Die Klägerin betreibt eine Schuhfabrik mit Sitz in Italien. Sie schloß am 21.03.1993 mit der Beklagten, die ein Schuheinzelhandelsunternehmen in Bad Bentheim betreibt, einen Kaufvertrag über die Lieferung von 280 Paar diverser Schuhartikel. In der Kaufvertragsurkunde, die in italienischer Sprache abgefaßt ist, ist in der Rubrik „Consegna approssimativa senza impegno“ (zu deutsch: voraussichtliche Lieferung ohne Verbindlichkeit) handschriftlich eingetragen: „prima ferie non dopo“ (zu deutsch: Vor den Ferien, nicht später). Diese Formulierung bedeutet in der Schuhbranche bei Geschäften mit Italien, daß die Lieferung vor August erfolgen soll.
Die Beklagte erbrachte am 05.08.1993 eine erste Teillieferung und stellte der Beklagten dafür am gleichen Tage einen Betrag von LIT 14.953.000 in Rechnung. Hierauf zahlte die Beklagte am 30.11.1993 unter Abzug von 3 % Skonto LIT 14.504.410. Den Restbetrag von LIT 448.590 macht die Klägerin geltend.
Den Restposten lieferte die Klägerin am 24.09.1993 und stellte der Beklagten dafür am selben Tag LIT 3.940.000 in Rechnung. Die Ware traf erst Anfang Oktober bei der Beklagten ein. Sie hatte mit Telefax vom 28.09.1993 gegenüber der Klägerin die Vertragsaufhebung erklärt.
Des weiteren verlangt die Klägerin einen Restbetrag aus Rechnungen der Vorsaison in Höhe von LIT 392.195. Diesen Betrag hat die Beklagte wegen 3 Reklamationen einbehalten. Insofern beruft sich die Klägerin jedoch auf nicht rechtzeitige Mängelrüge bzw. Verjährung.
Die Klägerin ist der Auffassung, daß die Beklagte zur Vertragsaufhebung nicht berechtigt gewesen sei, da sie die nach ihren wirksam vereinbarten Geschäftsbedingungen dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt habe.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie LIT 4.780.795 nebst 10 % Zinsen aus LIT 3.940.000 seit 25.11.1993, aus LIT 14.953.000 für die Zeit vom 06.10.1993 bis 30.11.1993 und aus LIT 448.590 seit 01.12.1993 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, es habe sich um ein Fixgeschäft gehandelt, so daß sie zur sofortigen Vertragsaufhebung berechtigt gewesen sei. Hinsichtlich der Mängel trägt die Beklagte vor, die Klägerin habe sich nie auf diese Fristen berufen, sondern stets die Rücksendungen akzeptiert und gutgeschrieben. Die jetzige Weigerung stelle einen Verstoß gegen Treu und Glauben dar.
Wegen des Sach- und Streitstandes im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist überwiegend begründet.
I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Kaufpreise für die Schuhe gemäß Art. 62 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (CISG). Das CISG findet auf den zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag Anwendung. Nach Art. 1 Abs. 1 CISG ist das Übereinkommen auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien anwendbar, die ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten habe Italien ist seit dem 01.01.1988 und die Bundesrepublik Deutschland seit dem 01.01.1991 Vertragsstaat des CISG. Das Übereinkommen ist mithin für dieses Vertragsverhältnis maßgebend. Die Vertragsparteien haben seine Geltung auch nicht gemäß Art. 6 CISG ausgeschlossen.
II. Der Klägerin steht aus dem wirksamen Kaufvertrag vom 21.03.1993 ein Restkaufanspruch in Höhe von LIT 4.388.590 zu. Zwar erfolgten beide Teillieferungen nach Ablauf der in dem Vertrag vorgesehenen Lieferfrist. Dies befreit aber lediglich dann von der Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises, wenn der Käufer die Vertragsaufhebung gemäß Art. 49 CISG wirksam erklärt hat. Eine entsprechende Erklärung hat die Beklagte gegenüber der Klägerin zwar mit Fax vom 28.09.1993 abgegeben. Diese Vertragsaufhebung erlangt jedoch keine Wirksamkeit, da die Beklagte zu einer solchen Erklärung nicht berechtigt war.
