Die Beklagte, eine Aktiengesellschaft französischen Rechts, stand seit 1986 in Geschäftsbeziehungen zur Fa. L., von der sie in regelmäßigen Abständen Hard- und Software bezog. Am 3.6.1988 änderte die L. ihren Firmennamen in I. GmbH, seit dem 15.7.1988 befindet sie sich in Liquidation. Zu dieser Zeit standen der Beklagten, wie später in einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Köln festgestellt wurde (90 0 57/90), aus früheren Warenlieferungen der LMD Minderungsansprüche, deren Höhe die Beklagte mit ca. 107.000,- DM beziffert und über die das Landgericht in Höhe von 7.809,- DM zugunsten der Beklagten rechtskräftig entschieden hat.
Die Klägerin, eine Schwesterfirma der L./I., die bis zu deren Liquidation die Geschäftsräume, das Telefon und den Telexanschluß der L./I. mitbenutzte, macht mit der vorliegenden Klage den Kaufpreis für insgesamt acht Warenlieferungen geltend, denen zwei Telexbestellungen der Beklagten vom 24.6. bzw. 7.7.1988 sowie sechs telefonische Bestellungen zwischen Ende September und Anfang November desselben Jahres zugrunde liegen. Die Lieferscheine und Rechnungen enthielten jeweils den Namen der Klägerin.
Die Klägerin, die der Auffassung ist, daß sich die Rechtsbeziehungen der Parteien nach dem Einheitlichen Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen (EKG) vom 17.7.1973 richten, hat behauptet, sämtliche Bestellungen der Beklagten seien an sie gerichtet gewesen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 67.137,- DM nebst 5 % Zinsen seit dem 16.1.1989 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe in Unkenntnis von deren Liquidation ihre Bestellungen ausschließlich an die L./I. gerichtet; entsprechend hat sie mit ihren Minderungsansprüchen die Aufrechnung gegenüber der Kaufpreisforderung aus den Warenlieferungen erklärt.
Durch Urteil vom 14.2.1992 hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Es hat seiner Entscheidung die Regeln des EKG und des EAG (Einheitliches Gesetz über den Abschluß von internationalen Kaufverträgen vom 17.7.1973) zugrunde gelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Gegen dieses, der Klägerin am 25.2.1992 zugestellte Urteil hat diese am 24.3.1992 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 24.5.1992 mit einem am 25.5.1992 (Montag) eingereichten Schriftsatz begründet.
Mit der Berufung rügt die Klägerin in erster Linie, daß das Landgericht sich von der Parallelsache, an der die Klägerin aber überhaupt nicht beteiligt gewesen sei, habe beeinflussen lassen. Die Klägerin habe bereits in erster Instanz immer wieder betont und unter Beweis gestellt, daß die Beklagte sämtliche Bestellungen ausdrücklich an die Klägerin gerichtet habe; hierüber hätte ggf. Beweis erhoben werden müssen.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils gemäß dem erstinstanzlichen Schlußantrag der Klägerin zu erkennen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Beide Parteien beantragen, zu gestatten, eine Sicherheitsleistung auch durch Bürgschaft einer Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen zu dürfen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien, ihre zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf die Akten 90 0 57/90 (LG Köln) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist zulässig und begründet.
Das angefochtene Urteil war abzuändern und der Klage stattzugeben. Denn die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen der Höhe nach unstreitigen Anspruch auf Zahlung der gelieferten Ware, wobei nach dem insoweit anwendbaren deutschen materiellen Recht der Anspruch jedenfalls aus § 812 BGB folgt.
II. Entgegen der Ansicht der Klägerin und den Ausführungen in der landgerichtlichen Entscheidung beurteilt sich die Rechtslage nicht nach dem „Einheitlichen Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen“ vom 17.7.1973 (EKG) und dem „Einheitlichen Gesetz über den Abschluß von internationalen Kaufverträgen“ vom 17.7.1973 (EAG), sondern nach deutschem Recht.
Der Anwendbarkeit steht allerdings nicht entgegen, daß das EKG mittlerweile mit Wirkung vom 1.1.1991 durch das UNCITRAL- Abkommen abgelöst worden ist. Denn nach Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes zur Ratifizierung des UNCITRAL-Abkommens (5.7.1989) ist das EKG auf solche Verträge weiterhin anzuwenden, die vor dem 1.1.1991 – dem Tag, an dem das UNCITRAL-Abkommen für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten ist – geschlossen worden sind.
Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes zur Ratifizierung des UNCITRAL- Abkommens ist jedoch im Zusammenhang zu lesen mit Art. III des Einführungsübereinkommens zum EKG vom 1.7.1964. Nach dieser Vorschrift konnte jeder Vertragsstaat die Anwendbarkeit des EKG auf solche Fälle beschränken, in denen jede Vertragspartei einem Mitgliedstaat angehört, und von diesem Vorbehalt hat die Bundesrepublik Deutschland bei Ratifizierung des EKG Gebrauch gemacht. Diese Einschränkung kommt hier zum Tragen, denn im Gegensatz zu Deutschland war Frankreich, wo die Beklagte ihre Niederlassung hat, zu keiner Zeit Vertragsstaat des EKG.
Soweit die Klägerin der Ansicht ist, daß die herrschende Lehre in Deutschland das EKG und das EAG auch dann anwendet, wenn nur eine Vertragspartei einem Mitgliedstaat angehört, sofern nach den Regeln des allgemeinen Kollisionsrechts das nationale Recht jenes Mitgliedstaates berufen wird, ist dies unzutreffend. Entsprechende Ausführungen finden sich zwar bei Kegel, Internationales Privatrecht, 6. Aufl., 1987, S. 445. Die von ihm zitierte Rechtsprechung (BGH NJW 1981, 1156, 1157; OLG Hamm NJW 1984, 1307; BGHZ 96 – nicht 94 -, 313, 322 f) betrifft jedoch Fälle, in denen zwar das EKG als nationales Recht behandelt und damit angewendet wurde, in denen jedoch auch die jeweils andere Seite aus einem Vertragsstaat kam; in BGH NJW 1981, 1156, 1157 und BGHZ 96, 313, 316 f wird sogar ausdrücklich das Erfordernis betont, daß beide Parteien einem Vertragsstaat angehören müssen. (Auch Dölle, Kommentar zum Einheitlichen Kaufrecht, 1976, Rn. 8 zu Art. 2, betont im Gegensatz zur Ansicht der Klägerin ausdrücklich, daß dann, wenn der Vertragspartner keinem Vertragsstaat angehört und das somit maßgebende allgemeine Kollisionsrecht auf deutsches Recht verweist, dessen unvereinheitlichtes Recht – also BGB und HGB – und nicht etwa das EKG anzuwenden ist; vgl. ferner Reithmann/Martiny, Internationales Kaufrecht, 4. Aufl., S. 374 f und Soergel-Lüderitz, Einl. zum EKG, Rn. 5 sowie Art. 1 EKG, Rn. 6, die ebenfalls für die Anwendung von EKG und EAG ohne Einschränkung verlangen, daß beide Vertragspartner Angehörige von Vertragsstaaten sein – bzw. als juristische Personen dort ihre Niederlassung haben – müssen).
Der Senat schließt sich dieser herrschenden Meinung an, zumal die Rechtsauffassung der Klägerin auch zu Ungereimtheiten führen würde. Denn es ist nicht einzusehen, daß dann, wenn internationale Abkommen nach ihrem Wortlaut unter Berücksichtigung des vorgesehenen Vorbehalts eines Mitgliedstaates nicht anwendbar sind, sie doch auf dem Umweg über das nationale IPR anwendbar sein sollen; denn üblicherweise haben internationale Abkommen gerade Vorrang vor den nationalstaatlichen Kollisionsnormen, also auch in der Frage ihrer Anwendbarkeit bzw. Nichtanwendbarkeit. Die Wirkung des Vorbehalts wäre zudem erheblich eingeschränkt, nämlich auf solche Fälle, in denen das nach allgemeinen IPR-Regeln anwendbare Recht das Recht eines Nichtmitgliedstaates ist.
Ist hiernach festzuhalten, daß das EKG und somit auch das EAG keine Anwendung finden, weil zwar die deutsche Klägerin, nicht aber die französische Beklagte ihre Niederlassung in einem Vertragsstaat hat, und bestimmt sich das anwendbare Recht somit nach den allgemeinen Vorschriften, so führen diese zur Maßgeblichkeit deutschen Rechts. Denn der hypothetische Parteiwille beruft deutsches Recht als das Recht des Vertragsstaates, in dem die Verkäuferin – die Klägerin – als diejenige Partei, welche die vertragstypische Leistung erbringt, ihre Niederlassung hat.
