Die Klägerin, die mit keramischen Produkten handelt, nimmt die Beklagte, eine Baustoffhändlerin, auf Bezahlung von zwei Lieferungen von Wandfliesen in Anspruch. Die Parteien standen seit 1982 in ständiger Geschäftsverbindung.
Die Beklagte bestellte jeweils über den Vertreter … bei der Klägerin mit Auftrag Nr. 1853 vom 26.01.1990 und Nr. 1856 vom 05.03.1990 Fliesen. Unter „Zahlungsbedingungen“ heißt es im Auftrag Nr. 1853: „14 T 3 %-30 T. netto“. Und im Auftrag Nr. 1856: „wie gehabt“ (AS. 13, 17). Dabei handelt es sich um der Beklagten zugesandte schriftliche Bestätigungen der zuvor mündlich erteilten Aufträge. Rechts unten heißt es: „Wir danken Ihnen für diesen Auftrag, der aufgrund unserer, bzw. der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen des Werkes, für das der Auftrag bestimmt ist, vorbehaltlich Auftragsbestätigung, angenommen wurde“. Für die jeweiligen Lieferungen stellte die Klägerin der Beklagten am 22.02.1990 8436,92 DM (AS. 97) und am 07.06.1990 8.466,30 DM (AS. 19) in Rechnung. Die Rechnungsformulare der Klägerin enthalten den Aufdruck: „... Reklamationen werden nur vor der Verlegung anerkannt, jedenfalls darf die Ware nur innerhalb von 30 Tagen ab Rechnungsdatum reklamiert werden.“ Mit Ausnahme eines Teilbetrages von 3.436,92 DM auf die Rechnung vom 22.02.1990 hat die Beklagte nichts bezahlt.
Die Beklagte rügte Mängel der am 22.02.1990 berechneten und schon verlegten Fliesen „Anna Grigio“. Daraufhin einigten sich die Klägerin, vertreten durch …, die Beklagte und der Fliesenleger … auf die kostenlose Ersatzlieferung der auszuwechselnden Fliesen, die Zahlung einer Gutschrift von 1.000, DM an die Beklagte „als Zuschuß für die Teilverlegung“, während der „Restbetrag ... zu Lasten der Firma … geht“ (AS. 99). Die am 17.07.1990 nachgelieferten Fliesen wurden wegen behaupteter Mängel nicht eingebaut.
Die Klägerin nimmt die Beklagte, unter Berücksichtigung der Gutschrift und der Teilzahlung, auf Restzahlung der beiden Rechnungen in Anspruch.
Sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.466,30 Dm und 10 % Zinsen hieraus seit 04.08.1990 zu bezahlen.
Die Beklagte bittet um Klagabweisung.
Sie behauptet, die nachgelieferten Fliesen wiesen noch höhere Farbunterschiede als die früher gelieferten auf; außerdem seien sie mit Klebestreifen verunreinigt. Deshalb rechnet sie gegen die Klageforderung mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 3.824,15 DM auf.
Weiter rechnet sie mit Schadensersatzansprüchen wegen mangelhafter Fliesenlieferungen auf, hilfsweise macht sie ein Zurückbehaltungsrecht mit einem Anspruch auf Mangelbeseitigung geltend. Es handelt sich um von der Klägerin bezogene Fliesen, welche dem Kunden … am 25.10.1988 und dem Kunden … im Jahr 1990 verkauft worden sind, letztere aus der am 07.06.1990 berechneten Lieferung. Die Beklagte verweist auf die Reklamationen der Kunden, welche Abplatzungen an den Fliesen gerügt hätten; die Beklagte habe die Reklamationen sofort an die Klägerin weitergegeben.
Schließlich ist die Beklagte der Auffassung, daß die Rechnungen erst 90 Tage nach Rechnungsstellung fällig geworden seien.
Die Einzelheiten des Vortrags der Parteien ergeben sich aus den Schriftsätzen und den Sitzungsniederschriften. Zu den behaupteten Mängeln der Nachlieferung wurde Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen … (AS. 251) mit Nachtragsgutachten vom 04.07.1991(AS 289).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist überwiegend begründet.
