Die Klägerin befaßt sich unter anderem mit der Herstellung von Oberbekleidung für Erwachsene und Kinder, die sie weltweit über selbständige Einzelhändler wie die Beklagte vertreibt. Von Herbst 1993 bis zum Sommer 1994 bestellte die Beklagte bei der Klägerin Waren im Wert von 1.283.803,70 DM, die die Klägerin an sie auslieferte und ihr zwischen dem 30. September 1993 und dem 4. August 1994 in Rechnung stellte. Von der Gesamtsumme ist noch ein Teilbetrag von 921.221,50 DM offen, den die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit nebst Zinsen geltend macht.
Die Klägerin hatte zunächst Geschäftsbeziehungen zu dem jetzigen Geschäftsführer der Beklagten persönlich aufgenommen, der ab 1985 in mehreren Ladenlokalen ausschließlich Konfektion der Klägerin aus den Serien „U. C. B.“ und „Z.“ verkaufte. Diese Geschäfte wurden 1990 von der Beklagten übernommen. Die Verkaufsräumlichkeiten der Einzelhändler, mit denen die Klägerin zusammenarbeitet, müssen in bester Verkaufslage gelegen sein und sind nach den Anweisungen der Klägerin auf Kosten der Einzelhändler „B.-typisch“ zu gestalten und einzurichten. Der Geschäftsführer der Beklagten unterzeichnete am 3. Juni 1987 eine Erklärung, in der er unter anderem bestätigte, daß die Ermächtigung zum Gebrauch der Kennzeichen der Klägerin nicht exklusiv und nur für die Zeit erteilt sei, in der er von ihr Waren beziehe, und daß er den Kennzeichen der Klägerin keine eigenen Namenshinweise zufügen werde und für die Ermächtigung zur Benutzung der Kennzeichen keinerlei Art von Entgelt oder Vergütung an die Klägerin oder Dritte zahlen müsse. Weitere Vertriebsvereinbarungen in schriftlicher Form existieren nicht. Die Rechtsbeziehungen der Parteien wurden von der Beklagten mit Schreiben vom 2. September 1994 aus wichtigem Grund zum 31. Dezember 1994 gekündigt. Seit dem 1. März 1995 führt die Beklagte ihre Geschäfte mit Produkten anderer Textilhersteller fort. Die Beklagte hat geltend gemacht, zwischen den Parteien sei konkludent ein Rahmenvertrag mit Franchisecharakter zustande gekommen, der wegen Verstoßes gegen kartellrechtliche Vorschriften nichtig sei. Die Nichtigkeit dieser Rahmenvereinbarung erfasse auch die damit in engem Zusammenhang stehenden einzelnen Warenkaufverträge.
Hilfsweise hat die Beklagte gegenüber der Klageforderung mit Schadensersatzansprüchen wegen von der Klägerin durchgeführter Werbekampagnen aufgerechnet. Dem liegt folgendes zugrunde:
Die überregionale Werbung für die Produkte der Klägerin war ausschließlich deren Angelegenheit. Sie veröffentlichte jährlich jeweils zu Beginn der Frühjahr/Sommer- und der Herbst/Winterkollektion für die Dauer von ein bis zwei Monaten in Zeitschriften und an Plakatsäulen großformatige Fotografien mit der Darstellung unterschiedlichster Objekte und dem Hinweis „U. C. B.“. Seit Anfang der neunziger Jahre befaßte sie sich zunehmend mit gesellschaftlich brisanten Themen und wählte unter anderem Motive aus, die Leiden in der Welt darstellten (z.B. Soldatenfriedhof FIS 1991, Aidsopfer mit Familie FIS 1992, Ölvogel und Kinderarbeit H/W 1991/92, HIV-Positiv H/W 1993/94). Diese Art der Werbung stieß schon kurze Zeit nach ihrem Beginn in der Öffentlichkeit auf Kritik, zum Teil wurde sie als geschmacklos und abstoßend empfunden und abgelehnt. Mit Schreiben vom 12. März 1994 machten die Beklagte und acht weitere B.-Händler gegenüber L. B. persönlich geltend, die Werbekampagnen hätten einen hohen Imageverlust der Marke B. und damit verbunden außergewöhnliche Umsatzeinbußen ausgelöst. Die Beklagte hat behauptet, bei ihr hätten die Umsatzrückgänge zu einem Gesamtverlust von mehr als 2,5 Mio. DM geführt.
Äußerst hilfsweise hat die Beklagte gegenüber der Klageforderung mit einem Ausgleichsanspruch analog § 89 b HGB aufgerechnet, den sie mit insgesamt 1.553.460 DM beziffert hat.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung, mit der die Beklagte in erster Linie die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht und hilfsweise Klageabweisung begehrt hat, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihre zweitinstanzlichen Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt (veröffentlicht in NJW-RR 1997, 170):
1. Der von der Klägerin geltend gemachte Kaufpreisanspruch ergebe sich aus § 433 Abs. 2 BGB, nachdem die Parteien erklärt hätten, es solle deutsches Kaufrecht unter Ausschluß des Wiener UN-Kaufrechts (CISG) angewandt werden. Die der Klageforderung zugrundeliegenden Kaufverträge seien wirksam.
Zwar hätten zwischen den Parteien über diese Kaufverträge hinausgehende Rechtsbeziehungen bestanden, die trotz Fehlens schriftlicher und ausdrücklicher mündlicher Abreden durch eine über nahezu zehn Jahre einverständlich gehandhabte Vertriebspraxis zustande gekommen seien und weitgehend die typischen Merkmale eines Franchisevertrages aufwiesen. Danach sei die Beklagte unter anderem gehalten gewesen, Waren der Klägerin in von Saison zu Saison steigender Menge abzunehmen und nur diese ausschließlich an Endverbraucher zu von der Klägerin im voraus bestimmten Preisen zu verkaufen. Es spreche viel dafür, daß diese Vertriebsvereinbarung gemäß §§ 15, 18 Abs. 1 Nr. 2 und 3, 34 GWB, 125 BGB, Art. 85 Abs. 2 EWGV, § 139 BGB nichtig sei. Letztlich könne dies jedoch dahinstehen, weil eine etwaige Nichtigkeit der Rahmenvereinbarung der Parteien für die Kaufpreisansprüche der Klägerin ohne Bedeutung sei.
