Die zulässige Berufung der Klägerin ist bereits jetzt entscheidungsreif, hingegen ist für die Anschlußberufung der Beklagten, mit der sie ihre Widerklage in verringertem Umfang weiterverfolgt, noch weitere Aufklärung erforderlich. Hinsichtlich der mit der Berufung verfolgten Klageforderung konnte deshalb vorab durch Teilurteil (§ 301 ZPO) erkannt werden.
Die Berufung hat überwiegend Erfolg. Die Klage ist – abgesehen von einem Teil des Zinsanspruchs – nach dem Hilfsantrag begründet, weil der Klägerin der geltend gemachte Kaufpreis in italienischer Währung gemäß Art. 53 des UN-Übereinkommens über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (Convention on Contracts for the International Sale of Goods – CISG –) zusteht.
Auf die im Jahr 1991 geschlossenen Kaufverträge der Parteien ist das genannte Übereinkommen gemäß dessen Art. 1 Abs. 1 a), 100 Abs. 2 anzuwenden. Sowohl Italien als auch die Bundesrepublik Deutschland sind Vertragsstaaten (vgl. Herber/Czerwenka, Internationales Kaufrecht, 1991, vor Art. 1 Rn. 16). Das Übereinkommen ist in Italien am 1. Januar 1988 und in der Bundesrepublik Deutschland am 1. Januar 1991 in Kraft getreten.
Der Klage liegen zwei Rechnungen mit den Nummern … über 20.999.000 LIT und … über 8.127.000 LIT über die Lieferung von Damenschuhen zugrunde. Die Klägerin macht aus der Rechnung Nr. ... 2.715.000 LIT und aus der Rechnung Nr. … 5.623.200 LIT Restkaufpreis geltend. Der Abschluß des Kaufvertrages, die Auslieferung der Schuhe und die rechnerisch richtige Ermittlung des Kaufpreises sind nicht im Streit.
Die Beklagte ist nur dann nicht zur Zahlung des Restkaufpreises verpflichtet, wenn sie wirksam die Aufhebung des Vertrages erklärt hat (Art. 49 CISG). Die Aufhebung befreit beide Parteien von ihren Vertragspflichten mit Ausnahme etwaiger Schadensersatzpflichten (Art. 81 Abs. 1 CISG).
Soweit die Beklagte vorgebracht hat, die Schuhe seien nicht termingerecht angeliefert worden, steht ihr schon deshalb kein Recht zur Aufhebung des Vertrages zu, weil nicht dargelegt ist, daß die Klägerin eine ihr gesetzte Nachfrist hat verstreichen lassen (Art. 49 Abs. 1 b, 47 Abs. 1 CISG).
Auch soweit sich die Beklagte darauf stützt, daß die angelieferten Schuhe überwiegend nicht vertragsgerecht gewesen seien, hat ihre Verteidigung keinen Erfolg.
Eine Mangelhaftigkeit von Waren ist nach dem UN-Übereinkommen kein Fall der Nichtlieferung, sondern sie unterfällt den Vertragsverletzungen, die in wesentliche und sonstige unterschieden sind. Die Aufhebung des Vertrages kann nur begehrt werden, wenn die Nichterfüllung einer dem Verkäufer nach dem Vertrag oder dem Übereinkommen obliegenden Pflicht eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt (Art. 49 Abs. 1 a CISG).
Im Gegensatz zum nationalen deutschen Kaufrecht, das mit Ausnahme unerheblicher Abweichungen ein Recht zur Wandlung des Vertrages grundsätzlich bei jedem Fehler gewährt, wird nach dem UN- Kaufrecht vom Käufer in weitergehendem Umfang erwartet, auch vertragswidrige Ware hinzunehmen und sich wegen des Leistungsdefizits anderer Rechtsbehelfe (Herabsetzung des Kaufpreises, Schadensersatz) zu bedienen. An einer wesentlichen Vertragsverletzung kann es beispielsweise fehlen, wenn der Käufer letztlich nicht einwandfreie Ware zumutbar verwerten kann (v. Caemmerer-Huber, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht – CISG –, 1990, Art. 46 Rn. 64, Art. 49 Rn. 27; Piltz, Internationales Kaufrecht, 1993, § 5 Rn. 247). Eine dahingehende Prüfung liegt auch nahe, wenn die Vertragswidrigkeit etwa nur in der mangelnden Übereinstimmung mit einer beim Kauf vorgelegten Probe oder einem Muster besteht (Art. 35 Abs. 2 c CISG). Daraus folgt, daß der Käufer regelmäßig genau zu den Mängeln und der Unzumutbarkeit weiterer Verwertung vortragen muß, da sonst keine Überprüfung daraufhin stattfinden kann, ob eine zur Vertragsaufhebung berechtigende wesentliche Vertragsverletzung vorliegt.
Das Vorbringen der Beklagten gestattet die erforderliche Überprüfung indessen weitgehend nicht.
