Die Klägerin, eine französische Schokoladenfabrik, verlangt vom Beklagten die Bezahlung von Waren (vgl. Rechnung vom 23.11.1989 der Akten). Der Beklagte betreibt eine Wirtschaft- und Marketing-Beratung und ist als Wirtschaftsmakler tätig. Nach vorangegangenem Kontakt auf einer Messe hatte der Beklagte am 31.10.1989 in einem Telefongespräch mit dem Zeugen L. die Klägerin aufgefordert, eine größere Menge von Schokoladenwaren an einen amerikanischen Club in Frankfurt am Main zu liefern. Die Klägerin sandte dem Beklagten daraufhin noch am selben Tag ein Telefax, indem sie den Auftrag bestätigte (vgl. Schreiben vom 31.10.89, Bl. 7 der Akten). Die Erzeugnisse der Klägerin ließen sich nicht so gut wie erhofft absetzen. Mit Schreiben vom 07.11.1990 rechnete der Beklagte ab und stellte die restlichen Artikel der Klägerin zur Verfügung.
Die Klägerin beruft sich darauf, sie habe mit dem Beklagten einen Kaufvertrag abgeschlossen und könne somit von ihm den Kaufpreis verlangen. Es sei vereinbart gewesen, daß der Beklagte die Rechnung erhält und bezahlt.
Durch Versäumnisurteil vom 28.01.1991 wurde der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 68.310 FF nebst 5 % kaufmännische Fälligkeitszinsen für die Zeit vom 01.01. bis 09.08.1990 sowie 10,4 % Verzugszinsen hieraus seit dem 10.08.1990 sowie 5,‑ DM vorgerichtliche Mahnauslagen zu zahlen. Gegen dieses am 22.02.1991 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit am 01.03.91 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt.
Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil vom 28.01.1991 aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, er sei damals als Marketingberater bei der Firma R. gewesen. Diese Firma sei daran interessiert gewesen, Ware der Klägerin in das Sortiment der Läden der US-Armee zu bringen. Die Parteien hätten sich dahingehend geeinigt, daß die Klägerin Waren an die Einkaufsorganisation der amerikanischen Streitkräfte liefern sollte und diese Ware erst als verkauft gelten solle, wenn ein Kunde sie im „Toppers Club“ gekauft habe.
Es ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung bzw. schriftliche Anhörung der Zeugen L., F., K., W. und S. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 109, 111, 194, 208 f., 249 der Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Versäumnisurteil vom 28.01.1991, gegen das der Beklagte form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hat, war aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin kann nicht beweisen, daß sich der Beklagte zur Zahlung des verlangten Kaufpreises verpflichtet hatte. Die Frage, ob ein den Beklagten bindender Kaufvertrag zustande gekommen ist, ist nach dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) zu prüfen.
Das Begehren der Klägerin ist nach französischem Recht zu beurteilen. Gemäß Art. 28 Abs. 1 EGBGB gilt das Recht des Staates, mit dem der Vertrag die engsten Verbindungen aufweist. Gemäß Art. 28 Abs. 2 EGBGB wird vermutet, daß die engsten Verbindungen zu dem Staat bestehen, in dem die Partei ihren Sitz hat, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat. Dies ist die Klägerin mit Sitz in Frankreich, da sie die Schokoladenerzeugnisse zu liefern hatte. Eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Wahl einer Rechtsordnung haben die Parteien nicht getroffen. Nach französischem Recht gilt das oben zitierte Abkommen, da es von der Republik Frankreich bereits vor Abschluß des behaupteten Vertrages, nämlich am 01.01.1988 in Kraft gesetzt worden ist.
Die tatsächlichen Umstände, die gem. Art. 14, 15, 18, 31, 53 CISG Voraussetzung für den Kaufpreisanspruch sind, wurden zwar vorgetragen, sind aber, soweit die Umstände bestritten wurden, nicht bewiesen. Es läßt sich nicht ausschließen, daß die Klägerin das Risiko des Weiterverkaufs übernommen hatte und die Parteien vereinbart hatten, daß zwischen ihnen ein Kaufvertrag nur unter der Bedingung zustande kommen sollte, daß ein Konsument Ware erwirbt (sog. Konditionsgeschäft). Keiner der vernommenen Zeugen konnte konkrete Angaben zum Inhalt der telefonisch getroffenen Vereinbarung machen. Die Angaben der Zeugen L., B. und F. sprechen allerdings dafür, daß eine solche Bedingung nicht vereinbart worden ist. Danach macht die Klägerin keine Kommissionsgeschäfte oder Geschäfte vergleichbarer Art. Da es sich um verderbliche Ware handelt, liegt ihr Interesse auf der Hand, die Artikel sofort endgültig weiter zu verkaufen und nicht der Gefahr ausgesetzt zu sein, nicht mehr weiterverkäufliche Ware zurücknehmen zu müssen, wie dies bei einer Konsignation, Verkaufskommission oder einem Konditionsgeschäft der Fall wäre. Diesen Aussagen stehen jedoch die nicht weniger glaubhaften Angaben der Zeugen K. und S. gegenüber. Danach war der Beklagte seinerzeit von der Firma R. damit beauftragt gewesen, Unternehmen zu finden, deren Produkte die Firma R. auf Provisionsbasis vertreiben wollte. Man habe testen wollen, ob die Produkte der Klägerin absetzbar seien. Weder die Firma R. noch der Beklagte seien als Käufer solcher Produkte aufgetreten. Da der Beklagte nicht als Großhändler für Süßwaren tätig ist und auch die Firma R. derartige Produkte nicht käuflich erwirbt, liegt es nahe, daß der Beklagte derartige Produkte nicht selbst aufkauft oder dies als Einkaufskommissionär für die Firma R. tut. Es bleibt immerhin denkbar, daß die Klägerin hier das Risiko eingegangen ist, nicht mehr verwertbare Waren zurücknehmen zu müssen, um einen neuen Markt erschließen zu können.