Ob die Einzelkaufverträge von einer etwaigen Nichtigkeit der Vertriebsvereinbarung erfaßt würden, sei nach § 139 BGB zu beurteilen, der auch beim Abschluß mehrerer Rechtsgeschäfte unterschiedlichen Typs anwendbar sei. Entscheidend für die Gesamtnichtigkeit sei der Einheitlichkeitswille der Parteien zur Zeit der Vornahme der Rechtsgeschäfte; aus ihren Erklärungen müsse sich unter Berücksichtigung ihrer Interessen und der Verkehrssitte der Wille ergeben, daß die möglicherweise äußerlich getrennten Rechtsgeschäfte miteinander stehen und fallen sollten. Danach seien die der Klageforderung zugrundeliegenden Kaufverträge selbst bei Nichtigkeit der franchiseähnlichen Vertriebsvereinbarung wirksam. Trotz des wirtschaftlichen Zusammenhangs seien die Vertriebsabsprachen nicht einmal konkludent Inhalt der nachfolgenden Warenbezugsverträge geworden. Mit Aufgabe und Annahme der Warenorder sei es beiden Parteien vorrangig um die Abwicklung der einzelnen auf die Saisonkollektionen beschränkten Kaufverträge gegangen. Bei Verstößen gegen die Vertriebsvereinbarung seien der Beklagten Sanktionen lediglich für die Zukunft in Form einer Liefersperre oder der Eröffnung eines Konkurrenzunternehmens angedroht worden. Das mache deutlich, daß die Abwicklung der Einzelverträge durch wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen der Klägerin nicht habe beeinflußt werden sollen.
2. Die Forderung der Klägerin sei auch nicht durch die von der Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung erloschen, denn dieser stünden Gegenansprüche aufgrund der von der Klägerin durchgeführten Schockwerbung nicht zu. Es könne dahinstehen, ob insoweit die Verletzung von Nebenpflichten aus dem Vertriebsverhältnis oder den Einzelkaufverträgen in Betracht zu ziehen sei. Etwaige Schadensersatzansprüche der Beklagten scheiterten in jedem Falle daran, daß es an einem durch Vertragsverletzungen der Klägerin verursachten Schaden der Beklagten fehle. Die Parteien hätten die regelmäßig von einem Unternehmer eigenständig durchzuführende Werbung ausdrücklich der Klägerin übertragen und damit bewußt aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten herausgenommen. Dadurch habe sich die Beklagte der Möglichkeit begeben, Einfluß auf Art und Themenwahl nehmen zu können. Eine Pflichtverletzung der Klägerin im Stadium der Planung der Werbeaktionen scheide deshalb aus. Sie komme erst von dem Zeitpunkt an in Betracht, zu dem die Klägerin gewußt habe oder damit habe rechnen müssen, daß sie durch ihre Werbung gerade der Beklagten Schaden zufügen könne.
Das sei nicht der Fall gewesen, bevor sich die Beklagte durch Schreiben vom 12. März 1994 mit Beschwerden über die Schockwerbung der Klägerin an diese gewandt habe. Grundsätzlich stünden einem Vertragspartner Schadensersatzansprüche wegen eines vertragswidrigen Verhaltens des anderen Vertragsteils erst zu, wenn dieser das beanstandete Verhalten trotz Abmahnung fortsetze, die hier auch nicht ausnahmsweise entbehrlich sei. Der Klägerin könne zwar nicht verborgen geblieben sein, daß die Art und Weise, in der sie ab dem Frühjahr/Sommer 1991 mit Motiven des kreatürlichen Elends geworben habe, von der Öffentlichkeit teilweise als abstoßend und geschmacklos empfunden und abgelehnt worden sei. Das lasse jedoch nicht den Schluß zu, daß die Klägerin auch schädigende Auswirkungen ihrer Werbung für die Beklagte gekannt habe. Einen Erfahrungssatz, nach dem eine von Teilen der Bevölkerung abgelehnte Werbung zwangsläufig zu einem Kaufboykott der beworbenen Produkte führe, gebe es nicht. Daß die Klägerin damit nicht gerechnet habe, liege auf der Hand, weil auch sie als Produzentin der von der Beklagten vertriebenen Waren an deren erfolgreichem Umsatz in starkem Maße habe interessiert sein müssen. Die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe die beanstandete Werbung trotz der Kritik fortgesetzt, weil es ihr Ziel gewesen sei, deutsche Händler „an die Wand zu fahren“ und ihr Vertriebsnetz in Deutschland gesundzuschrumpfen, sei zu allgemein gehalten und nicht unter konkreten Beweis gestellt worden. Daß einzelne Werbemotive durch deutsche Gerichte als unlautere Werbung beurteilt worden seien, sei allein nicht geeignet gewesen, konkrete Absatzschäden der Beklagten für die Klägerin voraussehbar zu machen. Die bis 1994 nur seltenen negativen Reaktionen aus der Bevölkerung und die in der Hauszeitschrift der Klägerin C. Nr. 3 im Januar 1993 veröffentlichten kritischen Zuschriften reichten dafür ebenfalls nicht aus. Auch aus der von der Beklagten vorgelegten Studie Professor F. von der Universität Gesamthochschule Kassel, die sich mit Umfragen von verschiedenen Zeitschriften befasse, ergäben sich keine auffallenden Verluste an dem Image der Klägerin, der ihr entgegengebrachten Sympathie und dem Streben ihrer Käuferkreise, Modeprodukte der Klägerin zu besitzen; vielmehr sprächen die Ergebnisse überwiegend eher für die Klägerin. Schließlich dürfe das Verhalten der Beklagten selbst nicht unbeachtet bleiben, die noch im Herbst 1993 ein weiteres B,- Geschäft übernommen, die vollständige Frühjahr/Sommerkollektion 1994 geordert und auch in der Folgezeit Standardartikel bestellt habe, obwohl sie jetzt geltend mache, als Folge der Schockwerbung der Klägerin spätestens seit Ende 1991 erhebliche Umsatzeinbußen erlitten zu haben.
