Die Klägerin mit Sitz in Italien stellt Schuhwaren her.
Im Frühjahr 1989 hat die Beklagte bei der Klägerin eine größere Bestellung aufgegeben. Die Klägern lieferte die Schuhe und stellte am 3.7.1989 Rechnung in Höhe von 8.172.000,- italienische Lire. Darunter waren 72 Paar Schuhe mit den Artikelnummern 2517 und 2515, zu einem Preis von insgesamt 4.032.000,- italienische Lire. Diese Schuhe waren im Bestellschein mit dem Vermerk „fibbia sensa borchie“ d. h. „Schnallen ohne Nieten“ versehen. Die Ware wurde mit silbernen Nieten an der Spitze geliefert. Dazu wurden Taschen mit goldenen Nieten geliefert.
Mit Schreiben vom 27.10.1989 reklamierte die Beklagte die Schuhe aus verschiedenen Gründen.
Die gesamte Rechnung über 8.172.000,- italienische Lire hat sie nicht beglichen.
Die Klägerin läßt sich alle Auslandsgeschäfte vorfinanzieren und hat für die Inanspruchnahme ab dem Fälligkeitszeitpunkt durchgehend Zinsen von zumindest 12 % zu zahlen.
Die Beklagte hat einen Betrag in Höhe von 6.156.000,- italienische Lire nebst 5 % Zinsen seit dem 4. September 1989 anerkannt. Auf Antrag der Klägerin ist am 16.01.1990 ein Teilanerkenntnisurteil erlassen worden. Die Kostenentscheidung wurde dem Schlußurteil vorbehalten. Sodann ist der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten nicht mehr aufgetreten, Auf Antrag der Klägerin ist am 16.01.1990 Teilversäumnisurteil erlassen worden, mit dem die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin 2.016.000,- italienische Lire nebst 12 % Zinsen seit dem 4. September 1989 sowie 7 % Zinsen von 6.156.000,- italienische Lire seit dem 4 September zu zahlen, wobei die Zahlung auch durch Zahlung des entsprechenden Gegenwertes in DM zu dem im Zahlungszeitpunkt gültigen Briefkurs erfolgen kann. Gegen dieses Versäumnisurteil, das der Beklagten am 26.01.1990 zugestellt worden ist, hat die Beklagte mit einem am 30.01.1990 bei Gericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Einspruch eingelegt und diesen begründet.
Die Klägerin beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, die Musterpaare der Schuhe mit den Artikelnummern 2517 und 2515 hätten, wie aus einem beigefügten Polaroidfoto ersichtlich, goldene Nieten auf den Schnallen und den Spitzen gehabt. Sie habe die Paare ausdrücklich gänzlich ohne Nieten bestellt. Daß das Wort „fibbia“ lediglich Schnalle bedeute, habe die Zeugin …, die die Bestellung aufgab, nicht gewußt.
Weiterhin behauptet sie, daß die Zeugin … die Schuhe unmittelbar nach Erhalt, am Tage des Wareneingangs, telefonisch reklamiert habe, wobei ihr von einem Angestellten der Klägerin, Herrn …, ein Rückruf zugesagt worden sei. Nach drei Tagen habe sie erneut bei der Klägerin angerufen und auch darauf hingewiesen, daß neben dem Umstand, daß die Schuhe mit Nieten geliefert. worden sind, auch noch eine Silberbenietung vorlag. Erneut habe Herr … Rücksprache mit. dem Chef und einen Rückruf zugesagt. Erst nach weiteren erfolglosen Anrufen, einem Telefax und einem Einschreiben mit der Drohung, die Schuhe zurückzuschicken, habe sie Antwort durch den Rechtsbeistand der Klägerin erhalten. Auf nochmalige Rückfrage habe ihr die Klägerin dann nur erklärt, sie habe die Sache ihrem Rechtsanwalt übergeben.
Schließlich behauptet die Beklagte, an einem Teil der Schuhe löse sich die Sohle. Erschwerend hinzu komme, daß die zu den Schuhen gelieferten Taschen goldene Nieten aufwiesen.
Die Beklagte ist der Ansicht daß ein Abzug von 50 % des Kaufpreises für diese Schuhe, d.h. 2.016.000,- italienische Lire wegen Falschlieferung gerechtfertigt sei.
Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf ihr Schriftsätze Bezug genommen.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 6. März 1990 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur teilweise begründet.
