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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-906
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-906  



LG Kassel (DE) 15.02.1996 - 11 O 4185/95
Art. 39, 74, 78 CISG – unalexMängelrügen –unalexDie Rügeobliegenheit des Käufers –unalexBezeichnung des Mangels in der Mängelrüge –unalexForm der Mängelrüge –unalexUmfang des Schadensersatzes –unalexZinsen

LG Kassel (DE) 15.02.1996 - 11 O 4185/95, unalex DE-906



Im Rahmen des Art. 39 Abs. 1 CISG ist es nicht ausreichend, die Rüge an irgendeine mit der Vertragsabwicklung befasste Person zu richten, die nicht im Lager des Verkäufers steht. Eine ordnungsgemäße Mängelanzeige liegt in diesem Fall nur vor, wenn der Dritte die Rüge innerhalb angemessener Frist an einen empfangsberechtigten Mitarbeiter des Verkäufers weitergeleitet hat oder wenn er selbst ausnahmsweise zum Empfang berechtigt war. Ein selbstständiger Handelsvertreter steht grundsätzlich nicht als empfangsberechtigter Adressat im Lager des Verkäufers.

Einen Ausgleich verzögerungsbedingter Nachteile wegen Nichtzahlung des Kaufpreises, etwa Kosten einer fortdauernden Inanspruchnahme von Bankkredit, kann der Verkäufer nach Art. 78, 74 CISG verlangen.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

 CLOUT Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung von UNCITRAL

-  Entscheidungstext 

Die Parteien streiten um die Abwicklung eines grenzüberschreitenden Lieferungsvertrags.

Die Klägerin befaßt sich u.a. mit der Ausführung von Natursteinarbeiten. Im Zusammenhang damit benötigte sie für das Bauvorhaben Bürozentrum N-platz in B eine größere Menge vorgefertigter Marmorbeläge, deretwegen sich ein Mitarbeiter, der Zeuge I, am 9. November 1994 telephonisch an den Zeugen A, einen selbständigen Kaufmann und Makler, wandte. Sodann orderte der Zeuge I über ihn per Telefax vom gleichen Tage (Bl. 79 der Akten) bei der Klägerin verschiedene Materialien dieser Art, wobei er die alsbaldige Übersendung weiterer Stücklisten ankündigte. Zu den bestellten Materialien gehörten u.a. Trittstufen, die nach Weisung der Beklagten mit eingearbeiteten Gummiprofilen zu versehen waren. Entsprechend den zugehörigen Warenbegleitscheinen (Bl. 53-58 der Akten) übergab die Klägerin am 29. November 1994 dem ersten Transporteur eine Partie von Platten der Sorte „Verde Maritaca CM 3 Levigato“ und „Rosso Balmoral CM 2“, die zu diesem Zeitpunkt keine Beschädigungen aufwies. Sodann stellte sie die vorbezeichnete und weitere Lieferungen abredegemäß in Rechnung wie folgt:

–Re.Nr. 335 vom 29. Nov. 1994 DM 43.752,90

–Re.Nr. 345 vom 07. Dez. 1994 DM 20.678,80

–Re.Nr. 355 vom 17. Dez. 1994 (Bl. 5 der Akten) DM 16.252,20

–Re.Nr. 26 vom 09. Feb. 1995 (Bl. 6 der Akten) DM 2.698,50

Dabei vermerkte die Klägerin in der letztgenannten Rechnung, daß sie bei Zahlung innerhalb von acht Tagen nach Rechnungsdatum 3 % Skonto gewähre.

Durch Scheck vom 20. Dezember 1994 wies die Beklagte auf die Rechnungen Nr. 335/345 jeweils Teilbeträge von DM 38.991,09 und DM 20.058,44 an, während sie sich zum Ausgleich der danach verbleibenden Vergütung von noch DM 24.332,88 nicht bereit fand. Vielmehr erklärte sie mit einer eigenen Ersatzforderung die Aufrechnung, der gegenüber die Klägerin die Einrede der mangelnden internationalen Zuständigkeit erhoben hat.

