Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg, weil das Landgericht den Kaufpreisanspruch der Klägerin in der zuerkannten Höhe von 6.120,13 DM (rechnerisch richtig: 6.120,12 DM) zu Recht stattgegeben hat.
Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien findet das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den Internationalen Warenkauf (CISG) Anwendung, das in Italien am 01.01.1988 und in Deutschland am 01.01.1991 in Kraft getreten ist (vgl. MüKo-Martiny, Anhang II zu Art. 28 EGBGB Rn. 2).
Die Beklagte ist gemäß Art. 53 CISG verpflichtet, den Kaufpreis für die nicht zurückgegebene Stoffmenge in der unstreitig vereinbarten Höhe von 13,45 DM je Meter abzüglich geleisteter 629,09 DM zu zahlen. Unter Berücksichtigung der zurückgegebenen Menge von 153,3 m sind bei der Beklagten (655,1 – 153,3 =) 501,8 m im Gegenwert von (501,8 x 13,45 =) 6.749,21 DM verblieben, so daß abzüglich gezahlter 629,09 DM eine restliche Kaufpreisschuld von 6.120,12 DM verbleibt.
Die Beklagte erhebt die „Einrede der Wandelbarkeit“, will also ein Leistungsverweigerungsrecht im Sinne des § 478 BGB geltend machen, weil sie rechtzeitig in nicht verjährter Zeit Mängelrüge erhoben habe (54 GA). In Wahrheit rügt sie jedoch, die Lieferung sei unvollständig und deshalb insgesamt zu dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch nicht geeignet. Nach den Vorschriften des UN-Kaufrechts legt die Beklagte ein Leistungsverweigerungsrecht nicht schlüssig dar. Gemäß Art. 35 Abs. 2 b CISG ist die Ware u.a. dann nicht vertragsgemäß, wenn sie sich nicht für einen bestimmten Zweck eignet, der dem Verkäufer bei Vertragsschluß ausdrücklich oder auf andere Weise zur Kenntnis gebracht wurde. Die Beklagte legt nicht substantiiert dar, daß die Ware insgesamt zu dem vertraglich vorausgesetzten Verwendungszweck deshalb nicht (mehr) brauchbar war, weil eine Teilmenge von 153,3 m Uni-Stoffe wegen falscher – nicht bestellter – Farbe zurückgegeben und die entsprechende Menge in der richtigen – bestellten – Farbe nicht nachgeliefert wurde. Die Beklagte verstößt insoweit gegen ihre prozessuale Wahrheitspflicht, weil sie nach ihrem ursprünglichen Vorbringen nur eine Restmenge von 331,1 m erheblich unter Preis abgegeben hat, also von dem nach Rückgabe der Teilmenge von 153,3 m bei ihr verbliebenen 501,8 m eine Teilmenge von (501,8 – 331,1 =) 170,7 m im Gegenwert (170,7 x 13,45 =) 2.295,92 DM offenbar bestimmungsgemäß verwenden konnte. Insoweit ist eine Vertragswidrigkeit in keiner Weise dargetan.
Eine solche ist aber auch nicht dargetan im Hinblick auf die nach ihrer ursprünglichen Bekundung unter Preis verschleuderte Restmenge von 331,1 m. Daß die Beklagte der Klägerin bzw. ihrem Handelsvertreter G. gegenüber bei Vertragsschluß ausdrücklich erklärt hat, die Karo- und Uni-Stoffe seien nur in der bestellten Kombination verwendbar, behauptet die Beklagte selbst nicht. Der Umstand, daß die Stoffe bestellt wurden, um sie miteinander kombinieren zu können, reicht hierzu allein nicht aus. Es ist nicht auszuschließen, daß die Stoffe auch mit Stoffen anderer Hersteller kombiniert werden konnten und sollten.
Soweit die Klägerin teilweise eine nicht bestellte Farbe geliefert hat, lag eine aliud-Lieferung vor, die zur teilweisen Nichterfüllung führte. Gemäß Art. 51 CISG gelten für den Teil der Ware, der fehlt oder nicht vertragsgemäß ist, die Art. 46-50 CISG. Gemäß Art. 47 Abs. 2 CISG kann der Käufer vor Ablauf einer dem Verkäufer zur Erfüllung gesetzten angemessenen Nachfrist keinen Rechtsbehelf wegen Vertragsverletzung ausüben, es sei denn, der Verkäufer hat die Erfüllung innerhalb der gesetzten Frist verweigert. Korrespondierend bestimmt Art. 49 Abs. 1 b CISG, daß der Käufer die Aufhebung des Vertrages nur erklären kann, wenn der Verkäufer die Ware nicht innerhalb der nach Art. 47 Abs. 1 gesetzten Frist liefert oder die Lieferung verweigert. Die Beklagte hat es unterlassen, bei Rückgabe der in falscher Farbe gelieferten Ware der Klägerin eine Nachfrist zur Lieferung der bestellten Ware zu setzen. Dies war nicht deshalb entbehrlich, weil die Klägerin unter dem 08.07.1992 per Fax mitgeteilt hatte, die bestellte Ware zur Zeit nicht liefern zu können, und nur eine Teilmenge, nämlich 1 Stück in anderer Farbe anbieten konnte (5 GA). Denn darin lag noch keine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung der Klägerin, die eine Fristsetzung von vornherein entbehrlich gemacht hätte.