Aufgrund des Einspruchs der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 16.01.1990 ist der Prozeß gemäß § 342 in die Lage vor deren Säumnis zurückversetzt worden. Der Einspruch ist nämlich zulässig; er ist statthaft sowie form- und fristgemäß iSd §§ 338 ff. ZPO eingelegt worden.
Der Klägerin steht – über den Betrag des Teilanerkenntnisurteils vom 16.01.1990 hinaus – ein Anspruch auf Zahlung nur in Höhe von 672.000,- italienische Lire nebst 12 % Zinsen seit dem 4. September 1989 sowie 7 % Zinsen von 6.156.000,- italienische Lire seit dem 4. September 1989 zu.
Der Hauptanspruch ergibt sich aus Art. 53, 59 des Wiener UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf (UN-Kaufrecht).
Das UN-Kaufrecht findet Anwendung. Die Klägerin, die ihren Sitz in Italien hat, macht Rechte aus einem Kaufvertrag mit der deutschen Beklagten geltend. Da vorliegend die Vereinbarungen zwischen den Parteien erst 1989 geschlossen wurden und Italien seit dem 31.12.1987 aus dem Kreis der Vertragsstaaten des Haager Einheitlichen Kaufgesetzes ausgeschieden ist (vgl. Bekanntmachung vom 25.03.1987, BGBl. II S. 231), findet. das EKG keine Anwendung, sondern das anzuwendende Recht ist nach den Vorschriften des deutschen Internationalen Privatrechts zu bestimmen.
Die Vorschriften des deutschen Internationalen Privatrechts führen zur Anwendung italienischen Rechts. Gemäß Art. 31 EGBGB beurteilt sich das Zustandekommen des Vertrages nach dem Recht, das anzuwenden wäre, wenn der Vertrag wirksam wäre. Insoweit bedarf es also keiner Differenzierung; für die Ermittlung des anwendbaren Rechts kann von einem wirksamen Vertrag ausgegangen werden. Da die Parteien keine Rechtswahl getroffen haben, findet gemäß Art. 28 EGBGB das Recht des Staates Anwendung, zu dem der Vertrag die engsten Verbindungen aufweist. Gemäß Art. 28 Abs. 2 EGBGB wird vermutet, daß der Vertrag zu dem Staat die engsten Verbindungen aufweist, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihnen gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Hauptverwaltung hat. Diese Vermutung weist auf italienisches Recht. Charakteristische Leistung ist die Lieferung der Schuhe, da diese dem Vertrag seine Eigenart verleiht und eine Unterscheidung des Vertrages von anderen Verträgen ermöglicht. Die Lieferung der Schuhe war Leistungspflicht der Klägerin, die ihre Hauptverwaltung in Italien hat. Die Anwendung eines anderen Rechts ergibt sich auch nicht aus Art. 28 Abs. 5 EGBGB. Danach gilt die Vermutung des Abs. 2 nicht, wenn aus sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, daß der Vertrag engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweist. Der Vertrag mag zwar auf einer Schuhmesse in Düsseldorf geschlossen worden sein und die Beklagte hat auch ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland. Das allein reicht aber nicht aus, um die Vermutung des Abs. 2 auszuschalten und deutsches Recht anzuwenden. Denn anderseits ist die Bestätigung und die Rechnung in italienischer Sprache abgefaßt, die Lieferung und Rechnungsstellung erfolgt aus Italien und der Kaufpreis ist in italienischen Lire vereinbart.