Irgendwelche Mängel, so macht die Klägerin geltend, habe sie nicht zu vertreten; denn da es sich um einen Versendungskauf gehandelt habe und die Ware – unstreitig – in unbeschädigtem Zustand verladen worden sei, falle eine spätere Beeinträchtigung in den Risikobereich der Beklagten. Entsprechendes gelte für angebliche Farbabweichungen, die – sollten sie überhaupt vorliegen – jedenfalls in die bei Natursteinen hinzunehmende Bandbreite einzuordnen seien. Schließlich habe man auch die jetzt beanstandeten Treppenstufen genau nach den Wünschen der Beklagten gefertigt. Zu diesem Zweck habe sie sich nämlich über den Zeugen A. genaue Angaben machen lassen, an die sie sich exakt gehalten habe (Beweis: Vernehmung des Zeugen A). Folgerichtig habe die Beklagte auch keinerlei vorprozessuale Rügen erhoben. Mangels entsprechender Abrede sei jene zugleich keineswegs zu irgendeinem Skontoabzug befugt gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Klagevorbringens wird auf den Schriftsatz vom 28. September 1995 (Bl. 42-45 der Akten) nebst Ergänzung vom 14. Dezember 1995 und 2. Januar 1996 (Bl. 81-84 der Akten) verwiesen.

Unter Einschränkung ihres zunächst weitergehenden Zinsbegehrens beantragt die Klägerin,

die Beklagte zur Zahlung von DM 24.332,88 nebst 10 % Zinsen aus DM 4.761,82 seit dem 29. Dezember 1994, aus weiteren DM 620,36 seit dem 7. Januar 1995, aus weiteren DM 16.252,20 seit dem 17. Januar 1995 sowie aus weiteren DM 2.698,50 seit dem 9. März 1995 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Im Zuge des ersten Gesprächs mit dem Zeugen A, so behauptet die Beklagte, habe der Zeuge I. darauf hingewiesen, daß sämtliche Materialien für ein einziges Bauvorhaben bestimmt seien. Demgemäß habe man vereinbart, daß die gesamte Lieferung farblich aufeinander abgestimmt sein müsse, daß die georderte Fertigware nach zu übersendenden Stücklisten herzustellen sei, daß ihr selbst bei Zahlung innerhalb von 30 Tagen nach Eingang der Rechnung ein Skontoabzug von 3 % zustehe und daß dem Auftrag – was unstreitig geworden ist – deutsches Recht zugrundeliege (Beweis: Vernehmung der Zeugen I und A). Des weiteren habe sich die Klägerin verpflichtet, die Ware auf der Baustelle anzuliefern, weshalb der Zeuge A nach Fertigmeldung in Absprache mit dem Zeugen I einen Frachtführer beauftragt habe, der allerdings – unstreitig – von ihr selbst entlohnt worden sei. Bei dessen Ankunft sei ein Teil der am 29. November 1994 versandten Ware beschädigt gewesen, was erkennbar auf einen Verladefehler beruht habe. Im einzelnen habe es sich dabei um die Positionen „Rosso Balmoral CM 2“ 50,3 x 50,3 und 70,3 x 70,3 im Lieferwert von (DM 1.821,60 + DM 1.734,20) DM 3.555,80 gehandelt, deretwegen es unmittelbar nach Ankunft gegenüber dem Zeugen A. zu einer entsprechenden Rüge gekommen sei (Beweis: wie vor). Daraufhin habe die Klägerin alsbaldige Ersatzlieferung zugesagt. Aus der Rechnung Nr. 335 stehe ihr mithin nur ein Betrag von DM 38.991,09 zu, während die Rechnung Nr. 345 unter Berücksichtigung des vereinbarten Skontos mit DM 20.058,44 vollständig ausgeglichen sei.