1. Aus der Rechnung vom 22.02.1990 über 8.436,92 DM (AS. 97) kann die Klägerin nur noch 1.958,14 DM verlangen. Die Beklagte hat unstreitig 3.436,92 DM bezahlt. Vereinbarungsgemäß ist auf diese Forderung die Gutschrift vom 1.000, DM für die Kosten der Neuverlegung eines Teils der Fliesen anzurechnen. Durch teilweisen Rücktritt vom Vertrag ist die Forderung in Höhe von 2.011,86 DM erloschen. Schließlich hat die Beklagte wirksam mit einem Schadensersatzanspruch von 30, DM aufgerechnet.
a) Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien beurteilt sich nach dem Wiener UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11.04.1990 (BGBl II 1989, 588 – im folgenden: UN-Üb). Es ist in Italien seit 01.01.1988 in Kraft. Auf dessen Recht kommt es an, weil auf die Beziehungen der Parteien gem. Art. 28 Abs. 1, Abs. 2 EGBGB das italienische Recht Anwendung findet.
b) Die Klägerin hat die nach dem Vertrag übernommene Pflicht zur Lieferung einer Ware verletzt, die sich für Zwecke eignet, für die Waren der gleichen Art gewöhnlich gebraucht werden (Art. 45 iVm Art. 35 Abs. 2 lit. a UN-Üb). Das steht aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen … vom 23.05.1991 (AS. 251) und des Nachtragsgutachtens vom 04.07.1991 (AS 289) fest. Hiernach weisen die Fliesen Farbunterschiede auf: Die streifenförmige Flammung ist zum Teil ganz in grau und weist zum anderen Teil einen stärkeren rötlich-beigen Streifen auf. Diese Feststellungen hat der Sachverständige hinreichend zuverlässig getroffen, indem er drei Pakete der gesamten Lieferung öffnete. Dieser Mangel der Fliesen wirkt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch aus. Es ist ohne Bedeutung, daß die Klägerin mehr als die bestellten Fliesen nachgeliefert hat, so daß möglicherweise genügend Fliesen einer der beiden Arten für die Auskleidung des dafür vorgesehenen Raumes zur Verfügung gestanden hätten. Dem Käufer kann nicht zugemutet werden, alle Pakete zu öffnen, die Fliesen zu sortieren, zu prüfen, ob genügend von einer Sorte geliefert wurden, und sie wieder zu verpacken. Hinzu kommt daß nach den Feststellungen des Sachverständigen die Fliesen mit rötlich-beiger Flammung überwiegend mit Klebestreifen verunreinigt waren, also erst einmal hätten behandelt werden müssen.
c) Die Berufung auf diese Mängel ist der Beklagten nicht dadurch abgeschnitten, daß die Klägerin sich zu dieser Nachlieferung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bereitgefunden hat (Schreiben des … vom 12.07.1990 – AS. 99). Das bedeutet keine Freizeichnung von der Haftung für etwaige Mängel.
d) Soweit sich die Beklagte weigert, den Kaufpreis für die Bestellnummern 303400, 303401 und 303406 (Anna Grigio und zweimal Anna Grigio Dekor) zu bezahlen, verlangt sie nicht Schadensersatz, sondern ist vom Vertrag teilweise zurückgetreten (Art. 51 Abs. 1, 49 Abs. 1 lit. a UN-Üb). Der Kaufpreis mindert sich um die hierfür verlangten (1.685,86 DM + 102, DM + 224, DM =) 2.011,86 DM.
Entgegen der Auffassung umfaßt das Rücktrittsrecht auch den auf die Dekorfliesen bezogenen Teil des Kaufvertrages. Wie schon die gleichartige Bezeichnung zeigt, handelt es sich auch bei ihnen um Fliesen „Anna Grigio“. Ohne die Grundfliese haben die Dekorfliesen für die Beklagte kein Interesse.
e) Im übrigen macht die Beklagte Schadensersatz (Art. 45 Abs. 1 lit. b, Art. 74 ff. UN-Üb) geltend. Ein solcher Anspruch ist durch den Teilrücktritt nicht ausgeschlossen (Art. 45 Abs. 2 UN-Üb). Er ist jedoch nur in Höhe von 30, DM begründet.
