde eingehalten.
d) Die Anspruchsvoraussetzungen liegen also vor, gemäß Art. 81 II S. 2 CISG sind die Leistungen Zug um Zug zurückzugeben.
2. Der Zinsanspruch ergibt sich aus Art. 84 I CISG. Der Kaufpreis wurde im Jahre 1993 gezahlt, so daß der Zinsanspruch seit 25.1.1994 besteht. Die Zinshöhe wird nicht von Art. 84 CISG geregelt. Auch in Art. 78 CISG wird keine Aussage über die Zinshöhe getroffen. Nach herrschender Meinung wird die Zinshöhe im Rahmen des Art. 78 CISG über das nationale Recht, das über das IPR bestimmt wird, ermittelt. Dieser Gedanke ist auch in Art. 84 CISG anwendbar.
Somit ist hier das Vertragsstatut nach Art. 27 ff. EGBGB zu bestimmen. Gemäß Art. 32 I Nr. 3, 27 I EGBGB können die Parteien das anzuwendende Recht wählen. Indem die Parteien sich von Anfang an auf Vorschriften des BGB berufen haben, haben sie deutsches Recht gewählt. Dieser Rechtswahlvertrag ist wirksam zustande gekommen gemäß Art. 27 IV EGBGB. Daher sind die Vorschriften des deutschen Rechts anwendbar. Die Zinshöhe von 11,5 % wurde bestritten. Da die Klägerin diese nicht bewiesen hat, sind die gesetzlichen Vorschriften anwendbar. Gemäß § 352 I BGB beträgt der gesetzliche Zinssatz 5 % bei beiderseitigen Handelsgeschäften. Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte sind gemäß § 1 II Nr. 1 HGB Kaufleute. Der Abschluß des streitgegenständlichen Kaufvertrages gehört für beide Parteien zum Betrieb des Handelsgewerbes, § 343 HGB. Demnach beträgt der Zinssatz 5 %.
III. Auch der Klageantrag Nr. 2 ist begründet.
Die Beklagte befindet sich seit 24.3.1994 in Annahmeverzug. Der Annahmeverzug ist nach §§ 293 ff. BGB zu beurteilen.
Art. 81 II CISG regelt die Rückabwicklung nach Vertragsaufhebung nicht in vollem Umfang. Insbesondere ist die Problematik des Annahmeverzuges des Verkäufers nicht geregelt, Art. 31 ff. CISG betreffen die Lieferung der Ware durch den Verkäufer. Von der Interessenlage sind diese Artikel nicht analog auf die Rückabwicklung anzuwenden.
Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, daß die Frage des Annahmeverzuges wegen § 756 ZPO bei der Zwangsvollstreckung relevant wird. Die Beklagte hat ihren Wohnsitz im Inland, sodaß sich die Vollstreckung des Urteils nach der lex fori, also nach der ZPO regelt. Daher erscheint es als angemessen, die Frage des Annahmeverzuges nach den Vorschriften des BGB zu beurteilen. Eine Regelung des Annahmeverzuges läßt sich nicht nach allgemeinen Grundsätzen, die dem CISG zugrunde liegen, entscheiden, Art. 7 II CISG. Vielmehr ist die Vollstreckung gerade nicht im CISG geregelt, sondern bleibt der lex fori vorbehalten.
Die Leistung wurde der Beklagten erst mit Klageerhebung am 23.3.1994 tatsächlich angeboten, § 294 BGB. Erst mit Klageerhebung wurden die einzelnen abzunehmenden Bekleidungsstücke bezeichnet. Im Schreiben vom 12.1.1994 wurde nur Bezug genommen auf die reklamierte mangelhafte Ware, ohne diese genau aufzuführen und darzustellen, welche mangelhafte Ware zurückgegeben und welche behalten werden sollte.
Die Leistung wurde auch am rechten Ort gemäß § 269 BGB angeboten. Leistungsort für die Rückabwicklung des Kaufvertrages ist der Ort, an dem sich die Sache vertragsgemäß befindet, also das Lager der Klägerin. Demnach befindet sich die Beklagte seit 24.3.1994 in Annahmeverzug.
IV. 1. Die Klägerin hat unter Berücksichtigung der Aufrechnung durch die Beklagte einen Zahlungsanspruch in Höhe von DM 17.896,05.
Aus Art. 45 I b iVm Art. 74 CISG ergibt sich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt DM 40.162,57.
Wie oben bereits dargestellt, hat die Beklagte ihre vertraglichen Pflichten verletzt, indem sie Ware geliefert hat, die überproportional einläuft. Gemäß Art. 45 II CISG kann die Klägerin neben der Vertragsaufhebung auch Schadensersatz verlangen.
