Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen vertragswidriger Lieferung von Oberflächenschutzfolie in Anspruch.
Im März 1995 bestellte die Klägerin bei der Beklagten 7.500 qm Folie für 0,57 DM pro Quadratmeter. Die Folie mußte selbstklebend sein und sich von geschliffenen Edelstahlblechen so wieder ablösen lassen, daß keine Klebereste zurückblieben. Diese Anforderungen erfüllte die am 28.03.1995 gelieferte Folie nicht, weil der aufgebrachte Acrylat-Kaschierkleber für diesen Anwendungszweck nicht geeignet war.
Die Klägerin untersuchte die gelieferte Folie auf Vollständigkeit und Mangelhaftigkeit; eine Probeverarbeitung führte sie nicht durch. Ihr Vertragspartner, die Firma … und … mbH teilte ihr am 20.04.1995 mit, nach Abziehen der Folie hafte „der komplette Kleberückstand wie ein Klebefilm auf der geschliffenen Oberfläche“. Am 21.04.1995 rügte die Beklagte gegenüber der Klägerin diese Vertragswidrigkeit. Die Firma … GmbH reinigte die Edelstahloberflächen für 492.240 öS, die ihr die Klägerin ersetzte. Die Parteien versuchten sich zu einigen, in mehreren Gesprächen und im Schriftwechsel rügte die Beklagte nicht, daß ihr die Klägerin die Vertragswidrigkeit erst am 21.04.1995 mitgeteilt hatte.
Die Klägerin verlangt Ersatz der 492.240 öS von der Beklagten. Sie hat behauptet, dieser Betrag sei zur Reinigung der Bleche unbedingt erforderlich gewesen. Die Mängelrüge sei fristgerecht nach den Bestimmungen des CISG gewesen, da die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, welche unstreitig eine Rügepflicht von acht Tagen vorsehen, nicht Vertragsinhalt geworden seien. Der Mangel sei erst mit fortlaufender Zerstörung des Klebefilms offenbar geworden.
Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, die Beklagte habe sie arglistig getäuscht, Früher habe sie nämlich Kautschukkleber verwendet, bei dem es solche Probleme nicht gegeben habe.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Mängelrüge für verspätet gehalten und behauptet, der Acrylatkleber sei auch früher aufgebracht worden; nicht dieser Klebertyp sei ungeeignet, sondern die konkret verwendete Klebercharge sei fehlerhaft gewesen. Dies habe sie nicht vorhersehen können. Die Beklagte hat auch die Verjährungseinrede nach § 477 BGB erhoben.
Das Landgericht Heidelberg hat mit Grund- und Teilurteil den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Klägerin zur Zahlung von 35.160 öS verurteilt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe dieses Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses Grund- und Teilurteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie hält eine Rüge nach 25 Tagen nicht für fristgerecht, gleichgültig ob man von Nr. 13 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen, von § 377 HGB oder von Art. 38, 39 CISG ausgehe.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 02.10.1996 werde aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Berufung.
Sie behauptet über ihren erstinstanzlichen Vortrag hinaus, sie sei nach Art. 44 CISG entschuldigt, weil umfangreiche Klebeversuche nicht erforderlich gewesen seien, um die angelieferte Ware zu untersuchen. Außerdem dürfe sich die Beklagte nicht auf die evtl. nicht fristgerechte Rüge berufen, weil sie ohne diese Beanstandung über den Schadensersatzanspruch mit der Klägerin verhandelt habe. Schließlich sei die Beklagte bösgläubig im Sinne von Art. 40 CISG gewesen, weil sie die Vertragswidrigkeit der gelieferten Folie gekannt habe.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Heidelberg vom 02. Oktober 1996 ist begründet. Obwohl die von der Beklagten am 28. März 1995 gelieferte Schutzfolie mangelhaft war, stehen der Klägerin keine Sachmängelgewährleistungsansprüche zu. Sie hat nämlich diese Vertragswidrigkeit nicht innerhalb kurzer Frist der Beklagten angezeigt und deshalb ihre Rechte verloren (Art. 38, 39 CISG).
I. Die Rechtsbeziehung zwischen den Parteien beurteilt sich nach dem Einheitlichen UN-Kaufrecht (CISG). Deutschland und Österreich sind Vertragsstaaten im Sinne von Art. 1 Abs. 1 a CISG; ferner führt das internationale Privatrecht (Art. 27, 28 EGBGB) zur Anwendung deutschen oder österreichischen Rechts und damit zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates (Art. 1 Abs. 1 b CISG).