Zusätzliche Kosten der Ersatzlieferung hat die Klägerin bestritten. Die Beklagte hat keinen Beweis angetreten.
Die Kosten der Neuverlegung sind durch die Zahlung von 1.000,- DM entsprechend der Vereinbarung vom 12.07.1990 zwischen den Parteien und dem Fliesenleger … abgegolten.
Die mit 200,- DM verlangte Aufwandsentschädigung ist übersetzt. Die Kammer schätzt die Kosten auf 30,- DM.
2. Die Aufrechnung gegen den restlichen Kaufpreisanspruch gem. Rechnung vom 22.02.1990 und den Kaufpreisanspruch von 8.466,30 DM gem. Rechnung vom 07.06.1990 mit weiteren Schadensersatzansprüchen wegen Lieferung mangelhafter, an die Kunden … und … weiterverkaufter Fliesen ist unwirksam. Der Beklagten stehen keine Schadensersatzansprüche zu, weil sie die Mängel nicht rechtzeitig der Klägerin gegenüber gerügt hat. Die Klägerin hat die Anerkennung von Reklamationen davon abhängig gemacht, daß sie noch vor Verlegung der Ware, jedenfalls aber innerhalb von 30 Tagen seit Rechnungsdatum angebracht werden. Diese auf den Rechnungen der Klägerin vorgedruckte Erklärung ist Vertragsinhalt geworden. Der Vertreter … der Klägerin hat hierauf in den Auftragsbestätigungen Bezug genommen (vgl. AS. 47, 51). Eine darin im Vergleich zur Bestellung der Beklagten möglicherweise liegende Annahme unter Erweiterungen wäre nach Art. 19 Abs. 2 UN-Üb maßgeblich, weil eine solche Abweichung die Bedingungen des Angebots nicht wesentlich geändert hätte und die Beklagte dies nicht beanstandet hat.
Diese zeitliche Beschränkung des Rügerechts ist jedenfalls hinsichtlich der 30 Tage-Frist unbedenklich. Die Beklagte hat sie nicht eingehalten. Der Kunde … wurde im Oktober 1988 beliefert, während erstmals im April 1989 reklamiert wurde. Der Kunde … reklamierte mit Schreiben vom 12.10.1990; zu diesem Zeitpunkt war die Frist für die bereits am 07.06.1990 berechnete Lieferung ebenfalls abgelaufen.
Aus denselben Gründen entfällt auch ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines Nachlieferungsanspruchs.
3. Zinsen kann die Klägerin für die restliche Kaufpreisforderung aus der Rechnung vom 22.02.1990 und die Forderung aus der Rechnung vom 07.06.1990, wie beantragt, ab 04.08.1990 verlangen. Die Beklagte ist durch Schreiben der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 27.07.1990 zur Zahlung bis 03.08.1990 gemahnt worden (AS. 59).
Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Forderung gem. Rechnung vom 07.06.1990 nicht 90 Tage, sondern nur 30 Tage gestundet. Die Zahlungsbedingungen „wie gehabt“ auf der Auftragsbestätigung Nr. 1856 des Vertreters … Klägerin nehmen Bezug auf frühere Zahlungsregelungen. Die Beklagte hat den Vortrag der Klägerin nicht bestritten, daß jedenfalls seit 1989 die seitdem erstellten und der fraglichen Rechnung vorangegangenen drei Rechnungen der Klägerin, möglicherweise auch die entsprechenden Auftragsbestätigungen, den Vermerk enthielten: „14 Tage 3 % SK-30 Tage netto“. Die von der Beklagten behauptete vorherige Zusage des Vertreters … gegenüber dem Inhaber der Beklagten „... Zahl’ eben wenn Du kannst“ ist zu unbestimmt für eine Stundungszusage und deshalb auch nicht Inhalt dessen, was mit „wie gehabt“ gemeint ist.