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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-909
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-909  



LG Hamburg (DE) 26.09.1990 - 5 O 543/88
Art. 8, 78 CISG – unalexAuslegung von Erklärungen und Verhalten der Parteien –unalexZinsen

LG Hamburg (DE) 26.09.1990 - 5 O 543/88, unalex DE-909



Bei der Auslegung von Vertragserklärungen ist auch das Verhalten der Parteien nach Vertragsschluss zu berücksichtigen.

Die Höhe des Zinsanspruchs ist im CISG nicht geregelt. Sie bestimmt sich nach dem auf die vertragliche Verpflichtung anzuwendenden Recht. Für eine Sonderanknüpfung an das Sitzrecht des Schuldners besteht kein Grund.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

 CLOUT Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung von UNCITRAL

-  Entscheidungstext 

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft ... Rechts. Sie stellt Bekleidungsartikel her und vertreibt sie. Am 2. Juni 1988 war der Beklagte bei der Klägerin in ... und bestellte bei ihr Bekleidungsartikel im Gesamtwert von DM 94.893,‑ . Streitig ist, ob er die Textilien für eine Firma „...“ mit der Anschrift „...“ oder für die Firma „...“ (im folgenden: „... GmbH“) bestellte.

Eine Firma „...“ mit der Betriebsanschrift „...“ ist in dem beim Bezirksamt ..., Ortsamt ..., geführten Gewerberegister nicht angezeigt.

Die Firma „... GmbH“ ist in dem beim Amtsgericht ... geführten Handelsregister unter der Nummer HR B ... eingetragen. Gegenstand des Geschäftsbetriebes ist – zumindest auch – die Herstellung und der Vertrieb im In- und Ausland von Chemikalien aller Art für Industrie und Gewerbe und von dazu gehörigen technischen Geräten. Streitig ist, ob sich die Firma darüber hinaus dem Im- und Export von anderen Waren widmete und ob eine entsprechende Umfirmierung vorgesehen war.

In der Zeit vor dem 2. Juni 1988 hatten Kontakte zwischen dem Zeugen ... und der Firma ... GmbH bestanden. Es ist streitig, ob der Beklagte dem Zeugen als Einkäufer der ... GmbH bekannt war, und ob der Zeuge eine Auskunft über die GmbH einholte.

Am 30. August 1988 stellte der Zeuge ... der ... GmbH eine Provisionsrechnung, die auch die Vermittlung von Aufträgen an die Klägerin umfaßt. Ferner wandte er sich zur Durchsetzung von Ansprüchen in einem anwaltlichen Mahnschreiben an die ... GmbH.

Kurze Zeit nach der Kontaktaufnahme zwischen dem Beklagten und dem Zeugen ... nahm dieser – noch im Mai 1988 – seinerseits Kontakt mit dem Zeugen ..., einem Handelsvertreter in ... den Zugang zu ... Firmen zu verschaffen. Streitig ist, ob der Zeuge ... dem Zeugen ... Auskünfte über die ... GmbH weitergeleitet hat.

Ende Mai – wenige Tage vor Vertragsschluß – fand ein Vorgespräch zwischen dem Beklagten und den Zeugen ... und ... statt. Es ist streitig, in welcher Eigenschaft der Beklagte gegenüber dem Zeugen ... aufgetreten ist.

Über den Zeugen ... lernte der Beklagte die Klägerin kennen. In dem Gespräch vom 2. Juni 1988 redete der Beklagte deutsch und die Vertreter der Klägerin italienisch. Der Zeuge ... übersetzte. Während des Gespräches überreichte der Beklagte der Klägerin einer der Anl. K 1 entsprechende Visitenkarte folgenden Inhalts:

„Import. Export...“ Der Name „...“ war im Original in deutlich kleinerer Schrift gedruckt als der Namenszug „Import Export.“ Streitig sind die Umstände der Übergabe der Karte und die Frage, ob dies die einzige vom Beklagten am 2. Juni 1988 übergebene Visitenkarte war.

Bei der Bestellung der Textilien vereinbarten die Parteien, daß der Kaufpreis innerhalb von 60 Tagen ab Rechnungsdatum zu zahlen sein sollte.

Die Ware wurde mit der Rechnung Nr. ... vom 9. Juni 1988 nach ... geliefert. Die Rechnung war adressiert an „...“.

Ende Juli/Anfang August 1988 reiste der Zeuge ... nach .... In ... führte er ein Gespräch mit dem Beklagten und mit dem Geschäftsführer der ... GmbH, dem Zeugen .... Es ist streitig, ob der Zeuge ... in dem Gespräch als Vermittler für die Klägerin oder als ihr Vertreter auftrat. Bei dem Treffen wurde dem Zeugen ... ein am 15. September 1988 fälliger Wechsel übergeben, auf dem die ... GmbH als Bezogener und als Akzeptant eingetragen war. Die Klägerin legte den Wechsel der ... GmbH am Fälligkeitstag zur Zahlung vor. Er ging zu Protest.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung des Kaufpreises in Anspruch und trägt dazu vor:

Der Beklagte sei ihr gegenüber unter dem Namen einer Firma „...“ mit der Anschrift „...“ aufgetreten. Er habe ihr am 2. Juni 1988 lediglich eine der Anl. K 1 entsprechende Visitenkarte vorgelegt. Durch sein Auftreten und seine Erzählungen sei bei ihr am 2. Juni 1988 der Eindruck entstanden, bei der ... handele es sich um eine Firma, hinter der der Beklagte persönlich stehe. Da es eine Firma „...“ in Wirklichkeit nicht gebe, hafte der Beklagte – nach ... Recht – persönlich für die Kaufpreisschuld. Ein etwaiger geheimer Wille des Beklagten, für die GmbH auftreten zu wollen, sei unbeachtlich. Die Reise des Zeugen ... nach ... zu Lösung der Zahlungsprobleme könne über die Vertragsparteien nichts aussagen .... sei nach ... gereist, um seinen guten Ruf zu schützen und um ihr – der Klägerin – bei der Betreibung der offenen Forderung behilflich zu sein. Als sich abgezeichnet habe, daß die von dem Beklagten benannte Firma „...“ nicht werde zahlen können, sei es ihr, der Klägerin, bei der Annahme eines Wechsels von der ... GmbH unwichtig gewesen, welche Person nunmehr zahle.

