Der Beklagte beabsichtigte, von der Klägerin drei Eintrittskarten für das Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft 1990 in Rom zu erwerben. Ob der Beklagte der Bruder des Fußball-Nationalspielers L M ist oder sich gegenüber der Klägerin jedenfalls als Bruder dieses Spielers ausgegeben hat, ist zwischen den Parteien streitig.
Nach – in ihren Einzelheiten streitigen – Gesprächen kamen die Parteien überein, daß der Beklagte am Tage des Endspiels von einem Mitarbeiter der Klägerin in Rom drei Eintrittskarten in Empfang nehmen und hierfür DM 3.250,– je Karte bezahlen solle. Seiner Behauptung zufolge hat der Beklagte versucht, das Büro der Klägerin in Rom aufzusuchen, es aber nicht gefunden. Der Taxifahrer sei immer im Kreis gefahren.
Der Beklagte trägt vor, er habe am Abend des Endspiels an der Stadionkasse drei Eintrittskarten der ersten Kategorie zum Preise von (umgerechnet) DM 337,– je Karte erworben. Mit der Klage nimmt die Klägerin ihn auf Zahlung eines Entgelts für die drei ihrer Behauptung zufolge in ihrem Büro an der Piazza del l'Esquilino in Rom am Tage des Endspiels für den Beklagten bereitgehaltenen Karten in Höhe von (3 x DM 3.250,– =) DM 9.750,– in Anspruch.
Das Landgericht hat den Beklagten – unter Abweisung eines Teils der von der Klägerin beanspruchten Zinsen – zur Zahlung von DM 9.750,– nebst 4 % Zinsen seit dem 16.08.1990 an die Klägerin verurteilt. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung.
Er behauptet, ein Vertrag zwischen den Parteien habe absprachegemäß erst in Rom geschlossen werden sollen. Da er, der Beklagte, dort den Mitarbeiter der Klägerin nicht getroffen habe, fehle es – so meint der Beklagte – bereits an einem anspruchsbegründenden Vertrag zwischen den Parteien. Zudem sei ein etwaiger Vertrag wegen der Höhe des von der Klägerin geforderten Entgelts sittenwidrig und daher nichtig. Der Beklagte erhebt ferner die Einrede des nicht erfüllten Vertrages und bestreitet, daß die Klägerin in ihrem Büro überhaupt Eintrittskarten für ihn bereit gehalten habe.
In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat haben die Parteien übereinstimmend erklärt, daß der Rechtsstreit nach deutschem Recht beurteilt werden solle. Der Senat hat über die Frage, ob am Tag des Endspiels um 16.00 Uhr im Büro der Klägerin in Rom die Endspielkarten zur Abholung für den Beklagten bereits gelegen haben, durch Vernehmung des Zeugen Co. Beweis erhoben.
Von der Darstellung aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Landgericht hat ihn zu Recht verurteilt, an die Klägerin DM 9.750,– zu zahlen. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch in dieser Höhe gemäß § 433 Abs. 2 BGB zu.
Die Rechtsbeziehungen der Parteien richten sich nach deutschem Recht. Das ergibt sich bereits daraus, daß die Parteien ihre vertraglichen Beziehungen durch übereinstimmende Erklärungen ihrer Prozeßbevollmächtigten im Termin vom 02.10.1991 vor dem erkennenden Senat deutschem Recht unterstellt haben. Eine solche nachträgliche Rechtswahl ist wirksam, Art. 27 Abs. 1 und 2 EGBGB. Es bedarf daher hier keiner weiteren Darlegung, daß und warum im Streitfall auch ohne diese Rechtswahl deutsches materielles Recht anzuwenden gewesen wäre.
Als deutsches Recht ist hier das Recht des bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Das Einheitliche Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen vom 17.07.1973 (EKG) ist im Streitfall nicht anwendbar. Nach Art. 1 Abs. 1 und 2 EKG setzt die Anwendung dieses Gesetzes nämlich voraus, daß die Vertragsparteien ihre Niederlassung bzw. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet verschiedener Vertragsstaaten haben. Das ist hier nicht der Fall. Der Wohnsitz des Beklagten wie der Sitz der Klägerin liegen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Darauf, daß Italien seit dem Ablauf des 31.12.1987 nicht mehr Vertragsstaat im Sinne des Art. 1 EKG ist (vgl. Martiny in: Münchener Kommentar zum BGB, 2. Aufl. 1990, Art. 28 EGBGB, Anh. I, Rn. 5 mit weit. Nachw.), kommt es daher hier nicht an.
