Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Bezahlung des Kaufpreises für gelieferte Computerteile in Anspruch.
Aufgrund eines Faxbriefes der Beklagten vom 10.07.1991, der 11 Einzelpositionen enthielt, lieferte die Klägerin jene 5 Computerteile aus, die die Beklagte in ihrem Faxbrief mit Preisangabe bestellt hatte. Die Klägerin stellte der Beklagten die gelieferten Teile unter dem 24. und 30.07.1990 mit insgesamt US$ 23.150,– in Rechnung.
Die Klägerin behauptet, die Parteien hätten lediglich über die von ihr gelieferten Computerteile einen Kaufvertrag geschlossen. Selbst für den Fall eines Vertrages über sämtliche im Faxbrief der Beklagten aufgeführten Teile handele es sich bei der Teilieferung um eine unerhebliche Vertragsverletzung die zudem von der Beklagten nicht ordnungsgemäß gerügt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
wie zuerkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, die Parteien hätten einen Kaufvertrag über sämtliche von ihr im Faxbrief vom 10.07.1991 genannten Teile geschlossen. Die Lieferung lediglich eines Teils der Ware stelle eine erhebliche Vertragsverletzung durch die Klägerin dar, die zu der mit der Klageerwiderung erklärten Aufhebung des Gesamtvertrages berechtigt habe.
Im übrigen haben sie die Vertragsverletzung ordnungsgemäß gerügt und die Aufhebung des Vertrages innerhalb der im UN-Kaufrecht vorgesehenen Fristen erklärt. Demnach stehe ein Anspruch auf Kaufpreiszahlung nicht mehr zu.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
1. In der Hauptsache hat die Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte auf Kaufpreiszahlung gemäß Art. 53 UN-KaufR (CISG). Das Wiener UN-Übereinkommen über den internationalen Warenkauf vom 11.04.1980, das auf den vorliegenden Sachverhalt Anwendung findet, ist in den USA seit 01.01.1988 und in der Bundesrepublik Deutschland seit 01.01.1991 geltendes Recht.
Es kann für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits letztlich offen bleiben, ob die Parteien einen Vertrag lediglich über die ersten fünf Positionen des Faxbriefes vom 10.07.1991 schlossen oder ob dieser Vertrag später auf alle elf Elemente der ursprünglichen Anfrage ausgeweitet wurde. Denn auch im zweiten Falle war die Beklagte aufgrund einer dann vorliegenden Teillieferung der Klägerin nicht berechtigt, den Vertrag insgesamt gemäß Art. 45 Abs. 1 a, 49 UN-KaufR. aufzuheben.
Selbst wenn unterstellt würde, daß die Beklagte durch den als Zeugen benannten M. E. der Klägerin gemäß Art. 49 Abs. 1b UN-KaufR. eine Nachfrist gesetzt und nach deren Verstreichen gemäß Art. 49 Abs. 2b II UNKaufR. innerhalb einer angemessenen Frist der Klägerin mitgeteilt hat, sie wolle nun vom Vertrag abstehen, liegt dennoch keine rechtmäßige Aufhebung des Gesamtvertrages vor. Diese setzt nämlich gemäß Art. 51 Abs. 2 UN-KaufR. voraus, daß die Teillieferung der Klägerin gleichzeitig eine wesentliche Vertragsverletzung des Gesamtvertrages darstellt. Diese Voraussetzung ist jedoch bei Würdigung aller Umstände im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Der Begriff der wesentlichen Vertragsverletzung wird in Art. 25 UN-KaufR. legal definiert. Danach müßte der Beklagte ein Nachteil entstanden sein, der zur Folge hat, daß ihr entgeht, was sie nach dem Vertrage hätte erwarten dürfen. Insbesondere muß der Zweck, den der Käufer mit dem Kauf der Ware verfolgte und der sich zumindest mittelbar auch aus dem Vertrag ergeben muß, infolge der Vertragsverletzung des Verkäufers nicht mehr erreichbar sein (Reinhart, UN-KaufR. 1991, Art. 25 Rn. 5, 6). Um trotzdem das Erreichen des Vertragszwecks zu gewährleisten, ist bei Vertragsverletzungen des Verkäufers dem Käufer auch eine mögliche Ersatzbeschaffung zuzumuten (Herber-Czerwenka, Internationales Kaufrecht, Art. Rn. 7, für den Fall des Qualitätsmangels; dieser Gedanke muß jedoch auch beim hier vorliegenden Quantitätsmangel Anwendung finden). Schließlich kann der Käufer eventuelle Mehrkosten aus einer Ersatzbeschaffung gemäß Art. 74 UN-KaufR. als Verzugsschaden gegenüber dem Verkäufer geltend machen.
