Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache zum Teil Erfolg; sie führt dazu, daß die Beklagte zur Zahlung von nur 31.062,61 DM an die Klägerin verurteilt wird.
A. Die Beklagte schuldet der Klägerin 30.652,- DM als Schadensersatz wegen Nichterfüllung von Käuferpflichten aus Art. 61 Abs. 1 b in Verbindung mit Art. 76 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (im folgenden: CISG). Dieses Übereinkommen findet auf das Rechtsverhältnis der Parteien Anwendung, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat. Insoweit wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Seite 5 und 6) Bezug genommen. Auch die Parteien gehen übereinstimmend von der Anwendbarkeit des UN-Kaufrechtes aus.
I. Der Grund des Anspruches folgt aus Art. 61 Abs. 1 b CISG, wonach der Verkäufer unter Aufhebung des Vertrages Schadensersatz nach den Art. 74 ff CISG verlangen kann, wenn der Käufer eine Vertragspflicht verletzt. Diese Voraussetzung liegt hier vor, denn die Beklagte hat als Käuferin gegenüber der Klägerin als Verkäuferin die Abnahme von 116,6 t Schweinespeck vertragswidrig abgelehnt.
1. Die Parteien haben im August 1989 unstreitig einen Kaufvertrag über 200 t eingefrorenen und entschwarteten Schweinespeck geschlossen, wobei die Klägerin als Verkäuferin in 10 Teillieferungen leisten sollte. Ebenfalls unstreitig wurden vier Teillieferungen zu insgesamt 83,4 t abgewickelt und von der Beklagten bis auf 821,21 DM (siehe dazu unten B) bezahlt.
Die Beklagte war aber auch verpflichtet, die Restmenge von 116,6 t Schweinespeck abzunehmen. Ihr Einwand, sie sei zur Abnahme nicht verpflichtet, weil der Kaufvertrag nur unter einer aufschiebenden und hinsichtlich der Restmenge 116,6 t nicht eingetretenen Bedingung geschlossen sei, bleibt ohne Erfolg. Die Beklagte hat zwar behauptet, es seien wegen zoll- und lebensmittelrechtlicher Bedenken im Hinblick auf die vereinbarte lose Versandart des Specks Kaufverträge immer nur über die jeweils nächste Teillieferung unter der aufschiebenden Bedingung der Nichtbeanstandung der jeweils vorhergehenden Teillieferung zustande gekommen; da die vierte Teillieferung lebensmittelrechtlich beanstandet worden sei, habe hinsichtlich der weiteren Kaufverträge die aufschiebende Bedingung nicht eintreten können.
Demgegenüber hat aber die Klägerin bewiesen, daß der Kaufvertrag unbedingt über die Gesamtmenge von 200 t Schweinespeck geschlossen wurde:
a) Die nach Art. 23, 18 Abs. 1 CISG zum Zustandekommen des Kaufvertrages führende Korrespondenz der Parteien – die Beklagte dabei jeweils vertreten durch die … – enthält keinerlei Anhaltspunkte für die behauptete Bedingung, sie vermittelt dem Senat vielmehr die Überzeugung von einem unbedingten Vertragsschluß. Das ursprüngliche Angebot der Beklagten im Telefax-Schreiben der … vom 31.07.1989 (Bl. 8, 36 der Akten) an die Klägerin verhält sich nicht über den Abschluß mehrerer Kaufverträge über Teilmengen, sondern nur über eine Gesamtmenge von 200 t, nämlich 100 t zur Lieferung im September 1989 zum Preis von 1,35 DM je kg und 100 t zur Lieferung im Oktober 1989 zum Preise von 1,40 DM je kg sowie über die Verpackungsart (in Säcken aus Polyäthylen). Auch das Antworttelefax der Klägerin vom 04.08.1989 (Bl. 9, 38 der Akten), welches wegen der Ablehnung der Verpackungsart „in Säcken“ und der angebotenen „losen“ Verpackungsweise keine Annahme im Sinne des Art. 18 Abs. 1 CISG, sondern nach Art. 19 Abs. 1 CISG ein Gegenangebot darstellt, geht von einem Vertragsschluß über eine Gesamtmenge von 200 t aus, ohne dabei irgendwelche Bedingungen zu erwähnen. Entscheidende Bedeutung kommt dann ferner dem Umstand zu, daß die Beklagte, vertreten durch die … dieses Gegenangebot der Klägerin mit dem ausdrücklich auf das Telefax der Klägerin vom 04.08.1989 bezugnehmende Telefax vom 23.08.1989 (Bl. 10, 40 der Akten) ohne jede Einschränkung, insbesondere ohne jeden Hinweis auf eine vereinbarte Bedingung, angenommen hat. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, daß die Beklagte mit diesem Telefax ausdrücklich und bedingungslos der von der Klägerin angebotenen losen Versandart zugestimmt hat, obwohl doch nach der Behauptung der Beklagten gerade diese lose Versandart wegen der damit angeblich verbundenen lebensmittelrechtlichen Bedenken Anlaß für die behauptete Vereinbarung einer Bedingung gewesen sein soll. Die Klägerin konnte aus ihrem maßgeblichen Empfängerhorizont (vgl. Art. 8 Abs. 2 CISG) diese eindeutige Erklärung der Beklagten auch nur im Sinne eines bedingungslosen Kaufes einer Gesamtmenge von 200 t Schweinespeck in loser Versandart verstehen.
b) Für den vorstehend dargestellten Vertragsinhalt, wie er sich aus den zum Vertragsschluß führenden Urkunden ergibt, spricht die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit. Die Beklagte hat zwar hiervon abweichende mündliche Vereinbarungen und damit die unvollständige bzw. unrichtige schriftliche Niederlegung des Vertragsinhaltes behauptet; danach sei in den unstreitigen Telefonaten zwischen … von der Klägerin und dem Zeugen … von der … in der Zeit zwischen dem 04. und 23.08.1989 die behauptete aufschiebende Bedingung (Nichtbeanstandung der vorhergehenden Teillieferung durch Veterinär und Zollbehörden) verabredet worden. Diese Behauptung vermochte die Beklagte aber nicht zur Überzeugung des Senats beweisen. Sie hat damit die durch die Vertragsurkunden geschaffene Vermutung eines bedingungslosen Vertragsschlusses nicht widerlegt:
Zwar hat der Zeuge …, der für die die Beklagte vertretende … mit der für die Klägerin handelnden … fernmündlich verhandelte, die Behauptung der Beklagten vor dem Senat bestätigt. Er hat auch insbesondere zu erklären versucht, warum das endgültig zum Vertragsschluß führende, von seinem Vater unterzeichnete Telefax seiner Firma vom 23.08.1989 den angeblich fernmündlich vereinbarten Vertragsinhalt (nur LKWweise Abnahme, aufschiebende Bedingung der Nichtbeanstandung) nicht – vollständig – wiedergibt. Diese von dem Zeugen hierfür gegebene Erklärung – unvollständige Weisung des verhandelnden Zeugen … an den das Telefax vom 23.08.1989 unterzeichnenden und absendenden Vater des Zeugen – ist zwar grundsätzlich nachvollziehbar, ebenso wie der Zeuge selbst insgesamt keinen unglaubwürdigen Eindruck hinterlassen hat. Der Senat sah sich aber nicht in der Lage, dieser Aussage ein höheres Gewicht beizumessen als der Aussage der nach § 448 ZPO als Partei vernommenen … Mitglied des Verwaltungsrats der Klägerin. Auch deren Darstellung, wonach die Gesamtmenge von 200 t Schweinespeck bedingungsfrei verkauft wurde und wonach für die Klägerin wegen ihrer bisherigen positiven Erfahrung mit dem losen Versand von Speck nach … für die Vereinbarung der behaupteten Bedingung kein Anlaß bestand, ist mit der Lebenserfahrung vereinbar und scheint dem Senat glaubhaft. Für die von … bestätigte Behauptung der Klägerin spricht vielmehr eher das Verhalten der Parteien nach der von der Beklagten beanstandeten vierten Teillieferung. Während nämlich die Klägerin in einer Vielzahl von schriftlichen bzw. fernschriftlichen Mitteilungen an die … nachhaltig und eindeutig auf der Fortführung der Lieferungen bestand und der Beklagten lediglich – gegen Preiserhöhung – eine Verpackung in Kartons oder Plastiksäcken anbot, verhielt sich die Beklagte ausweichend und hinhaltend. Wenn die Parteien tatsächlich, wie die Beklagte behauptet, nur eine LKWweise Abnahme unter der aufschiebenden Bedingung der Nichtbeanstandung der jeweils vorhergehenden Teillieferung vereinbart hätten, dann hätte nichts näher gelegen, als daß die Beklagte im Anschluß an die von ihr behauptete Beanstandung der vierten Teillieferung die auf Fortsetzung drängende Klägerin auf diesen Umstand hingewiesen und deshalb die weitere Abnahme abgelehnt hätte.