Das am 17. Dezember 1994 zum Versand gegebene Material, auf das sich die Rechnung Nr. 355 vom gleichen Tage beziehe, so macht die Beklagte weiter geltend, sei ebenfalls teilweise mangelhaft gewesen; denn die Platten der Sorte „Verde Maritaca“ im von (DM 1.100,– + DM 1.724,80 + DM 197,40) DM 3.022,20 habe man wegen ihrer ganz abweichenden Farbgebung und Struktur keinesfalls in fachgerechter Weise mit denen der zuvor gelieferte Partie verarbeiten können (Beweis: Einholung eines Sachverständigengutachtens). Letzteres habe der Zeuge I bereits am 22. Dezember 1994 telephonisch gegenüber dem Zeugen A gerügt (Beweis: Vernehmung der Zeugen I und A). Damit verbleibe aus der vorgenannten Rechnung nur ein rechnerischer Rest von DM 13.230.–, während die weitere Rechnung Nr. 26 nur das zugesagte Ersatzmaterial der Sorte „Rosso Balmoral CM 2“ betreffe. Dieses Material, das am 9. Februar 1995 abgesandt worden sei, habe in Farbgebung und Struktur jedoch gleichfalls nicht der früheren Teillieferung entsprochen (Beweis: Einholung eines Sachverständigengutachtens), was der Zeuge I neuerlich am 17. Februar 1995 gegenüber dem Zeugen A beanstandet habe (Beweis: Vernehmung der Zeugen I und A).

Auch den noch offenen Rest von DM 13.230.– könne die Klägerin indes nicht verlangen, weil die von ihr gelieferten Treppenstufen – zunächst unerkannt – mangelhaft gewesen seien. Abredegemäß habe die Klägerin in diese Stufen nämlich ein Gummiprofil einsetzen müssen, das die Kanten vor Stößen habe schützen sollen. Der fachgerechte Einbau derartiger Profile erfordere einerseits eine möglichst geringe Schwächung der Auftrittsfläche, andererseits eine vollständige Verzahnung (Beweis: Einholung eines Sachverständigengutachtens). Der einen wie der anderen Anforderung sei die Klägerin nicht gerecht geworden; denn sie habe die Stufen im Auftrittsbereich so stark abgefräst, daß jeweils an der Unterkante nur eine unzureichende Materialstärke von 50 mm verblieben sei. Hierdurch breche der Stufenrand bereits bei normaler Belastung ab. Darüberhinaus seien die eingefügten Gummiprofile nicht ausreichend verzahnt, was dazu führe, daß sie sich in gefährdender Weise lösten (Beweis: wie vor). Beide Umstände habe sie erst nach dem Einbau von etwa 320 Stufen bei bestimmungsgemäßer Belastung feststellen können und sodann am 20. Dezember 1994 umgehend gerügt (Beweis: Vernehmung der Zeugen I und A). Zugleich habe der Bauherr wegen der fragliche Mängel die Abnahme verweigert, sodaß es erforderlich sei, die gesamte Treppenanlage zu erneuern, was einen Aufwand von mindestens DM 60.000.– erfordere.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im wesentlichen begründet: Gemäß Art. 53 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den Internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (CISG) kann die Klägerin von der Beklagten alsbaldige Zahlung restlicher Vergütung von DM 22.506,60 verlangen.

Nachdem die Klägerin in Einklang mit dem Vorbringen der Beklagten eine dahingehende Abrede außer Streit gestellt hat, unterliegt der Vertrag dem von den Parteien gewählten deutschen Recht, Art. 27 I 1 EGBGB. Zu diesem Recht gehört nach dem Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 11. April 1980 (BGBl. II, S. 586) auch das vereinheitlichte UN-Kaufrecht, das vorrangig anzuwenden ist (v. Caemmerer-Schlechtriem, CISG, 2. Aufl., Art. 1 Rn. 40).