Das UN-Kaufrecht wäre nur dann nicht berufen, wenn mit hinreichender Sicherheit deutlich wäre, daß die Parteien über die Rechtswahl das materielle, unvereinheitlichte Recht eines jeweiligen Vertragsstaates vereinbarten und die Geltung des CISG gerade nicht wollten (Art. 6 CISG). Konkrete Anhaltspunkte für eine Abbedingung des UN-Kaufrechts fehlen; sie ergeben sich insbesondere nicht aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Parteien. Die Verweisung auf das Recht eines Vertragsstaates (Nr. 13 AGB der Beklagten: „Es gilt deutsches Recht“) führt nämlich grundsätzlich zur Maßgeblichkeit des UN-Kaufrechts, das seit dem 01.01.1991 das deutsche Kaufrecht für den Außenhandel darstellt (Detzer und Thamm, Betriebsberater 1992, 2370; Piltz, Internationales Kaufrecht, 1993, § 2, Rn. 111). Nach Art. 1 Abs. 1 b CISG führt ja die Wahl des Rechts eines Vertragsstaates gerade zur Anwendung des UN-Kaufrechts, so daß aus der gleichen Klausel im Zusammenhang mit Art. 6 CISG nicht der Ausschluß des UN-Kaufrechts gefolgert werden kann (vgl. zur Wahl abweichenden Rechts: Herber in v. Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 2. Aufl., Art. 6, Rn. 14, 16 ff.). Andere Anhaltspunkte dafür, daß die Parteien das UN-Kaufrecht abbedungen hätten, sind weder behauptet noch ersichtlich.
II. Die fehlerhafte Schutzfolie ist vertragswidrig im Sinne von Art. 35, 36 CISG. Nach Art. 38 CISG hat der Käufer die Ware „innerhalb einer so kurzen Frist zu untersuchen oder untersuchen zu lassen, wie es die Umstände erlauben“. Dieser Untersuchungspflicht, zu der auch eine Probeverarbeitung gehört, ist die Klägerin nicht fristgerecht nachgekommen. Sie hat nach Art. 39 Abs. 1 CISG ihr Recht verloren, sich auf die Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, da sie diese unstreitige Vertragswidrigkeit nicht „innerhalb angemessener Frist nach dem Zeitpunkt, in dem sie ... diese hätte feststellen müssen, angezeigt“ hat. Die Untersuchung „innerhalb kurzer Frist“ soll Klarheit zwischen den Kaufvertragsparteien schaffen, ob die gelieferte Ware als vertragsgemäß akzeptiert wird.
1. Während Art. 38, 39 CISG diese Fristen nicht näher konkretisieren, bestimmt Nr. 8 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, daß Beanstandungen nur berücksichtigt werden, wenn sie innerhalb von acht Tagen nach Ankunft der Ware schriftlich bei der Beklagten eingehen. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann dahinstehen, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nach Art. 4, 14 ff. CISG Vertragsinhalt geworden sind, und ob sie nach Art. 4, 7 Abs. 2 CISG iVm Art. 31 Abs. 1, 27, 28 Abs. 1 und 2 EGBGB, § 9 AGBG die Klägerin unangemessen benachteiligen. Für eine derartige Benachteiligung spricht, daß Rügerechte auch dann erlöschen, wenn versteckte Mängel vorliegen, die innerhalb von acht Tagen gar nicht entdeckt werden können (vgl. hierzu BGH NJW 1992, 575); eine geltungserhaltende Reduktion ist ausgeschlossen.
Die Klägerin hat nämlich nicht „in kurzer Frist untersucht“. Sie erhielt die Schutzfolie am 28. März 1995 angeliefert; ihre erste schriftliche Mängelanzeige datiert vom 21. April 1995, nachdem sie die Beklagte unmittelbar zuvor am selben Tage telefonisch benachrichtigt hatte, daß ihr Abnehmer, die Firma … GmbH, bei der Folienverarbeitung Kleberückstände auf den abgeklebten Metalloberflächen bemerkt habe und ihr dies am 20. April 1995 mitgeteilt worden sei. Diese Mängelrüge erfolgte also 24 Tage nach Anlieferung der Ware.
a) Auch wenn die Fristen in Art. 38, 39 CISG „etwas weicher formuliert sind“ als in § 377 HGB (Detzer und Thamm, BB 1992, 2375) und im Einzelfall flexibel zu handhaben sind, ist der Käufer gehalten, die Ware innerhalb kurzer Frist auf Vertragswidrigkeiten zu untersuchen. Als „Mittelwert“ für diese Untersuchungsfrist nach Art. 38 Abs. 1 CISG, der je nach Lage des Falles nach unten oder oben zu korrigieren ist, kann auch bei dauerhaften Gütern von drei bis vier Tagen ausgegangen werden (Piltz, Internationales Kaufrecht, 1993, § 5, Rn. 52; OLG Koblenz, RIW 1989, 310 ff. zum Haager EKG; vgl. auch OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 999 zur Rüge bei verderblicher Ware).
b) Ausmaß und Intensität der Untersuchung sind abhängig von der Art der Ware, ihrer Verpackung und den Möglichkeiten des typischen Käufers. Auch bei langjähriger Geschäftsbeziehung sind Stichproben stets zumutbar und ist eine sogenannte Probeverarbeitung geboten, wenn sich der Mangel, auf den hin untersucht werden soll, nur nach Verarbeitung erkennen läßt (OLG Köln, BB 1988, 20 zu § 377 HGB; Schwenzer in v. Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 2. Aufl., Art. 38, Rn. 14).
