Die Beklagte ist Eigentümerin eines von der Firma … betriebenen Supermarktes, der auf dem Grundstück … steht. Die Firma … plante eine Erweiterung des Supermarktes, wobei ein Kostenrahmen von DM 400.000,‑ nicht überschritten werden sollte.
Durch Herrn … beauftragte daraufhin die Beklagte die klagenden Architekten mit der Ermittlung, ob es möglich sei, ein den gestalterischen und preislichen Vorstellungen der Firma … entsprechendes Anbauvorhaben zu erstellen. Ob die Beklagte die Kläger mit weiteren Architektenleistungen betraute, ist zwischen den Parteien streitig.
Bereits unter dem 18. Juni 1991 erstellten die Kläger eine Kostenberechnung, welche sie der Beklagten übersandten (vgl. Bl. 75 d. A). Unter den 29. Juli 1991 beantragen die Kläger für die Beklagten für die geplante Anbaumaßnahme eine Baugenehmigung bei der zuständigen Baugenehmigungsbehörde (vgl. Bl. 47 u. 48 der Akten). Der Bauantrag ist zum Abschluß der Seite 2 (Bl. 48 der Akten) unter der Rubrik Unterschriften zum einen abgestempelt von der Klägern. Daneben befindet sich der von Herrn Jepsen unterzeichnete folgende Stempel der Beklagten: …
Die Kläger erstellten unter dem 20. Februar 1992 einen verkürzten Kostenanschlag, welchen sie am 26. Februar 1992 der Beklagten übersandten (vgl. Bl. 49. der Akten). Einen weiteren korrigierten Kostenanschlag über ca. DM 533.000,‑ übersandten die Kläger der Beklagten am 9. März 1992 (vgl. Bl. 50 der Akten).
Im Juli 1992 teilte Herr … den Klägern mit, daß das geplante Vorhaben nicht realisiert werden solle, und forderte die Kläger zur Abrechnung des Auftrages auf.
Mit Schreiben vom 23. Juli 1992 übersandten die Kläger der Beklagten ihre Schlußrechnung, welche unter Abzug einer á-konto Zahlung in Höhe von DM 8.550,‑ eine Resthonorarsumme von DM 13.282,78 aufweist (vgl. Bl. 20 der Akten). Den Betrag von DM 8.550,‑ hatten die Kläger mit Schreiben vom 5. September 1991 angeforderten. Unter demselben Datum hatten die Kläger auch bisher entstandene tatsächliche Auslagen aufgeschlüsselt und mit DM 199,52 angefordert (vgl. Bl. 17 der Akten). Nach Erstellung der Schlussrechnung vom 23. Juli 1992 forderten die Kläger mit Schreiben vom 1. September 1992 die weiteren mit DM 908, 01 bezifferten tatsächlichen Auslagen bei der Beklagten an (vgl. Bl. 24. der Akten). Die Klägerin mahnte sämtliche ausstehenden Beträge mit Schreiben vom 28. September 1992 nochmals an.
Die Kläger behaupten, sie seien von der Beklagten mit der Erbringung sämtlicher Architektenleistungen für den Anbau an dem … Supermarkt beauftragt worden. Sie vertreten die Ansicht, daß sie eine prüffähige Kostenrechnung entsprechend den Anforderungen der DIN 276 erstellt hatte, nach welchen sie die Leistungsphasen 1 – 7 gemäß § 15 HOAI abrechnen konnten.
Sie beantragen, die Beklagte zu verurteilen, ihr DM 22.940, 21 nebst 14 % Zinsen aus DM 8.759,52 seit dem 21. Oktober 1991 und aus 14.190,79 seit dem 2. Oktober 1992 zu zahlen, zuzüglich DM 11,50 an Nebenkosten.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie rügt zunächst die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Wuppertal, wobei sie darauf hinweist, daß es sich bei der Beklagten um eine juristische Person niederländischen Rechts mit Geschäftssitz in Rotterdam/Niederlanden handelt. Herr … sei im übrigen nicht wie von den Klägern behauptet – Inhaber, sondern nur einer von zwei Gesellschaftern der Beklagten. Jedenfalls sei er nicht Geschäftsführer.