An die Feststellung einer endgültigen Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen. Sie liegt noch nicht vor, wenn sich – wie hier – der Schuldner nur zur Zeit zur Lieferung außer Stande erklärt.
Das Verhalten der Beklagten in der Folgezeit zeigt, daß sie kein Interesse an einer Ersatzlieferung hatte. Denn ausweislich ihres Schreibens vom 12.10.1992 befand sie sich in Zahlungsschwierigkeiten und bat deshalb darum, die noch vorhandene Restmenge von 331,1 m zurückgeben zu dürfen (7 GA).
Zudem hat die Beklagte das Recht, die Aufhebung des Vertrages zu erklären, gemäß Art. 82 Abs. 1 CISG insoweit verloren, als es ihr nach Weiterverkauf der Restmenge unmöglich geworden ist, die Ware zurückzugeben. Die Ausnahmen des Abs. 2 der genannten Vorschrift liegen nicht vor. Soweit ihr Prozeßbevollmächtigter erstmals im Senatstermin erklärt hat, wie er bei der Vorbereitung dieses Termins erfahren habe, sei die Ware noch vorhanden, ist dies unbeachtlich. Vorgerichtlich hatte die Beklagte mit Telefax vom 19.10.1992 mitgeteilt, sie habe die Restmenge von 331,1 m für 629,09 DM veräußert (7 GA). Wenig später übersandte sie der Klägerin einen Verrechnungsscheck in dieser Höhe. Dies übernahm die Klägerin in ihrer Klagebegründung (3 GA), ohne daß dem die Beklagte im weiteren Verlauf des Prozesses jemals widersprach. Sie hielt also ihre vorgerichtliche, von der Klägerin übernommene Darstellung, die Restmenge für 629,09 DM veräußert zu haben, weiterhin aufrecht. Ob darin ein vorweggenommenes Geständnis mit den Wirkungen der §§ 288, 290 ZPO zu sehen ist, kann dahinstehen. Jedenfalls aber verstößt die Beklagte gegen den auch im Prozeßrecht herrschenden Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sie vorgerichtlich selbst der Wahrheit zuwider behauptet, die restliche Stoffmenge veräußert zu haben, sodann dies im Verlauf des Prozesses nicht richtigstellt, sondern es zuläßt, daß die Klägerin dies als unstreitig behandelt, um dann schließlich am Ende der zweiten Instanz zu erklären, die Ware sei nach wie vor bei ihr vorhanden. Auf diesen Fall sind §§ 290, 532 ZPO jedenfalls entsprechend anzuwenden. Danach kann ein Geständnis, das nicht der Wahrheit entspricht, auch in der Berufungsinstanz nur widerrufen werden, wenn es durch einen Irrtum veranlaßt ist, nicht aber, wenn ihm eine bewußt unwahre Darstellung zugrundeliegt. Für einen Irrtum im Sinne der vorstehenden Ausführungen hat die Beklagte, obwohl sie im Senatstermin auf die Widersprüchlichkeit und Unlauterkeit auch ihres prozessualen Verhaltens eindringlich hingewiesen worden ist, nichts vorgetragen.
Allerdings hat die Beklagte, eine rechtzeitige Mängelrüge nach Art. 39 CISG unterstellt, ihre Schadensersatzansprüche nach Art. 45 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 74 ff CISG nicht dadurch verloren, daß sie keine Nachfrist zur Ersatzlieferung gesetzt hat. Solche Ansprüche – etwa in Form eines entgangenen Gewinns – hätte die Beklagte möglicherweise im Wege der Aufrechnung geltend machen können, was sie jedoch nicht tut.
Die vom Landgericht zuerkannten Zinsen in Höhe von 5 % ab 27.11.1992 (Klagezustellung), welche die Beklagte der Höhe nach nicht angreift, sind gemäß Art. 78 CISG in Verbindung mit §§ 352 HGB und 291 BGB begründet. Art. 78 CISG bestimmt, daß der Verkäufer Anspruch auf Zinsen hat, wenn der Käufer es versäumt, den Kaufpreis zu zahlen. Die Höhe des Zinssatzes ist dagegen nicht geregelt. Sie richtet sich nach dem jeweiligen nationalen Recht, das durch die Kollisionsnormen bestimmt wird (vgl. v. Caemmerer/Schlechtriem, CISG-Kommentar, München 1990, Art. 78 Rn. 3). Da beide Parteien sich im Rechtsstreit auf deutsches Recht berufen, haben sie insoweit durch schlüssiges Handeln die Anwendbarkeit deutschen Rechts vereinbart (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB). Also schuldet die Beklagte kaufmännische Zinsen in Höhe von 5 % ab Klagezustellung (§§ 352 HGB, 291 BGB).
Nichts anderes ergibt sich, wenn – bei fehlender (konkludenter) Rechtswahl – nach Art. 28 Abs. 1 und 2 EGBGB auf den vorliegenden Kaufvertrag italienisches Recht anwendbar wäre. Nach Art. 1282, 1284 Abs. 1 Codice civile beträgt der gesetzliche Zinssatz für fällige Geldforderungen ebenfalls 5 %.
Somit war der Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO der Erfolg zu versagen.