Es kommt hier auf den hypothetischen Parteiwillen (Art. 28 EGBGB) an. Denn die Grundregel des deutschen Kollisionsrechts (Art. 27 EGBGB), wonach das Statut für schuldrechtliche Verträge sich in erster Linie nach dem „realen“ (ausdrücklichen oder stillschweigenden) Parteiwillen richtet, greift hier nicht ein, da eine entsprechende Parteivereinbarung nicht vorliegt. Zwar hat die Klägerin in der Klageschrift vorgetragen, daß die Parteien schon seit Anfang Oktober 1986 Vertragsbeziehungen unterhalten und damals für alle Verträge die Anwendbarkeit deutschen Rechts vereinbart hätten. Diese langjährige Geschäftsbeziehung ist jedoch von der Beklagten substantiiert bestritten und von der Klägerin nicht mehr aufgegriffen worden. Im übrigen lag bei Abfassung der Klageschrift beim Klägervertreter offenbar eine Verwechslung der Klägerin mit der L./I. vor, so daß davon auszugehen ist, daß die langjährige Geschäftsbeziehung und damit auch die behauptete Vereinbarung des anwendbaren Rechts nur hinsichtlich der L./I., nicht aber hinsichtlich der Klägerin vorgelegen hat.
Sind mithin mangels ausdrücklichen Parteiwillens die Regeln über den hypothetischen Parteiwillen maßgebend, so führt dies zur Anwendbarkeit deutschen Vertragsrechts. Denn nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGBGB ist bei Schuldverträgen dasjenige Recht anzuwenden, zu dem die engsten Verbindungen bestehen, und dies ist nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB im Zweifel das Recht am Sitz der Hauptniederlassung derjenigen Partei, welche die vertragstypische Leistung erbringt, beim Kaufvertrag also das Recht der Verkäuferseite; denn „vertragstypisch“ ist nicht die Zahlungsverpflichtung, da sie zu jedem entgeltlichen Vertragstypus gehört.
Diese Regeln müssen auch hier eingreifen. Denn es handelte sich um eine normale Lieferung von Waren aus Deutschland nach Frankreich, und irgendwelche besonderen Umstände, die ausnahmsweise eine engere Beziehung zu Frankreich beinhalten könnten (Art. 28 Abs. 5 EGBGB), sind nicht ersichtlich.
III. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Bezahlung der gelieferten Waren. Dabei kann dahinstehen, ob zumindest hinsichtlich einiger der insgesamt acht Bestellungen ein Vertrag zwischen den Parteien zustande gekommen ist, so daß der Zahlungsanspruch hinsichtlich der entsprechenden Lieferungen aus § 433 BGB folgen würde. Denn jedenfalls steht die Klageforderung der Klägerin – soweit nicht aus § 433 BGB – nach den Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung zu (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB).
Was die beiden ersten – per Telex erfolgten – Bestellungen vom 24.6. bzw. 7.7.1988 betrifft, ist das Landgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß zwischen den Parteien kein Vertrag zu stande gekommen ist; denn es fehlt insoweit an zwei korrespondierenden Willenserklärungen. Dies folgt aus der Auslegung der Parteierklärungen, die zunächst ergibt, daß das Vertragsangebot der Beklagten nicht an die Klägerin, sondern an die L./I. gerichtet war; und ebensowenig kann davon ausgegangen werden, daß die – in der Lieferung der Ware liegende – Willenserklärung der Klägerin als Gegenangebot angesehen werden müßte, das von der Beklagten durch Entgegennahme der Ware angenommen worden wäre.
Daß die Beklagte bei der L./I. bestellen wollte, ergibt sich zum einen aus dem Umstand, daß sie bis zum 24.6.1988 – und zwar schon seit etwa zwei Jahren – ausschließlich mit der L./I. Vertragsbeziehungen unterhalten hatte. Das Telex war im übrigen auf dem Telexanschluß der L./I. eingegangen, was ebenfalls ein deutlicher Anhaltspunkt dafür ist, daß die Beklagte bei dieser bestellen wollte, auch wenn sie das nicht ausdrücklich so geschrieben hat. Dies gilt um so mehr, als die Klägerin nach eigener Darstellung Telex und Telefon der L./I. lediglich „mitbenutzte“ und die Firmen nicht etwa einen gemeinsamen Anschluß unterhielten.