Die genannten Umstände machten in ihrer Gesamtheit deutlich, daß die Klägerin vor dem Schreiben der Beklagten vom 12. März 1994 nicht habe anzunehmen brauchen, ihre Werbemaßnahmen könnten zu einer Absatzminderung bei ihren Einzelhändlern und insbesondere bei der Beklagten führen. Im Anschluß an dieses Schreiben sei der Klägerin für die weitreichende Entscheidung, ob sie die von ihr bis dahin als absatzfördernd und imageerhöhend angesehene Schockwerbung abbrechen oder mit dem Risiko, der Beklagten Schadensersatz leisten zu müssen, habe fortsetzen wollen, eine angemessene Frist von jedenfalls zwei Monaten zuzubilligen. Nach Mitte Mai 1994 habe die Klägerin eine Schockwerbung in der von der Beklagten beanstandeten Art und Weise bis zur Beendigung der Rechtsbeziehungen der Parteien nicht mehr durchgeführt.
Schadensersatzansprüche der Beklagten wegen Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 BGB scheiterten daran, daß es an einem unmittelbaren Eingriff der Klägerin fehle und dieser nicht bewußt gewesen sei, daß sie der Beklagten durch die Schockwerbung Schaden zufügen könne.
Schließlich stehe der Beklagten auch kein Ausgleichsanspruch analog § 89 b HGB zu. Trotz ihrer Einbindung in das Vertriebsnetz der Klägerin sei die Stellung der Beklagten nicht der eines Handelsvertreters vergleichbar, weil ihr insbesondere kein Alleinvertriebsrecht für ein bestimmtes Gebiet eingeräumt worden sei. Außerdem sei die Beklagte weder dazu verpflichtet gewesen, der Klägerin beim Ausscheiden aus deren Absatzorganisation ihren Kundenstamm zu übertragen, noch sei ersichtlich, daß die Klägerin den Kundenstamm der Beklagten tatsächlich übernommen hätte. Es sei schon nicht sicher, ob die Beklagte überhaupt über einen nennenswerten festen Käuferstamm verfügt habe. Wenn dies der Fall gewesen sein sollte, sei davon auszugehen, daß ihr dieser auch nach dem Ende der Beziehungen der Parteien treu geblieben sei, weil sie weiterhin Textilien anbiete, die in Art und Preis den Produkten der Klägerin vergleichbar seien und einen vergleichbaren Kundenkreis ansprächen. Im übrigen habe die Beklagte Ausgleichsansprüche erst mit Schriftsatz vom 5. Oktober 1995 und damit nach dem Ende der Jahresfrist des § 89 b Abs. 4 HGB geltend gemacht. Die Vertragsbeziehungen der Parteien hätten mit Zugang des Kündigungsschreibens vom 2. September 1994 geendet, weil dadurch lediglich die mangels weiterer Bestellungen der Beklagten faktisch bereits vorher eingetretene Beendigung bestätigt worden sei.
II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
A) Das Berufungsgericht hat der Klägerin rechtsfehlerfrei einen Anspruch auf Restkaufpreiszahlung (§ 433 Abs. 2 BGB) in Höhe von 921.221,50 DM für die zwischen Herbst 1993 und Sommer 1994 von der Beklagten bestellten und an diese ausgelieferten Waren zuerkannt.
1. Seine Feststellung, die Parteien hätten die Anwendbarkeit deutschen Rechts gewählt (Art. 27 EGBGB) und zugleich die Geltung des CISG ausgeschlossen (Art. 6 CISG), ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht im Ergebnis offengelassen, ob einzelne oder alle der von ihm festgestellten Vertriebsvereinbarungen der Parteien gegen deutsches (§§ 15, 18, 34 GWB) oder europäisches (Art. 85 Abs. 1 EWGV) Kartellrecht verstoßen. Gegen seine Annahme, auch im Falle der Nichtigkeit dieser Vertriebsabreden seien die Warenkaufverträge, auf die die Klageforderung gestützt ist, wirksam, wendet sich die Revision ohne Erfolg.
a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Vertriebsabreden der Parteien nicht Bestandteil der die Grundlage der Klageforderung bildenden Warenkaufverträge, sondern Inhalt einer durch schlüssiges Verhalten zustande gekommenen Rahmenvereinbarung, die bei Abschluß der Kaufverträge in den Jahren 1993 und 1994 bereits vorlag. Das Berufungsgericht geht von „mehreren Rechtsgeschäften unterschiedlichen Typs“, „der Vertriebsvereinbarung nachfolgenden Warenbezugsverträgen“ sowie davon aus, daß die Vertriebsabsprachen „nicht einmal konkludent Inhalt der Warenbezugsverträge geworden“ seien. Soweit die Revision demgegenüber meint, es bestehe keine äußerliche Trennung zwischen einem Franchise- oder Rahmenvertriebsvertrag und den einzelnen Kaufverträgen, vielmehr seien die wettbewerbsbeschränkenden Abreden zusammen mit den Kaufverträgen vereinbart und in jeder Saison erneuert worden, zeigt sie keine Gesichtspunkte auf, die die abweichende tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft erscheinen ließen.