Gemäß Art. 53 CISG ist der Käufer nach Maßgabe dieses Übereinkommens und des jeweiligen Vertrags verpflichtet, den Kaufpreis zu zahlen und die Ware abzunehmen. Kaufverträgen stehen dabei grundsätzlich Verträge über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Waren gleich, Art. 3 I CISG. Streiten die Vertragsparteien über die Höhe der vertraglich geschuldeten Vergütung, ist es Sache des Verkäufers, die maßgebende Vereinbarung nachzuweisen, was – soweit es um das von der Klägerin in Abrede gestellte Recht zum Skontoabzug geht – schon mangels hinreichenden Beweisantritts nicht geschehen ist. Die von der Beklagten behauptete Befugnis betraf ein Zahlungsskonto, mithin ein Element, auf Grund dessen sich nach ihrem Vorbringen erst der tatsächlich geschuldete Kaufpreis an Hand vorgegebener Rechnungen ergab. Bei der in Anspruch genommenen Skontierung ging es damit nicht um den anteiligen Erlaß eines anderweit festgelegten Preises, sondern vielmehr um dessen abschließende Bestimmung. Wollte die Klägerin diese – angeblich vereinbarte – Art der Preisbemessung nicht gegen sich gelten lassen, hatte sie die dahingehende Behauptung der Beklagten zu widerlegen (BGH WM 1983, 1008 (1009)).

Da die Klägerin hierauf verzichtet hat, war im Verhältnis der streitenden Parteien unter Einbeziehung des an sich zutreffend ermittelten Skontos zunächst abzurechnen wie folgt:

–Re.Nr. 335 vom 29. Nov. 1994 DM 43.752,90

–Re.Nr. 345 vom 07. Dez. 1994 DM 20.678,80

–Re.Nr. 355 vom 17. Dez. 1994 DM 16.252,20

–Re.Nr. 26 vom 09. Feb. 1995 DM 2.698,50

DM 83.382,40

–Zahlung vom 20. Dezember 1994 ./. DM 38.991,09

./. DM 20.058,44

–anteiliger Skonto ./. DM 1.205,91

./. DM 620,36

–Rest DM 22.506,60

Der Pflicht zur Zahlung des danach offenen Rests vermochte sich die Beklagte durch ihren Hinweis auf angebliche Mängel nicht zu entziehen; denn der Käufer verliert das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wenn er – wovon vorliegend auszugehen ist – diese dem Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt, in dem er sie festgestellt hat oder hätte feststellen müssen, anzeigt und dabei die Art der Vertragswidrigkeit genau bezeichnet, Art. 39 I CISG. Die den Käufer insoweit treffende Obliegenheit zur Mängelrüge dient dabei nicht nur dem allgemeinen Interesse des Handelsverkehrs an einer raschen und endgültigen Abwicklung von Rechtsgeschäften, sondern in erster Linie den Belangen des Verkäufers, der in die Lage versetzt werden soll, entsprechende Feststellungen und notwendige Dispositionen – vor allem zur Schadensabwendung – zu treffen, um sich nicht längere Zeit nach Ablieferung etwa mangelbedingten, mit zunehmendem Zeitablauf nur unsicher klärbaren Ansprüchen ausgesetzt zu sehen (BGH NJW 1982, 2730 (2731) zu Art. 39 II EKG; BGH NJW 1976, 1352; BGH NJW 1984, 1964; BGH NJW 1990, 1290 (1292) zu § 377 I HGB). Diesen Zweck kann die erforderliche Anzeige nur erfüllen, wenn sie dem Verkäufer zugeht, was im Streitfall vom Käufer darzulegen und zu beweisen ist (BGH BGHR HGB § 377 Mängelanzeige 1; vgl. auch LG Frankfurt NJW-RR 1994, 1264 (1265); OLG Frankfurt NJW-RR 1995, 1216) oder wenn sie zumindest mit einem nach den Umständen geeigneten Mittel abgesandt wurde, Art. 27 CISG.

