Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines Kaufvertrages.
Mit Vertrag Nr. ... vom 12. Oktober 1994 (Anl. K 1) kaufte die Klägerin von der Beklagten Eisen-Molybdän aus China, Menge: ca. 18.000 kg, Molybdängehalt: mindestens 64 %, zu einem Preis von 9,70 US$/kg Molybdän CIF Rotterdam, Lieferzeit: Oktober 1994 „from Chinaport to Rotterdam“. Als Gerichtsstand wurde Hamburg bezeichnet. In den Vertragsbedingungen der Beklagten (Anl. B 1) heißt es unter Nr. 2:
„The Sellers shall not be held responsibility if their owing to Force Majeurs cause or cause fail to make delivery within the time stipulated in this Sales contract or can not deliver the goods. However, the Sellers shall inform immediately the Buyers by Telex or fax message.“
Daß diese Bedingungen Bestandteil des Vertrages sein sollten, bestätigte die Klägerin auf eine durch Fax vom 20. Oktober 1994 übermittelte ausdrückliche Aufforderung der Beklagten hin durch den vom selben Tag datierenden Vermerk „OK. We accept“ auf diesem Fax (vgl. Anlagenkonvolut K 1).
Mit Fax vom 20. Oktober 1994 (Anl. K 3) teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß ihr chinesischer Lieferant wegen einer allgemeinen Preiserhöhung für Eisen-Molybdän nunmehr 10,50 US$/kg Molybdän CFR Rotterdam verlange, und bat die Klägerin um eine entsprechende Anpassung des Kaufpreises. Dieses Ansinnen lehnte die Klägerin mit Fax vom 24. Oktober 1994 (Anl. K 4) ab. Die Beklagte setzte die Klägerin daraufhin mit Fax vom 31. Oktober 1994 (Anl. K 5) davon in Kenntnis, daß sie nur Eisen-Molybdän in einer schlechteren Qualität, nämlich mit einem Molybdängehalt von 60 %, zu einem Preis von 10,20 US$/kg Molybdän CIF Rotterdam liefern könne, Verladung („Shipment“) im November/frühen Dezember 1994 von „China port“ nach Rotterdam. Auf diese Mitteilung reagierte die Klägerin mit Fax vom selben Tag (Anl. K 6), in welchem sie zwar den geringeren Molybdängehalt akzeptierte, jedoch auf dem ursprünglich vereinbarten Preis und einer Verladung spätestens am 15. November 1994 bestand; anderenfalls werde sie sich anderweitig eindecken und die Beklagte mit den daraus resultierenden Kosten belasten, soweit sie über den zwischen ihnen vertraglich vereinbarten Preis hinausgingen.
Nachdem die Beklagte die Einhaltung dieser Frist für unmöglich erklärt hatte, gewährte die Klägerin mit Fax vom 3. November 1994 (Anl. K 7) der Beklagten widerstrebend eine letzte Verladungsfrist bis spätestens zum 30. November 1994, wiederum verbunden mit der Androhung, sich im Fall der Nichteinhaltung dieser Frist auf Kosten der Beklagten anderweitig einzudecken; die Fristeinhaltung sei für sie, die Klägerin, sehr wichtig, da sie selbst Weiterverkaufsverpflichtungen zu erfüllen habe.
Auf Anfrage der Klägerin versicherte ihr die Beklagte am 15. November 1994 per Fax (Anl. K 8), sie werde ihr Bestes tun, um den Vertrag im November 1994 zu erfüllen. Mit Fax vom 2. Dezember 1994 (Anl. K 2) ließ die Beklagte die Klägerin dann wissen, daß der 20-Fuß-Container mit 19,20 t Eisen-Molybdän Ende November von Tianjin nach Rotterdam verschifft worden sei. Die Parteien einigten sich für die 18 t übersteigenden 1,2 t auf einen Preis von 24,‑ US$/kg (vgl. Anl. K 2).