Das Vertragsgesetz zum Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 11.04.1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) ist in Deutschland erst zum 01.01.1991 in Kraft getreten. Zudem setzt auch das CISG nach seinem Art. 1 Abs. 1 lit. a) voraus, daß die Parteien ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben. Das ist hier nicht der Fall.
Nach deutschen Recht ist die Eintrittskarte zu einer Sportveranstaltung ein sog. „kleines“ Inhaberpapier gemäß § 807 BGB (vgl. VGH München, NJW 1978, 2052, 2053; Hüffer in: Münchener Kommentar, aaO, 2. Aufl. 1986, § 807, Rn. 10; Palandt/Thomas, BGB, 50. Aufl. 1991, § 807, Rn. 3; Soergel/Welter, BGB, 11. Aufl. 1985, § 807, Rn. 3, lit. b; Staudinger/Marburger, BGB, 12. Aufl. 1986, § 807, Rn. 5). Der schuldrechtliche Vertrag, aufgrund dessen der künftige Zuschauer die Karte gegen Entgelt von einem anderen als dem Veranstalter erwirbt, ist ein Kaufvertrag, und zwar – im wesentlichen – Rechtskauf (vgl. Palandt/Putzo, aaO, § 433, Rn. 2, lit. b bb; ders. § 437, Rn. 11 ff.; Staudinger/Köhler, BGB, 12. Aufl. 1978, § 433, Rn. 14, lit. c). Im Streitfall ist zwar § 807 BGB unanwendbar, weil sich die Rechtsbeziehungen zwischen dem Karteninhaber und dem Veranstalter des Endspiels zur Fußball-Weltmeisterschaft 1990 nicht nach deutschem, sondern nach italienischem Recht richten. An Charakter des Vertrages zwischen den Parteien über die Veräußerung und Lieferung von drei Eintrittskarten der ersten Kategorie für dieses Endspiel ändert das indes nichts.
Entgegen der im Berufungsrechtszug von dem Beklagten vertretenen Auffassung ist ein Kaufvertrag über drei solche Eintrittskarten zum Stückpreis von DM 3.250,– – noch vor dem Abflug des Beklagten nach Rom – in den Geschäftsräumen der Klägerin in Köln zustande gekommen. Im Tatbestand des angefochtenen landgerichtlichen Urteils ist folgender Sachverhalt als unstreitig festgestellt:
“Ein Mitarbeiter der Beklagten erklärte..., 3 Eintrittskarten... zu einem Preise von 3.250,- je Karte beschaffen zu können. Der Beklagte war bereit, diesen Preis zu zahlen und bestellte daraufhin 3 Karten zu dem genannten Preis. Es wurde ferner vereinbart, daß der Beklagte die Karten beim Deutschen Reisebüro in Rom abholen und bezahlen sollte.“
Der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils liefert Beweis für das Vorbringen der Parteien im ersten Rechtszug, § 314 Satz 1 ZPO. Dieser Beweis kann nach § 314 Satz 2 ZPO nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden, das hier keine Feststellungen enthält, die der vorstehend zitierten Darstellung widersprechen. Einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes (§ 320 Abs. 1 ZPO) durch das Landgericht hat der Beklagte nicht gestellt. Es steht daher fest, daß zwischen den Parteien im ersten Rechtszug unstreitig gewesen ist, daß der Beklagte schon vor seinem Abflug nach Rom bei der Klägerin drei Karten zum Preise von jeweils DM 3.250,– „bestellt“ hat. In der Einigung, diese Karten in Rom abzuholen und zu bezahlen, lag der Abschluß eines entsprechenden Kaufvertrages zwischen den Parteien.