In Einklang damit genügt es – was für das unvereinheitlichte Kaufrecht anerkannt ist (RG LZ 1907, 343 Nr. 13) und für das vereinheitlichten Kaufrecht nicht anders gilt (BGH BGHR EKG Art. 39 Rügefrist 1) – keineswegs, die Mängelanzeige an irgendeine mit der Vertragsabwicklung befaßte Person zu richten. Vielmehr gebietet es der mit der Rügeobliegenheit bezweckte Schutz der Verkäuferinteressen auch und gerade im grenzüberschreitenden Warenverkehr, daß der Verkäufer über etwaige Beanstandungen des Käufers möglichst schnell, vollständig und unmißverständlich informiert wird. Da die gebotene Anzeige in gewährleistungsrechtlicher Hinsicht schwerwiegende Auswirkungen auf das Vertragsverhältnis hat, ist eine mündliche Beanstandung gegenüber einem nicht im Lager des Verkäufers stehenden Dritten regelmäßig ungeeignet. Eine ordnungsgemäße Mängelanzeige kann folglich nur dann angenommen werden, wenn der Dritte die Beanstandung innerhalb angemessener Frist spezifiziert an einen empfangsberechtigten Mitarbeiter des Verkäufers weitergeleitet hat oder wenn er selbst ausnahmsweise zur ihrer Entgegennahme gesondert ermächtigt war.

In der einen wie der anderen Richtung hat die Beklagte trotz ausdrücklicher Erörterung substantiiert nichts beachtliches vorgetragen: Soweit sie sich zunächst darauf berufen hat, der Zeuge A. sei nach ihrer Kenntnis „bevollmächtigter Kontaktmann“ der Klägerin, hat jene dies ausdrücklich – ohne auf konkreten Widerspruch der Beklagten zu stoßen – dahin klargestellt, daß der genannte Zeuge zwischen den streitenden Parteien nur als Makler tätig geworden sei. Letzteres steht in Einklang mit den ergänzenden Angaben der Beklagten, die hervorgehoben hat, daß es sich bei dem Zeugen A. nicht um einen Angestellten der Klägerin, sondern um einen selbständigen Kaufmann handele. Hieran knüpfend vermochte der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung nur weiter zu erläutern, daß dem Zeugen jedenfalls nicht die Stellung eines Handelsvertreters der Klägerin zukomme, während er sich ansonsten nicht in der Lage sah, den Begriff des „bevollmächtigten Kontaktmanns“ inhaltlich auszufüllen. Damit darf dem Zeugen A. auch nach dem Vorbringen der Beklagten mit hinreichender Sicherheit mehr als die Rolle eines Maklers selbst dann nicht zugebilligt werden, wenn er an sich zum Abschluß des in Rede stehenden Geschäfts ermächtigt gewesen sein sollte. Zum Kreis der – im Lager des Verkäufers stehenden – empfangsberechtigten Adressaten einer Mängelrüge gehören selbständige Handelsmakler nach allgemeiner Ansicht indes nicht (Baumbach/Hopt, HGB, 29. Aufl. Rn. 28; Staub, HGB, 4. Aufl. § 377 Rn. 141). In entsprechender Weise kann zugleich nicht angenommen werden, die nur telephonische Rüge etwaiger Mängel gegenüber dem Zeugen A. stelle sich im Verhältnis zur Klägerin als ein den Umständen nach geeignetes Mittel iSd Art 27 CISG dar. Da die gebotene Anzeige – wie erwähnt – in gewährleistungsrechtlicher Hinsicht schwerwiegende Auswirkungen auf das Vertragsverhältnis hat, muß der Anzeigepflichtige alles Zumutbare unternehmen, um ihren Zugang sicherzustellen. Demgemäß bot sich im vorliegenden Fall ohne weiteres eine direkte Übermittlung per Telefax an; denn die dazu erforderlichen Daten, nämlich Anschrift und Telefax-Nummer der Klägerin, ergaben sich zweifelsfrei aus den zuvor gestellten Rechnungen. Wählte die Beklagte deshalb gleichwohl – etwa um Sprachschwierigkeiten zu vermeiden – durch bloß mündliche Unterrichtung des Zeugen A einen abweichenden Übermittlungsweg, hatte sie sich über dessen Zuverlässigkeit zu vergewissern. Hierzu hatte sie den Zeugen zumindest auf seine Botenfunktion und die besondere Bedeutung der fraglichen Nachricht hinzuweisen, sowie die Ausführung des erteilten Auftrags zu kontrollieren (v. Caemmerer/Schlechtriem aaO Art. 27 Rn. 7). Geschah derartiges – wovon mangels irgendwelcher Anhaltspunkte für einen anderen Geschehensablauf auszugehen ist – nicht, handelte die Beklagte auf eigenes Risiko (v. Caemmerer/Schlechtriem aaO Art 39 Rn. 14 a.E.).