Insofern kann es dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen des Art. 49 CISG vorgelegen haben. Gemäß Ziffer 4 der klägerischen AGB hat der Käufer im Falle einer verspäteten Lieferung nur dann das Recht, die Aufhebung des vorliegenden Vertrages zu verlangen, wenn er vorher schriftlich die Aufhebung des Vertrages angedroht hat und die Ware nicht innerhalb von 15 Arbeitstagen ab Eingang dieses Schreibens beim Verkäufer abgesandt wird. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sind gemäß Art. 14 CISG wirksamer Vertragsbestandteil geworden. Sie sind auf der Rückseite des Auftragsformulars sowohl in italienischer als auch in deutscher Sprache abgedruckt. Auf der Vorderseite ist unstreitig auf sie hingewiesen worden. Dies reicht aus, um die AGB zum wirksamen Vertragsbestandteil zu machen. Die Gültigkeit dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist gemäß Art. 4 Ziffer a CISG jedoch nicht nach den Vorschriften dieses Übereinkommens zu prüfen, sondern richtet sich nach dem auf dieses Vertragsgebilde anzuwendenden Recht. Gemäß Art. 28 EGBGB ist auf den vorliegenden Vertrag italienisches Recht anzuwenden. Die Parteien haben eine Rechtswahl nicht getroffen. Damit unterliegt der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er die engsten Verbindungen aufweist. Insoweit wird gemäß Absatz II der genannten Vorschrift vermutet, daß die mit dem Staat der Fall ist, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Hauptverwaltung hat. Die vertragscharakteristische Leistung besteht in der Lieferung von Schuhen. Die Verkäuferin hat ihren Sitz in Italien, so daß italienisches Recht Anwendung findet. Dies wird auch gestützt durch die Umstände, daß die Vertragssprache italienisch ist und die Preise in italienischer Währung angegeben sind. Der Umstand, daß der Vertrag auf einer deutschen Messe in Köln geschlossen wurde, steht dem nicht entgegen.
Das Gericht hat keinerlei Anhaltspunkte, daß diese von der Klägerin verwendete Klausel unwirksam ist. Die Klägerin hat vielmehr als Verkäuferin ein legitimes Interesse an der Ankündigung der Vertragsaufhebung mit der Einräumung einer entsprechenden Nachfrist. Dies resultiert daraus, daß in Fällen, in denen ein Käufer nach Art. 49 CISG berechtigterweise die Aufhebung des Vertrages erklären kann, er nach Abs. 2 Ziffer a dieser Vorschrift die Vertragsaufhebung auch dann noch erklären kann, wenn die Lieferung bereits erfolgt ist. Ein Verkäufer trägt insoweit das Risiko, daß die Lieferungen bei verspäteter Vertragserfüllung zurückgewiesen werden. Die Regelung in Ziffer 4 der klägerischen AGB ist geeignet, dieses Risiko zu minimieren. Gleichzeitig beeinträchtigt es die Käuferseite nicht übermäßig, da es nach dem Wortlaut der Klausel nicht ausgeschlossen ist, daß diese Ankündigung bereits vor Ablauf der Lieferfrist erfolgt. Damit bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Vorschrift.
Ob diese Klausel auch auf ein Fixhandelsgeschäft anzuwenden wäre, braucht vorliegend nicht entscheiden zu werden. Der Vermerk „Vor den Ferien, nicht später“ stellt keinen Fixtermin dar. Ein solcher läge lediglich vor, wenn das Geschäft mit der Einhaltung dieses Termins stehen und fallen sollte. Dies war aber von den Parteien nicht gewollt. Zum einen ist der Wortlaut insofern nicht eindeutig. Zum anderen zeigt aber auch das Verhalten der Beklagten nach Ablauf des Termins, daß ein Fixtermin nicht beabsichtigt gewesen war. So hat die Beklagte einerseits eine Lieferung vom 05.08.1994 noch angenommen und andererseits einer Nachlieferungsfrist zum 10.09.1993 entgegen Art. 48 Abs. 2 und 3 CISG nicht widersprochen.
Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung aus Ziffer 4 der klägerischen AGB zur Ankündigung der Vertragsaufhebung nicht nachgekommen. Diese Verpflichtung ist auch nicht dadurch entfallen, daß die Klägerin mit Schreiben vom 05.08.1993 der Beklagten angezeigt hat, daß sie bis zum 10.09.1993 die Lieferung erbringen werde und sich damit das Recht zur Nacherfüllung gemäß Art. 48 Abs. 2 und 3 CISG geschaffen hat. Auch nach Ablauf dieser Frist war es für die Klägerin nicht klar, ob die Beklagte die Vertragsaufhebung gemäß Art. 49 CISG erklären wird. Daher kann von einer Erledigung des Erfordernisses aus Ziffer 4 der klägerischen AGB nicht ausgegangen werden. Zudem hatte die Beklagte die Möglichkeit, innerhalb dieser Frist der Klägerin die Vertragsaufhebung anzukündigen. Daß sie dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, kann nicht zu Lasten der Klägerin gehen.
Die Vertragsaufhebung war auch nicht gemäß Art. 49 Abs. 2 Ziffer a CISG möglich. Danach verliert nach der Lieferung der Ware der Käufer sein Recht, die Aufhebung des Vertrages zu erklären, wenn er im Falle der verspäteten Lieferung die Aufhebung nicht innerhalb einer angemessenen Frist erklärt, nachdem er von der Lieferung erfahren hat. Diese Regelung betrifft nur den Fortbestand des Rechtes zur Vertragsaufhebung. Sie setzt somit ein wirksam bestehendes Recht zur Erklärung der Vertragsaufhebung voraus. Dieses war, wie oben dargestellt, aber nicht gegeben. Die Beklagte war damit nicht berechtigt, die Vertragsaufhebung zu erklären. Sie ist mithin auch nicht gemäß Art. 81 Abs. 1 CISG von ihren Vertragspflichten, nämlich der Kaufpreiszahlungspflicht, befreit. Der Klägerin steht mithin der volle Kaufpreisanspruch zu.