Der Senat kann offen lassen, ob der Beklagte mit seiner im Termin vor dem Landgericht am 29.11.1990 protokollierten Erklärung, es sei richtig, daß er die Karten zum Preise von DM 3.250,– bestellt habe, den entsprechenden Vortrag der Klägerin mit der Folge zugestanden hat, daß er an dieses Geständnis gemäß §§ 288, 532 ZPO auch im Berufungsrechtszug gebunden ist. Denn jedenfalls hat der Beklagte – worauf der Senat im Verhandlungstermin hingewiesen hat – den entsprechenden Vortrag der Klägerin auch im zweiten Rechtszug nicht hinreichend substantiiert bestritten.
Der Beklagte räumt ein, daß mit der Klägerin abgesprochen war, daß er die Karten in Rom entgegen nehmen und bar – mit DM 3.250,– je Stück – bezahlen sollte. Sein Hinweis, bei dieser am 07.07.1990 betroffenen Absprache sei deshalb noch kein Kaufvertrag geschlossen worden, weil er das – von ihm mitgeführte – Bargeld der Klägerin noch nicht übergeben habe, ist nicht berechtigt. Die sofortige Erfüllung der beiderseitigen kaufvertraglichen Verpflichtungen ist nicht Voraussetzung für den Abschluß eines Kaufvertrages. Daß der Beklagte den Kaufpreis erst Zug um Zug gegen Übergabe der Karten, die sich in Rom befanden, entrichten sollte und wollte, spricht daher nicht gegen den Abschluß eines Kaufvertrages schon am 07.07.1990 in Köln.
Daß der Vertrag der Parteien (schon) bei dieser Gelegenheit geschlossen worden ist, ergibt sich aus der Interessenlage. Der Kläger wollte ersichtlich nur – mit zwei Begleitern – nach Rom fliegen, wenn sichergestellt war, daß dort die Karten für das Endspiel bereitgehalten wurden. Diesem Interesse hätte zwar ebenso wie durch den Abschluß eines Kaufvertrages auch durch eine – nur die Klägerin einseitig bindende – Reservierungsvereinbarung Rechnung getragen werden können. Eine solche einseitige Bindung widersprach aber dem erkennbaren Interesse der Klägerin. Das Endspiel fand am Abend des 08.07.1990 statt. Wenn sie die Karten bis zum Nachmittag des 08.07.1990 für den Beklagten bereithalten mußte, hätte die Klägerin sie schwerlich anderweitig absetzen können, wenn der Beklagte sie dann doch nicht erwerben sollte. Auch aus der Sicht des Beklagten konnte daher die Absprache, daß er die Karten am 08.07.1990 bei einem Mitarbeiter der Klägerin gegen Zahlung von DM 3.250,– je Karte abholen werde, mangels ausdrücklicher abweichender Erklärungen nur als eine beide Seiten bindende Absprache, als Abschluß eines Kaufvertrages über die in Rom zu übergebenden und zu bezahlenden Eintrittskarten angesehen werden. Dafür, daß ein hiervon abweichendes Einvernehmen erzielt worden wäre, ist nichts substantiiert dargetan.
Darauf, ob schon vor dem 07.07.1990 ein Vertrag zwischen den Parteien – mit dem Inhalt, daß die Karten in K bereit gehalten und an den Beklagten übergeben werden sollten – zu Stande gekommen ist, kommt es nicht an.
Denn eine etwa getroffene derartige Vereinbarung ist jedenfalls am 07.07.1990 einvernehmlich dahin geändert worden, daß der Beklagte die Karten (erst) in Rom in Empfang nehmen solle.
Der Kaufvertrag zwischen den Parteien ist nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB unwirksam. Gegen ein deutsches Verbotgesetz verstieß der Vertrag der Parteien nicht. Der Entscheidung des VGH München vom 14.02.1978 (NJW 1978, 2052 ff.) liegt ein von der hier gegebenen Fallgestaltung abweichender Sachverhalt zu Grunde. Dort ist die Veräußerung von Eintrittskarten für das Endspiel zur Fußball-Weltmeisterschaft 1974 zum Preise von DM 600,– statt zum offiziellen Preise von DM 30,– je Karte nur unter dem – hier nicht einschlägigen – Gesichtspunkt beanstandet worden, daß der Verkauf dieser Eintrittskarten in der Schalterhalle des Hauptbahnhofs München gegen das Verbot verstieß, Wertpapiere im Reisegewerbe zu vertreiben.
