Die Parteien streiten um die Bezahlung von Schuhen.
Die Klägerin hat der Beklagten im September 1992 von ihr hergestellte Schuhe übersandt. Sie hat dafür unter dem 25. September 1992 und dem 16. November 1992 die aus Bl. 15 und 16 der Akten ersichtlichen Rechnungen über den Gesamtbetrag von LIT 144.148.790,- erstellt.
Die Beklagte hat in Höhe von LIT 100.011.593,- die Aufrechnung mit einer ihr von Herrn J… abgetretenen Forderung auf Handelsvertreterausgleich gegen die Klägerin erklärt. Ein Rechtsstreit über diesen Handelsvertreterausgleichsanspruch in die Aufrechnungsforderung übersteigender Höhe ist vor dem Arbeitsgericht von Barletta in Italien anhängig.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie LIT 144.148.790,- nebst 10 % Zinsen über LIT 89.705.600,- seit dem 5. Oktober 1992 und 10 % Zinsen über LIT 54.443.190,- seit dem 26. November 1992 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, von den Schuhen mit dem Artikel 346 habe sie 3.240 Paar bestellt. Die Klägerin habe jedoch nur – unstreitig – 2.700 Paar geliefert. Ihr sei deshalb der zu erwartende Gewinn aus dem Verkauf von 540 Paar Schuhen entgangen, was umgerechnet einen Betrag von LIT 8.100.000,- ergäbe. Die gelieferten Schuhe seien mangelhaft gewesen. Die Sohlen hätten seitlich Klebe- und Spritzränder aufgewiesen, die Vorderkappen seien faltig gewesen und die Zunge sei ohne das Logo der Beklagten ausgeführt worden. Umgehend nach Erhalt der Ware sei dies telefonisch gerügt worden.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist in voller Höhe begründet.
Die Beklagte ist verpflichtet, den vereinbarten Kaufpreis in Höhe der Rechnungsforderung zu bezahlen (Art. 53 CISG).
Die Klägerin hat der Beklagten unstreitig die in Rechnung gestellten Schuhe geliefert. Der vereinbarte Kaufpreis beläuft sich in Höhe der Klageforderung. Die Beklagte ist zu dessen Zahlung verpflichtet (Art. 53 CISG).
Der Beklagten stehen keine Gegensprüche gegen die Klägerin zu, die die Hauptforderung schmälern könnten. Soweit die Beklagte entgangenen Gewinn aus einer Minderlieferung geltend macht, hat die Beklagte nicht bewiesen, daß ein weitergehender Lieferumfang vereinbart worden ist. Die Beklagte hat für den Fall des später tatsächlich eingetretenen Bestreitens die Vorlage der entsprechenden Bestellunterlagen angekündigt, sie aber nicht vorgelegt. Der Urkundenbeweis wird gemäß § 420 jedoch durch Vorlegung der Urkunde angetreten und nicht durch Ankündigung der Vorlage. Auch die Vernehmung des dafür benannten Zeugen J… mußte ausscheiden, weil keine konkreten Umstände für den Bestellvorgang genannt wurden, zu denen der Zeuge hätte befragt werden können.
Mängelansprüche stehen der Beklagten schon deshalb nicht zu, weil sie nicht dargelegt hat, daß sie innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt, in dem sie festgestellt hat, daß eine Vertragswidrigkeit der Ware vorliegt, diese angezeigt und die Art der Vertragswidrigkeit genau bezeichnet hat, wie Art. 39 Abs. 1 CISG dies verlangt. Die Behauptung einer telefonischen Rüge „umgehend nach Erhalt der Ware“ genügt dafür nicht. Die Kammer weiß schon aus dem Parteivortrag nicht, wann die Ware überhaupt zugegangen sein soll. Die Kammer weiß aufgrund dieses Vortrages auch nicht, wer mit wem wann genau telefoniert haben soll. Die Vernehmung des dafür benannten Zeugen J… mußte deshalb von vorneherein ausscheiden.
Die Klageforderung ist schließlich auch nicht durch Aufrechnung erloschen, wobei dahingestellt bleiben kann, ob der geltend gemachte Anspruch überhaupt besteht. Denn für diese Aufrechnung ist das Landgericht Frankfurt am Main international und örtlich nicht zuständig. An der internationalen Zuständigkeit der Kammer für die Entscheidung über im Wege der Prozeßaufrechnung geltend gemachte streitige und inkonnexe Gegenforderungen der Beklagten fehlt es, weil für deren selbständige Geltendmachung die Gerichte im Heimatstaat der Klägerin zuständig sind und die Klägerin die internationale Unzuständigkeit des Prozeßgerichts gerügt hat.
Diese Grundsätze ergeben sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. Mai 1993 – VIII ZR 110/92 – (BGH NJW 93, 2753). Der dort entschiedene Fall entspricht vom Sachverhalt nahezu vollständig dem vorliegenden Fall. Die Kammer macht sich die Entscheidungsgründe des BGH zu eigen. Dies bedeutet für den anhängigen Rechtsstreit, daß die Aufrechnung unbeachtet bleibt.
Auf den Anspruch des Handelsvertreters J… gegen die Klägerin ist nach deutschem IPR deutsches Recht anzuwenden, so daß über Art. 269 BGB die Ausgleichsforderung als Geldschuld am Sitz der Klägerin in Italien zu erfüllen ist. Damit liegt nach Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ die internationale Zuständigkeit zur Entscheidung dieses Rechtsstreites bei den Gerichten in Italien. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Parteien die Geltung italienischen Rechts vereinbart hätten, weil Art. 1182 Codice Civile den Erfüllungsort am Sitz des Schuldners, also des Handelsvertreters J… ansiedelt. Die Parteien haben aber keine Vereinbarung über die Anwendbarkeit italienischen Rechts getroffen. Der Klägervertreter hat dies in der letzten mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, wie es auch im Protokoll der Verhandlung festgehalten wurde.
Daß die Klägerin sich in dem italienischen Prozeß auf die Geltung italienischen Rechts beruft, beruht auf der Anknüpfung des italienischen IPR und bedeutet nicht das Angebot einer entsprechenden Vereinbarung an den dortigen Kläger, den Zessionar der Beklagten. Die Beklagte ist deshalb nicht in der Lage, dieses Angebot einfach anzunehmen. Die Klägerin ist aus ihrem Prozeßverhalten vor dem italienischen Gericht auch nicht verpflichtet, sich auf eine Vereinbarung italienischen Rechts vor dem Prozeßgericht einzulassen. Mangels Vereinbarung verbleibt es bei der Entscheidung nach Internationalem Privatrecht. Gerade deshalb entsteht euch kein Widerspruch zu dem Verfahren in Italien, weil dort ebenfalls an das Internationale Privatrecht angeknüpft wird.
Die nicht nachgelassenen und nach Schluß der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze der Beklagten vom 04.07.1994 und 11.07.1994 bleiben unberücksichtigt. Sie geben auch keine Veranlassung, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.
Die Klägerin hat die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts auch gerügt. Dies ist bereits vor der letzten mündlichen Verhandlung schriftsätzlich geschehen, war jedoch auch Gegenstand der intensiven Erörterung dieser Frage in der letzten mündlichen Verhandlung.
Zinsen kann die Klägerin ab den nicht bestrittenen Zeitpunkten in Höhe von 10 % verlangen. Da das CISG die Höhe der Verzugszinsen offenläßt, ist insoweit auf Art. 1284 Codice Civile zurückzugreifen, wonach der gesetzliche Zinssatz 10 % beträgt.