Zur Rechnung Nr. …, die ausschließlich sogenannte Pumps der Artikel-Nr. … enthält, hat die Beklagte lediglich ausgeführt, diese seien „in sämtlichen Ausführungen mangelhaft“ gewesen. So habe das Material „Fehler“ aufgewiesen. Die Verarbeitung sei „unterschiedlich“ gewesen, „mal“ seien „die Schuhe gesteppt, mal umgeschlagen“ gewesen. Insgesamt hätten sie nicht dem ursprünglichen Muster entsprochen. Diesem Vorbringen läßt sich nicht entnehmen, welche konkreten Fehler vorgelegen haben sollen. Hinsichtlich der Abweichungen vom Muster ist auf Grund der Darstellung der Beklagten keine Beurteilung möglich, ob ihr die Verwertung zumutbar gewesen wäre.
Die Rechnung Nr. … betrifft die Artikel mit den Nr. … und ….
Zum Artikel Nr. … hat die Beklagte insoweit nichts ausgeführt. Falls dieselben Beanstandungen vorgebracht werden sollten, wie bei der Rechnung Nr. … würden sie ebenso wie dort nicht ausreichen.
Zu den Modellen Nr. … und … in der Ausführung … bemängelt die Beklagte, diese Schuhe seien statt in Metallic-Leder Gold (… in dem Material …) gefertigt worden, was dazu geführt habe, daß die Schuhe nicht glatt verarbeitet worden seien, sondern starke Falten gezogen hätten. Dies läßt keine Beurteilung zu, ob die Schuhe, abgesehen von dem anderen Material und dem dadurch bedingten anderen Aussehen, fehlerhaft waren und nicht verwertet werden konnten.
Zum Modell Nr. … in der Ausführung … hat die Beklagte nichts vorgetragen.
Lediglich zum Modell Nr. … hat die Klägerin hinreichend substantiiert dargetan, daß die Schuhe im Material Risse aufgewiesen hätten.
Der Senat hat der Beklagten in mündlicher Verhandlung Gelegenheit gegeben, die einzelnen Beanstandungen näher zu konkretisieren. Ergänzendes Vorbringen ist nicht erfolgt.
Aus alledem folgt, daß die Klägerin nur hinsichtlich des Artikels Nr. … schlüssig dargetan hat, daß eine Vertragsaufhebung mit entsprechender Kürzung des Kaufpreises (vgl. v. Caemmerer – Schlechtriem, Art. 51 Rn. 6) in Betracht kommen könnte. Davon betroffen sind 19 Paar Schuhe zum Preis von je 56.000 LIT, insgesamt also ein Kaufpreisteil von 1.064.000 LIT Da die Klägerin aus der Rechnung Nr. … aber ohnehin einen höheren Betrag nicht einklagt, wird die Klageforderung davon nicht berührt.
Ein anderes Ergebnis stellt sich auch nicht auf Grund des Schreibens des Handelsvertreters Mayer der Klägerin vom 22. November 1991 ein. Die in diesem Schreiben enthaltenen Erklärungen binden allerdings die Klägerin, wenn sie ihrem Handelsvertreter die Beantwortung des an sie gerichteten Schreibens der Beklagten vom 11. November 1991 überlassen hatte, wofür der Inhalt des Schreibens spricht. Die Klägerin hätte dann nicht im Widerspruch zu ihrer im Schreiben vom 22. November 1991 erklärten Bereitschaft, daß ihr einzelne mangelhafte Schuhpaare zurückgesandt werden können, durch ihren Anwalt später erklären lassen dürfen, daß sie eine Rücksendung unter keinen Umständen annehmen werde. Die Beklagte wird dadurch aber nicht der Last enthoben, im Rechtsstreit konkret darzutun, welche Schuhe solche Mängel aufgewiesen haben, daß die Klägerin zu ihrer Rücknahme verpflichtet war. Die vom Handelsvertreter Mayer geäußerte Bereitschaft der Beklagten zur Rücknahme erstreckte sich nicht auf jegliche Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit, wie sich darin zeigt, daß für die in … statt in … gefertigten Schuhe nur ein Nachlaß von 10 % eingeräumt wurde, eine Rücksendung insoweit also abgelehnt wurde. Das läßt darauf schließen, daß mit „Mängeln“ im Sinne des Schreibens vom 22. November 1991 nur fehlerhaftes Material oder eine fehlerhafte Verarbeitung gemeint war. Diesbezüglich ist aber nur zum Artikel Nr. … bei dem Risse im Leder vorhanden gewesen sein sollen, ausreichend vorgetragen worden.
Unerheblich ist, ob der Handelsvertreter Mayer der Klägerin bei seinem Besuch am 7. November 1991, wie von der Beklagten behauptet, „die Mängel“ sämtlich anerkannt und eine Kommission verabredet hat. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestritten, daß ihr Handelsvertreter Abschlußvollmacht gehabt habe. Die Beklagte hat nichts vorgetragen, was eine abweichende Beurteilung zuließe. Vom gesetzlichen Umfang der Vollmacht gemäß § 91 Abs. 2 HGB sind die behaupteten Erklärungen des Handelsvertreters nicht erfaßt.
Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Anspruch auf Bezahlung in deutscher Währung steht der Klägerin nicht zu, da der Kaufpreis in italienischer Währung vereinbart war (vgl. Piltz, § 4 Rn. 124). Mit dem Hauptantrag war die Klage folglich abzuweisen.
Der Zinsanspruch ist nur in Höhe von 10 % begründet.
Er findet dem Grunde nach seine Rechtfertigung in Art. 78 CISG. Danach hat die Vertragspartei, die es versäumt, den Kaufpreis oder einen anderen fälligen Betrag zu zahlen, der anderen Partei für diese Beträge (Fälligkeits-) Zinsen zu entrichten (v. Caemmerer – Eberstein, Art. 78 Rn. 9, 10; Herber – Czerwenka, Art. 78 Rn. 3; Asam RIW 1989, 942, 945). Fälligkeit des Kaufpreises für die spätestens am 19. Oktober 1991 ausgelieferten Schuhe war gemäß Art. 58, 59 CISG vor den von der Klägerin zugrunde gelegten Daten eingetreten. Zu abweichenden Vereinbarungen hinsichtlich des Fälligkeitszeitpunktes ist nichts vorgetragen worden.
Da die Höhe des Zinsanspruchs in Art. 78 CISG (anders als in Art. 83 EKG) offen gelassen ist, ist nach ganz überwiegender Auffassung das nach deutschem internationalen Privatrecht anwendbare nationale Recht heranzuziehen (vgl. die Nachweise in Senat, Urt. v. 13. Juni 1991 – 5 U 261/90 –, NJW 1991, 3102).
Im vorliegenden Fall findet das für den Kaufpreisanspruch gemäß Art. 28 Abs. 2 EGBGB maßgebende italienische Recht Anwendung, das auch die begleitende Verzinsungspflicht beherrscht. Ob der vereinzelt gebliebenen abweichenden Auffassung von Stoll (Festschrift für Ferid, 1988, S. 495, 509 f.; ähnlich v. Caemmerer – Leser, Art. 84 Rn. 13 zur Zinszahlungspflicht des Art. 84 Abs. 1 CISG) zu folgen ist, der die Höhe des gesetzlichen Zinssatzes dem Aufenthaltsrecht des Schuldners entnehmen will, hat der Senat im Urteil vom 13. Juni 1991 offenlassen können, weil die dortige Klägerin ihren Zinsanspruch von Anfang an auf 5 % beschränkt hatte, was sowohl nach französischem als auch nach deutschem Recht gerechtfertigt war. Im vorliegenden Fall ist die Frage indessen im Sinne der überwiegenden Auffassung zu entscheiden. Da die Höhe des Zinssatzes im Abkommen bewußt nicht geregelt worden ist, bleibt nur der Weg, die Antwort dem internationalen Privatrecht zu entnehmen. Aus der CISG läßt sich mangels jeglichen Ansatzpunktes kein Grundsatz herleiten, daß der Aufenthalt des Schuldners deshalb maßgeblich ist, weil die Zinspflicht darauf abzielt zu verhindern, daß die Vorenthaltung des Geldes für den Schuldner, der mit dem Geld arbeiten oder es nutzbringend anlegen kann, vorteilhafter ist als die Zahlung (vgl. Stoll aaO). Dieser Gedanke überzeugt auch deswegen nicht, weil nicht gewährleistet ist, daß der gesetzliche Zinssatz des Aufenthaltsstaates den Vorteil der Nichtzahlung vollständig abschöpft (vgl. 352 HGB) und eine andere Zinsbemessung die Grenze zum Schadensersatzanspruch verwischen würde. Der praktische Nachteil, gegebenenfalls nur zur Ermittlung der Zinshöhe fremdes Recht ermitteln zu müssen, muß wegen der partiellen Unvollkommenheit des Abkommens, die auf nicht überwundene Meinungsverschiedenheiten bei der Beratung zurückgeht (vgl. Herber/Czerwenka, Art. 78 Rn. 1), hingenommen werden. Er kann im übrigen durch geeignete Zusammenstellungen (vgl. Piltz, § 5 Rn. 415) zunehmend an Gewicht verlieren.
Die Höhe des Zinssatzes beläuft sich nach Art. 1284 Codice Civile seit dem 16. Dezember 1990 (Gesetz Nr. 353 vom 16. November 1990) auf 10 % (Piltz, § 5 Rn. 415; Kindler RIW 1991, 304 f.).
Die von der Klägerin begehrten höheren Verzugszinsen von 13,5 % können ihr nicht zugesprochen werden. Zwar schließt Art. 78 CISG es nicht aus, einen etwa durch Inanspruchnahme von Kredit entstandenen höheren Schaden nach Art. 74 ff. CISG im Wege des Schadensersatzes geltend zu machen (Herber/Czerwenka, Art. 78 Rn. 8). Die Klägerin hat jedoch ihren behaupteten Schaden durch Inanspruchnahme von Bankkredit nicht nachgewiesen (zur Beweislast: v. Caemmerer – Stoll, Art. 74 Rn. 41). In den vorgelegten Bescheinigungen der … ist allein die Entwicklung des italienischen Diskontsatzes aufgezeigt.