Dafür, daß der Vertrag der Parteien gegen italienisches Recht verstoßen könnte, ist nichts dargetan oder sonst ersichtlich. Ein Verstoß gegen ein ausländisches Verbotsgesetz kann zudem nur zur Nichtigkeit des Vertrages führen, wenn das Recht des Landes, gegen das verstoßen wird, das Vertragsstatut bildet (vgl. Soergel/Hefermehl, BGB, 12. Aufl. 1988, § 134, Rn. 9; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl. 1980, § 134, Rn. 35). Der Vertrag der Parteien unterliegt aber – wie oben ausgeführt ist – deutschem Recht. Auf einen solchen deutschem Recht unterliegenden Vertrag kann sich ein etwaiger Verstoß gegen ein ausländisches Verbotsgesetz nur mittelbar auswirken, nämlich nur dann, wenn er zur Unmöglichkeit der Vertragserfüllung führt oder den Vorwurf der Verletzung der guten Sitten (§ 138 BGB) rechtfertigt (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO, § 134, Rn. 2; Soergel/Hefermehl, aaO, § 134, Rn. 9; jeweils mit weit. Nachw. aus der Rechtsprechung). Ein solcher Fall ist hier indes nicht gegeben.
Dafür, daß die Erfüllung des Vertrages – bis zum Beginn des Endspiels – unmöglich gewesen wäre, spricht nichts.
Der Vertrag der Parteien ist auch nicht nach § 138 BGB nichtig. Wegen Wuchers nach § 138 Abs. 2 BGB nichtig ist ein Rechtsgeschäft, durch das sich jemand für eine Leistung unter Ausnutzung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen Vermögensvorteile versprechen oder gewähren läßt, die in auffälligem Mißverhältnis zu der Leistung stehen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.
Schon ein auffälliges Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung kann nicht festgestellt werden. Zwar überstieg der zwischen den Parteien vereinbarte Preis von DM 3.250,– den Eintrittskartenpreis für das WM-Finale am 08.07.1990 deutlich, der in der Anlage zu dem vom Beklagten im Verhandlungstermin vorgelegten Schreiben des Deutschen Fußball-Bundes vom 27.09.1991 angeführt ist. Nach dieser Anlage betrug der Preis für eine Karte der ersten Kategorie DM 323,- zuzüglich einer Vorverkaufsgebühr von DM 32,-, zusammen also DM 355,–. Hierauf kann indes nicht abgestellt werden. Das Schreiben des Deutschen Fußball-Bundes gibt lediglich den Preis an, zu dem Karten aus dem (beschränkten) Kartenkontingent abgegeben wurden, das ihm – ebenso wie zahlreichen anderen Fußballverbänden der teilnehmenden Nationen – zur Verfügung gestellt worden war. Dafür, daß Karten aus diesem Kontingent im hier maßgeblichen Zeitraum – einige Tage vor dem Endspiel – noch hätten erworben werden können, ist nichts dargetan oder sonst ersichtlich. Es kann daher nicht festgestellt werden, daß es sich bei dem mit dem Schreiben des Deutschen Fussball-Bundes vom 27.09.1991 mitgeteilten „offiziellen“ Abgabepreis um den „Marktpreis“ für solche Eintrittskarten im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 07.07.1990 handelt. Auf diesen „Marktpreis“ kommt es indes an. Es ist nicht ungewöhnlich, daß sich für knappe Güter – seien es Gemälde, am Postschalter nicht mehr erhältliche Briefmarken oder eben Eintrittskarten für eine nicht beliebig wiederholbare Veranstaltung – ein Marktpreis herausbildet, der ein Vielfaches des ursprünglichen Abgabepreises beträgt, ohne daß hierauf der Vorwurf des Wuchers gestützt werden könnte. Ein auffälliges Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung kann in einem solchen Fall vielmehr erst angenommen werden, wenn der geforderte (oder versprochene) Preis den „Marktpreis“ für die Leistung deutlich übersteigt. Diesen „Marktpreis“ hat der Beklagte nicht angegeben. Dies wirkt sich zu seinen Lasten aus. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 138 BGB trifft die Partei, die sich auf die Unwirksamkeit des Vertrages wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten bzw. wegen Wuchers beruft (vgl. BGHZ 53, 369, 379; BGH NJW 1974, 1821; BGH NJW 1979, 2989; Palandt/Heinrichs, aaO, § 138, Rn. 23).