Richtig ist zwar, daß wegen Fehlens sowohl einer schriftlichen als auch einer ausdrücklichen mündlichen Rahmenvereinbarung der Parteien die Vertriebsabreden nur durch schlüssiges Verhalten im Zusammenhang mit dem Warenbezug durch die Beklagte zustande gekommen sein können. Die geschäftlichen Beziehungen zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der Beklagten persönlich begannen jedoch bereits 1985 und wurden 1990 von der Beklagten übernommen. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Berufungsgerichts zumindest vertretbar und daher frei von Rechtsirrtum, 1993 habe nach einer langjährigen einheitlich gehandhabten Vertriebspraxis eine Rahmenvertriebsvereinbarung zwischen den Parteien bestanden, ohne daß – was auch nicht erforderlich gewesen sei – deren Inhalt (erneut) zum Gegenstand der später abgeschlossenen Warenkaufverträge gemacht worden sei. Anders als die Revision meint, liegt darin keine unnatürliche Aufspaltung von einheitlichen Kauf- und Vertriebsabreden.
b) Die Revision rügt deshalb auch vergeblich, die Nichtigkeit der Einzelkaufverträge ergebe sich unmittelbar aus §§ 34 GWB, 125 Satz 1 BGB, weil die nur stillschweigend geschlossenen Vertriebsvereinbarungen der Parteien Beschränkungen der in § 18 GWB genannten Art enthielten und ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 34 GWB die Gesamtnichtigkeit aller Verträge und Abreden zur Folge habe, die mit den von der Formvorschrift erfaßten Vereinbarungen in Zusammenhang stünden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 84, 322, 324; 119, 112, 113 ff.; Urteil vom 9. Juli 1985 – KZR 8/84 = NJW-RR 1986, 336 unter 2 a; Urteil vom 11. März 1997 – KZR 44/95 = ZIP 1997, 938 unter I 1) erfaßt das Schriftformerfordernis des § 34 GWB zwar über die eigentliche Ausschließlichkeitsbindung im Sinne von § 18 GWB, hinaus alle für die Beurteilung der wettbewerblichen Wirkungen der Bindung bedeutsamen Teile eines wirtschaftlich einheitlichen Vertragsgefüges, selbst wenn dieses aus mehreren äußerlich getrennten Verträgen besteht. Eine solche Wettbewerbsbedeutung kommt den Einzelkaufverträgen der Parteien jedoch nicht zu. Mit ihrem Abschluß ist die vorausgegangene Rahmenvereinbarung lediglich ausgeführt, aber nicht in ihrem den Wettbewerb betreffenden Inhalt erweitert oder mitbestimmt worden.
c) Zutreffend hat daher das Berufungsgericht die Folgen einer etwaigen kartellrechtlichen Teil- oder Gesamtnichtigkeit der Vertriebsvereinbarungen für die Wirksamkeit der Einzelkaufverträge nur danach beurteilt, ob die Vertriebsabreden und die Einzelkaufverträge trotz ihrer äußerlichen Trennung ein einheitliches Rechtsgeschäft im Sinne von § 139 BGB bilden, d.h. nach dem Willen der Parteien miteinander stehen und fallen sollten (BGHZ 50, 8, 13; BGH, Urteil vom 25. Mai 1983 – VIII ZR 51/82 = WM 1983, 788 = NJW 1983, 2027 unter III 5; Urteil vom 16. April 1986 – VIII ZR 79/85 = WM 1986, 795 = NJW 1986, 1988 unter II 2 b, insoweit in BGHZ 97, 351 nicht abgedruckt; BGHZ 112, 288, 293; BGH, Urteil vom 4. Dezember 1996 – VIII ZR 360/95 = WM 1997, 418 unter II A 2 b). Seine tatrichterliche Würdigung (vgl. dazu BGH, Urteil vom 16. April 1986 aaO; BGHZ 112, 288, 293), ein solcher Einheitlichkeitswille der Parteien liege nicht vor, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
aa) Sie entspricht der Rechtsprechung des Senats, wonach die Unwirksamkeit eines Franchise-Vertrages in der Regel nicht die Unwirksamkeit der erst später geschlossenen einzelnen Kaufverträge zur Folge hat. In diesem Zusammenhang hat der Senat ausgeführt (Urteil vom 16. April 1986 aaO unter II 4 b), die Einzelkaufverträge könnten trotz des wirtschaftlichen Zusammenhangs selbst bei weiter Auslegung des Begriffs des einheitlichen Rechtsgeschäfts nicht mehr in rechtlichem Sinne als Teil der Franchise-Vereinbarung angesehen werden, zumal bei Abschluß des Franchise-Vertrags ungewiß sei, wann, wie oft und hinsichtlich welcher Produkte der Franchisenehmer Nachbestellungen vornehme.
bb) Vergeblich rügt die Revision, das Berufungsgericht habe bei seiner Würdigung die schriftliche Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten vom 3. Juni 1987 übergangen, nach der die Klägerin die Ermächtigung zum Gebrauch ihrer Kennzeichen, ihrer Geschäfts- und Reklametechniken sowie ihrer Ausstattung nur so lange erteilt hat, wie das Geschäft der Beklagten von ihr mit Ware beliefert wird. Die Klägerin hat danach zwar die Dauer ihrer Ermächtigung zum Gebrauch ihrer Kennzeichen mit dem Abschluß der Warenkaufverträge im Rahmen der laufenden Geschäftsbeziehung verknüpft. Daraus folgt aber nicht, daß nach dem Willen der Parteien die Wirksamkeit tatsächlich abgeschlossener und durchgeführter Kaufverträge – gleichsam umgekehrt – von dem Fortbestand der Ermächtigung zum Gebrauch der Kennzeichen abhängig sein sollte. Noch weniger ergibt sich hieraus der Wille, die Wirksamkeit der Kaufverträge allgemein an die Wirksamkeit dieser oder weiterer Vertriebsvereinbarungen zu binden.