Schließlich sah der Senat auch in der persönlichen Glaubwürdigkeit von … keinen entscheidungserheblichen Unterschied zu dem Zeugen …. Beide sind persönlich und wirtschaftlich einer Partei zugeordnet und können deshalb Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits haben. Während der Zeuge … als rechtsgeschäftlicher Vertreter der Beklagten in deren Lager steht, ist … als eine von mehreren gesetzlichen Vertretern der Klägerin mit dieser verbunden.
c) Ist mithin zwischen den Parteien ein unbedingter Kaufvertrag über 200 t Schweinespeck zustandegekommen, so war die Beklagte grundsätzlich zur Abnahme auch der restlichen 116,6 t Speck verpflichtet, ohne daß es auf die von der Beklagten in den Vordergrund gestellten Frage eines Bedingungseintrittes (lebensmittelrechtliche Beanstandung bzw. Nichtbeanstandung der vierten Teillieferung) ankäme.
2. Dieser Kaufvertrag ist auch nicht nach Art. 34 EGBGB iVm § 134 BGB nichtig. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte insoweit auf einen Verstoß des Specktransportes loser Art gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften. Zum einen ist schon nicht anzunehmen, daß Verstöße gegen lebensmittelrechtliche und hygienerechtliche Vorschriften zur Nichtigkeit des Kaufvertrages führen (vgl. z. B. für das Inverkehrbringen verdorbener Lebensmittel Palandt-Heinrichs, BGB, 51. Aufl., § 134 Rn. 20). Zum anderen ist auch nicht bewiesen, daß die von der Beklagten genannten Vorschriften verletzt worden sind. So ist insbesondere kein Verstoß gegen § 15 Abs. 5 Lebensmittelhygieneverordnung Nordrhein-Westfalen feststellbar. Nach dieser Vorschrift ist bei der Beförderung von Lebensmitteln sicherzustellen, daß unverpackte Lebensmittel mit dem Boden nicht unmittelbar in Berührung kommen, wenn der Transportraum beim Be- und Entladen betreten werden muß. Die Klägerin hat hierzu aber vorgetragen, daß es sich bei den zum Transport des Speckes verwendeten Fahrzeugen um Kühlwagen handelte, die zum Ein- und Ausladen nicht betreten werden müssen. Darüberhinaus hat auch der Zeuge und Sachverständige ... vor dem Senat überzeugend ausgeführt, daß die von den Parteien gewählte lose Versandart des Speckes in mit Kunststoff ausgekleideten Containern sowohl mit EG-rechtlichen als auch mit binnenrechtlichen Vorschriften vereinbar ist. Die Speckstücke müssen danach nicht einzeln verpackt sein, wenn nur beim Be- und Entladen durch schrittweises Ausrollen bzw. Einrollen der Kunststoffolie hygienisch vorgegangen werde.
