Die Klägerin begehrt mit der Klage Schadensersatz für die Nichtabnahme einer elektronischen Hörprothese (… Implantat) i.H.v. 7752,- DM.
Im Januar 1991 trafen sich die Parteien in Düren. Die Beklagte äußerte bei dieser Besprechung die Absicht, zehn der von der Klägerin vertriebenen … Implantate für den Weiterverkauf auf dem italienischen Markt erwerben zu wollen. Am 14.01.1991 sendete die Klägerin der Beklagten eine Rechnung über zehn Implantate i.H.v. 230.000,- DM zu. Mit Telefax vom 5.02.1991 bestätigte die Beklagte ihre Bereitschaft zur Abnahme der Geräte zu den besprochenen Bedingungen.
Nachdem die Klägerin am 22.04.1991 die Abnahme der Geräte angemahnt hatte, erhielt sie am 18.9.1991 ein Telefax der Beklagten mit der Mitteilung, daß diese nun nicht mehr zur Abnahme der Geräte bereit sei, da sich diese auf dem italienischen Markt nicht absetzen ließen. Daraufhin wurde am 18.12.1991 zwischen den Parteien ein Vergleich geschlossen, in dem die Klägerin auf ihre Ansprüche „aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag vom 5.02.1991“ verzichtete, „wenn“ die Beklagte drei Geräte nach einem genau bestimmten Zeitplan bis Februar 1992 abgenommen und bezahlt haben würde. Da die Beklagte diese nicht tat, mahnte die Klägerin mit Schreiben vom 11.6.1992 unter Setzung einer Nachfrist bis zum 30.6.1992 erneut die Beklagte, ihrer Verpflichtung zur Abnahme der zehn … Implantate aus dem Vertrag nachzukommen.
Der Klägerin wurden von ihrer Zuliefererfirma Kosten i.H.v. 77.520,- DM aufgrund ihres Rücktritts von ihrem Abrufauftrag für zehn Implantate in Rechnung gestellt.
Die Beklagte erklärte die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung über die TÜV-Zulassung der Implantate.
Die Klägerin behauptet, schon im Januar 1991 sei in Düren mündliche in Kaufvertrag über zehn … Implantate abgeschlossen worden. Als Liefer- und Erfüllungsort sei die Niederlassung der Klägerin in Aachen vereinbart worden. Sie behauptet ferner, daß die von ihr verkauften Geräte vom TÜV zugelassen seien.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 7752,- DM an sie zu verurteilen.
Die Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts und beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, sie habe sich nicht zur Abnahme der Geräte verpflichtet, da die Marktgängigkeit der Implantate auf dem italienischen Markt unsicher gewesen sei. Ferner sei vereinbart worden, daß die Klägerin die Geräte nach … liefern sollte. Sie behauptet weiterhin, daß die … Implantate nicht vom TÜV zugelassen seien.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist zulässig. Gerichtsstand für die Klage auf Schadensersatz wegen Nichtabnahme des Implantates ist …
1) Da die Klägerin ihren Sitz in Deutschland und die Beklagte ihren Sitz in Italien haben, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 des EG-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.09.1968 (BGBl 1972 II, S. 774, BGBl 1988 II, S. 453). Danach kann eine Person mit einem Wohnsitz in einem Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen wäre.
2) Die Beklagte hätte die Implantate in … abnehmen müssen. Wo die Verpflichtung, die den Gegenstand der Klage bildet, zu erfüllen ist, bestimmt sich nach dem Recht, das nach der Kollisionsnorm des mit dem Rechtsstreit befaßten Gerichts maßgeblich ist (EuGH, NJW 1977, 491; BGHZ 74, 136, 139). Zu dem hier maßgeblichen deutschen Recht gehört auch das in Italien am 1.01.1988 und in Deutschland am 1.01.1991 in Kraft getretene CISG. Dieses findet auf den zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag Anwendung, da die Parteien ihre Niederlassungen in verschiedenen Vertragsstaaten haben und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vor dem 1.01.1991 datiert.
Gem. Art. 60 b) CISG ist der Käufer verpflichtet, die Ware zu übernehmen. Der Ort dieser Übernahmepflicht, der nicht gesetzlich geregelt ist, ist notwendigerweise vom Erfüllungsort der Lieferpflicht des Verkäufers abhängig. Diese richtet sich nach Art. 31 CISG, der als Regelfall in Art. 31b) und c) die Holschuld vorsieht (v. Caemmerer/Schlechtriem/Huber Art. 31 Rn. 53). Daß zwischen den Parteien hiervon abweichend eine Pflicht des Verkäufers zur Beförderung der Ware nach … vereinbart worden war, hat die Beklagte nicht hinreichten substantiiert vorgetragen. Aus dem Charakter des Vertrages oder aus einem möglicherweise über Art. 9 I CISG anwendbaren Handelsbrauch ergibt sich dies nicht. Die Tatsache, daß im Telefax vom 5.02.1992 eine Beförderungspflicht nicht geregelt ist und auch im sonstigen vorprozessualen Schriftverkehr der Parteien eine solche nicht erwähnt wird, spricht vielmehr dafür, daß die Parteien keine von der gesetzlichen Regelung abweichende Vereinbarung geschlossen haben.