Die Beklagte behauptet, sie unterhalte in Wuppertal auch keine Niederlassung der Filiale. Sie vertritt des weiteren die Ansicht, sie habe auch keinen Rechtsschein dahingehend gesetzt, daß sie in Wuppertal eine Niederlassung unterhalte. Der Umstand, daß von einem Gesellschafter aus Geschäftsräumen in Wuppertal ein bestimmtes Geschäft abgewickelt wurde, führe nicht zu dem Rechtsschein einer Niederlassung. Dies werde insbesondere auch dadurch belegt, daß die Beklagte sich immer nur c/o Herr … auswies. Im übrigen behauptet sie, der an die Kläger erteilte Auftrag sei auf die Leistungsphasen Grundlagenermittlung und Vorplanung beschränkt gewesen. Darüber hinausgehende Leistungen hätten die Kläger auch gar nicht erbracht. Desweiteren vertreten sie die Ansicht, daß die Kläger nicht eine den Anforderungen der DIN 176 entsprechende Schlußrechnung vorgelegt hätten.
Die Kläger treten der Rüge der Unzuständigkeit des Landgerichts entgegen, wobei sie u.a. darauf hinweisen, daß Herr … als Vertreter der Beklagten für alle an dem geplantem Bauvorhaben Beteiligten in Wuppertal unter der Adresse … zu erreichen war.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als unzulässig abzuweisen, da es dem angerufenen Landgericht Wuppertal an der internationalen Zuständigkeit fehlt.
I. Insoweit kann es dahinstehen, ob die Klage nicht schon wegen fehlender Prozessfähigkeit der Beklagten unzulässig ist. Bei der Beklagten handelt es sich um eine B.V., das heißt um eine juristische Person niederländischen Rechts. Die Prozessfähigkeit des Ausländers wird unmittelbar nach dem Heimatrecht bestimmt (vgl. Schack, Internationales Zivilprozeßrecht, 1991, Rn. 535). Das Gericht geht insoweit davon aus, daß ein B.V., die der deutschen GmbH ähnelt, nach den einschlägigen Vorschriften des niederländischen Zivilprozeßrechts bzw. Gesellschaftsrechts prozeßfähig ist. Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, daß in der Klageschrift die gesetzlichen Vertreter bzw. vertretungsberechtigten Organe der Beklagten nicht angegeben wurden. Das Fehlen der Angabe des gesetzlichen Vertreters bei partei- und prozeßfähigen Personen ist entbehrlich (vgl. Zöller-Stephan, ZPO, 18. Aufl. 1993, Rn. 8 zu § 253).
II. Das Landgericht Wuppertal ist für die vorliegende Klage international nicht zuständig, so daß die Klage unzulässig ist.
1. Für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte sind vorrangig vor den autonomen deutschen Zuständigkeitsvorschriften die bi- bzw. multilateralen Staatsverträge als Rechtsquelle heranzuziehen. Da sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Niederlanden dem Brüssler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (BGBl. 1972 II, S. 774) in der Fassung des 2. Beitrittsübereinkommens vom 25. Oktober 1982 (BGBl. 1988 II, S. 453) beigetreten sind, sind die Zuständigkeitsvorschriften des EuGVÜ anzuwenden.
2. a) Da die Beklagte ihren Hauptsitz in Rotterdam/Niederlande hat, kann die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht aus Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ hergeleitet werden.
b) Auch die Anwendung des Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ führt nicht zur internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichten.
aa) Nach dieser Vorschrift kann eine – auch juristische – Person in einem anderen als dem Wohnsitzstaat, wenn es sich um sich um Streitigkeiten aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung, einer Agentur oder einer sonstigen Niederlassung handelt, vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem sich diese befindet. Die Voraussetzungen für eine (Zweig-) Niederlassung oder Agentur im Sinne des Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ sieht das Gericht bereits nach dem unstreitigen Tatsachenvortrag nicht als gegeben an.
Das Tatbestandsmerkmal „Niederlassung“ in Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ ist – trotz weitgehender Übereinstimmung mit der nationalen Regelung des § 21 ZPO – vertragsautonom auszulegen (vgl. Linke, Der „kleineuropäische Niederlassungsgerichtsstand“ (Art. 5 Nr. 5 GVÜ), Iprax 1982, S. 46).