3. Die Klägerin hat – weitere Voraussetzung ihres Schadensersatzbegehrens nach Art. 74 ff CISG – den Kaufvertrag mit der Beklagten wirksam durch ihr Anwaltsschreiben vom 06.02.1990 (Bl. 18 der Akten) aufgehoben. Hierzu war sie nach Art. 64 Abs. 1 a CISG berechtigt, denn die Nichtabnahme von mehr als der hälfte der gekauften Ware (116,6 von 200 t) stellt eine wesentliche Vertragsverletzung dar. Dies wäre nur dann zu verneinen, wenn die Klägerin, wie die Beklagte meint, ihrerseits vertragsuntreu war und die Beklagte deshalb nach Art. 71 CISG die Erfüllung ihrer Vertragspflicht (Abnahme des Specks) aussetzen durfte. Die Beklagte hat hierzu zwar behauptet, die Klägerin habe gegen ihre vertragliche Verpflichtung verstoßen, den Speck verzollungsfähig in einem hygienerechtlich einwandfreien Zustand zu versenden, wie dies die Beanstandung der vierten Teillieferung zeige. Eine derartige Vertragsuntreue der Klägerin ist aber nicht bewiesen:
Ob die Klägerin hinsichtlich der Verzollungsfähigkeit des Specks über die schriftlichen Vereinbarungen (frei und unverzollt) hinaus weitere Pflichten und/oder Risiken traf, kann offenbleiben. Denn die Beweisaufnahme hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die von der Klägerin durchgeführte Transporte nicht verzollbar waren. Im übrigen haben die Parteien unstreitig die lose Versandart des Specks vertraglich vereinbart. Die Klägerin hat darüberhinaus auch die lebensmittel- und hygienerechtlichen Transportanforderungen erfüllt, wie der veterinärmedizinische Sachverständige … nachvollziehbar dargestellt hat. Denn danach ist der lose Transport von gefrorenem Speck in vollständig mit Kunststoffolie ausgekleideten Transportcontainern, wie von der Klägerin vorgenommen, zulässig und beanstandungsfrei. Der Sachverständige und Zeuge … vermochte daher auch nicht die Behauptung der Beklagten zu bestätigen, die vierte Teillieferung der Klägerin sei von der Veterinärbehörde grundsätzlich wegen der Art des losen Transportes beanstandet worden. Ob aus dieser vierten Teillieferung 420 kg verschmutzt waren und von der Empfängerin beanstandet wurden, wie die Beklagte behauptet und von dem Zeugen und Sachverständigen … für möglich gehalten wird, kann in diesem Zusammenhang offenbleiben. Denn die Schlechtlieferung einer nur geringen Teilmenge einer Teillieferung (420 kg von 22.400 kg) kann – auch im Hinblick auf die insgesamt verkauften 200.000 kg – nicht als Nichterfüllung eines wesentlichen Teiles der Verkäuferpflichten angesehen werden, die nach Art. 71 Abs. 1 b CISG die Beklagte zur Verweigerung der Abnahme der noch ausstehenden Liefermenge berechtigte. Insoweit war und ist die Beklagte auf Gewährleistungsrechte aus Art. 35 ff CISG beschränkt (dazu unten B).
II. Die Höhe des Schadensersatzanspruches ergibt sich aus Art. 76 CISG, wenn auch nicht in dem von der Klägerin geltend gemachten Umfang. Die Klägerin ist berechtigt, ihren Schaden abstrakt nach Art. 76 CISG zu berechnen, das heißt nach der Differenz zwischen dem Vertragspreis (1,35 DM bzw. 1,40 DM je kg) und dem Marktpreis, den sie mit 0,79 DM aber zu niedrig ansetzt.