Gemäß Art. 40 CISG kann sich die Beklagte nicht auf ein etwaiges Überschreiten der Mängelrügefrist bezüglich des Einlaufens berufen.
Folgende Schäden sind ersatzfähig:
a) Der Schadensersatzanspruch umfaßt die an die Kunden der Klägerin weitergegebenen Preisnachlässe in Höhe von DM 14.655,07. Durch die Gewährung von Preisnachlässen hat die Klägerin einen Schaden in dieser Höhe erlitten. Die Geltendmachung dieses Schadens unter dem Begriff „Minderung“ ist unschädlich.
Die Klägerin hat durch Vorlage von Rechnungsbelegen und durch die Aussage des Zeugen... nachgewiesen, daß sie ihren Kunden einen Nachlaß in dieser Höhe gewährt hat. Über die Angemessenheit dieses Nachlasses, also über die Schadenshöhe entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung gemäß § 287 ZPO. § 287 ZPO ist auch bei Fällen mit Auslandsbezug anwendbar, da es sich um eine verfahrensrechtliche Vorschrift handelt. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens konnte daher unterbleiben. Angesichts der Tatsache, daß die Bekleidungsstücke um ein bis zwei Größennummern einlaufen, ist ein Nachlaß von 30 % auf den Verkaufsumsatz durchaus angemessen.
b) Die Klägerin weist weiterhin einen Schaden in Höhe von DM 4.008,40 nach. Sie hatte die Firma.... GmbH mit der Auftragsbearbeitung und Reklamationsabwicklung der fehlerhaften Kleidungsstücke beauftragt. Diese hat, wie durch Rechnungen belegt, DM 1.368,50 für Sortier- und Verpackungskosten, DM 281,75 für Zwischeninventuren, DM 1.088,59 für Portokosten für unfreie Warenrücksendungen und DM 1.269,60 für die Erstellung von Gutschriften für Warenrücksendungen erhalten.
c) Weiterhin hat die Klägerin Handelsvertreterprovisionen für die Vertreter der... GmbH in Höhe von DM 9.064,65 bezahlt. Wie durch die Aussage des Zeugen... nachgewiesen, hatte die Klägerin die streitgegenständliche vorverkauft. Die Handelsvertreterprovisionen berechnen sich aus dem Verkaufspreis, der sich daraus ergibt, daß der Einkaufspreis der zurückzugebenden Bekleidung mit einem Faktor 1,9 multipliziert wird, was DM 113.303,19 ergibt.
Außerdem sind weitere Provisionen in Höhe von DM 1.172,40 bezüglich des Umfanges des Nachlasses der an die Kunden der Klägerin weitergegeben wurde, vergeblich aufgewendet worden. Gemäß § 87 a HGB hat die Klägerin keinen Anspruch gegen die Handelsvertreter auf Zurückzahlung der Provision, so daß ihr in dieser Höhe ein Schaden entstanden ist.
d) Von den zurückzugebenden Bekleidungsstücken wurden insgesamt 1.458 Teile für 3,– DM zzgl. MWSt. je Stück bedruckt. Die Kosten dafür betragen DM 5.030,10.
e) Bezüglich der zurückzugebenden Bekleidungsstücke, die einen Verkaufspreis von DM 113.308,20 haben, hat die Klägerin 5,5 % Lagerauslieferungsprovision hieraus an die... GmbH bezahlt, also DM 6.231,95.
Damit hat die Klägerin einen Schadensersatzanspruch in Höhe von DM 40.162,57. Die Beklagte konnte einen Verlust in dieser Höhe auch bei Vertragsabschluß als mögliche Folge der Vertragsverletzung voraussehen, Art. 74 S. 2, 1. HS CISG.
2. Die Beklagte rechnet gegen diesen Anspruch mit Forderungen in Höhe von insgesamt DM 22.266,02 auf, so daß ein Zahlungsanspruch in Höhe von DM 17.896,05 verbleibt.
3. Der Zinsanspruch ergibt sich dem Grunde nach aus Art. 78 CISG. Nach herrschender Meinung ist Art. 78 CISG auch auf Schadensersatzansprüche anwendbar (vgl. von Caemmerer/Schlechtriem-Eberstein/Bacher, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht; Art. 78 Rn. 15). Der Anspruch besteht mit Eintritt des Schadens. Am 25.1.1994 waren die geltend gemachten Schäden bereits eingetreten, so daß ab 25.1.1994 ein Zinsanspruch besteht.