Nach den von EuGH entwickelten Kriterien ist eine Niederlassung im sinne des Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ „bei einem Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit gegeben, der auf Dauer als Außenstelle eines Stammhauses hervortritt, der eine Geschäftsführung hat und sachlich so ausgestattet ist, daß er in einer Weise mit Dritten geschäftlich verkehren kann, daß diese, obgleich sie wissen, daß möglicherweise ein Rechtsverhältnis mit dem im Ausland ansässigen Stammhaus begründen wird, sich nicht unmittelbar ab dieses zu wenden brauchen, sondern Geschäfte an dem Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit abschließen können, der dessen Außenstellen ist“ (vgl. EuGH RIW/AWD 1979, 56, 57; hierzu auch Kronke, Der Gerichtsstand nach Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ – Ansätze einer Zuständigkeitsordnung für grenzüberschreitende Unternehmensverbindungen, Iprax 1989, 81, 82; ebenso Münchener Kommentar-Gottwald, ZPO, Bd. 3, 1992, Rn. 40 zu Art. 5 EuGVÜ).
Der Insoweit unstreitige Sachverhalt läßt allenfalls den Schluß zu, daß sich in Wuppertal bei dem Gesellschafter der Beklagten, Herrn … lediglich eine Kontakt- bzw. Anlaufadresse der Beklagten befindet; alle wesentlichen Faktoren für die Annahme einer Niederlassung der Beklagten in Wuppertal im sinne der oben wiedergegebenen Auslegung des Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ liegen jedoch nicht vor.
(1) Weder läßt sich dem Sachverhalt entnehmen, daß die Beklagte bzw. eine Außenstelle der Beklagten in Wuppertal unter der Adresse … eine Geschäftstätigkeit von gewisser Selbstständigkeit betreibt (vgl. zum Kriterium der Selbständigkeit auch Münchener-Kommentar-Patzina, ZPO, Bd. 1, Rn. 9 zu § 21). Noch kann festgestellt werden, daß von Wuppertal eine „ständige“ und auf „Dauer“ ausgerichtete Geschäftstätigkeit der Beklagten ausgeht (hierzu Münchener-Kommentar, aaO, Rn. 10).
Richtig ist zwar insoweit, daß es nicht auf die tatsächliche Selbständigkeit der Niederlassung ankommt, sondern auf den nach außen gelangenden Anschein einer „selbständigen“ Niederlassung (vgl. Zöller-Vollkommer, aaO Rn. 8 zu § 21). Aber auch einen solchen Anschein einer selbständigen Niederlassung in Wuppertal hat die Beklagte nach Überzeugung des Gerichts nicht erzeugt.
(2) Für einen solchen Anschein könnte allein der Umstand sprechen, daß der offenbar als Vertreter für die Beklagte handelnde Herr … in Wuppertal Geschäftsräume unterhält und Korrespondenz an die Beklagte unter der Adresse c/o … Wuppertal gerichtet wurde. Weiterhin war auf dem Firmenstempel der Beklagten, die diese auf dem Bauantrag verwandte, ebenfalls die „c/o“ Adresse in Wuppertal enthalten. Dies genügt jedoch nach Ansicht des Gerichts nicht zur Begründung des Rechtsscheins einer Niederlassung, der zu einer Zuständigkeit des Landgerichts Wuppertal nach Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ führt.
Entgegen der von den Klägern vertretenen Ansicht kann gerade der „c/o“-Zusatz als Beleg gegen die Annahme einer Niederlassung oder eine dahingehenden Rechtsscheins angeführt werden. Die Abkürzung c/o steht für care of und kann in der deutschen Sprache mit „per Adresse, zu Händen, bei“ gleichgestellt werden (vgl. Meyer, Neues Lexikon, Bd. 2, 1979, S. 134). Wird dieser allgemein gebräuchliche Bedeutungsgehalt dieser Abkürzung mitberücksichtigt, konnten die Kläger berechtigter Weise nicht davon ausgehen, daß unter dieser c/o-Adresse eine selbständige Niederlassung der in den Niederlanden beheimateten Beklagten, worauf der Zusatz „Rotterdam“ unmißverständlich deutlich macht, auf Dauer ausgerichtete Geschäftsaktivitäten entwickelt hat.
Vielmehr lag für die Kläger der Gedanke nahe, daß unter der Adresse in Wuppertal die Beklagte über den Herrn … als deren Vertreter oder Kontaktperson zu erreichen ist.
bb) Nach alledem ist der Sachvortrag der Kläger nicht ausreichend für die Annahme einer Niederlassung der Beklagten in Wuppertal: die internationale Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ liegt damit nicht vor.
Nachdem das Gericht bereits mit Beschluß vom 21. Mai 1993 auf die Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit hingewiesen hatte und der diesbezügliche erweiterte Sachvortrag ebenfalls nicht ausreichend war, erübrigte sich ein nochmaliger Hinweis des Gerichts.