Die Klägerin überprüfte die Klebefolie nicht, nahm insbesondere keine Probeverarbeitung oder Klebeversuche vor, obwohl sie dazu ohne weiteres in der Lage gewesen wäre und die Klebeversuche zur Fehlererkennung unbedingt geeignet gewesen wären. Das von ihr eingeholte Parteigutachten des österreichischen Kunststoffinstitutes vom 21.08.1995 bestätigt diese Eignung von Klebeversuchen: Vom 11.08. bis 17.08.1995 durchgeführte Untersuchungen ergaben „größere Mengen an organischen Rückständen“ auf den Blechoberflächen, die als Fleckenbildung zu beanstanden sind. Damit steht fest, daß bei einer der Klägerin oblegenen Probeverarbeitung nach maximal sieben Tagen Flecken festzustellen gewesen wären. Hätte die Klägerin mit der Probeverarbeitung nach drei bis vier Tagen begonnen, hätte sie den Mangel gegenüber der Beklagten spätestens nach zehn bis elf Tagen rügen können. Der im Betragsverfahren vernommene Zeuge … Techniker bei der Firma ... GmbH, bestätigte dies: „Wir ziehen aus jeder Charge die Folie von einem Blech zurück; im konkreten Fall ergab sich, daß der Kleber hängenblieb.“ Damit steht gleichzeitig fest, daß ein verdeckter Mangel nicht vorlag.
2. Die klägerische Anzeige der Vertragswidrigkeit war verspätet. Nach Art. 39 Abs. 1 CISG beginnt die Anzeigefrist in dem Zeitpunkt, in dem der Mangel hätte festgestellt werden können; dies war spätestens zehn bis elf Tage nach Lieferung, also am 07. oder 08. April 1995.
Die Anzeigefrist nach Art. 39 Abs. 1 CISG ist etwas großzügiger als bei § 377 HGB („unverzüglich“) zu bemessen; sie beträgt bei nicht verderblicher Ware etwa acht Tage (Piltz, Internationales Kaufrecht, 1993, § 5, Rn. 59; Landgericht Stuttgart, RIW 1989, 984; OLG Düsseldorf RIW 1993, 325), bei verderblicher Ware oft nur wenige Stunden (Schwenzer, in v. Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 2. Aufl., Art. 39, Rn. 16). Damit ist die Rüge vom 21.04.1995 mehrere Tage verspätet. Die von der Klägerin unterlassene Probeverarbeitung bedingte die Versäumung der Anzeigefrist.
3. Nach Art. 40 CISG kann sich der Verkäufer auf die versäumte Anzeigefrist nicht berufen, wenn er die Vertragswidrigkeit der Ware kannte oder kennen mußte und sie gleichwohl dem Käufer verschwiegen hat. Die Formulierung in Art. 40 CISG: „über die er nicht in Unkenntnis sein konnte“ stellt eine Beweiserleichterung für anders nur schwer zu beweisende Kenntnis dar (vgl. Schwenzer in v. Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 2. Aufl., Art. 40, Rn. 4). Die Beklagte wußte zwar, daß die von ihr vertriebene Schutzfolie mit Acrylatkleber beschichtet war. Streitig ist jedoch, ob sie auch wußte bzw. „nicht in Unkenntnis darüber sein konnte“, daß diese Kleberbeschichtung die Folie vertragswidrig machte. Diese Kenntnis hat der Käufer zu beweisen; die Klägerin hat dafür keine Beweise angeboten. Im übrigen bezeichnet das Parteigutachten des Österreichischen Kunststoffinstitutes nur den eingesetzten Acrylat-Kaschierkleber, nicht solche Kleber schlechthin als offensichtlich nicht geeignet. Die Beklagte behauptet auch, solche Kleber schon mehrmals auf ihre Folien aufgebracht zu haben, ohne daß sich beim Abziehen Kleberückstände gebildet hätten. Diese Erklärung kann die Klägerin nicht widerlegen; sie deutet auf einen fehlerhaften Kleber, nicht aber auf die generelle Ungeeignetheit dieses Klebertyps hin.
