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Zusammenfassung der Entscheidung CLOUT Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung von UNCITRAL
Die Klägerin ist eine italienische Schuhfabrik und verkaufte der Beklagten zu 1), die ein Einzelhandelsgeschäft für Schuhe betreibt, am 25.9.1988 eine größere Anzahl von Schuhen, die die Beklagte zu 1) ihrerseits in der Sommersaison verkaufen wollte. Zwischen den Parteien war eine Lieferung frei zum Ladengeschäft der Beklagten zu 1) vereinbart, wobei der Spediteur die Ware nur Zug um Zug gegen einen Scheck in Höhe von 40 % der Rechnungssumme herausgeben sollte. Der Restbetrag von den weiteren 60 % sollte dann innerhalb von 60 Tagen nach Warenübergabe bezahlt werden.
Am 20.1.1989 hat die Klägerseite die Waren zum Versand gebracht und DM 10.107,19 in Rechnung gestellt. Kurze Zeit darauf setzte die Fa. … bei der sich mittlerweile die Schuhe befanden, auf Weisung der Klägerseite die Auslieferung aus. Zur Auslieferung der Ware kam es erst, als die Beklagte zu 1) am 23.6.1989 einen Betrag von DM 4.100,-, welcher den vereinbarungsgemäß bestimmten 40 % der Rechnungssumme entsprach, zahlte. Bis zu diesem Zeitpunkt lagerte die Ware bei der Spedition. Nach Erhalt der Ware leistete die Beklagte nur noch eine Zahlung von DM 1.000,-. Der Restbetrag blieb offen. Die Beklagte verkaufte die Schuhe im Sommerschlußverkauf.
Die Klägerseite ist der Ansicht, daß zwischen den Parteien das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (VNKÜ) gelte und der zwischen den Parteien zustande gekommene Kaufvertrag danach beurteilt werden müsse. Die Klägerseite behauptet, mit 14,5 %igem Bankkredit zu arbeiten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin DM 5.000,- nebst 14,5 % Zinsen seit dem 1.9.1989 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 1) hat bezüglich der gegnerischen Hauptforderung mit einer Gegenforderung von DM 6.790,- aufgerechnet. Die Beklagtenseite hat vortragen lassen, daß sie insoweit durch die verspätete Lieferung einen Schaden erlitten habe, da die Ware nicht im regulären Verkauf hätte abgesetzt werden können, sondern erst im Sommerschlußverkauf und daß dadurch die Verkaufserlöse entsprechend gemindert gewesen seien.
Die Klägerseite trägt vor, sie habe von ihrem Anhalterecht Gebrauch gemacht, wozu sie sich durch Art. 71 VNKÜ berechtigt sieht, da sie ernstzunehmende Hinweise auf die Zahlungsunfähigkeit der Beklagtenseite erhalten habe.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet.
Denn jedenfalls greift die Aufrechnung gemäß § 389 BGB durch. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag unterliegt den Vorschriften der VNKÜ. Das VNKÜ ist anwendbar infolge Art. 28 EGDGW, da die charakteristische Leistung des Vertrages, nämlich der Verkauf und Versand der Schuhe, am Sitz der Niederlassung der Klägerseite zu erbringen ist, wonach insoweit italienisches Recht anzuwenden ist und nach italienischem Recht das VNKÜ geltendes Recht ist.
Eine Forderung der Klägerseite ist jedoch durch die Aufrechnung erloschen, da diese Aufrechnung begründet ist. Denn für die Beklagtenseite bestand eine Aufrechnungslage im Sinne des § 387 BGB, da der Beklagtenseite gegen die Klägerseite ein wirksamer und fälliger Schadensersatzanspruch aus Art. 45 Abs. 1 b VNKÜ zustand. Denn gemäß Art. 45 kann die Beklagtenseite Schadensersatz verlangen, da die Klägerseite eine Vertragsverletzung beging, indem sie rechtswidrig ein vermeintliches Anhalterecht ausübte (vgl. insoweit von Kämmerer im Komm. zum einheitlichen UN-Kaufvertrag, Randziffer 25).
Dabei kann es dahinstehen, ob nach Absendung der Ware überhaupt tatsächlich begründete Zweifel an der Zahlungsfähigkeit der Beklagten zu 1) offenbar geworden sind, die unter Umständen zu einer Ausübung eines Anhalterechts hätten führen können, jedoch ist dieses Anhaltsrecht geknüpft an eine Informationspflicht nach Art. 71 Abs. 3 VNKÜ. Damit war die Klägerseite verpflichtet, über etwaige Zweifel an der Zahlungsfähigkeit die Beklagtenseite zu benachrichtigen, wenn sie von ihrem Anhalterecht Gebrauch machen wollte. Entsprechende Mitteilungen sind von der Klägerseite nicht vorgetragen worden. Dies aber wäre Voraussetzung der berechtigten Ausübung eines Anhalterechts. Damit steht der Beklagtenseite ein Schadensersatzanspruch bezüglich des entgangenen Gewinns zu. Die Darlegung der Beklagtenseite sind insoweit substantiiert und nachvollziehbar und werden insoweit von der Klägerseite nicht substantiiert bestritten. Schon aus der allgemeinen Lebenserfahrung folgt, daß eben erhebliche Gewinneinbußen dann zu verzeichnen sind, wenn die Ware nicht im regulären Verkauf sondern nur im Schlußverkauf verkauft werden kann. Immerhin ist es auch zu einem mehrmonatigen Anhalten gekommen. Dieses ist aber eine Verletzung der vertraglichen Pflichten gewesen, da die Klägerseite nicht vorgetragen hat, die Beklagtenseite von ihren Zweifeln bezüglich der Zahlungsfähigkeit zu unterrichten. Immerhin muß die Klägerseite sich auch an der vertraglichen Vereinbarung zunächst einmal festhalten lassen, daß bei Übergabe 40 % der Rechnungssumme zu zahlen gewesen wären. Zu dieser Übergabe ist es aber gar nicht zeit- und fristgerecht gekommen. Wenn die Klägerseite etwas anderes gewollt hätte, so hätte eben andere Verträge abschließen müssen.