Die Klägerin stützt die Klage auch auf eine Haftung des Beklagten aus unerlaubter Handlung. Hierzu behauptet sie, der Beklagte habe am 2. Juni 1988 ihr Vertrauen unter anderem dadurch erweckt, daß er vorgegeben habe, er habe vor kurzem durch den Tod seiner Mutter oder Großmutter eine Erbschaft in Höhe von mehreren Millionen angetreten und verfüge deshalb über ausreichend Kapital, um die von ihm eingegangenen Geschäfte abzuwickeln. Tatsächlich habe der Beklagte niemals die Absicht gehabt und über die finanziellen Mittel verfügt, um den von ihm eingegangenen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Nach Erhalt der Ware habe der Beklagte diese unter dem Einkaufspreis weiterveräußert und den Erlös zu seiner Bereicherung verwendet.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin DM 94.893,‑ nebst 13 % Zinsen seit dem 9. August 1988 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, nicht passivlegitimiert zu sein.

Er behauptet, er sei am 2. Juni 1988 – ebenso wie bereits zuvor in den Gesprächen mit den Zeugen ... und ... – als Einkäufer der ... GmbH aufgetreten. In dieser Eigenschaft sei er von dem Zeugen ... bei der Klägerin eingeführt worden. Er habe mit Vollmacht der Firma ... GmbH gehandelt, zu der er in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe. Seit dem Frühjahr 1988 habe sich die GmbH auch dem Im- und Export von Waren aller Art gewidmet. Eine Umfirmierung sei vorgesehen gewesen. Am 2. Juni 1988 habe er, der Beklagte, der Klägerin zunächst eine der Anl. B 1 entsprechende Visitenkarte folgenden Inhalts übergeben:

„... GmbH Abteilung Einkauf ...“. Die der Anl. K 1 entsprechende Visitenkarte habe er lediglich zur näheren Bezeichnung der Lieferadresse überreicht. Den Zeugen ... und ... habe eine Auskunft über die GmbH vorgelegen.

Ein Anspruch aus unerlaubter Handlung sei nicht gegeben, weil er von der Bonität, Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft der ... GmbH ausgegangen sei und zum damaligen Zeitpunkt auch habe ausgehen können.

Das Gericht hat Beweis erhoben über die Behauptungen des Beklagten, er sei von dem Zeugen ... bei der Klägerin als Einkäufer der Firma ... GmbH eingeführt worden, dazu habe er die Visitenkarte gem. Anl. B 1 überreicht und bei Übergabe der weiteren Visitenkarte gem. Anl. K 1 erläutert, aus dieser ergebe sich lediglich die Lieferanschrift; er habe bei den in Rede stehenden Geschäften in Vollmacht der Firma ... GmbH gehandelt; er habe in einem Arbeitsverhältnis zur Firma ... GmbH gestanden durch Vernehmung der Zeugen ... und .... Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle vom 12. Juli 1989 und vom 6. Juni 1990 verwiesen.

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zur Akte gereichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Hamburg zuständig. Die Zuständigkeit folgt aus Art. 2 Abs. 1 des Europäischen Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen („EuGVÜ“). Das Übereinkommen ist anwendbar, da ... und die Bundesrepublik Deutschland Vertragsstaaten sind und der Anwendungsbereich des Übereinkommens betroffen ist (Art. 1 EuGVÜ). Der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten ist Hamburg, wo er seinen Wohnsitz hat (Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ).

II. Die Klage ist im wesentlichen begründet.

1. In Höhe von DM 94.893,‑ steht der Klägerin ein Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus Art. 53 des Wiener Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 („Uncitral-Kaufrechtsübereinkommen“ oder „VNKÜ“, BGBl. 1989 II 588) zu.

a) Die Parteien haben wirksam am 2. Juni 1988 einen Kaufvertrag geschlossen. Die Voraussetzungen für das wirksame Zustandekommen des Kaufvertrages liegen vor. Insbesondere sind die Voraussetzungen von Art. 23 VNKÜ erfüllt.

aa) Das Uncitral-Kaufrechtsübereinkommen ist auf die Prüfung des wirksamen Zustandekommens des Kaufvertrages als ... Einheitsrecht anwendbar.

... Recht wird von Art. 31 Abs. 1 GBGB als maßgebliches Statut berufen, nach dem sich das Zustandekommen des Kaufvertrages richtet.

Art. 31 Abs. 1 EGBGB ist anzuwenden, weil für die Prüfung des Zustandekommens des Vertrages weder völkervertraglich vereinheitlichtes Sachrecht noch ein Kollisionsrechtsübereinkommen heranzuziehen ist (vgl. Art. 3 Abs. 2 EGBGB). Insbesondere ist das Einheitliche Gesetz über den Abschluß von internationalen Kaufverträgen über bewegliche Sachen vom 17. Juli 1973 („EAG-Gesetz“, BGBl. 1973 I 868) nicht anzuwenden. Die Anwendungsvoraussetzungen von Art. 1 EAG-Gesetz liegen nicht vor, weil im Falle des Zustandekommens des Kaufvertrages das Einheitliche Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen vom 17.7.1973 („EKG-Gesetz“, BGBl. I 856; 1974 I 358) nicht gelten würde (Art. 1 iVm Art. 14 EAG-Gesetz). Das EKG-Gesetz ist nur auf in Art. 1 Abs. 1 EKG-Gesetz näher bezeichnete Kaufverträge über bewegliche Sachen anwendbar, bei denen die Parteien ihre Niederlassung oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in verschiedenen Vertragsstaaten haben (Art. 1 Abs. 1, 2 EKG-Gesetz). Dies ist hier nicht der Fall. Vertragsstaaten im Sinne des EKG-Gesetzes sind nach Art. 102 EKG- Gesetz nur die Vertragsstaaten des – dem EKG-Gesetz zu Grunde liegenden – Haager Übereinkommens zur Einführung eines einheitlichen Gesetzes über den internationalen Kauf beweglicher Sachen vom 1.7.1964 („EKG-Übereinkommen“, BGBl. II 886; 1974 II 146). Am 2. Juni 1988 war zwar die Bundesrepublik, nicht aber ... Vertragsstaat dieses Übereinkommens (BGBl. 1987 II 231).