II. Die Klage ist auch begründet. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen Nichtabnahme eines … Implantates in Höhe von 7.752,- DM ergibt sich aus Art. 61 I b), 74 CISG.
1) Die Beklagte hat eine ihrer Käuferpflichten durch die Nichtabnahme der Implantate nicht erfüllt.
a) Es kann dahin gestellt bleiben, ob schon bei den mündlichen Verhandlungen in Düren im Januar 1991 zwischen den Parteien ein Kaufvertrag mit der Verpflichtung der Beklagten zur Abnahme von zehn … Implantaten zustande gekommen ist. Jedenfalls ist ein Angebot der Klägerin zum Abschluß eines solchen Vertrages das den Anforderungen des Art. 14 I CISG gerecht wird, in der Zusendung der Rechnung über zehn … Implantate in Höhe von 230.000,- DM am 14.01.1991 zu sehen. Die Bestätigung seitens der Beklagten im Telefax vom 5.12.1991 stellt eine Annahme iSd Art. 18 CISG dar, da dieses die Zustimmung der Beklagten zum Angebot zum Ausdruck bringt.
b) Die Pflichten aus dem Kaufvertrag sind auch nicht durch Abschluß des Vergleichs am 18.12.1991 erloschen.
aa) Die gemäß Art. 4 I CISG nicht vom CISG geregelte Wirksamkeit des Vergleichs unterliegt deutschem Recht. Gemäß Art. 3 I EG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19.6.1980 (BGBl 1086 II, S. 810) ist das von den Parteien ausdrücklich oder stillschweigend gewählte Recht maßgeblich. Die Parteien haben stillschweigend die Anwendung deutschen Rechts gewählt. Eine stillschweigende Rechtswahl liegt vor, wenn die Umstände des Falles mit hinreichender Sicherheit einen entsprechenden Parteiwillen erkennen lassen (Palandt/Heldrich Art. 27 EGBGB Rn. 5). Neben der Tatsache, daß die Vergleichsverhandlungen in Deutschland stattgefunden haben, ergeben sich Anhaltspunkte für einen entsprechenden Parteiwillen daraus, daß der Vergleich in deutscher Sprache abgefasst und die vereinbarte Zahlungspflicht in deutscher Währung ausgedrückt ist. Zudem liegt der Erfüllungsort der in dem Verglich vereinbarten Liefer- und Zahlungspflicht in Deutschland.
bb) Der Vergleich ist unwirksam. Die Klägerin hat in dem Vergleich unter der aufschiebenden Bedingung mit dem Inhalt, daß die Beklagte drei … Implantate bis Februar 1992 abnehmen und bezahlen würde, auf ihre Rechte aus dem Kaufvertrag verzichtet. Mit dem Nichteintritt der Bedingung ist der Vergleich endgültig unwirksam.
c) Die Beklagte hat den Beweis für die tatsächlichen Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung über das Fehlen einer TÜV-Zulassung der Implantate nicht angetreten.
d) Ob aufgrund der fehlenden Marktgängigkeit der Geräte die Anwendung der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage oder die Anfechtung wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der gekauften Sache nach nationalem Recht in Betracht kommt, kann offen gelassen werden, da diese Rechtsinstitute durch die Regelung des CISG verdrängt werden. (v. Caemmerer/Schlechtriem/Herber Art. 4 Rn. 13, 14).
2) Die Beklagte war gemäß Art. 60 CISG zur Abnahme der von der Klägerin zur Verfügung gestellten … Implantate verpflichtet. Dieser Verpflichtung ist sie nicht nachgekommen.
3) Die Klägerin ist gemäß Art. 61 I b), 63 CISG zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches berechtigt, da sie der Beklagten mit Schreiben vom 11.06.1992 eine angemessene Nachfrist zur Erfüllung ihrer Pflichten gesetzt hat und diese erfolglos abgelaufen ist.
4) Der Klägerin ist durch die Nichtabnahme eines Gerätes ein anteiliger Schaden in Höhe von 7.752,- DM entstanden. Daß die Klägerin ihrer eigenen Lieferantin bei Nichtabnahme der Implantate ersatzpflichtig sein würde, war für die Beklagte auch voraussehbar.