cc) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts weist auch keine Widersprüche auf. Entgegen der Darstellung der Revision ist das Berufungsgericht bei seinen Ausführungen zu einem Schadensersatzanspruch der Beklagten wegen der Schockwerbung der Klägerin nicht davon ausgegangen, daß die Verpflichtung der Klägerin, überregionale Werbung durchzuführen, integraler Bestandteil einheitlicher Vertriebs- und Kaufabreden sei. Es hat vielmehr auch in diesem Zusammenhang die Verpflichtung der Klägerin zur Werbung als Bestandteil (nur) der Rahmenvereinbarung angesehen und den Einzelkaufverträgen lediglich eine „Leistungstreuepflicht“ der Klägerin in dem Sinne entnommen, daß diese als Verkäuferin keine Werbung betreiben dürfe, von der sie wisse oder zumindest billigend in Kauf nehme, daß sie den Weiterverkauf der Waren beeinträchtige oder verhindere (siehe unten unter B 1). Eine solche auf das Unterlassen schädigender Werbung gerichtete Nebenpflicht ist nicht identisch mit der auf positives Tun gerichteten Verpflichtung zur Durchführung überregionaler Werbung aus dem Rahmenvertrag.
dd) Die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die sich aus § 139 BGB ergebende Vermutung der Gesamtnichtigkeit nicht berücksichtigt, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. § 139 BGB setzt voraus, daß ein einheitliches Rechtsgeschäft vorliegt (BGHZ 54, 71, 72). Ein solches hat das Berufungsgericht im Hinblick auf die äußerlich und zeitlich voneinander getrennten Vertriebsvereinbarungen und Warenkaufverträge gerade nicht feststellen können. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß mehrere formell selbständige Geschäfte zu einem einheitlichen Rechtsgeschäft im Sinne von § 139 BGB zusammengefaßt sind, obliegt demjenigen, der die Gesamtnichtigkeit geltend macht (Erman/Brox, BGB, 9. Aufl., § 139 Rn. 36). Übergangenen Sachvortrag der Beklagten, der für eine Einheitlichkeit der Geschäfte sprechen könnte, zeigt die Revision nicht auf.
3. Entgegen der Ansicht der Revision sind die Einzelkaufverträge schließlich auch nicht deshalb nichtig, weil sich der Geschäftsführer der Beklagten durch Vereinbarung vom 21. März 1986 gegenüber der Handelsvertretung N. R. verpflichtet hat, dieser auf ihr einseitiges Verlangen hin bei einem mehr als siebentägigen Verzug mit der Bezahlung von Warenlieferungen der Klägerin sein Einzelhandelsgeschäft gegen Zahlung von 200.000 DM zu übertragen. Selbst wenn diese Vereinbarung gemäß § 138 BGB nichtig sein sollte, wie die Revision meint, hätte dies nicht nach § 139 BGB die Nichtigkeit der gesamten Kauf- und Vertriebsvereinbarungen der Parteien zur Folge, weil es auch insoweit an der erforderlichen Geschäftseinheit fehlt. Sachvortrag der Beklagten, aus dem sich ergäbe, daß die Einzelkaufverträge nach dem Willen der Parteien mit der Wirksamkeit dieser mit einem Dritten geschlossenen Vereinbarung stehen und fallen sollten, führt die Revision nicht an.
B) Die Klageforderung ist nicht durch die Hilfsaufrechnungen der Beklagten erloschen.
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß der Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt positiver Vertragsverletzung wegen der Verbreitung schockierender Werbung durch die Klägerin nicht zusteht. Dabei kann offenbleiben, ob dieser Anspruch schon deshalb ausscheidet, weil die Rahmenvertriebsvereinbarungen der Parteien aus kartellrechtlichen Gründen nichtig sind, und ob die Ansicht des Berufungsgerichts zutrifft, daß die Klägerin auch aufgrund der sich aus den Einzelkaufverträgen ergebenden Leistungstreuepflichten gehalten war, solche Werbung zu unterlassen, von der sie wußte oder zumindest billigend in Kauf nahm, daß sie den Weiterverkauf der von ihr gelieferten Waren beeinträchtigen oder gar verhindern würde. Offenbleiben kann weiter, ob die Werbung tatsächlich einen Schaden auf seiten der Beklagten verursacht hat, wie die Revision geltend macht. Denn es fehlt in jedem Fall an einer Pflichtverletzung der Klägerin gegenüber der Beklagten.
a) Das Berufungsgericht stellt fest, nach dem Inhalt der Rahmenvereinbarung sei die Werbung für die von der Beklagten vertriebenen Produkte der Klägerin ausschließlich deren Sache gewesen. Die Parteien hätten die von einem Einzelhandelsunternehmen wie demjenigen der Beklagten üblicherweise eigenständig durchzuführende Werbung ausdrücklich der Klägerin übertragen und damit bewußt aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten herausgenommen.
Nach diesen von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht zu Recht eine Pflichtverletzung der Klägerin nicht schon darin gesehen, daß sie die hier zu beurteilende Werbekampagne ohne Unterrichtung der Beklagten und vorherige Abstimmung mit dieser durchgeführt hat. Vielmehr hatte die Klägerin über die Art und Weise der Werbung als unternehmerische Entscheidung in eigener Verantwortung zu befinden.
b) Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, entband dies die Klägerin allerdings nicht von der Verpflichtung, bei derartigen Entscheidungen auch auf die schutzwürdigen Belange der Beklagten Rücksicht zu nehmen.