Auch Art. 14 ff. des Uncitral-Kaufrechtsübereinkommens verdrängen nicht nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 EGBGB die Anwendung von Art. 31 Abs. 1 EGBGB. Das Übereinkommen ist nicht als völkerrechtlich vereinheitlichtes Sachrecht kraft eigener Rechtsanwendungsregeln (Art. 1 Abs. 1 a VNKÜ) anzuwenden. Zwar war ... am 2. Juni 1988 schon Vertragspartner dieses Übereinkommens (BGBl. 1987 II 231, 232), doch traf dies zu jenem Zeitpunkt für die Bundesrepublik nicht zu (vgl. zum Inkrafttreten des Übereinkommens Art. 7 Abs. 2 des „Gesetzes zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 11. April 1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf sowie zur Änderung des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 19. Mai 1956 über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR)“ vom 5. Juli 1989, BGBl. 1989 II 586).

Italienisches Recht ist das nach Art. 31 Abs. 1 EGBGB maßgebliche – hypothetische – Vertragsstatut. Dies folgt aus Art. 28 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 EGBGB iVm Art. 35 EGBGB. Diese Normen werden nicht durch ihnen vorangehende Normen verdrängt. Völkervertraglich vereinheitlichtes Sach- oder Kollisionsrecht ist zur Bestimmung des Vertragsstatutes nicht heranzuziehen. Dies gilt insbesondere für das EKG-Gesetz, weil- wie dargestellt – am 2. Juni 1988 nicht Vertragsstaat des EKG-Übereinkommens war. Ebenso kommt auch das Uncitral-Kaufrechtsübereinkommen nicht unmittelbar als Vertragsrecht zur Anwendung, weil die Bundesrepublik – wie dargestellt – am 2. Juni 1988 nicht Vertragsstaat dieses Übereinkommens war. Auf der Ebene des autonomen internationalen Privatrechts ist eine der objektiven Anknüpfung nach Art. 28 EGBGB vorangehende Anknüpfung nicht möglich: Art. 27 EGBGB ist nicht anzuwenden, weil die Parteien selbst während des Prozesses keine Rechtswahl getroffen haben.

... Recht ist das – hypothetische – Vertragsstatut. Denn nach der in Art. 28 Abs. 2 EGBGB vorgesehenen gesetzlichen Vermutung weist der Kaufvertrag die engsten Verbindungen mit diesem Recht auf: Die Klägerin hat ihre Hauptverwaltung in .... Auf die Klägerin kommt es allein bei der Anknüpfung nach Art. 28 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 EGBGB an. Sie hat nach dem Vertrage Textilien zu liefern und damit als Verkäuferin die charakteristische Leistung des Kaufvertrages zu erbringen. Aus der Gesamtheit der Umstände ergibt sich nicht, daß die Vermutung nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB zu Gunsten des ... Rechts durch engere Verbindungen des Vertrages zur Bundesrepublik Deutschland verdrängt wird (Art. 28 Abs. 5 EGBGB). Die Verweisung auf das ... Recht ist abschließend, da sie als Sachnormverweisung ausgesprochen wird (Art. 35 EGBGB).

Im ... Recht gehen Art. 14 ff. des Uncitral-Kaufrechtsübereinkommen den Regelungen des autonomen ... Kaufrechts im Codice civile vor. Dies folgt aus Art. 1 Abs. 1 b VNKÜ. Diese Norm ist bei der Anwendung des Übereinkommens als ... Recht zu beachten ist, weil ... bei der Ratifikation des Übereinkommens keinen Vorbehalt nach Art. 95 VNKÜ erklärt hat (vgl. Herber, Gedanken zum Inkrafttreten des UN-Kaufrechtsübereinkommens, RIW 1987, 340, 341 linke Spalte). Die Voraussetzungen der Rechtsanwendungsregelung des Art. 1 Abs. 1 b VNKÜ liegen vor: Italien ist Vertragsstaat des VNKÜ, und italienisches Recht ist durch das internationale Privatrecht eines anderen Staates, der Bundesrepublik Deutschland, berufen worden. Schließlich haben die Parteien ihre Niederlassung bzw. ihren gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 10 lit. b VNKÜ) in verschiedenen Staaten, nämlich die Klägerin in ... und der Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland. Dies ist ausreichend. Art. 1 Abs. 1 b VNKÜ verlangt nicht, daß die betroffenen Staaten Vertragsstaaten sein müssen (v. Caemmerer/Schlechtriem/Herber, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht-CISG-, München 1990, Art. 1, Rn. 35; Bianca/Bonell/Jayme, Commentary on the International Sales Law, The 1980 Vienna Sales Convention, Milan 1987, Art. 1 Anm. 2.5).

bb) Den nach Art. 23 Abs. 1 VNKÜ erforderlichen Austausch von Angebots- und Annahmeerklärung haben die Parteien vorgenommen. Insoweit bedarf es keiner Klärung, welche der Parteien das Angebot und welche die Annahme erklärt hat. Beide Parteien haben zumindest in der Verhandlung vom 2. Juni 1988 eine auf den Abschluß des Kaufvertrages gerichtete Erklärung abgegeben. Dies folgt daraus, daß der Beklagte unstreitig am 2. Juni 1988 Textilien im Wert von DM 94.893,‑ bei der Klägerin „bestellt“ hat.

Die Erklärungen wirken gegen die Parteien dieses Rechtsstreits. Insbesondere wirkt die Erklärung des Beklagten gegen ihn selbst und nicht gegen einen Dritten. Er selbst ist Vertragspartner des Kaufvertrages geworden.