Die Zinshöhe 5 % ergibt sich wie oben bereits dargestellt aus § 352 I S. 1 HGB.
V. Im übrigen war die Klage abzuweisen.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz der „Kreativkosten“ in Höhe von DM 10.925,88 gem. Art. 45 I b iVm Art. 74 CISG. Diese Kreativkosten wären der Klägerin ohnehin angefallen. Die Mangelhaftigkeit der Ware ist dafür nicht kausal.
2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz ihres entgangenen Gewinns in Höhe von DM 13.697,19 bezüglich der Minderlieferung. Zwar stellt die Minderlieferung auch eine Vertragsverletzung durch die Beklagte dar, die zu einem Schadensersatzanspruch nach Art. 45 I b, 74 CISG führen kann. Jedoch hat die Klägerin diesen Mangel nicht rechtzeitig innerhalb der Mängelrügefrist geltend gemacht.
Art. 40 CISG ist hier nicht erfüllt, da die Beklagte im Zeitpunkt der Lieferung keine Kenntnis von der Minderlieferung hatte. Die Beklagte trägt vor, daß sie mit der Klägerin Ende August 1993 über die Minderlieferung gesprochen habe. Da die letzte Lieferung spätestens am 18.8.1993 erfolgte, also Mitte August 1993, ist nicht nachgewiesen, daß die Beklagte bereits zu diesem Zeitpunkt über die Minderlieferung informiert war.
Nach Art. 38 I CISG hat der Käufer die Ware innerhalb einer so kurzen Frist zu untersuchen, wie es die Umstände erlauben.
Grundsätzlich ist Untersuchungsort der Erfüllungsort im Sinne von Art. 31 CISG. Selbst wenn zugunsten der Klägerin davon ausgegangen wird, daß der Vertrag eine Beförderung der Ware erforderte, wurde die Ware nicht rechtzeitig untersucht. Bestimmungsort im Sinne von Art. 38 II CISG war für einen Teil der Ware das Lager in Taufkirchen,.... GmbH, und für den anderen Teil der Ware die Textildruckerei....
Auch bei dauerhaften Gütern ist eine sofortige Untersuchung im Hinblick auf Anzahl zu erwarten (siehe auch von Caemmerer/Schlechtriem-Schwenzer, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 38 Rn. 17). Die Klägerin hätte nach Eintreffen der Ware im Lager und bei der Textildruckerei die Ware zählen müssen.
Die Tatsache, daß sich der Zeuge... zwischenzeitlich auf einer Messe befunden hat, ändert an dem Fristablauf nichts. Die Klägerin mußte für eine Zählung der eingelieferten Waren sorgen. Die letzte Lieferung ist nach Angaben des Zeugen... am 18.8.1993 erfolgt. Nach seinen Angaben nimmt die Zählung einige Tage in Anspruch. Nach diesen Umständen ist eine Frist von einer Woche angemessen, d.h. spätestens am 25.8.1993 hätte die Zählung abgeschlossen sein müssen.
Nach Art. 39 I CISG hätte die Klägerin innerhalb einer angemessenen Frist nach diesem Zeitpunkt die Vertragswidrigkeit gegenüber der Beklagten anzeigen müssen. Selbst wenn zugunsten der Klägerin davon ausgegangen wird, daß dieses im Gespräch zwischen dem Zeugen... und der Beklagten am 7.9.1993 erfolgt ist, ist die angemessene Frist im Sinne von Art. 39 I CISG überschritten. Eine Minderlieferung stellt keinen versteckten Mangel dar, so daß die Anzeigefrist nur wenige Tage läuft. Eine Anzeige am 7.9.1993 wäre verspätet.
Aus der Tatsache, daß die Beklagte von der Berechnung der nicht gelieferten Ware abgesehen hat, kann nicht gefolgert werden, daß sie (konkludent) auf den ihr zustehenden Einwand, die Anzeige der Vertragswidrigkeit sei nicht rechtzeitig erfolgt, verzichtet.
Die jeweiligen Rechnungen wurden im Zeitraum 9.8.-16.8.1993 erstellt, als die Beklagte noch keine Kenntnis von der Minderlieferung hatte. Daher stellt diese Nichtberechnung keine vorbehaltslose Anerkennung der Vertragswidrigkeit dar.
Gemäß Art. 39 I CISG kann sich daher die Klägerin nicht auf die Minderlieferung berufen. Sie kann daher für den infolge der Minderlieferung entgangenen Gewinn keinen Schadensersatz verlangen.