4. Der Käufer kann gemäß Art. 44 CISG ungeachtet Art. 39 Abs. 1 CISG Schadensersatz verlangen, wenn er eine „vernünftige Entschuldigung“ dafür hat, daß er die erforderliche Anzeige unterließ. Eine solche Entschuldigung hat die Klägerin nicht vorzubringen vermocht. Art. 44 CISG entlastet den Käufer nämlich nur bei unterbliebener Anzeige oder Mißachtung der in Art. 39 Abs. 1 CISG aufgestellten Erfordernisse. Ihm wird nicht nachgesehen, wenn er die nach Art. 38 CISG vorgesehene Untersuchung nicht ordnungsgemäß ausgeführt hat: Ist die nachträgliche Anzeige dadurch verursacht, daß der Käufer die Ware nicht in gebotener Weise untersucht hat, scheitert seine Berufung auf Art. 44 CISG (Piltz, Internationales Kaufrecht, 1993, § 5, Rn. 78; Huber in v. Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 2. Aufl., Art. 44, Rn. 1 und 4).
So liegt der Fall hier; die vorgesehene Untersuchung auf Umfang und Beschädigung der Ware erfaßte nicht alle in Art. 38 CISG gebotenen Untersuchungsmaßnahmen, zu denen eine Probeverarbeitung zählt.
5. Die Beklagte ist auch nicht aus anderen Gründen gehindert, sich auf die versäumte Anzeigefrist zu berufen.
a) Dabei kann für Art. 35, 38, 39 CISG und die Rügeobliegenheit dahin- stehen, ob die Beklagte – entsprechend deutschem Recht (§ 459 Abs. 2 BGB) – bestimmte Eigenschaften der Kaufsache zugesichert hat. Die „Vertragswidrigkeit“ nach Art. 35 CISG ist nämlich von national geprägten Vorstellungen aus den Absprachen der Parteien losgelöst (Piltz, Internationales Kaufrecht, 1993, § 5, Rn. 25); deutschrechtliche Begriffe wie „Fehler“ bzw. „zugesicherte Eigenschaften“ sind deshalb auf das UN-Kaufrecht nicht übertragbar. Garantiezusagen sind nur für Art. 36 Abs. 2 und Art. 46 Abs. 2 CISG relevant, nicht aber für Rügeobliegenheiten.
b) Schließlich hat die Beklagte ihr Recht, sich auf die nicht rechtzeitige Rüge zu berufen, auch nicht verwirkt.
Nach Art. 7 Abs. 1, 80 CISG sind für die Rechtsausübung auch Grundsätze von Treu und Glauben maßgebend; dazu zählen etwa das Verbot des venire contra factum proprium (Herber in v. Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 2. Aufl., Art. 7, Rn. 37), also die wegen früheren Verhaltens unzulässige Rechtsausübung.
Das vorprozessuale Verhandeln der Beklagten über die Vertragswidrigkeit in Verbindung mit der Tatsache, daß die Beklagte dabei die verspätete Rüge der Vertragswidrigkeit der Ware nicht zum Verhandlungsgegenstand machte, führt jedoch nicht dazu, daß die Beklagte im Rechtsstreit nach Art. 7 Abs. 1, 80 CISG mit dem Hinweis, die Klägerin habe nicht rechtzeitig gerügt, ausgeschlossen ist. Das vorprozessuale Verhalten der Beklagten ist nämlich auch vor dem Hintergrund längerer Vertragsbeziehungen zu sehen. Die Beklagte prüfte die behaupte- ten Mängel und bot vergleichsweise Ersatzlieferung an. Ob ein Mangel vorlag, war für sie – unabhängig von diesem Einzelfall – von erheblichem Interesse, mußte sie doch eventuell ihre Produktion umstellen und einen anderen Kleber verwenden. Es ist bei § 377 HGB anerkannt, daß ein Verhandeln über den gerügten Mangel nicht schon den Verzicht der Verkäuferin auf den Verspätungseinwand bedeutet (siehe Baumbach/Duden/Hopt, HGB-Kommentar, 29. Aufl., § 327, Rn. 14). Eine andere Beurteilung würde dazu führen, daß jede Verhandlungsbereitschaft – auch aus Kulanzgründen – für die Verkäuferin die Gefahr mit sich brächte, den Verspätungseinwand zu verlieren; dies ist nicht sachgerecht (BGH BB 1978, 1489). Diese Rechtsgrundsätze gelten auch im Anwendungsbereich des CISG. Auch hier müssen deshalb besondere Umstände des Einzelfalles vorliegen, die auf einen eindeutigen Verzicht schließen lassen. Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen; sie ergeben sich auch nicht aus dem vorgelegten Schriftwechsel der Parteien. Danach ist ein „schutzwürdiger Besitzstand“ der Klägerin aufgrund der Verhandlungen über die Vertragswidrigkeit gerade nicht entstanden.