Im Bereich des Vertriebs durch Handelsvertreter entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß der Unternehmer zwar grundsätzlich in seinen geschäftlichen Dispositionen frei ist und die in diesem Bereich anfallenden Entscheidungen in eigener Verantwortung zu treffen hat. Gleichwohl darf er dabei den Interessen des Handelsvertreters nicht willkürlich ohne vertretbaren Grund zuwiderhandeln (BGHZ 26, 161, 164 ff.; Urteile vom 29. Juni 1959 – II ZR 99/58 = NJW 1959, 1964; vom 17. Oktober 1960 – VII ZR 216/59 = BB 1960, 1221 unter 5; BGHZ 49, 39, 42; 58, 140, 154; Urteile vom 30. Januar 1986 – I ZR 185/83 = NJW 1986, 1931 unter II B 3 und vom 6. Mai 1993 – I ZR 84/91 = WM 1993, 1725 unter II 2). Auf Vertragshändlerverhältnisse hat der Senat diese Rechtsprechung übertragen (Urteile vom 29. April 1958 – VIII ZR 189/57 = NJW 1958, 1138 unter a; vom 19. Januar 1972 – VIII ZR 86/71 = WM 1972, 464 unter I 4 a) und ausgesprochen, daß der Hersteller den schutzwürdigen Belangen des Vertragshändlers angemessen Rechnung zu tragen hat und dessen Interessen nicht ohne begründeten Anlaß zuwiderhandeln darf (Urteil vom 21. Juni 1972 – VIII ZR 96/71 = WM 1972, 1092 unter II 2 b; BGHZ 93, 29, 39; Urteil vom 10. Februar 1993 – VIII ZR 47/92 = WM 1993, 1464 unter B II 2 a).
Für Franchiseverträge oder franchiseähnliche Verhältnisse – deren Vorliegen zu Gunsten der Revision unterstellt werden kann – fehlt es zwar bislang an entsprechender höchstrichterlicher Rechtsprechung (für die Übertragung der für Handelsvertreter/Vertragshändler entwickelten Grundsätze Martinek, Franchising, S. 308 ff.; Ekkenga, Die Inhaltskontrolle von Franchiseverträgen, S. 143; OLG Hamm NJW-RR 1994, 243 unter II 1 b). Die grundsätzliche Pflicht der Klägerin, bei ihren unternehmerischen Entscheidungen auch auf schutzwürdige Belange der Beklagten Rücksicht zu nehmen, ergibt sich jedoch zum einen daraus, daß die Beklagte – wie andere Vertriebsmittler – Zeit und Geld in eine auf längere Zeit angelegte Vermittlungstätigkeit investiert hat (Brüggemann, in Großkom. HGB, 4. Aufl., § 86 a Rn. 20; Martinek, Aktuelle Fragen des Vertriebsrechts, 3. Aufl., Rn. 159). Zum anderen folgt sie aus der Tatsache, daß sich beide Parteien durch den Abschluß der Vertriebsvereinbarung eines Teils ihrer unternehmerischen Freiheit begeben haben, die Beklagte durch die Beschränkung ihres Warensortiments auf Produkte der Klägerin und diese durch die Entscheidung, ihre Erzeugnisse durch selbständige Unternehmer wie die Beklagte vertreiben zu lassen.
c) Diese Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Belange des Vertriebsmittlers darf jedoch nicht dazu führen, daß der Unternehmer bei seinen Entscheidungen etwa auf bewährte Maßnahmen beschränkt ist oder gar den jeweils „sichersten Weg“ gehen muß. Vielmehr fordert die Eigenart gewinnorientierter unternehmerischer Tätigkeit vielfach, daß neue Wege gesucht und auch risikobehaftete Entscheidungen getroffen werden. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß hinsichtlich der Werbetätigkeit der Klägerin die Interessen der Parteien einander nicht widersprachen, sondern gleichgerichtet waren. Die der Klägerin übertragene gemeinsame Werbung sollte den Absatz der Beklagten fördern und damit unmittelbar auch dem Vorteil der Klägerin dienen, die an dem Verkauf von möglichst großen Mengen ihrer Produkte an die Beklagte und damit an deren möglichst umfangreichen Nachbestellungen interessiert war. Insoweit saßen also beide Parteien – Gesellschaftern vergleichbar – „in einem Boot“. War die Werbung der Klägerin erfolgreich, so profitierte davon auch die Beklagte; erwies sie sich als Fehlschlag, so hatte die Beklagte damit verbundene geschäftliche Nachteile als Folge ihrer Entscheidung, die eigene Werbung von der Klägerin durchführen zu lassen, grundsätzlich hinzunehmen. Hieraus folgt zunächst, daß nicht jede weniger erfolgreiche oder erfolglose Werbung der Klägerin zu Schadensersatzansprüchen ihrer Absatzmittler führt.
d) Wo genau mit Blick auf die schutzwürdigen Belange der Beklagten die Grenzen der Entscheidungsfreiheit der Klägerin über die Art und Weise der durchzuführenden Werbung zu ziehen sind, muß im Streitfall nicht im einzelnen festgelegt werden. Die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe mit der Schockwerbung gezielt ihr Vertriebsnetz in Deutschland „gesundschrumpfen“ wollen, hat das Berufungsgericht als zu allgemein und nicht unter konkreten Beweis gestellt zurückgewiesen, ohne daß die Revision dies beanstandet. Es ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß sich die Klägerin von der Schockwerbung eine Steigerung ihres Bekanntheitsgrades und als deren Folge eine Erhöhung des Umsatzes ihrer Vertriebsmittler und entsprechende eigene Vorteile versprach und daß sie deshalb zur Unterlassung, Änderung oder zum Abbruch dieser Werbekampagne allenfalls von dem Zeitpunkt an verpflichtet war, in dem sie wußte oder damit rechnen mußte, in dem also objektiv erkennbar war, daß diese Art der Werbung anders als erwartet ihren Vertriebsmittlern (und damit auch ihr selbst) Schaden zufügen konnte. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung der Klägerin im Ergebnis zu Recht verneint.