(A.) Gegen die ... GmbH wirkt die Erklärung des Beklagten vom 2. Juni 1988 nicht, weil nach dem anwendbaren Art. 8 VNKÜ eine Wirkung dieser Erklärung gegen die ... GmbH nicht in Betracht kommt.

Art. 8 VNKÜ ist bei der Anwendung von Art. 23 VNKÜ zu beachten (vgl. Bianca/Bonell/Farnsworth, aaO, Art. 8, Anm. 2.1). Die Norm betrifft die Auslegung von Parteierklärungen und Parteiverhalten. Die Auslegung der Erklärung und des Verhaltens des Beklagten geht der Frage vor, ob der Beklagte möglicherweise wirksam mit Wirkung gegen die ... GmbH handelte. Nur diese Frage wäre nach dem selbständig anzuknüpfenden und daher noch zu bestimmenden Vollmachtstatut zu lösen (vgl. Art. 37 Nr. 3, 1. Alt. EGBGB sowie Kegel, Internationales Privatrecht, 6. Aufl. 1987, S. 397; v. Caemmerer/Schlechtriem/Herber, aaO, Art. 4, Rn. 11).

Die Auslegung der Erklärung selbst wird hingegen noch vom Abschlußstatut bestimmt: dem ... Recht in der Form des Uncitral-Kaufrechtsübereinkommens. Insoweit enthält Art. 8 VNKÜ eine abschließende Regelung.

Nach der Auslegung des Verhaltens des Beklagten gem. Art. 8 VNKÜ kommt eine Wirkung der Erklärung des Beklagten gegen die ... GmbH nicht in Betracht. Dabei bedarf es keiner Klärung, ob der Beklagte insgeheim am 2. Juni 1988 den Willen gehabt hat, für die ... GmbH zu handeln. Jedenfalls war der Klägerin solch ein Wille nicht bekannt (Art. 8 Abs. 1, 2. Halbs., 1. Alt. VNKÜ) oder irgendwie erkennbar (Art. 8 Abs. 1, 2. Halbs., 2. Alt. VNKÜ; Art. 8 Abs. 2, 3 VNKÜ). Dies steht nach der Überzeugung der Kammer unabhängig davon fest, ob der an der Person der Klägerin ausgerichtete Erkennbarkeitsbegriff von Art. 8 Abs. 1, 2. Halbs., 2. Alt. VNKÜ (vgl. Bianca/Bonell/Farnsworth, aaO, Art. 8, Anm. 2.3) oder der an der Verkehrsauffassung orientierte Erkennbarkeitsbegriff aus Art. 8 Abs. 2, 3 VNKÜ (vgl. Bianca/Bonell/ Farnsworth, Art. 8, Anm. 2.4; v. Caemmerer/Schlechtriem/ Junge, aaO, Art. 8, Anm. 7) zu Grunde zu legen ist. Keiner Klärung bedarf deshalb die Frage, welche Partei die Beweislast trägt und nach welchen Normen diese zu ermitteln ist (vgl. einerseits: v. Caemmerer/Schlechtriem/Herber, aaO, Art. 4, Rn. 22; andererseits: v. Caemmerer/ Schlechtriem/Huber, Art. 46, Rn. 18 a-c).

Nach der Überzeugung der Kammer spricht nichts hinreichend dafür, daß die Klägerin von einer Tätigkeit des Beklagten für die ... GmbH Kenntnis hatte oder von ihr Kenntnis hätte haben können.

(1) Der Zeuge ... hat den Beklagten nicht bei der Klägerin als Einkäufer der Firma ... GmbH eingeführt.

Dies folgt aus den Aussagen der Zeugen ... und die beide an dem Gespräch vom 2. Juni 1988 beteiligt waren – der Zeuge ... als Dolmetscher -.

Der Zeuge ... hat bekundet, er selbst und der Zeuge ... hätten den Beklagten in ... als jemanden eingeführt, der für seinen eigenen Supermarkt in ... Ware suche. Soweit er,..., zuvor eine Auskunft über die ... GmbH im Zusammenhang mit Geschäften mit den von ihm vertretenen Firmen ... und ... eingeholt habe, habe das nichts mit den späteren Geschäften in ... zu tun gehabt. Für letztere sei ... die bloße Lieferadresse gewesen.

Die Aussage des Zeugen ist glaubhaft. Hierfür sprechen zunächst die vielen Details in seiner Aussage, für deren Erinnerung er überzeugende Gründe nennt. Sie belegen alle, daß der Zeuge den Beklagten nicht bei der Klägerin als Einkäufer der Firma ... GmbH eingeführt hat. Die Kammer ist überzeugt, daß sich der Zeuge die vielen, zum Teil sehr ausgefallenen Einzelheiten nicht ausgedacht hat. So hat der Zeuge z.B. bekundet, sich an ein Gespräch im Flughafenrestaurant in ... zu erinnern, in dem er zum ersten Mal von einer Idee des Beklagten gehört habe, einen Supermarkt in ... zu eröffnen. Die Umstände des Gespräches, – die Übergabe eines Wechsels -, machen es nachvollziehbar, daß sich der Zeuge nach ca. 1 Jahr noch an die Einzelheiten des Gespräches erinnern kann.

Der Zeuge hat ferner im Detail bekundet, daß der Beklagte für die Eröffnung des Supermarktes Billigwaren gesucht habe. Für die Richtigkeit dieser Aussage spricht die spontan bekundete Erinnerung des Zeugen, er habe bei der Nennung von Billigwaren an seine Kontakte in ... und gedacht und dem Beklagten deshalb angeboten, ihm eventuell zu helfen.

Der Zeuge ... hat weiter ausgesagt, der Beklagte habe erklärt, bereits einen ... als Geschäftsführer eingestellt zu haben. Hier deutet die Angabe der Nationalität des Geschäftsführers, die zur Belegenheit des Supermarkt in ... paßt, auf die Richtigkeit der Erinnerung hin.