Spricht hiernach alles dafür, daß die Beklagte bei der L./I. und nicht bei der Klägerin bestellen wollte und daß die Klägerin dies auch entsprechend verstehen mußte, so hat die Klägerin ihrerseits nichts dazu vorgetragen, wie nach ihren Vorstellungen die Beklagte überhaupt auch nur auf die Idee gekommen sein soll, bei der Klägerin statt bei der L./I. zu bestellen. Denn auch wenn die Beklagte von der Existenz der Klägerin gewußt haben mag, ergibt dies für sich noch keinen Grund, weshalb sie sich von ihrem bisherigen Leistungspartner hätte lösen sollen.
Nachvollziehbar wäre die Klägerdarstellung zwar dann, wenn sie die Beklagte von der Entwicklung bei der L./I. unterrichtet und zugleich eigene Lieferung angeboten hätte. Dies aber sagt die Klägerin gerade nicht.
Anders als hinsichtlich der späteren Bestellungen behauptet die Klägerin auch nicht, daß die Beklagte neben dem Telex vom 24.6.1988 irgendwelche telefonischen Erklärungen abgegeben hätte, so daß sich auch von hier her kein Anhaltspunkt dafür ergibt, die Beklagte habe ihre Bestellung vom 24.6.1988 gegenüber der Klägerin erklären wollen.
Fehlt es hiernach hinsichtlich der ersten beiden (Telex-) Bestellungen an einem Angebot der Beklagten an die Klägerin, das diese durch Lieferung hätte annehmen können, so ist ein Vertrag zwischen ihnen auch nicht durch nachfolgende stillschweigende Erklärungen zustande gekommen.
Der Senat hegt schon Zweifel, ob in den jeweiligen Lieferungen ein Gegenangebot der Klägerin gesehen werden kann. Es mag sein, daß die Klägerin diese Geschäfte im eigenen Namen schließen wollte, wie sich daraus ergibt, daß sie die entsprechenden Lieferscheine und die jeweils nachfolgenden Rechnungen auf ihren eigenen Namen ausgestellt hatte. Dies bedeutet gleichwohl nicht, daß die Beklagte, auf deren Empfängerhorizont es insoweit ankommt, die entsprechenden Schlüsse ziehen und die Lieferungen der Klägerin als neue Angebote im Sinne von § 150 Abs. 2 BGB erkannt hat oder erkennen mußte.
Es spricht manches dafür, daß die Klägerin mit ihren Lieferungen kein Gegenangebot gemacht hat. Man kann nämlich den Erklärungsinhalt des „Gegenangebots“ nicht losgelöst vom Angebot der Beklagten sehen. Denn wenn die Klägerin ihrerseits die Angebote der Beklagten, wie dargelegt, als solche an die L./I. auffassen mußte, war sie zwar nicht gehindert, ein eigenes Gegenangebot abzugeben, sie mußte jedoch damit rechnen, daß die Beklagte eine Lieferung zunächst einmal „automatisch“ als Antwort auf ihr Angebot ansehen und entsprechend weniger Anlaß haben würde, sich die Lieferscheine und Rechnungen besonders sorgfältig anzuschauen. Zu Recht hat das Landgericht in Frage gestellt, ob die Klägerin überhaupt erwarten konnte, daß die Beklagte beide Unternehmen auseinanderhalten würde. Denn die Lieferscheine der L./I. und der Klägerin waren nur bei genauem Hinsehen zu unterscheiden, und insbesondere das Label beider Firmen war identisch. Bezeichnend ist, daß selbst der eigene Anwalt der Klägerin bei Klageerhebung einer Verwechslung beider Firmen unterlegen ist.
Letztlich kann die Frage dahinstehen, weil selbst dann, wenn man die Lieferungen der Klägerin als (Gegen-) Angebot ansehen würde, in der Entgegennahme der Ware durch die Beklagte keine schlüssige Annahme gesehen werden könnte. Denn schon das Landgericht hat mit zutreffender Begründung ausgeführt, daß die bloße Entgegennahme als solche nicht als Annahmeerklärung aufgefaßt werden kann, weil Schweigen im Rechtsverkehr auch unter Kaufleuten nur ausnahmsweise als Zustimmung zu werten ist und die Klägerin wegen der (ihr bewußten) Mißverständlichkeit ihrer Erklärung nicht mit einer ausdrücklichen Ablehnungserklärung rechnen durfte.