Die Anwendung italienischen Rechts führt zu den Vorschriften des UN-Kaufrechts. Gemäß Art. 35 EGBGB sind die Sachnormen des italienischen Rechts anzuwenden, eine Rück- oder Weiterverweisung ist ausgeschlossen. Bestandteil der Sachnormen des italienischen Rechts ist das UN-Kaufrecht, denn dieses ist in Italien seit 1.1.1988 in Kraft (vgl. die zitierte Bekanntmachung). Es enthält Sondernormen für Kaufverträge über Waren und deren Zustandekommen, wenn sie zwischen Parteien geschlossen wurden, die ihre Niederlassungen in verschiedenen Staaten haben (Art. 1 Abs. 1 UN-Kaufrecht). Dabei müssen die Staaten entweder Vertragsstaaten sein oder es müssen Kollisionsnormen auf das Recht eines Vertragsstaates verweisen Art. 1 Abs. 1 lit. b UN-Kaufrecht). Die Bundesrepublik ist zwar noch nicht Vertragsstaat, indes ergibt sich die Anwendung aus Art. 1 Abs. 1 lit. b UN-Kaufrecht, da deutsche Kollisionsnormen auf italienisches Recht verweisen. (Schlechtriem, Einheitliches UN-Kaufrecht, JZ 1988, S. 1037 – 1048 (1039); Kindler, Die Anwendungsvoraussetzungen des Wiener Kaufrechtsübereinkommen der Vereinten Nationen im deutsch-italienischen Rechtsverkehr, RIW 1988, S. 776 – 782 (777); im Ergebnis so auch Piltz, internationales Kaufrecht, NJW 1989, S. 615 – 621 (620), der aber zur Abgrenzung im italienischen Recht zwischen Codice Civile und UN-Kaufrecht noch das Haager Kaufvertragsübereinkommen von 1955 heranzieht.)
Die Beklagte ist verpflichtet 672.000,- italienische Lire als Restkaufpreis zu zahlen.
Ein Kaufpreisanspruch der Klägerin ist entstanden. Gemäß Art. 53, 59 UN-Kaufrecht ist der Käufer verpflichtet den Kaufpreis zu zahlen. Die Parteien haben einen Kaufvertrag auch hinsichtlich der streitbefangenen Schuhe geschlossen. Es lag kein Dissens vor, der das Zustandekommen eines Kaufvertrages in Frage stellen könnte. Das steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Denn die Zeugin … hat in glaubhafter Weise bekundet, daß sie sich mit der Klägerin über den Kauf der Schuhe ohne Nieten geeinigt hat. Die Zeugin war glaubwürdig. Sie machte einen guten, sicheren und zuverlässigen Eindruck. Ihre Aussage war glaubhaft. Denn sie konnte sich gut erinnern und hat spontan geantwortet. Sie hat den Geschehensablauf in allen Einzelheiten geschildert. Der geschilderte Sachverhalt war in sich geschlossen und widerspruchsfrei. Daß die Zeugin um die Wahrheit bemüht war, wird auch dadurch deutlich, daß sie gewisse sprachliche Probleme bei der Bestellung zugab und auch bei Fragen zu Bestell- und Lieferdatum Unsicherheiten klar zu erkennen gab. Auch ergänzte sie ihre Aussage erst zu einem späteren Zeitpunkt der Beweisaufnahme dahingehend, daß die Tochter des Fabrikanten noch mit einem Mitarbeiter der Klägerin gesprochen hat, um sich zu vergewissern, ob eine Produktion ohne Nieten möglich sei. Wenn es ihr allein darum gegangen wäre, eine für die Beklagte günstige Aussage zu machen, wäre dieses Aussageverhalten so nicht erklärlich. Schließlich hat die Zeugin auch auf Vorhalte angemessen reagiert und ist bei ihren Aussagen geblieben. Daß nach dem nachfolgenden Bestätigungsschreiben die Schuhe lediglich ohne Nieten auf den Schnallen geliefert werden sollten, konnte den bereits geschlossenen Vertrag nicht mehr verändern.
Die Beklagte konnte den Kaufpreis herabsetzen. Gemäß Art. 50 UN-Kaufrecht kann der Käufer den Preis herabsetzen, wenn die Ware nicht vertragsgemäß ist. Die Ware war nicht vertragsgemäß. Denn die Schuhe waren mit fünf silbernen Nieten an der Spitze versehen, obwohl sie gänzlich ohne Nieten geliefert werden sollten. Wie sich aus der auch insoweit glaubhaften Aussage der Zeugin … ergibt, löst sich außerdem an ungefähr 10 Paaren die Sohle ab.