Vorliegend wollte die Beklagte die bestellten Computerteile nach ihrem Vorbringen zur Erfüllung eines Auftrags der Firma M. GmbH, Wien, verwenden. Dieses Vertragsverhältnis wurde ebenfalls im Juli 1991 begründet; Fälligkeit der Leistung der Beklagten sollte jedoch erst im Oktober 1991 eintreten. Aus einem Schreiben der Beklagten vom 11.08.1991 ist indessen ersichtlich, daß die Beklagte bereits Anfang August aufgrund einer Ersatzbeschaffung, zu der sie – wie ausgeführt – rechtlich verpflichtet war, in Besitz der fehlenden Computerteile war, daß sie also in der Lage war, ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der M. GmbH zu erfüllen. Der erst im Januar 1992 erfolgte Rücktritt der M. GmbH von dem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag – und somit die Nichterreichung des von der Beklagten angestrebten Zwecks – war demnach offensichtlich nicht die Folge der Vertragsverletzung der Klägerin, da die Beklagte über alle zur Erfüllung des ihr erteilten Auftrags erforderlichen Computerteile verfügte.
Demnach liegt eine wesentliche Vertragsverletzung seitens der Klägerin im Sinne des Art. 25 UN-KaufR. nicht vor, so daß eine Aufhebung des Gesamtvertrages nach Art. 51 Abs. 2 UN-KaufR. durch die Beklagte nicht möglich war.
Der Kaufpreisanspruch der Klägerin besteht daher gemäß Art. 53 UN-KaufR. in der geltend gemachten und unbestrittenen Höhe.
Die Ersetzungsbefugnis der Beklagten zur Zahlung in inländischer Währung beruht auf § 244 BGB, der mangels einer Regelung des UN-KaufR. über Art. 34 EGBGB anwendbar bleibt.
Der Zinsanspruch der Klägerin beruht auf Art. 78 UN-KaufR. Zwar regelt diese Vorschrift nicht die Höhe des Zinsfußes. Nach herrschender Auffassung ist dieser nach den Sachvorschriften des Landes zu ermitteln, das nach den Internationalen Privatrecht des Gerichtsstaates grundsätzlich zur Anwendung käme, wenn das UN-KaufR. nicht einschlägig wäre (Reinhart, aaO, Art. 78 Rn. 5). Vorliegend ist davon auszugehen, daß die Parteien das Recht des Staates des Sitzes der Klägerin gewählt haben. Es ist jedoch weiter davon auszugehen, daß im US-Bundesstaat Massachusetts kein geringerer Zinsfuß als derjenige von 4 % gilt. Der Zeitpunkt des Zinslaufes ergibt sich aus dem Ablauf der zum 21.02.1992 gesetzten Zahlungsfrist.
2. Auch der geltend gemachte Feststellungsantrag ist zulässig und begründet.
Eine Leistungsklage ist wegen der Unsicherheit des am Tage der Zahlung bestehenden Umtauschkurses und der damit zusammenhängenden Schadenshöhe derzeit nicht möglich, so daß eine Feststellungsklage geboten ist (§ 256 ZPO). Sachlich macht die Klägerin den Verzugsschaden geltend, der ihr gemäß Art. 45, 74 UN-KaufR. zusteht.