aa) Die objektive Erkennbarkeit einer die Vertriebsmittler schädigenden Wirkung ergibt sich entgegen der Ansicht der Revision nicht schon daraus, daß verschiedene Werbemotive der Kampagne von deutschen Gerichten als sittenwidrige Werbemaßnahmen im Sinne von § 1 UWG verurteilt worden sind. Der Bundesgerichtshof (BGHZ 130, 196, 200 f „ölverschmutzte Ente“; Urteil vom 6. Juli 1995 – I ZR 110/93 = NJW 1995, 2490 „Kinderarbeit“ unter II 2 c; Urteil vom 6. Juli 1995 – I ZR 180/94 = NJW 1995, 2492 „HIV-Positive“ unter II 2 a) hat – wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt – den Vorwurf des sittenwidrigen Werbeverhaltens im Kern darauf gestützt, daß die Klägerin mit der lediglich auf sie als publizierendes Unternehmen hinweisenden Darstellung des Elends geschundener Kreatur bei einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher Gefühle des Mitleids und der Ohnmacht wecke, sich dabei als gleichermaßen betroffen darstelle und damit eine Solidarisierung der Einstellung solchermaßen berührter Verbraucher mit dem Namen und zugleich mit der Geschäftstätigkeit ihres Unternehmens herbeiführe. Eine solcherart gefühlsbetonte Werbung sei wettbewerbswidrig im Sinne von § 1 UWG, wenn sie im wesentlichen nur zur Steigerung des Ansehens des Unternehmens bei den Verbrauchern eingesetzt werde.
Danach gründet der Vorwurf der Sittenwidrigkeit darauf, daß die beanstandeten Werbemotive der Klägerin geeignet erscheinen, durch Ausnutzung von Gefühlsregungen des Mitleids und des Schreckens eine Steigerung der Verkehrsbekanntheit des Namens der Klägerin und infolge einer damit verbundenen erhöhten Aufmerksamkeit der Verbraucher auf ihre Produkte eine Umsatzsteigerung hervorzurufen. Dies ist aber gerade das Gegenteil der Auffassung der Beklagten, diese Art der Werbung sei schon als solche geeignet, bei den Vertriebsmittlern einen Umsatzrückgang zu bewirken.
bb) Anders als die Revision meint, ergab sich die objektive Erkennbarkeit einer Schädigung der Beklagten und gleichermaßen der Klägerin selbst durch die von dieser durchgeführte Werbung auch nicht aus einem allgemeinen Erfahrungssatz. Existenz und Inhalt eines solchen kann das Revisionsgericht selbst prüfen (BGH, Urteil vom 15. Januar 1993 – V ZR 202/91 = NJW-RR 1993, 653 unter 2). Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß es einen Erfahrungssatz, nach dem Kunden Produkte boykottieren, weil die Werbung für die Produkte allgemein als geschmacklos, schockierend oder abstoßend empfunden wird, jedenfalls bis 1994 nicht gab. Daß schon damals von einem größeren Teil der Bevölkerung getragene Kaufboykotte bekannt gewesen seien, macht auch die Revision nicht geltend.
cc) Zwar setzt ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung grundsätzlich keine Abmahnung voraus (Senatsurteile vom 11. Februar 1981 – VIII ZR 312/79 = WM 1981, 331 unter C II 3 b; vom 28. Oktober 1987 – VIII ZR 383/86 = NJW-RR 1988, 417 unter II 3 b cc), worauf die Revision zu Recht hinweist. Gleichwohl geht das Berufungsgericht aus den zu aa) und bb) genannten Gründen im Ergebnis zutreffend davon aus, daß für die Klägerin eine möglicherweise schädigende Wirkung ihrer Werbung erst aufgrund einer entsprechenden – von ihm als „Abmahnung“ bezeichneten – Information durch ihre Händler erkennbar war. Seine auf tatrichterlichem Gebiet liegenden Ausführungen, eine derartige Information der Klägerin über umsatzschädliche Wirkungen der „Schockwerbung“ sei nicht schon durch die behaupteten schriftlichen und telefonischen Mitteilungen des Geschäftsführers der Beklagten über negative Reaktionen in der Öffentlichkeit auf die Werbung der Klägerin gegenüber dem Inhaber der Handelsvertretung der Klägerin R. in F., sondern allenfalls erst mit dem Schreiben der Beklagten vom 12. März 1994 erfolgt, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Die Annahme des Berufungsgerichts, angesichts der Tragweite der von der Klägerin verlangten Änderung ihres unternehmerischen Verhaltens sei ihr nach diesem Schreiben jedenfalls ein Zeitraum von zwei Monaten zuzubilligen, um die Werbung zu ändern oder abzubrechen, ist ebenfalls frei von Rechtsfehlern. Nach Mitte Mai 1994 hat die Klägerin nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts aber keine Werbung mehr durchgeführt, die geeignet gewesen wäre, den Absatz der Beklagten an B.-Waren negativ zu beeinflussen.
2. Einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen eines Eingriffs der Klägerin in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten durch die Schockwerbung hat das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision ebenfalls zu Recht verneint. Es bestehen schon erhebliche Zweifel, ob die Werbung einen betriebsbezogenen Eingriff im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum deliktischen Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs (Urteil vom 29. Januar 1985 – VI ZR 130/83 = NJW 1985, 1620 unter II 1) darstellt, nach der ein solcher spezifisch gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit gerichtet sein muß. Jedenfalls fehlt es mangels objektiver Voraussehbarkeit einer Schädigung der Beklagten am Verschulden der Klägerin.