Auch die Angaben des Zeugen über die angebliche Erbschaft des Beklagten, die diesen persönlich als reich erschienen ließen, sind nachvollziehbar. Zum einen hat der Zeuge in diesem Punkt das Detail bekundet, der Beklagte habe mit ihm öfter erörtert, wie er, der Beklagte, die geerbten Millionen seiner Tochter testamentarisch zuwenden könne.

Zum anderen spricht die mit dem angeblichen Tode der Großmutter begründete Terminsverschiebung für die Reise nach Italien dafür, daß sich der Zeuge deutlich an die Erzählung des Beklagten über sein angebliches Millionenerbe erinnert.

Weiter hat der Zeuge das Detail bekundet, der Beklagte habe seine Zahlungsverzögerung mit Verzögerungen bei der Abnahme der Sprinkleranlage in den ... Räumen begründet.

Für die Zuverlässigkeit der Aussage des Zeugen spricht ferner die übereinstimmende und wegen der Details ebenfalls glaubhafte Aussage des Zeugen .... Dieser hat gleichfalls bekundet, daß der Beklagte in ... nicht unter Nennung der Firma ... GmbH eingeführt worden sei. Der Zeuge hat unter Nennung weiterer Einzelheiten in Übereinstimmung mit dem Zeugen ... von den Erzählungen des Beklagten über sein Geschäft in ... berichtet. Ebenso passen auch die weiteren Einzelheiten der Aussage ... zur Aussage ...: die Erzählung des Beklagten über seine angebliche Erbschaft einschließlich der Begründung der Terminsverschiebung; die Suche des Beklagten nach Eröffnungsware zu einem Einführungspreis; die Einstellung eines Direktors; das Problem der Sprinkleranlage.

Die Kammer ist davon überzeugt, daß die Zeugen ihre Aussage nicht miteinander abgesprochen hatten. Zwar ist in Anbetracht ihrer 20-jährigen Bekanntschaft eine Absprache der Aussagen nicht von vornherein auszuschließen. Beide Zeugen hätten auch ein Motiv dafür gehabt, falsch auszusagen: Im Falle des Obsiegens der Klägerin besteht zumindest die Aussicht, noch nicht gezahlte Provisionen zu erhalten. Aber die Zeugen machten ihre Aussagen frei von Emotionen und Widersprüchen sowie in dem erkennbaren Bemühen, wahrheitsgemäß ihre Erinnerung wiederzugeben. Auch die Fülle der übereinstimmenden Details spricht gegen eine Absprache.

(2) Der Beklagte hat der Klägerin am 2. Juni 1988 keine der Anl. B 1 entsprechende Visitenkarte überreicht. Dies haben die Zeugen ... und ... übereinstimmend bekundet. Ihre Aussage ist in diesem Punkt insbesondere deshalb glaubhaft, weil beide Zeugen unabhängig voneinander einen besonders einprägsamen Grund für ihre Erinnerung genannt haben: Auf den – der Anl. K 1 entsprechenden – Visitenkarten hätten sie jeweils die ... Anschrift ausstreichen müssen. Hierfür hat der Zeuge ... die überzeugende und beide Zeugen betreffende Erklärung gegeben, daß die Aufträge Erstaufträge gewesen seien und deshalb besonders auf die Anschrift geachtet worden sei.

(3) Eine der Klägerin möglicherweise zurechenbare Kenntnis des Zeugen ... von der ... GmbH scheidet ebenfalls aus. Der Zeuge ... hat bekundet, daß er dem Zeugen ... nichts über die die ... GmbH betreffende Auskunft mitgeteilt sondern nur erklärt habe, daß gegen Geschäfte mit dem Beklagten keine Bedenken bestünden. Der Zeuge ... hat zwar selbst nicht ausgeschlossen, daß dem Zeugen ... eine Auskunft über die ... GmbH vorgelegen haben kann. Auch hat er bekundet, daß er seiner Frau eine Visitenkarte der ... ohne GmbH-Zusatz überlassen habe, um eine Auskunft einzuholen. Er hat aber nicht angegeben, daß seine Frau in der kurzen Zeit bis zum 2. Juni eine Auskunft tatsächlich eingeholt und erhalten habe. Der Zeuge hat bekundet, sich insoweit auf den ihm seit 20 Jahren bekannten Zeugen ... verlassen zu haben, der ihm den Beklagten vorgestellt und mit ihm schon Geschäfte gemacht hatte.

(4) Aus der Vorlage der der Anl. K 1 entsprechenden Visitenkarte mußte die Klägerin nicht darauf schließen, daß der Beklagte im Namen der ... GmbH auftrat. Die Karte enthielt keinerlei Hinweis auf eine Haftungsbeschränkung, wie sie sowohl in ... als auch in Deutschland bei einer beschränkt haftenden Gesellschaft üblich ist. Das Fehlen jedweden haftungseinschränkenden Zusatzes bei dem Namen des Beklagten weckt im Gegenteil den Anschein, daß der Beklagte Inhaber und identisch mit der Firma ist.

(5) Nach Art. 8 Abs. 3 VNKÜ ist grundsätzlich auch das spätere Verhalten der Parteien bei der Auslegung von Parteierklärungen zu berücksichtigen. Das Verhalten der Klägerin nach Vertragsschluß bietet jedoch keinen Grund dafür, das Verhalten des Beklagten am 2. Juni 1988 so auszulegen, daß die Klägerin oder eine vernünftige Person an ihrer Stelle (Art. 8 Abs. 2 VNKU) erkennen konnte bzw. erkannt hätte, der Beklagte trete im Namen der ... GmbH auf. In dem Gespräch des Zeugen ... mit der ... GmbH in ..., in der Entgegennahme des Wechsels und in der Vorlage des Wechsels durch die Klägerin am 15. September 1988 sind keine für eine solche Auslegung sprechenden Indizien zu sehen. Soweit in diesen Handlungen ein spätes Verhalten der Klägerin i.S. Art. 8 III VNKÜ gelegen hat, was im einzelnen nicht geklärt zu werden braucht, sind sie für die Auslegung nicht ergiebig. Sie sind mehrdeutig und deshalb neutral. Sie können z.B. bedeuten, daß die Klägerin nach Vertragsschluß bereit war, die Zahlung von einem Dritten, der ... GmbH, entgegenzunehmen.