1. Die Beklagte weist allerdings zu Recht darauf hin, daß dieser abstrakten Schadensberechnung nach Art. 76 CISG nur subsidiäre Bedeutung zukommt. Vorrangig ist die konkrete Schadensberechnung nach Art. 75 CISG auf der Basis eines realen Deckungsgeschäftes (allgemeine Meinung, vgl. von Caemmerer/Schlechtriem/Stoll, Kommentar zum CISG, Rn. 5 zu Art. 76). Aus der in Art. 77 CISG niedergelegten Schadensminderungspflicht folgt, daß die Klägerin als Verkäuferin zur Vornahme eines vorteilhaften Deckungsverkaufes sogar verpflichtet ist, soweit dies möglich und zumutbar ist (vgl. v. Caemmerer/Schlechtriem/Stoll aaO Art. 74 Rn. 37, Art. 76 Rn. 5 und Art. 77 Rn. 7). Die Beklagte hat dementsprechend auch behauptet, die Klägerin habe tatsächlich einen vorteilhaften Deckungsverkauf vorgenommen, d. h. einen Verkauf des Specks zu einem höheren Preis als dem Vertragspreis oder jedenfalls dem Marktpreis mit der Folge, daß entweder überhaupt kein Schaden oder jedenfalls ein geringerer Schaden als geltend gemacht entstanden sei. Diese Behauptung vermochte aber die Beklagte, die als Käuferin hierfür beweispflichtig ist (vgl. v. Caemmerer/Sehlechtriem/Stoll, aaO, Rn. 5 zu Art. 76) nicht zu beweisen. Die von ihr – wie auch von der Klägerin gegenbeweislich – als Zeugin benannte … hat bei ihrer Anhörung als Partei vor dem Senat vielmehr geschildert, daß die Klägerin die für die Beklagte bestimmte Restmenge Speck im März oder April 1990 für nur 200 bis 250 Lire je kg (rund 0,35 DM) zur Entsorgung verkauft hat. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Sachverständigen … und von … sowie nach den gesamten Umständen dieses Falles auch davon überzeugt, daß der Klägerin ein vorteilhafter Deckungsverkauf, also ein Verkauf zu einem Preis über dem Marktpreis von 1,13 DM (siehe unten 2 a) nicht möglich war.
2. Die Klägerin ist danach berechtigt, auf die – subsidiäre – abstrakte Schadensberechnung nach Art. 76 CISG zurückzugreifen. Für diese Schadensberechnung kommt es nach Abs. 2 der Vorschrift auf den Marktpreis der Ware an, der am Ort der vorgesehenen Lieferung gilt. Dies ist hier nach den vertraglichen Vereinbarungen wie auch nach den gesetzlichen Regeln (Art. 31 CISG) Versmold und nicht, wie die Klägerin gemeint hat, deren Firmensatz in …. Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme lag dieser Marktpreis zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Vertragsaufhebung Anfang Februar 1990 aber nicht bei 0,79 DM, wie von der Klägerin behauptet, sondern bei 1,13 DM je kg.
a) Der vom Senat bestellte Sachverständige Fleischermeister … hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 13.05.1992 die Großhandelspreise für den maßgeblichen … Markt für Anfang Februar zwar nur mit 0,70 bis 0,90 DM je kg angegeben. Der Sachverständige mußte aber bei der Erläuterung seines Gutachtens vor dem Senat einräumen, daß sich die von ihm mitgeteilten Notierungen auf frischen Speck mit Schwarte beziehen, während die Klägerin eingefrorenen und entschwarteten Speck zu liefern hatte. Die von dem Sachverständigen … mitgeteilten Preis mussten daher um den Aufwand für das Entschwarten und Einfrieren des Specks erhöht werden. Dieser Aufwand beläuft sich nach den Angaben der Beklagten im Termin, die der dazu gehörte Sachverständige … bestätigte, auf etwa 0,30 DM bis 0,35 DM je kg.
Ausgehend von einem mittleren Preis von 0,80 DM (Mittelwert zwischen den notierten 0,70 und 0,90 DM) ergibt sich nach der Erhöhung um einen Zuschlag von 0,325 DM (Mittelwert zwischen den genannten 0,30 bis 0,35 DM) für Entschwarten und Einfrieren ein durchschnittlicher Marktpreis von 1,125 DM je kg, aufgerundet 1,13 DM.