Am 13. Dezember 1994 teilte die Beklagte der Klägerin per Fax (Anl. K 9) mit, sie sei von ihrem Lieferanten nicht beliefert worden, und bat um etwas Zeit, um den Vertrag noch erfüllen zu können. Die Klägerin wies mit Fax vom selben Tag (Anl. K 10) die Beklagte darauf hin, daß sie das Material benötige. Der Vertrag müsse erfüllt werden, anderenfalls müsse sie, die Klägerin, sich anderweitig zum derzeitigen Marktpreis von 31,‑ US$/kg eindecken und die Beklagte mit den Mehrkosten belasten. Es komme allerdings auch eine Abfindungszahlung der Beklagten zur Erledigung der Angelegenheit in Betracht. Mit Fax vom 14. Dezember 1994 (Anl. K 11) antwortete die Beklagte, sie bemühe sich nach wie vor um Vertragserfüllung. Derzeit verhandele sie mit dem Lieferanten über Lieferung oder Schadensersatz, benötige hierfür aber Zeit. Sie könne der Klägerin aber eine Abfindung in Höhe von US$ 10.088,‑ anbieten. Dieses Abfindungsangebot lehnte die Klägerin mit Fax vom 16. Dezember 1994 (Anl. K 12) ab und erklärte, sie werde die Beklagte sowohl für die Vertragserfüllung als auch für Schadensersatzzahlungen zur Verantwortung ziehen. Auch ein weiteres Angebot der Beklagten vom 29. Dezember 1994 (Anl. K 13) zu einer Schadensersatzzahlung von US$ 15.000,‑ an die Klägerin lehnte diese mit Fax vom gleichen Tag unter Hinweis auf ihren Schaden, der sich bei Zugrundelegung des Marktpreises auf 230.000,‑ US$ belaufe, ab (Anl. K 14).
Ausweislich der Anlage K 19 kaufte die Klägerin mit Vertrag vom 11. Januar 1995 von der China-National-N.-M. Imp & Export Corp. (nachfolgend: China-National) ca 17 – 20 t chinesisches Eisen-Molybdän mit einem Molybdängehalt von 60 %, CIF Rotterdam, Lieferzeit: Januar/Februar 1995, zum Preis von US$ 30,-/kg.
Mit Fax vom 17. Januar 1995 (Anl. K 15) bot die Beklagte der Klägerin Eisen-Molybdän, Molybdängehalt 65,19 %, für US$ 29,5/kg an. Die Klägerin lehnte dieses Angebot ausweislich des Faxes vom selben Tag (Anl. K 16) ab, da sie sich, wie sie der Beklagten bereits telefonisch mitgeteilt habe, anderweitig eingedeckt habe. Sie forderte die Beklagte erneut zur Abgabe eines Zahlungsangebotes mit dem Ziel der gütlichen Beilegung der Angelegenheit auf. Mit Fax vom 18. Januar 1995 (Anl. K 17) bot die Beklagte der Klägerin eine Zahlung von US$ 17.000,‑ in drei Raten an, was die Klägerin ablehnte.
Als Anlage K 20 hat die Klägerin die Rechnung der China-National vom 28. Januar 1995 vorgelegt, die auf US$ 340.880,06 lautet. Geliefert wurden 17.942 kg Eisen-Molybdän mit 63,33 % Molybdängehalt, was 11.362,668 kg Molybdän ergibt und bei einem kg-Preis von 30 US$ zu der Rechnungssumme von 340.880,04 US$ führt.
Die Klägerin betreibt vor Gerichten in Rotterdam ein Arrestverfahren gegen die Beklagte, welches dort bereits vor Einreichung der den hiesigen Rechtsstreit begründenden Klagschrift beim Landgericht Hamburg anhängig war. In erster Instanz hat die Klägerin in Rotterdam einen Arrest gegen die Beklagte erwirkt, die Beklagte hat dagegen jedoch Berufung eingelegt, über die bislang noch nicht entschieden worden ist.