(B.) Gegen eine Firma ... ohne haftungsbeschränkenden Zusatz – „Import-Export“ oder „...“ – wirkt die Erklärung des Beklagten ebenfalls nicht, obwohl er am 2. Juni 1988 im Namen einer solchen Firma aufgetreten ist.

Die Auslegung des Verhaltens des Beklagten ist nach Art. 8 VNKÜ vorzunehmen (vgl. oben unter A.). Daraus folgt, daß der Beklagte gegenüber der Klägerin am 2. Juni 1988 im Namen einer Firma ... und ohne Hinweis auf eine Haftungsbeschränkung aufgetreten ist. Entweder hat er – ohne Hinweis auf eine Haftungsbeschränkung – im Namen einer Firma „Import-Export“ oder im Namen einer Firma „...“ gehandelt. Dies folgt aus der Vorlage einer der Anl. K 1 entsprechenden Visitenkarte am 2. Juni 1988. Diese weist entweder auf eine Firma „ Import-Export“ oder auf eine Firma „...“ hin, je nachdem, welches Gewicht dem kleiner gedruckten Namenszug „...“ beigelegt wird.

Die Wirkung der Erklärung des Beklagten ist nach deutschem autonomen Recht zu beurteilen. Danach wirken seine Erklärungen nicht gegen eine Firma „Import-Export“ oder eine Firma „...“. Eine solche Firma kann nicht eigener Träger von Pflichten sein, denn sie ist – wenn überhaupt – keinesfalls mit eigener Rechtspersönlichkeit entstanden.

(1) Auf die Frage nach der Entstehung einer Firma ... mit eigener Rechtspersönlichkeit ist deutsches autonomes Recht anzuwenden: Diese Frage ist als Vorfrage zu der vertretungsrechtlichen Frage, ob der Beklagte gegebenenfalls mit Wirkung gegen eine solche „Firma“ gehandelt hat, selbständig anzuknüpfen (vgl. Kegel, aaO, S. 231-232 mwN sowie Art. 37 Nr. 3 EGBGB; v. Caemmerer/Schlechtriem (-Schlechtriem), aaO, Vor Art. 14-24, Rn. 3). Sie ist nach dem – hypothetischen -Gesellschaftsstatut zu entscheiden. Dieses bestimmt, ob ein Gebilde mit eigener Rechtspersönlichkeit entstanden ist (vgl. Staudinger/Großfeld, IntGesR, Rn. 190; Reithmann/Martiny/Hausmann, Rn. 860 auf S. 828).

Als Gesellschaftsstatut wird in jedem Fall und unabhängig von der Klärung der Frage nach dem anwendbaren Kollisionsrecht deutsches Recht berufen. Denn sowohl der Sitz als auch der Gründungsort einer Firma ... lägen in der Bundesrepublik: Auf der der Anl. K 1 entsprechenden Visitenkarte sind zwei deutsche Adressen genannt. Deshalb bedarf es keiner Klärung, ob autonomes oder in einem Staatsvertrag festgeschriebenes Kollisionsrecht anzuwenden ist (vgl. Art. 33 Abs. 1 des „Freundschafts-,Handels- und Schiffahrtsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Italien“, BGBl. 1959 II 962, Kropholler, Internationales Privatrecht 1990, S. 456 ff.55 I). Keinesfalls ist ein anderer Anknüpfungspunkt als der Sitz oder der Gründungsort der Firma zu beachten. Beide Anknüpfungspunkte führen hier zu deutschem Recht als Gesellschaftsstatut.

(2) Nach deutschem autonomen Recht ist eine Firma ... nicht wirksam als rechtsfähiges Gebilde entstanden. Selbst wenn der Beklagte rechtmäßig unter einem Firmennamen im Sinne von § 17 HGB firmiert haben sollte, wäre die Firma kein rechtsfähiges Gebilde (arg. § 17 HGB; vgl. Heymann/Emmerich, Handelsgesetzbuch, 1989, § 17, Rn. 13).

b) Aus dem Kaufvertrag steht der Klägerin nach Art. 53 VNKÜ der Anspruch auf Kaufpreiszahlung in Höhe von DM 94.893,‑ zu. Auf die Bestimmung des Kaufpreisanspruchs ist das Uncitral-Kaufrechtsübereinkommen als italienisches Recht anwendbar, denn das Vertragsstatut ist mit dem – oben unter a) nach Art. 31 EGBGB bestimmten – hypothetischen Vertragsstatut identisch. Nach Art. 58 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative VNKÜ ist der Kaufpreisanspruch fällig, da die Klägerin dem Beklagten die Ware wie vereinbart in die ... geliefert hat. Die an die Firma „Import Export“ adressierte Lieferung ist als eine Lieferung an den Beklagten zu verstehen. Dies ist unabhängig davon der Fall, ob der Beklagte nach dem insoweit maßgeblichen deutschen Recht im Zeitpunkt der Lieferung unter einer Firma ... firmieren durfte: Bestand eine solche Firma, so wirkte die Lieferung dennoch als eine Lieferung an den Beklagten als Vertragspartner des Kaufvertrages (arg. § 17 HGB). Bestand eine solche Firma im Zeitpunkt der Lieferung nicht, so wirkte die Lieferung erst recht als eine Lieferung an den Beklagten als Vertragspartner.