Ob ohne Einschränkung vereinbart war, daß die gelieferten Waren an den Beklagten verkauft sein sollten, läßt sich aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht bejahen. Es mag sein, daß bei der telefonischen Bestellung von einer oder evtl. auch von beiden Seiten nicht ausreichend angegeben wurde, wie man genau verfahren wollte oder daß die Parteien sich in dem hier streitigen Punkt, ohne dies zu merken, einander widersprechende Erklärungen abgegeben haben. Mangels genauere Kenntnis des Inhaltes des Telefonats vom 31.10.89 läßt sich somit nicht klären, ob damit ein Kaufvertrag ohne jede Einschränkung zustande gekommen ist, zumal nicht feststeht, ob die Parteien wußten, welche Art von Vertrag die andere Seite abschließen wollte und wie sie ansonsten ihre Geschäfte abzuwickeln pflegte. Denn offengeblieben ist auch, was bei dem vorangegangenen Gespräch (oder mehreren Gesprächen) auf einer Messe im einzelnen erörtert worden ist. Allein die Tatsache, daß die Klägerin einen unbedingten Kaufvertrag bestätigt hat, ohne daß der Beklagte dem sofort widersprochen hätte, läßt nicht den sicheren Schluß zu, daß dies mündlich auch so vereinbart war. Einen Erfahrungssatz des Inhalts, daß solche Schreiben den mündlich geschlossenen Vertrag zutreffend wiedergeben, gibt es nicht.
Die im deutschen Recht entwickelten Regeln zum Schweigen auf Bestätigungsschreiben gelten im Bereich des einheitlichen UN-Kaufrechts nicht (Herber/Czerwenka, Internationales Kaufrecht 1991, vor Art. 14 Rn. 17; Art. 18 Rn. 7; von Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht 1990, Art. 11, Rn. 6; vor Art. 14 – 24 Rn. 4; Art. 19 Rn. 4). Ein Rückgriff auf internationale Handelsbräuche (Art. 9 Abs. 2 CISG) scheitert daran, daß dieser Brauch nur in Deutschland und in der Schweiz beachtet wird.
Die Beweislast dafür, daß ein unbedingter Kaufvertrag zustande gekommen ist, trägt die Klägerin. Sie muß die Tatsachen nachweisen, die regelmäßig gegeben sein müssen, um einen Anspruch zu begründen (vgl. von Caemmerer/Schlechtriem, Art. 4 Rn. 2; Art. 46 Rn. 18 ff; Herber/Czerwenka, Art. 4 Rn. 8). Zu diesen Tatsachen gehört, daß man sich über den Verkauf von Waren unbedingt geeinigt hatte, ohne das Geschäft noch von dem Eintritt einer Bedingung abhängig zu machen. Die Bedingung, auf die der Beklagte sich beruft, ist keine Ausnahme von der Regel, die sie beweisen müßte. Denn im CISG ist nicht zum Ausdruck gebracht worden, daß die unbedingt eingegangene Verpflichtung als die Regel, die Vereinbarung einer Bedingung als Ausnahme anzusehen sei, etwa, weil unbedingt abgeschlossene Kaufverträge häufiger vorkommen und damit wahrscheinlicher sind, als Verträge unter einer aufschiebenden Bedingung. Die Beklagte bestreitet somit nur eine Tatsache, auf die die Klägerin ihren Anspruch stützt. Rechtsbegründende Tatsachen hat aber der Anspruchsteller (hier also die Klägerin) zu beweisen. Abzustellen bei der Frage, wer die Beweislast trägt, ist auf die gesetzliche Regelung, nicht darauf, ob rein tatsächlich Konditionsgeschäfte nur ein Ausnahmefall sind.
Die Klägerin kann ferner nicht beweisen, daß der Beklagte nachträglich seine Zahlungsverpflichtung anerkannt und auf sein Bestreiten der Klageforderung verzichtet hat. Der Zeuge B. hat insoweit angegeben, der Beklagte habe ihm gegenüber erklärt, daß er die Ware bezahlen werde und daß diese im übrigen im Verkauf sei. Dies kann auch so gemeint gewesen sein, daß er zugesagt hatte, die weiterverkaufte Ware zu bezahlen und die übrige eben noch zum Verkauf angeboten werde.
Der Kaufpreis, der von dem Beklagten auch nach seinem Vorbringen bezahlt werde müßte, nämlich für die Packungen, die weiterverkauft werden konnten, kann der Klägerin nicht zugesprochen werden, da sie die Abrechnungen des Beklagten nicht in den Rechtsstreit eingeführt hat.