Mit der am 7. Juni 1995 zugestellten Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem im Vertrag vereinbarten Preis und dem Preis, der für das mit Kaufvertrag vom 11. Januar 1995 von der China-National gekaufte Eisen-Molybdän gezahlt werden mußte. Sie hat dazu vorgetragen, daß sie bei Lieferung durch die Beklagte als Kaufpreis hätte 122.040,‑ US$ zahlen müssen, und zwar für 18.000 kg x 60 % Molybdängehalt = 10.800 kg x 9,7 US$ = US$ 104.760,‑ und für 1.200 kg x 60 % Molybdängehalt = 720 kg x 24,‑ US$ weitere 17.280,‑ US$, was die Gesamtsumme von 122.040,‑ US$ ausmache. Die Differenz zu dem an die China-National gezahlten Betrag von 340.880,06 US$ ergebe die eingeklagte Summe von 218.840,06 US$. Bei einer Umrechnung auf der Grundlage des zum Zeitpunkt des Deckungskaufes vom 11. Januar 1995 geltenden Dollarkurses von 1,5264 DM ergebe dies einen Betrag von DM 334.037,46, den sie, die Klägerin, mit ihrer Klage in erster Linie geltend mache. Den „Deckungskauf“ habe sie im Januar 1995 vornehmen müssen, um Weiterverkaufsverpflichtungen zu erfüllen, die sie mit der Lieferung der Beklagten hätte abdecken wollen. Den Kaufpreis habe sie in voller Höhe mit einem Bankkredit finanzieren müssen, für den sie bisher US$ 5.998,‑ an Zinsen gezahlt habe.
Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 334.037,46 nebst DM 9.155,34 Zinsen, hilfsweise an sie US$ 218.840,06 nebst US$ 5.998,‑ zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, das Landgericht Hamburg müsse sich im Hinblick auf das Arrestverfahren in Rotterdam für unzuständig erklären oder zumindest den Rechtsstreit bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens vor den niederländischen Gerichten aussetzen. Im übrigen sei die vertragswidrige Nichtbelieferung durch ihren Lieferanten für sie ein nicht vorhersehbarer Umstand gewesen, der zu einer Haftungsbefreiung nach den Vertragsbedingungen bzw. nach Art. 79 CISG führe. Auch habe die Klägerin durch die Ablehnung der Abfindungsangebote vom 14. Dezember 1994 (Anl. K 11) und vom 29. Dezember 1994 (Anl. K 13) gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen. Die Abfindungsangebote hätten der Höhe nach der damaligen Differenz zwischen dem vereinbarten Preis und dem aktuellen Marktpreis entsprochen.
Zu bestreiten sei auch, daß die Klägerin Verkaufsverpflichtungen gegenüber Dritten hinsichtlich des aus dem Kaufvertrag zwischen den Parteien geschuldeten Materials eingegangen sei und solche mit der Ware aus dem Deckungskauf vom 11. Januar 1995 erfüllt habe.
Mit Urteil vom 2. Oktober 1995 hat das Landgericht Hamburg die Beklagte verurteilt, an die Klägerin US$ 218.840,06 nebst 5 % Zinsen seit dem 8. Juni 1995 zu zahlen, und die Klage hinsichtlich der weitergehenden Zinsforderung abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Arrestverfahren in Rotterdam stünde der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, da es sich bei diesem nicht um eine Klage im Sinne von Art. 21, 22 EuGVÜ handele. Der Klägerin stünde gegen die Beklagte aus Art. 75 des UN-Übereinkommens vom 11. April 1980 (CISG) ein Schadensersatzanspruch in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem vertraglich vereinbarten Preis und dem Preis des Deckungskaufes zu, da die Beklagte ihrer Lieferverpflichtung aus dem Vertrag vom 12. Oktober 1994 nicht rechtzeitig nachgekommen sei und die Klägerin deswegen nach Art. 49 I a) und b) CISG zur Vertragsaufhebung berechtigt gewesen sei. Art. 79 CISG greife zugunsten der Beklagten ebensowenig ein wie Nr. 2 der Vertragsbedingungen, da die Nichterfüllung nicht auf einem außerhalb des Einflußbereichs der Beklagten liegenden Hinderungsgrund beruhe. Einen Zinsanspruch in der geltend gemachten Höhe habe die Klägerin allerdings nicht bewiesen, so daß ihr Zinsen nur in Höhe von 5 % seit Rechtshängigkeit zuzusprechen seien.