Da weiterhin nichts dafür ersichtlich ist, daß der Zeuge A. eine möglicherweise ihm gegenüber erhobene Rüge ordnungsgemäß und fristgerecht an die Klägerin weitergeleitet hätte, hat die Beklagte das Recht, sich auf eine etwaige Vertragswidrigkeit der gelieferten Ware zu berufen, verloren; denn soweit an sich beachtliche Einwendungen in der Klageerwiderung vom 29. August 1995 erhoben wurden, sind diese auch bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs jedenfalls verspätet (v. Caemmerer-Schlechtriem aaO Art. 39 Rn. 17). Dieser Rechtsverlust bezieht sich – was im Hinblick auf § 322 II ZPO der Klarstellung bedarf – auch auf den zur Aufrechnung gestellten Anspruch auf Schadensersatz wegen der nachteiligen Folgen angeblich fehlerhaft gefertigter Treppenstufen, an dessen Überprüfung die Kammer nicht durch die von der Klägerin erhobene Einrede der mangelnden internationalen Zuständigkeit gehindert war. Zwar bestimmt sich die Zulässigkeit einer Prozeßaufrechnung im Geltungsbereich des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EuGVÜ) nach dem jeweils maßgebenden nationalen Recht (EuGH NJW 1996, 42 (43)), das wegen der mit § 322 II ZPO einhergehenden Rechtskraftwirkung hier grundsätzlich die internationale Zuständigkeit auch für die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung verlangt (BGH NJW 1993, 2753), Art. 6 Ziff. 3 EuGVÜ gestattet aber ausnahmsweise die weitergehende Einbeziehung von Gegenansprüchen, die sich auf „denselben Vertrag oder Sachverhalt wie die Klage“ stützen (BGH aaO 2755; EuGH NJW 1979, 1100 LS). Von der damit geforderten Konnexität ist hier auszugehen, weil die Lieferung der angeblich fehlerhaften Treppenstufen nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nur ein Teil desjenigen Geschäfts war, in dessen Erfüllung die Klägerin nunmehr Zahlung restlicher Vergütung begehrt.

Da die Beklagte – wie erörtert – nach wie vor alsbaldige Zahlung derartiger Vergütung schuldet, war sie daneben zum Ausgleich verzögerungsbedingter Nachteile verpflichtet, Art. 78, 74 CISG. Zu diesen Nachteilen gehören grundsätzlich auch die Kosten einer fortdauernden Inanspruchnahme von Bankkredit (v. Caemmerer-Schlechtriem aaO Art 74 Rn. 39). Der tatsächliche Anfall solcher Kosten ist allerdings zwischen den Parteien streitig und von der Klägerin nicht in hinreichender Weise belegt. Damit durften ihr nur Zinsen i.H. von 5 % zugebilligt werden (v. Caemmerer-Schlechtriem aaO Art 78 Rn. 6), während die weitergehende Klage der Abweisung unterlag.





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