3. Auch einen Ausgleichsanspruch analog § 89 b HGB hat das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision im Ergebnis zutreffend abgelehnt.
a) Ein Anspruch analog § 89 b HGB kommt allerdings unabhängig davon in Betracht, ob die – unterstellte – franchiseähnliche Rahmenvereinbarung der Parteien infolge etwaiger Verstöße gegen Kartellrecht nichtig ist. Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 129, 290, 293; Urteil vom 11. Dezember 1996 – VIII ZR 22/96 = WM 1997, 235 unter B II 1 a) führt im unmittelbaren Anwendungsbereich von § 89 b HGB die Nichtigkeit des Handelsvertretervertrages nicht zum Wegfall des Ausgleichsanspruchs, wenn der Unternehmer die vom Handelsvertreter hergestellten Geschäftsverbindungen tatsächlich weiterhin nutzen kann. Bei einer analogen Anwendung von § 89 b HGB kann nichts anderes gelten.
b) Ob § 89 b HGB überhaupt im Franchiseverhältnis ebenso wie im Vertragshändlerverhältnis analog anwendbar ist (dafür Küstner/von Manteuffel/Evers, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. 2, 6. Aufl., Rdnrn. 121-124; Martinek, Franchising, S. 353 ff., 366; ders., Moderne Vertragstypen II, S. 150 ff., 156; MünchKomm-HGB/v. Hoyningen-Huene, § 89 b Rn. 24; Palandt/Putzo, BGB, 56. Aufl., Einf. v. § 581 Rn. 29; Eckert, WM 1991, 1237, 1245 f; Köhler, NJW 1990, 1689, 1690 ff.; Matthießen, ZIP 1988, 1089, 1096), ist bisher höchstrichterlich nicht entschieden und bedarf auch im vorliegenden Falle keiner Entscheidung. Denn hier sind die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Vertragshändlerverhältnis (zuletzt Urteil vom 17. April 1996 – VIII ZR 5/95 = WM 1996, 1555 unter II 1 mwN) erforderlichen Analogievoraussetzungen nicht erfüllt.
Dabei kann offenbleiben, ob es – wie das Berufungsgericht meint – schon an der Voraussetzung fehlt, nach der das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien so ausgestaltet sein muß, daß es sich nicht in einer bloßen Verkäufer-Käufer-Beziehung erschöpft, sondern der Vertriebsmittler so in die Absatzorganisation seines Vertragspartners eingegliedert ist, daß er wirtschaftlich in erheblichem Umfang einem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird für eine solche Eingliederung in die Absatzorganisation nicht das Vorhandensein eines Alleinvertriebsrechts mit Gebietsschutz des Absatzmittlers verlangt (BGH, Urteil vom 25. März 1982 – I ZR 146/80 = WM 1982, 1125 unter II 1 a).
Jedenfalls mangelt es an der für eine analoge Anwendung des § 89 b HGB erforderlichen Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin ihren Kundenstamm zu übertragen, d.h. ihre Kundendaten zu übermitteln, so daß diese sich bei Vertragsende die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres hätte nutzbar machen können. Eine solche Verpflichtung ist zwischen den Parteien nicht begründet worden.
Ob beim Franchising anders als im Vertragshändlerverhältnis (Urteil vom 17. April 1996 aaO) anstelle einer rechtlichen Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstamms das tatsächliche Verbleiben des Kundenstamms des Franchisenehmers beim Franchisegeber die analoge Anwendung von § 89 b HGB rechtfertigen könnte (vgl. Martinek, Franchising, S. 363 f, 366 f; derselbe, Moderne Vertragstypen II, 154, 156 f; Eckert aaO S. 1243 f; Köhler aaO S. 1691, 1693 f), bedarf ebenfalls keiner Entscheidung. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts liegt auch eine tatsächliche Übernahme des Kundenstamms der Beklagten durch die Klägerin nicht vor, weil davon auszugehen ist, daß die Beklagte entweder nicht über einen nennenswerten festen Käuferstamm verfügte oder ihr dieser treu geblieben ist, nachdem sie ihre Geschäftstätigkeit mit vergleichbaren Produkten anderer Textilhersteller fortführt.
c) Darauf, ob ein etwaiger Ausgleichsanspruch auch wegen Versäumung der Jahresfrist gemäß § 89 b Abs. 4 HGB ausgeschlossen wäre, wie das Berufungsgericht annimmt, kommt es mithin nicht an.
C) Für den erkennenden Senat bestand keine Veranlassung, die Sache entsprechend dem Antrag der Revision zur Entscheidung an den Kartellsenat abzugeben. Eine Zuständigkeit des Kartellsenats kommt über die Fälle des § 95 GWB hinaus nur in Betracht, wenn kartellrechtliche Vorfragen entscheidungserheblich sind (BGHZ 64, 342, 344 ff.; 114, 218, 224 f). Solche lagen hier nicht vor mit Ausnahme der Frage nach der Reichweite des Schriftformerfordernisses des § 34 GWB (siehe oben unter A 2 b). An einer Beurteilung dieser kartellrechtlichen Frage war der Senat nicht gehindert, weil sie in rechtlicher Hinsicht durch die Rechtsprechung des Kartellsenats geklärt ist (BGH, Urteile vom 21. April 1983 – I ZR 201/80 = WM 1983, 1064 unter IV 2; vom 15. Januar 1987 – I ZR 112/84 = NJW 1987, 1084 unter II 3, insoweit in BGHZ 99, 314 nicht abgedruckt; vom 4. Oktober 1988 – X ZR 3/88 = BGHR GWB § 96 Abs. 2 Satz 1 Nichtangriffsabrede 1; vom 30. September 1992 – VIII ZR 196/91 = BGHR GWB § 96 Abs. 2 Aussetzung 1, insoweit in BGHZ 119, 283 nicht abgedruckt).
Entgegen der Ansicht der Revision ist es deshalb auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht den Rechtsstreit weder an den Kartellsenat des Oberlandesgerichts abgegeben noch gemäß §§ 96 Abs. 2, 97 2. Halbs. GWB ausgesetzt hat.