Der Kaufpreisanspruch der Klägerin ist nicht untergegangen. Insbesondere liegt in der Begebung eines Wechsels, in dem die ... GmbH als Bezogene und als Akzeptantin eingetragen war, keine befreiende Schuldübernahme nach italienischem Recht. Auf die Frage, ob eine privative Schuldübernahme vorliegt, ist italienisches Recht anzuwenden, weil dieses für die möglicherweise übernommene Kaufpreisschuld gilt (vgl. Palandt/Heldrich, Art. 33 EGBGB, Anm. 4; Kegel, aaO, S. 481; Kropholler, aaO, S. 416, § 52 VI 4). Nach italienischem autonomen Recht / wäre für eine privative Schuldübernahme eine vom Beklagten nicht dargelegte deutliche Willensäußerung der Gläubigerin über die schuldbefreiende Wirkung erforderlich gewesen (Trimarchi, Istituzioni di diritto privato, 7. ed. Milan 1986, S. 431). In der bloßen Wechselentgegennahme durch die Klägerin liegt eine Willensäußerung von so weitreichender Wirkung nicht.

2. Der Klägerin steht aus Art. 78 VNKÜ iVm Art. 1284 Abs. 1 Codice civile und Art. 74 VNKÜ ein Anspruch auf Zinszahlung in Höhe von 13 % seit dem 15. September 1988 zu.

Nach Art. 32 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB ist das italienische Vertragsstatut auf die Bestimmung der Zinszahlungspflicht anzuwenden, denn diese ist eine Folge der Nichterfüllung der vertraglich vereinbarten Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises (vgl. Palandt/Heldrich, Art. 32 EGBGB, Anm. 2.a.cc). Im italienischen Recht ist – wie dargestellt – vorrangig das VNKÜ und nur hilfsweise das autonome italienische Zivilrecht anzuwenden.

a) In Höhe von 5 % folgt der Anspruch dem Grunde nach aus Art. 78 VNKÜ und der Höhe nach aus Art. 1284 Abs. 1 Codice civile (für den Text des Codice civile vgl. Bauer/ Eccer u.a., Italienisches Zivilgesetzbuch, Codice civile, Zweisprachige Ausgabe, Bozen 1987).

aa) Aus Art. 78 VNKÜ folgt eine Zinszahlungsverpflichtung für den Beklagten dem Grunde nach, weil er mit der Zahlung des nach Art. 58 VNKÜ fälligen Kaufpreises seit dem 15. September 1988 säumig war. Zwar wurde der Kaufpreis nach Art. 58 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative VNKÜ bereits fällig, als die Klägerin dem Beklagten die Ware in Hamburg mit der Rechnung vom 9. Juni 1988 zur Verfügung stellte. Die Klägerin hat den Anspruch auf Kaufpreiszahlung jedoch später bis zum 15. September 1988 gestundet.

Eine Stundungsabrede liegt in dem Ende Juli/Anfang August 1988 geschlossenen Wechselbegebungsvertrag. Die Stundungsabrede ist als eine Vertragsänderung nach Art. 29 Abs. 1 VNKÜ wirksam. Das VNKÜ ist anwendbar, weil die Stundungsabrede nicht selbständig anzuknüpfen ist. Nach Art. 32 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB ist das italienische Recht – in der Form des VNKÜ – als Vertragsstatut auch auf die Stundungsabrede anwendbar. Art. 32 Abs. 1 EGBGB ist heranzuziehen, weil die Stundungsabrede den Zeitpunkt der Erfüllung der Kaufpreisforderung betrifft und damit dem Regelbeispiel von Art. 32 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB unterfällt.

Die Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 VNKÜ für eine wirksame Vertragsänderung hinsichtlich der Fälligkeit der Kaufpreisforderung liegen vor. Denn die Parteien haben die Voraussetzungen von Art. 14 ff. VNKÜ erfüllt. Diese Vorschriften sind auf den Änderungsvertrag anwendbar (v. Caemmerer/Schlechtriem (-Schlechtriem), Art. 29, Anm. 3; Enderlein/Maskow/Stargardt, Kommentar, Konvention der Vereinten Nationen übe4Verträge über den internationalen Warenkauf, Konvention über die Verjährung beim internationalen Warenkauf, Protokoll zur Änderung über die Verjährung beim internationalen Warenkauf, Berlin (DDR) 1985, Art. 29, Anm. 1.2).

Sowohl das nach Art. 23 VNKÜ erforderliche Angebot über eine Vertragsänderung im Sinne einer Stundung (vgl. Art. 14-15 VNKÜ) als auch die Annahme nach Art. 18 VNKÜ liegen vor:

(A.) Die Parteien haben sich über eine Stundung des Kaufpreises bis zum 15. September 1988 geeinigt.

Der Beklagte und der Zeuge. haben bei dem Gespräch in ..., das mit der Wechselbegebung endete, Erklärungen über eine Vertragsänderung ausgetauscht, indem sie über die Wechselbegebung redeten. Der Zeuge ... hat auf Grund des Gespräches mit dem Beklagten und dem Geschäftsführer der ... GmbH einen Wechsel entgegengenommen, in dem die ... GmbH als Bezogene und als Akzeptantin eingetragen war. Unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze von Art. 8 Abs. 2, 3 und Art. 9 Abs. 2 VNKÜ hatte die Einigung über die Wechselbegebung zwei Funktionen: Zum einen sollte die Zahlung auf die Wechselschuld am Fälligkeitstag des Wechsels, dem 15. September 1988, als Kaufpreiszahlung nach Art. 53, 54 VNKÜ zu werten sein. Dabei sollte die Zahlung durch die ... GmbH schuldbefreiende Wirkung für den Beklagten haben. Zum anderen sollte die Kaufpreisschuld bis zum Fälligkeitstag des Wechsels gestundet werden. Zinsen sollten für die Zeit bis zur Fälligkeit der Wechselforderung nicht verlangt werden. Nur so war vernünftigerweise unter Kaufleuten die Übergabe des Wechsels bei Berücksichtigung der Gepflogenheiten des internationalen Handels zu verstehen.

(B.) Die Vertragsänderung ist für beide Parteien bindend.

Der Beklagte hat der Wechselbegebung konkludent zugestimmt. Denn er war bei der Wechselübergabe, die in seinem Interesse lag, dabei und machte vernünftigerweise keine Einwände. Keiner Klärung bedarf deshalb die Frage nach dem Wechselaussteller.