An den vorstehenden Feststellungen ändert die unter Beweis gestellte Behauptung des Beklagten nichts, er habe am Abend des 08.07.1991 an der Stadionkasse drei Eintrittskarten der ersten Kategorie für das Endspiel zum Preise von (umgerechnet) DM 337,– je Karte erwerben können. Diese Behauptung kann als zutreffend unterstellt werden und veranlaßt daher keine Beweisaufnahme. Nachdem die italienische Mannschaft im Halbfinale des Turniers ausgeschieden war und somit das Endspiel nicht erreicht hatte, kann es sein, daß mancher italienische Fußballfreund die für ihn reservierten Endspielkarten zurückgegeben oder nicht abgeholt hat. Dies kann – auch darauf hat der Senat im Verhandlungstermin bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage hingewiesen – dazu geführt haben, daß an der Abendkasse (wieder) Karten zum offiziellen Abgabepreis verfügbar waren, zumal nur wenige Interessenten „auf gut Glück“ nach Rom gereist sein dürften, um zu versuchen, dort noch an der Abendkasse Eintrittskarten für das Endspiel zu erwerben. Dafür, welcher Marktpreis sich – in den Tagen vor dem Endspiel – in Deutschland für garantiert verfügbare Karten herausgebildet hatte, besagt das nichts.
Abgesehen davon daß es somit schon an einem objektiven Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung fehlt, lassen sich im Streitfall auch die subjektiven Voraussetzungen des Wuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) nicht feststellen.
In einer „Zwangslage“ befand sich der Beklagte nicht. Er war durch nichts gehindert, vom Erwerb von Eintrittskarten bei der Beklagten abzusehen. „Unerfahrenheit“ im Sinne des § 138 Abs. 2 BGB ist ein Mangel an Lebens- oder Geschäftserfahrung (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO, § 138, Rn. 71; Soergel/Hefermehl, aaO, § 138, Rn. 79; jeweils mit weit. Nachw.). Dafür, daß diese Voraussetzung bei ihm erfüllt wäre, hat der für den Tatbestand des § 138 Abs. 2 BGB nach dem oben Gesagten darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nichts substantiiert vorgetragen.
„Mangelndes Urteilsvermögen“ ist gegeben, wenn der Betroffene nicht in der Lage ist, die beiderseitigen Leistungen richtig zu bewerten, sich durch vernünftige Beweggründe leiten zu lassen und die Vor- und Nachteile des Geschäfts zutreffend gegeneinander abzuwägen (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO, § 138, Rn. 72; Soergel/Hefermehl, aaO, § 138, Rn. 80; Staudinger/Dilcher, aaO, § 138, Rn. 103). Es kann Folge einer Verstandesschwäche des Handelnden wie einer besonderen Schwierigkeit des in Rede stehenden Geschäfts sein. Keiner dieser Fälle ist hier gegeben. Insbesondere ist der Erwerb von Eintrittskarten für ein Fußballspiel – auch wenn die Karten, wie hier, in Rom abgeholt werden sollten – kein in seiner Ausgestaltung und Abwicklung schwieriges Rechtsgeschäft, das nicht ohne weiteres verstanden und gemeistert werden konnte.