Gegen das ihr am 11. Oktober 1995 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am Montag, den 13. November 1995, eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nachdem ihr die Berufungsbegründungsfrist um einen Monat verlängert worden war, mit am Montag, den 15. Januar 1996, beim Berufungsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, die Klage sei im Hinblick auf das Arrestverfahren vor dem Rotterdamer Gericht unzulässig. Jedenfalls sei die Klage aber unbegründet. Sie, die Beklagte, sei nach den Vertragsbedingungen bzw. nach Art. 79 CISG von ihrer Haftung befreit worden. Sie habe mit ihrem Lieferanten in China, der Firma J. P. Metals & Minerals Import & Export Corporation (im folgenden: J. P. Metals), bereits am 26. August 1994 über die später für die Klägerin bestimmte Ware einen Kaufvertrag zum Preis von 890,‑ US$/kg Molybdän abgeschlossen (vgl. Anl. B 2). Mit dieser Firma habe sie bereits zuvor mehrmals Verträge reibungslos abgewickelt. Sie habe daher nicht voraussehen können, daß ihr Vorlieferant, die J. P. Metals, mit der Begründung, es gäbe Produktionsschwierigkeiten und Lieferengpässe, die Belieferung vertragswidrig und trotz mehrfacher Zusagen im Ergebnis nicht ausführen würde.
Weiterverkaufsverpflichtungen der Klägerin seien zu bestreiten ebenso wie die Verwendung des mit dem Deckungsgeschäft erworbenen Materials zur Erfüllung solcher Geschäfte. Im übrigen habe die Klägerin ihre Schadensminderungspflicht verletzt. Dies folge schon daraus, daß keine Weiterverkaufsverpflichtungen der Klägerin bestanden hätten. Sie folge auch aus dem Zeitpunkt des Deckungsgeschäftes. Der Rohstoffpreis für Eisen-Molybdän sei seit dem 13. Dezember 1994 bis zum 11. Januar 1995 um im Durchschnitt 17,9 US$/kg Molybdän gestiegen.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise den Rechtsstreit auszusetzen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, auf eine Haftungsbeschränkung nach dem Vertrag oder nach Art. 79 CISG könne sich die Beklagte nicht berufen. Der wahre Grund für die Nichtlieferung durch die Beklagte sei, daß die Beklagte die Ware nicht zu dem von ihr gewünschten Preis auf dem chinesischen Markt habe besorgen können und ihre Gewinnspanne daher zu gering gewesen sei. Der Marktpreis für Eisen-Molybdän habe bereits am 16. Dezember 1994 bei ca. 30,‑ US$ gelegen und zwischen dem 16. Dezember 1994 und dem 11. Januar 1995 nur geringfügig mit Spannen von 1,‑ bis 2,‑ US$ um die 30,‑ Dollarmarke geschwankt.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten durch Beschluß vom 12. Juli 1996 als unzulässig verworfen. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hat der Bundesgerichtshof mit Beschluß vom 13. November 1996 (Az. VIII ZB 37/96) den Beschluß vom 12. Juli 1996 aufgehoben.
Ergänzend wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig (dazu 1.) und, soweit ihr erstinstanzlich entsprochen worden ist, auch begründet (dazu 2.).