Ist hiernach hinsichtlich der beiden Telexbestellungen davon auszugehen, daß mangels korrespondierender Willenserklärungen kein Vertrag zustande gekommen ist, so gilt dies nicht notwendigerweise auch für die folgenden – telefonischen – Bestellungen. Dies gilt schon deshalb, weil die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen hat, es habe anläßlich der Telefongespräche Klarheit darüber geherrscht, daß sie (die Klägerin) und nicht die L./I. Vertragspartner sei. Im übrigen ist es wenig wahrscheinlich, daß der Beklagten der Aussteller der Lieferscheine und Rechnungen und allgemein die grundlegenden Veränderungen in Köln dauerhaft, also bis zur letzten Bestellung, verborgen geblieben sein sollten. Ist nämlich anzunehmen, daß die sich häufende Zahl von Lieferscheinen und Rechnungen mit dem Namen der Klägerin irgendwann einmal auffallen mußte, so hätte der Beklagten auch der Umstand, daß es plötzlich keinen Telex-Anschluß der L./I. mehr gab und daß man sich in Köln am Telefon nicht mehr mit L./I. meldete, an sich Anlaß zum Nachdenken und Nachfragen geben müssen.
Bestehen hiernach schon unabhängig von den Beweisantritten der Klägerin Anhaltspunkte dafür, daß zumindest hinsichtlich eines Teils der letzten sechs Bestellungen auf seiten der Beklagten eine Kenntnis der geänderten Verhältnisse vorlag, so daß auch ihre jeweiligen Erklärungen anders (nämlich als Bestellung an die Klägerin) zu verstehen waren, so brauchten die Dinge nicht weiter aufgeklärt zu werden, weil der Zahlungsanspruch der Klägerin wie auch hinsichtlich der ersten beiden Lieferungen jedenfalls aus § 812, 818 BGB folgt.
Das Landgericht durfte es nicht dabei bewenden lassen, festzustellen, daß zwischen den Parteien keine Verträge zustande gekommen seien; denn damit ist im angefochtenen Urteil offengeblieben, was angesichts der fehlenden Vertragsbeziehungen der Parteien mit den gelieferten Waren zu geschehen hatte. Soweit das Landgericht davon ausgegangen ist, die Beklagte könne den Wert der erworbenen und zwischenzeitlich weiterveräußerten Waren mit ihren Forderungen gegenüber der L./I. aufrechnen, besteht hierfür keine rechtliche Grundlage. Es bestanden nämlich hinsichtlich jener Lieferungen weder Vertragsbeziehungen zur L./I. noch liegt sonst ein Grund vor, die seitens der Klägerin erfolgten Lieferungen der L./I. zuzurechnen:
Soweit davon auszugehen ist, daß die Beklagte ihre Bestellungen an die L./I. gerichtet hat und daß die in der jeweiligen Lieferung liegende Erklärung der Klägerin nicht als eigenes Gegenangebot im Sinne von § 150 Abs. 2 BGB zu verstehen war, bedeutet dies nicht, daß die Erklärung der Klägerin dann als mit Wirkung für die L./I. erfolgt anzusehen ist.
Eine bindende Vertragserklärung zugunsten und zu Lasten der L./I. würde voraussetzen, daß die Klägerin entweder Rechtsnachfolgerin der L./I. wäre oder im Innenverhältnis zur L./I. die Befugnis und auch den Willen gehabt hätte, Erklärungen zugunsten und zu Lasten der L./I. abzugeben. Gerade dies wollte die Klägerin nicht, denn sie hat ihren eigenen Stempel auf die Lieferscheine und Rechnungen gesetzt und damit, geht man vom objektiven Inhalt der Erklärung aus, zu erkennen gegeben hat, daß sie im eigenen Namen gerade nicht für die L./I. auftreten wollte.