„Erhebliche Willenschwäche“ liegt dann vor, wenn der Betroffene zwar den Inhalt und die Folgen des Geschäfts durchschaut, sich aber wegen einer verminderten Widerstandsfähigkeit nicht sachgerecht zu verhalten vermag (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO, § 138, Rn. 73; Soergel/Hefermehl, aaO, § 138, Rn. 81; vgl. auch Schönke/Schröder/Stree, StGB, 24. Aufl. 1991, § 302 a, Rn. 27). Der Begriff der erheblichen Willensschwäche ist neben dem des mangelnden Urteilsvermögens 1976 an Stelle des bisherigen Tatbestandsmerkmals des Leichtsinns in § 138 Abs. 2 BGB eingefügt worden, um den zivilrechtlichen an den strafrechtlichen Wucherbegriff anzugleichen (vgl. Staudinger/Dilcher, aaO, § 138, Rn. 103 mit weit. Nachw.). Wie bei § 302 a Abs. 1 StGB kann daher auch bei § 138 Abs. 2 BGB das Tatbestandsmerkmal der erheblichen Willensschwäche nur dann bejaht werden, wenn der Schwächezustand in seiner Intensität den übrigen von der Norm erfaßten Schwächesituationen gleichkommt (vgl. BT-Drucks. 7/5291, S. 20; Schönke/Schröder/Stree, aaO). Das ist hier nicht der Fall. Daß „der Fußballbegeisterte wirtschaftlich eher zur Unvernunft neigt“, wie der Beklagte mit der Berufungsbegründung vortragen läßt, genügt hierfür nicht. Gerade im Hobby- und Freizeitbereich finden sich zahlreiche Aktivitäten, die mit einem erheblichen Kostenaufwand verbunden sind und demjenigen, der das jeweilige Interessengebiet nicht teilt, aber auch dem weniger Begüterten als durchaus unvernünftig erscheinen mögen. Es gibt „Fans“, die um den halben Erdball reisen, um – je nach Neigung und Interessengebiet – Boris Becker bei dem erhofften Sieg bei den offenen Tennismeisterschaften von Australien zuschauen oder Luciano Pavarotti in einer konzertanten Aufführung des „Othello“ in Chicago erleben zu können, ohne daß hieraus auf das Vorliegen einer erheblichen Willensschwäche im Sinne des § 138 Abs. 2 BGB geschlossen werden könnte. Schon Flugkosten von DM 1.586,– für die Reise des Beklagten und seiner Begleiter nach Rom sowie der offizielle Preis einer Eintrittskarte von DM 337,– oder DM 355,–, mögen einem nicht Fußballbegeisterten als unvernünftig erscheinen. Solche Einschätzung kann indes, soll die von Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Handlungsfreiheit (freie Entfaltung der Persönlichkeit) nicht unzulässig beeinträchtigt werden, nicht zum Maßstab der Beurteilung nach § 138 Abs. 2 BGB erhoben werden.
Der Vertrag der Parteien ist auch nicht nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Zwar kann dann, wenn ein objektives Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben ist, die Bejahung des Wuchertatbestandes aber am Fehlen der subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB scheitert, der Vertrag gleichwohl nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn neben das objektive Mißverhältnis als subjektives Merkmal eine verwerfliche Gesinnung des Gläubigers hinzutritt (vgl. Staudinger/Dilcher, aaO, § 138, Rn. 42 mit weit. Nachw.). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall indes nicht erfüllt.
Schon ein objektives Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung ist hier nach dem oben Gesagten nicht feststellbar. Auch der Vorwurf verwerflichen Handelns ist nicht gerechtfertigt. Es kann nicht als verwerflich angesehen werden, wenn sich die Klägerin – und sei es auf dem grauen oder schwarzen Markt – zu erhöhten Preisen Karten besorgt, um so Kartenwünsche von Fußballfreunden befriedigend zu können, die keine Karten aus dem (begrenzten) offiziellen Kontingent erhalten haben. Nach ihrer Darstellung hat die Klägerin selbst pro Karte SFr. 2.575,– aufwenden müssen. Das entspricht – bei einem Umrechnungskurs von 1,17 – einem Einstandspreis von DM 3.012,75 und läßt bei einem Abgabepreis von DM 3.250,– auch keine unangemessene Handelsspanne erkennen. Der Beklagte bestreitet zwar das Vorbringen der Klägerin zur Höhe des Einstandspreises. Darauf kommt es indes nicht an. Allein durch dieses Bestreiten wird der Vortrag der Klägerin nicht widerlegt, ein verwerfliches Handeln der Klägerin mithin nicht bewiesen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 138 BGB trifft, wie angeführt, den Beklagten.