Die Beklagte war auch nicht zum Skontoabzug berechtigt. Nach Ziffer 2 der klägerischen AGB wäre die Beklagte nur berechtigt gewesen, einen Abzug von 3 % Skonto vorzunehmen, wenn sie den Rechnungsbetrag innerhalb von 20 Tagen nach Erhalt der Warenlieferung bezahlt hätte. Dies ist unstreitig nicht geschehen.
Der Klägerin steht mithin ein Anspruch auf Zahlung des Restkaufpreises aus dem Kaufvertrag vom 21.03.1993 in Höhe von LIT 4.388.590 zu.
III. Aus Lieferungen des Vorjahres steht der Klägerin gemäß Art. 62 CISG ein Kaufpreisrestanspruch in Höhe von LIT 338.134 zu. Die von der Beklagten reklamierten Mängel greifen lediglich hinsichtlich der Reklamation vom 30.07.1993 durch. Insofern kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, daß ihr der Mangel nicht binnen einer 10-Tages-Frist angezeigt worden ist. Diese Anzeige braucht nicht nur durch schriftliche Erklärung, sondern kann auch durch Übersendung der mangelhaften Sache geschehen. Hierdurch wird die Klägerin ebenfalls in ausreichendem Maße über den Umfang des Mangels informiert. Das in Ziffer 5 der klägerischen AGB enthaltene Verbot der Rücksendung ist nach Auffassung des Gerichts nichtig. Die Beklagte ist gemäß Art. 50 CISG mithin zur Minderung berechtigt. Mit Rücksicht auf den relativ geringen Einkaufspreis von 55,– DM (= LIT 54.061) und den wegen der Stundenlöhne erheblichen Nachbesserungskosten schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO den Wert der mangelhaften Sache auf 0, so daß der Einkaufspreis dem Minderungsbetrag entspricht. Die Beklagte war mithin zum Abzug von LIT 54.061 berechtigt.
Die insoweit geltend gemachten Transportkosten in Höhe von 29,– DM kann die Beklagte nicht verlangen, da gemäß Ziffer 5 der klägerischen AGB die Rücksendung auf ihre Kosten zu erfolgen hatte. Diese Klausel ist wirksam. Es hätte zur Anzeige der Mängel ausgereicht, zunächst eine schriftliche Erklärung zu übersenden. Aus diesem Grund erscheint die Klausel nicht unbillig.
Hinsichtlich der weiteren Mängel beruft sich die Klägerin zu Recht auf die Einrede der Verjährung. Gemäß Ziffer 8 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen verjähren sämtliche Ansprüche gegen den Verkäufer 6 Monate nach Ablieferung, soweit nichts anderes schriftlich vereinbart ist. Auch diese Klausel ist inhaltlich nicht zu beanstanden. Damit steht der Klägerin der Verjährungseinwand zu. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, daß die Klägerin sich in früheren Fällen nicht auf diese Einrede berufen hat. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben kann darin nicht gesehen werden. Die Beklagte war mithin berechtigt, von dem Gesamtrestkaufpreis von LIT 392.195 einen Betrag von LIT 54.061 abzuziehen, so daß ein Restkaufpreisanspruch der Klägerin in Höhe von LIT 338.134 verbleibt.
IV. Der Beklagten steht entgegen ihrer Auffassung auch kein Anspruch auf Zahlung entgangenen Gewinns gegen die Klägerin zu. Wie oben dargelegt, war die Klägerin weiterhin zur Erfüllung berechtigt. Die Beklagte kann daher allenfalls den Verzögerungsschaden, nicht aber Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Der entgangene Gewinn stellt aber einen Nichterfüllungsschaden dar, so daß diese Gegenforderung der Beklagten nicht zuerkannt werden kann. Einen daneben bestehenden Verzögerungsschaden hat die Beklagte nicht dargelegt.
Der Klägerin stehen mithin Zahlungsansprüche in Höhe von insgesamt LIT 4.726.724 zu. Wegen der Mehrforderung war die Klage abzuweisen.
V. Der Zinsanspruch ist gemäß Art. 78 CISG gerechtfertigt. Nach dieser Vorschrift sind Zinsen ab Fälligkeit zu zahlen. Verzug ist nicht Voraussetzung Es hätte daher der Beklagten oblegen, eine andere Vereinbarung der Parteien hinsichtlich der Zahlung von Zinsen darzulegen. Dem ist sie jedoch nicht nachgekommen. Die Zinsen waren damit antragsgemäß zuzuerkennen. Der gesetzliche Zinssatz in Italien beträgt gemäß Art. 1284 des Codice Civile 10 %.