Dieses Recht zur Herabsetzung des Preises hat die Beklagte auch nicht gemäß Art. 39 in Verbindung mit Art. 38 UN-Kaufrecht wegen verspäteter Rüge verloren. Gemäß Art. 39 verliert der Käufer das Recht sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wenn er sie dem Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist anzeigt. Gemäß Art. 38 hat der Käufer die Ware innerhalb einer so kurzen Frist zu untersuchen, wie es die Umstände erlauben. Diese Fristen hat die Beklagte eingehalten. Nach der Beweisaufnahme steht fest, daß die Beklagte die Ware am Tag der Lieferung untersucht und hinsichtlich der Nieten am Tag danach gerügt hat. Bei einem Folgegespräch hat sie auch die Verarbeitung beanstandet, als sich Mängel zeigten. Dies ergibt sich aus der Aussage der für die Beklagte handelnden Zeugin.... Auch in diesem Punkt war ihre Aussage glaubhaft. Denn auch daran konnte sich die Zeugin gut erinnern. Sie wußte mit wem sie gesprochen hatte und konnte den Verlauf des Telefongesprächs schildern. Sie erinnerte sich auch an die weiteren Telefongespräche in der Folgezeit. Die Schilderungen der Zeugin waren auch diesbezüglich nachvollziehbar und plausibel. Die Zeugin war, wie dargelegt, erkennbar um die Wahrheit bemüht.
Der Preis war um ein Drittel herabzusetzen. Gemäß Art. 50 UN-Kaufrecht war er in dem Verhältnis herabzusetzen, „in dem der Wert, den die tatsächlich gelieferte Ware im Zeitpunkt der Lieferung hatte, zu dem Wert steht, den vertragsgemäße Ware zu diesem Zeitpunkt gehabt hätte“. Die Schuhe sind aufgrund der Nieten weniger wert. Denn sie sind schwerer zu verkaufen. Insbesondere passen die silberfarbenen Nieten nicht zu den braunen Schuhen. Auch passen die mitgelieferten Taschen nicht zu den Schuhen. Schließlich weisen ungetan 10 der 72 Paare Mängel dahingehend auf, daß sich die Sohle löst. Diese Schuhe stehen nicht zum Verkauf aus.
Andererseits ist die Wertminderung durch die silbernen Nieten nicht allzu gravierend. Wie sich aus Aussage der Zeugin … ergibt, wurde eine ganze Reihe von Schuhen auch beanstandungsfrei verkauft. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist einer Herabsetzung des Kaufpreises um ein Drittel ausreichend und angemessen. Der Beklagten kann … keine Mitverursachung der Wertminderung deshalb zugerechnet werden, weil sie die Bestätigung der Klägerin nicht geprüft hat. Denn einerseits sprach die für die Beklagte handelnde Zeugin … kein Italienisch und die Klägerin wußte dies auch. Außerdem war entscheidend für den Minderwert die Farbe der Nieten. Die Musterpaare waren, wie sich aus der glaubhaften Aussage der Zeugin … und dem Polaroidfoto ergibt, mit goldenen Nieten versehen Daß die Beklagte aber Schuhe mit silbernen Nieten erhalten würde, war auch aus der Bestätigung nicht zu ersehen.
Da bereits die Hälfte des Kaufpreises anerkannt wurde und die Parteien nur über die andere Hälfte des Kaufpreises streiten, ergibt sich für die Beklagte eine Restkaufpreisschuld von 672.00,- italienischen Lire.
Die Nebenforderungen ergeben sich aus Art. 61 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 74 UN-Kaufrecht. Denn die Beklagte hat ihre Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung nicht erfüllt. Die Kaufpreisforderung war spätestens nach Ablauf des branchenüblich längstens gewährten Zahlungsziels von 60 Tagen ab Rechnungsdatum, am 4.9.1989 fällig. Eine Abmahnung durch die Klägerin war nicht. erforderlich. Gemäß Art. 59 hat der Käufer den Kaufpreis zu zahlen, ohne daß es einer Aufforderung bedarf. Durch die verspätete Zahlung ist der Klägerin ein Schaden entstanden. Denn sie läßt sich ihre Auslandsgeschäfte vorfinanzieren und hat für die Inanspruchnahme ab dem Fälligkeitszeitpunkt durchgehend Zinsen von zumindest 12 % zu zahlen. Ein Zinsschaden kann im Rahmen des Art. 74 UN-Kaufrecht auch geltend gemacht werden (Art. 78 UN-Kaufrecht). Da die Beklagte einen Zinsanspruch in Höhe von 5 % von 6.156.000,- italienische Lire ab dem 4.9.1989 anerkannt hat, verbleibt insoweit nur ein Ansprach auf weitere 7 % Zinsen. Für die in diesem Urteil zugesprochenen 672.000,- italienische Lire besteht ein Zinsanspruch in Höhe von 12 % seit dem 4.9.1989.