Eine Erhöhung oder Reduzierung dieses Preises im Hinblick auf die Transportkosten ist dagegen nicht vorzunehmen. Der Sachverständige … hat zwar erläutert, daß sich die mitgeteilten Notierungen frei … verstehen, Versandkosten also nicht erfassen. Darauf kommt es aber nach dem Sinn und Zweck der Regelung des Art. 76 CISG nicht an. Diese Vorschrift beruht auf dem Gedanken, daß der Gläubiger das Recht hat, ein Deckungsgeschäft zum Marktpreis vorzunehmen (vgl. von Caemmerer/Schlechtriem/Stoll, aaO, Rn. 4 zu Art. 76). Bei der abstrakten Schadensberechnung wird also unterstellt, daß die Klägerin als Verkäuferin ihren Speck in … zum Marktpreis verkauft hat. Die von ihr aufgewendeten Transportkosten … wären auch bei Durchführung des Vertrages angefallen, denn sie hatte frei … zu liefern. Da der Senat ferner aufgrund der von dem Sachverständigen … mitgeteilten Notierungen für … und … keinerlei Anhaltspunkte dafür sieht, daß die Klägerin diese Preise nicht auch im Raum … erzielt hätte, bleiben Transportkosten auf den ermittelten Marktpreis ohne Einfluß.
b) Die Beklagte kann der Schadensberechnung der Klägerin nach Art. 76 CISG nicht den auf Art. 77 CISG gestützten Einwand entgegenhalten, sie hätte den Schaden dadurch mindern können und müssen, daß sie die Restmenge des Speckes jeweils einzeln verpackt hätte. Hierzu war die Klägerin aber, wie oben dargelegt, auf ihre Kosten vertraglich nicht verpflichtet. Sie hat aber nach der von der Beklagten behaupteten Beanstandung der vierten Teillieferung dieser schon mit Fernschreiben vom 13.10.1989 (Bl. 45, 44) eine Verpackung des Specks gegen einen Aufpreis von 0,14 DM je kg angeboten. Die Klägerin ist damit ihren Obliegenheiten aus Art. 77 CISG nachgekommen.
c) Auf dieser Basis eines Marktpreises von 1,13 DM je kg berechnet sich der Schaden der Klägerin wie folgt:
Hinsichtlich eines Teiles von 16,6 t der Restmenge belief sich der Vertragspreis auf 1,35 DM, die Differenz zu dem Marktpreis mithin auf 0,22 DM. Dies ergibt einen Schaden von 3.652,- DM (16.600 kg x 0,22 DM). Für weitere nicht abgenommene 100 t lag der Vertragspreis bei 1,40 DM, so daß die Differenz zum Marktpreis 0,27 DM beträgt. Insoweit errechnet sich ein Schaden von 27.000,- DM (100.000 kg x 0,27 DM). Der Schadensersatzanspruch der Klägerin beläuft sich daher insgesamt auf 30.652,- DM.
B. Die Beklagte schuldet darüberhinaus der Klägerin als Restkaufpreis aus Art. 52 CISG einen Betrag in Höhe von 410,61 DM. Aus der von der Klägerin am 09.10.1989 unstreitig erbrachten vierten Teillieferung über 22,4 t Speck ergab sich eine Kaufpreisforderung von 30.240,- DM, die rechnerisch bis auf 821,91 DM erfüllt ist. Hinsichtlich dieser Restforderung haben die Parteien ihren Streit über die einzelnen Positionen Gebühren der Auslandsüberweisung (54,21 DM), Verrechnung mit einer Überzahlung für die dritte Teillieferung (200,- DM) und Minderung wegen 420 kg verschmutzten Specks aus der vierten Teillieferung (567,- DM) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beigelegt und Einigkeit darüber erzielt, daß die Restforderung von 821,21 DM zur Hälfte begründet ist. Die Beklagte ist daher zur Zahlung weiterer 410,61 DM verpflichtet.
C. Der Zinsanspruch ist begründet aus Art. 78 CISG iVm Art. 1284 CC (Codice Civile) und Art. 28 Abs. 1 EGBGB.
D. Die Beklagte war daher auf ihre Berufung zur Zahlung von insgesamt nur 31.062,61 DM zu verurteilen; die weitergehende Berufung mußte zurückgewiesen werden.