Der Anspruch der Klägerin auf Bezahlung des vereinbarten Kaufpreises ist auch nicht dadurch entfallen, daß der Beklagte die Eintrittskarten bis zum Ende des Endspiels der Fußball-Weltmeisterschaft noch nicht erhalten hatte. Bei dem Vertrag der Parteien über den Kauf der Eintrittskarten handelte es sich um ein sog. „absolutes Fixgeschäft“. Mit dem Abpfiff des Schiedsrichters konnte der in den Eintrittskarten verbriefte Anspruch des Karteninhabers gegen den Veranstalter ebensowenig noch erfüllt werden wie die Verpflichtung der Klägerin aus dem Kaufvertrag der Parteien, dem Beklagten das Recht zu verschaffen, das Endspiel mit zwei weiteren Personen von den nummerierten Plätzen der ersten Kategorie zu verfolgen. Die Leistung war nicht nachholbar. Selbst eine Wiederholung des Spiels Deutschland gegen Argentinien wäre nicht das Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft 1990, sondern ein anderes Spiel. Mit dem Abpfiff des Schiedsrichters ist daher die Erfüllung des Kaufvertrages der Parteien – von der Übergabe des bloßen, mit der Eintrittskarte bedruckten Papierstücks, an der der Beklagte kein erkennbares Interesse hat, abgesehen – endgültig unmöglich geworden.
Die Rechtsfolgen solcher Unmöglichkeit beim absoluten Fixgeschäft richten sich nach §§ 275 ff., 323 ff. BGB (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO, § 271, Rn. 16 mit weit. Nachw.). Wird die dem einen Teil obliegende Leistung aus einem von ihm nicht zu vertretenden Umstand unmöglich, so verliert er nach § 323 Abs. 1 BGB den Anspruch auf die Gegenleistung. Etwas anders gilt nach § 324 Abs. 1, 2 BGB aber dann, wenn die Unmöglichkeit zu einem Zeitpunkt eintritt, zu welchem sich die andere Partei im Annahmeverzug befindet: In diesem Fall bleibt der Anspruch auf die Gegenleistung trotz der eingetretenen Unmöglichkeit bestehen.
So liegt es hier: Der Klägerin ist die Erfüllung ihrer Pflicht, dem Beklagten die Möglichkeit zu verschaffen, das Endspiel von den auf den Eintrittskarten bezeichneten Plätzen aus ansehen zu können, mit dem Abpfiff des Endspiels zu einem Zeitpunkt unmöglich geworden, zu dem sich der Beklagte in Annahmeverzug befunden hat. Die Klägerin ist daher zwar nach § 275 BGB von ihrer Leistungspflicht frei geworden, hat aber nach § 324 Abs. 2 BGB den Anspruch auf die vereinbarte Gegenleistung des Beklagten, den Kaufpreis in Höhe von (3 x DM 3.250,– =) DM 9.750,– behalten.
Nach § 293 BGB gerät der Gläubiger in Annahmeverzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Wenn der Gläubiger die geschuldete Leistung abzuholen hat, genügt hierfür ein wörtliches Angebot, § 295 Satz 1 BGB. Ihm steht nach § 295 Satz 2 BGB in diesem Fall die Aufforderung an den Gläubiger, die Sache abzuholen, gleich. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erfüllt.
Der Beklagte sollte die Eintrittskarten in Rom abholen. Diese Vereinbarung ist spätestens in einem Telefonat mit dem Zeugen C am 08.07.1990 dahin konkretisiert worden, daß der Beklagte die Karten in dem Büro der Klägerin an der Piazza del l'Esquilino 28/29, und zwar bis 16.00, abholen sollte. Sein ursprüngliches Bestreiten, daß die Klägerin dort ein Büro unterhalte, hat der Beklagte nach Vorlage einer Fotografie dieses Büros nicht aufrecht erhalten. Mit dieser telefonischen Vereinbarung sind Ort und Zeit des Abholens der Karten festgelegt worden. Damit war für die Handlung des Beklagten im Sinne des § 295 BGB, das Abholen der Karten, eine genaue Zeit bestimmt, so daß es zur Begründung des Annahmeverzuges nach § 296 BGB eines Angebots nur bedurft hätte, wenn der Kläger zur vereinbarten Zeit am Büro der Klägerin erschienen wäre. Dies ist unstreitig nicht geschehen. Der Beklagte ist daher mit dem Ablauf der vereinbarten Zeit in Annahmeverzug geraten. Darauf, weshalb der Beklagte nicht in dem Büro der Klägerin erschienen ist, kommt es nicht an. Der Annahmeverzug setzt kein Verschulden des Gläubigers voraus (vgl. statt aller: Palandt/Heinrichs, aaO, § 293, Rn. 1). Es ist deshalb unerheblich, ob er – wie die Klägerin mutmaßt – die Karten deshalb nicht abgeholt hat, weil er inzwischen eine preisgünstigere Gelegenheit zum Erwerb von Eintrittskarten für das Endspiel entdeckt hatte, oder ob es ihm nicht gelungen ist, das an der Piazza del L'Esquilino – ausweislich des von der Klägerin in Kopie vorgelegten Stadtplans in der Nähe des Hauptbahnhofs (Roma Termini) – gelegene Büro der Klägerin zu finden.