Es entsprach auch dem wirklichen Willen der Klägerin, die Lieferung als eigene und nicht als solche der L./I. auszuführen, so daß objektiver und subjektiver Wille des Erklärenden übereinstimmen.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, daß sich aus ihrer Sicht die Lieferungen als Leistung der L./I. dargestellt hätten. Zutreffend ist es zwar, daß in bestimmten Dreiecksbeziehungen bei der Frage, wem eine Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne zuzurechnen ist, es auf den Horizont des Leistungsempfängers ankommt. Gerade mit dem Fall, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31.10.1963 zugrunde lag (BGHZ 40, 272 ff.), ist die vorliegende Sachlage aber nicht zu vergleichen, weil es an einer entsprechenden Dreiecksbeziehung fehlt.
Der Bundesgerichtshof hatte es mit einem Fall zu tun, in dem sich ein Dritter (Subunternehmer) in eine bestehende Vertragsbeziehung zwischen einem Bauunternehmer und einem Bauherrn hineinzudrängen versucht hatte, vom Bauherrn auf das bestehende Vertragsverhältnis aufmerksam gemacht und an den Bauunternehmer verwiesen worden war und dann einige Zeit später ohne nähere Erläuterung gegenüber dem Bauherrn eine Leistung erbrachte, die dem Bauunternehmer oblegen hätte und vom Bauherrn offenbar auch mit einem Pauschalpreis abgegolten war. Lag es unter diesen Umständen schon zum Schutze des Bauherrn nahe, die Leistung als solche zu behandeln, wie sie sich ihm darstellte, nämlich als Leistung des ihm verpflichteten Bauunternehmers, so fehlt es hier an einer vergleichbaren Konstellation. Denn mochte der Beklagte auch davon ausgegangen sein, sein Vertragsangebot sei seitens der L./I. angenommen worden, so lag tatsächlich eine entsprechende Erklärung der L./I. nicht vor, so daß auch kein vertraglicher Anspruch auf eine Leistung bestand.
Die Interessenlage ist auch nicht gleich zu bewerten. Denn mag es noch im Einzelfall gerechtfertigt sein, zum Schutze einer Vertragspartei bei der Zurechnung einer vertragsgemäß geschuldeten Leistung auf den Empfängerhorizont abzustellen, so kann der Empfängerhorizont nicht mehr maßgebend sein, wenn eine Partei nur irrtümlich meint, es lägen zwei korrespondierende Willenserklärungen und damit vertragliche Bindungen vor, während in Wirklichkeit die Willenserklärung des vermeintlichen Vertragspartners fehlt. Insoweit handelt es sich nämlich nicht mehr um eine Frage der Auslegung, der objektive Erklärungsinhalt der „Lieferungen“ der Klägerin war nun einmal auf ein Geschäft im eigenen Namen gerichtet, was bei der Erklärung des Subunternehmers in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nicht gesagt werden kann, sondern lediglich um einen Verständnisirrtum der Beklagten; ein solcher Irrtum aber kann unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Erfüllung dessen geben, was man fehlerhaft als geschuldet ansieht.
Liegt hiernach schon dogmatisch gesehen kein Dreiecksverhältnis, sondern nur ein vermeintliches Dreiecksverhältnis vor, so zeigt auch eine Kontrollüberlegung, daß – anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall – kein Bedürfnis besteht, die Beklagte in ihrer Verkennung der (objektiv eindeutig als eigenen gewollten) Leistung der Klägerin zu schützen. Wäre nämlich in beiden Fällen bei der Leistung seitens des Leistenden unmißverständlich erklärt worden, daß die Leistung in eigenem Namen verstanden werden soll, so hätte (im Fall BGHZ 44, 272 ff.) der Bauherr die Entgegennahme der Leistung abgelehnt, den Bauunternehmer auf Erfüllung des Vertrages in Anspruch genommen und bis zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung seine Zahlungen zurückgehalten, die er in Unkenntnis der Rolle des „Subunternehmers“ tatsächlich beglichen hat; dadurch, daß der Bundesgerichtshof bei der Zurechnung der Leistung auf den Empfängerhorizont und nicht darauf, wer tatsächlich die Leistung bewirkt hat, abgestellt hat, hat er den insoweit schutzwürdigen Bauherrn vor einer letztlich doppelten Inanspruchnahme für dieselbe Leistung geschützt. Vorliegend hin gegen hätte die Beklagte gegenüber niemandem Ansprüche auf die Warenlieferungen gehabt, und ihre Wahl hätte bei Offenlegung der Verhältnisse sich darauf beschränkt, die Ware von der Klägerin zu beziehen oder sich anderweitig einzudecken; die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme für dieselbe Leistung hätte nicht bestanden.