Gegen die Klägerin wirken die in der Wechselentgegennahme liegenden Erklärungen des Zeugen .... In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob und nach welchem Recht der Handelsvertreter ... in ... für die Klägerin auftrat. Spätestens durch die Vorlage des Wechsels am 15. September 1990 hat die Klägerin den von ... verhandelten Änderungsvertrag genehmigt. Die Genehmigung ist nach dem anwendbaren italienischen Recht wirksam. Italienisches Recht ist als Geschäftsstatut des – geänderten – Kaufvertrages anwendbar (vgl. Reithmann/Martiny/Hausmann, aaO, Rn. 967-968). Da die Genehmigung im VNKÜ nicht geregelt ist und auch andere völkervertragliche Übereinkommen nicht anwendbar sind, ist auf italienisches autonomes Recht zurückzugreifen. Es bedarf dabei keiner Klärung, ob in Italien das Genfer Übereinkommen über die Vertretung beim internationalen Warenkauf vom 1983 in Kraft ist. Jedenfalls ist der sachliche Anwendungsbereich dieses Übereinkommens nicht betroffen (vgl. Stöcker, WM 1983, 778 ff.). Nach Art. 1399 Abs. 1, 2 Codice civile ist die Genehmigung ex tunc wirksam, wenn der Vertrag nicht bereits zuvor auf Grund der Anwendung von Stellvertretungsrecht zustandegekommen ist.

bb) Die Höhe des Zinszahlungsanspruches aus Art. 78 VNKÜ ist Art. 1284 Abs. 1 Codice civile zu entnehmen. Danach beträgt der italienische gesetzliche Zinssatz 5 %.

Art. 1284 Abs. 1 Codice civile ist anwendbar, weil die in Art. 78 VNKÜ bewußt nicht geregelte Frage der Zinshöhe (v. Caemmerer/Schlechtriem/Eberstein, aaO, Art. 78, Rn. 2) dem jeweiligen durch die Kollisionsnormen bestimmen nationalen Recht zu entnehmen ist (Art. 7 Abs. 2, 2. Alt. VNKÜ; v. Caemmerer/Schlechtriem/Eberstein, aaO, Art. 78, Rn. 3; Bianca/Bonell,aaO, Art. 78,Anm. 2.1).

Dieses ist – wie oben vor a) dargestellt – nach Art. 32 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB italienisches Recht. Für eine Sonderanknüpfung an deutsches Recht als Recht des Schuldnerlandes besteht kein Grund (Asam/Kindler, Ersatz des Zins- und Geldentwertungsschadens nach dem Wiener Kaufrechtsübereinkommen vom 11. April 1980 bei deutsch-italienischen Kaufverträgen, RIW 1989, 841, 841-842, a.A. Stoll, Internationalprivatrechtliche Fragen bei der landesrechtlichen Ergänzung des Einheitlichen Kaufrechts, Festschrift für Murad Ferid zum 80. Geburtstag am 11. April 1988, 1988, S. 495, 510).

b) Der über die Zahlung von 5 % hinausgehende Zinszahlungsanspruch folgt nach Art. 78 a.E. VNKÜ aus Art. 74 VNKÜ (v. Caemmerer/Schlechtriem/Stoll, aaO, Art. 74, Rn. 39). Der Klägerin ist seit dem 15. September 1988 durch die vertragsverletzende Nichtzahlung des Kaufpreises ein Verlust in Höhe von 13 % auf DM 94.893,‑ entstanden. In dieser Höhe schätzt das Gericht nach § 287 ZPO den Zinsverlust der Klägerin.

aa) Die Schadensschätzung nach § 287 ZPO ist zur Bestimmung der Zinshöhe zulässig. Denn § 287 ZPO ist als lex fori auch bei ausländischer lex causae anzuwenden (Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht, 1987, Rn. 2065; vgl. auch v. Caemmerer/Schlechtriem/Stoll, aaO,Art. 74, Rn. 41), weil § 287 ZPO verfahrensrechtlich zu qualifizieren ist (vgl. Kegel, aaO, S. 393).

bb) Der geschätzte Zinsverlust der Klägerin beträgt 13 %. Dies folgt aus der Höhe des italienischen Diskontsatzes am 21. November 1988 (Datum der Klage).

Im deutsch-italienischen Rechtsverkehr kann bei der Bestimmung der Zinshöhe auf den Diskontsatz des Gläubigerlandes zurückgegriffen werden, wenn der Gläubiger seine Niederlassung in ... hat. Denn in... sind Marktzinsen zumindest so hoch wie der jeweilige Diskontsatz. Dies folgt daraus, daß es in Italien als Vertragsstaat des EKG-Übereinkommens jahrelang zugelassen war, daß der Zinssatz nach Art. 83 EKG stets 1 % über dem Diskontsatz liegen sollte (vgl. Asam/Kindler, aaO, RIW 1989, 841, 844).

Die Klägerin ist im deutsch-italienischen Handel tätig. Dies folgt aus dem Abschluß des Kaufvertrages vom 2. Juni 1988. Ist aber ein Kaufpreisschuldner im deutsch- italienischen Handelsverkehr mit der Zahlung einer Kaufpreisschuld von über DM 90.000,‑ säumig, so spricht der erste Anschein dafür, daß dem Verkäufer ein Zinsverlust in Höhe von mindestens der Höhe des jeweiligen Diskontsatzes seines Landes entsteht.

Aus der Höhe des italienischen Diskontsatzes am 21. November 1988 folgt, daß der Verzugsschaden der Klägerin seit dem 15. September 1988 13 % beträgt. Denn es ist einerseits hinreichend wahrscheinlich, daß der Diskontsatz während dieses Zeitraumes nicht so weit unter 13 % gelegen hat, daß auch der in der Regel über dem Diskontsatz liegende Zinssatz unter 13 % hätte liegen müssen. Andererseits ist es unerheblich, ob der Diskontsatz während dieses Zeitraumes mehr als 13 % betragen hat. Denn nach § 308 Abs. 1 S. 2 ZPO kommt eine Beachtung der Zinsen über 13 % hinaus nicht in Betracht.





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