Der Gläubiger kommt allerdings dann nicht in Annahmeverzug wenn der Schuldner (hier: die Klägerin) zum Zeitpunkt, der für die Handlung des Gläubigers (hier: für das Abholen der Karten) bestimmt ist, außerstande ist, die Leistung zu bewirken, § 297 BGB. Annahmeverzug wäre somit nicht eingetreten, wenn die Klägerin die Eintrittskarten zu dem vereinbarten Zeitpunkt nicht in ihrem Büro vorrätig gehalten hätte. Dies kann indes nicht festgestellt werden. Im Gegenteil: Nach der überzeugenden Bekundung des Zeugen C hat dieser die Karten bis gegen 16.30 Uhr im und sodann bis gegen 16.45 Uhr vor dem Büro der Klägerin bereit gehalten und sich danach zum Stadion begeben, die Karten aber einem Mitarbeiter im Büro der Klägerin ausgehändigt mit der Weisung, sie dem Beklagten – gegen Barzahlung – zu übergeben, sofern er noch erscheinen sollte. Der Senat hat keinen Zweifel an der Richtigkeit der Bekundung des Zeugen C. Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin die Eintrittskarten nicht für den Beklagten bereit gehalten hätte, sind nicht ersichtlich und werden auch von dem Beklagten, der unstreitig nicht bei dem Büro der Klägerin erschienen ist, also entsprechende Feststellungen nicht hat treffen können, nicht vorgetragen. Jedenfalls aber ist das Gegenteil der Aussage des Zeugen C nicht bewiesen. Dies wirkt sich zu Lasten des Beklagten aus. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des § 297 BGB trägt der Gläubiger (hier: der Beklagte) die Beweislast dafür, daß der Schuldner (hier: die Klägerin) in dem für das Abholen des Leistungsgegenstandes (hier: der Eintrittskarten) bestimmten Zeitpunkt nicht imstande gewesen sein soll, die Leistung zu bewirken (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO, § 297, Rn. 3; Soergel/Wiedemann, BGB, 11. Aufl. 1990, § 297, Rn. 7, mit weit. Nachw.). Da der Beklagte diesen Nachweis nicht geführt hat, ist er mit dem für das Abholen der Karten bestimmten Zeitpunkt in Gläubigerverzug geraten mit der Folge, daß er trotz der mit dem Abpfiff des Spiels eingetretenen Unmöglichkeit der Vertragserfüllung zur Entrichtung des vereinbarten Kaufpreises für die Karten verpflichtet bleibt.
Ein Rücktrittsrecht nach § 361 BGB steht dem Beklagten nicht zu. Die Vorschrift ist auf den hier gegebenen Fall eines absoluten Fixgeschäfts, bei dem mit dem Ablauf eines bestimmten Zeitpunkts (hier: Abpfiff) Unmöglichkeit eintritt, nicht anzuwenden (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO, § 361, Rn. 1; Soergel/Hadding, aaO, § 361, Rn. 1).
Auch die von dem Beklagten erhobene Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 Abs. 1 BGB) ist nicht gerechtfertigt. Eine Verurteilung des Beklagten nur Zug um Zug gegen Erbringung der Gegenleistung nach §§ 320 Abs. 1, 322 Abs. 1 BGB kommt hier nicht in Betracht, weil die Klägerin – wie oben ausgeführt ist – von ihrer Leistungspflicht nach § 275 BGB frei geworden ist.
Die zuerkannten Zinsen hat das Landgericht zu Recht nach §§ 284 Abs. 1 Satz 2, 288 BGB zugesprochen.