1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht der Zulässigkeit wegen des in Rotterdam anhängigen einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht der aus den Art. 21, 22 EuGVÜ folgende Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit entgegen. Das EuGVÜ ist zwar grundsätzlich anwendbar, da sowohl die Niederlande als auch die Bundesrepublik Deutschland zu den Vertragsstaaten dieses bereits seit dem 1. Februar 1973 in Kraft befindlichen Übereinkommens gehören. Art. 21 EuGVÜ erfaßt den vorliegenden Fall jedoch deswegen nicht, weil das Verfahren zur Hauptsache und eine im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erstrebte Maßnahme nicht „denselben Anspruch“ im Sinne des Art. 21 EuGVÜ betreffen (vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, Kom. zum EuGVÜ, 5. Aufl. 1996, Art. 21 Rn. 11 mwN). Zwar kann dieses Ergebnis nicht allein mit dem Hinweis auf die im deutschen Verfahrensrecht gültige Sichtweise zum Verhältnis von Hauptsache- und einstweiligem Verfügungsverfahren begründet werden. Nach der Rechtsprechung des EuGH (EuGH vom 8. Dezember 1987 – Rs 144/86 Gubisch Maschinenfabrik vs. Palumbo, NJW 1989, 665; EuGH vom 6. Dezember 1994 – C 406/92 Tatry vs. Maciej Rataj, JZ 1995, 616, 619) sind die in Art. 21 EuGVÜ zur Umschreibung der doppelten Rechtshängigkeit verwendeten Begriffe nämlich entsprechend dem mit dem Übereinkommen verfolgten Ziel der Erleichterung der Anerkennung von in einem Vertragsstaat ergangenen gerichtlichen Entscheidungen autonom, d.h. nicht nach dem jeweils betroffenen nationalen Prozeßrecht, zu interpretieren. Jedoch ergibt sich bereits aus Wortlaut, Regelungssystematik und Intention des EuGVÜ selbst, daß ein auf einstweiligen Rechtsschutz gerichtetes Verfahren vor dem Gericht eines Vertragsstaates nicht zugleich die Zuständigkeit für das Hauptsacheverfahren begründen und damit zur Unzuständigkeit eines für die Hauptsache eigentlich zuständigen Gerichts führen soll. Das EuGVÜ unterscheidet terminologisch deutlich zwischen „Klagen“ (Art. 21 EuGVÜ) und „einstweilige Maßnahmen“ (Art. 24 EuGVÜ), wobei zu letzteren auch ein Arrest zu zählen ist. Der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit nach Art. 21 EuGVÜ bezieht sich nach dessen Wortlaut aber nur auf „Klagen“ wegen desselben Anspruchs bei Gerichten verschiedener Vertragsstaaten. Auch das Regelungssystem verbietet es, Art. 21 EuGVÜ über dessen Wortlaut hinaus im Verhältnis von einstweiligem Rechtsschutz und Hauptsacheverfahren anzuwenden. Da nach Art. 24 EuGVÜ „einstweilige Maßnahmen“ bei den Gerichten eines Vertragsstaates auch dann beantragt werden können, wenn für die Entscheidung in der Hauptsache nach dem EuGVÜ ein anderer Vertragsstaat zuständig ist, hätte es sonst eine Partei in der Hand, hierdurch der Gegenpartei das für die Hauptsache eigentlich zuständige Gericht zu entziehen (vgl. Kropholler, aaO, Art. 21 Rn. 11). Das aber würde den Zweck der Regelung des Art. 21 EuGVÜ überdehnen, der lediglich widersprechende Entscheidungen in der Hauptsache verhindern, nicht aber einen einheitlichen Gerichtsstand für einstweiligen Rechtsschutz und Hauptsache schaffen soll.
Auch ist das Verfahren weder im Ermessenswege gemäß Art. 22 Abs. 1 EuGVÜ auszusetzen, noch besteht für das Gericht die Möglichkeit, sich gemäß Art. 22 Abs. 2 EuGVÜ für unzuständig zu erklären.
Art. 22 Abs. 1 EuGVÜ ist hier schon deswegen unanwendbar, weil sowohl das Arrest- als auch das Hauptsacheverfahren nicht mehr im ersten Rechtszug anhängig sind. Im übrigen handelt es sich bei dem Arrestverfahren, wie ausgeführt, nicht um eine „Klage“ im Sinne der Art. 21, 22 EuGVÜ (vgl. Kropholler, aaO, Art. 22 Rn. 5 mwN). Auch besteht zwischen Hauptsacheverfahren und Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz nicht der in Art. 22 Abs. 3 EuGVÜ geforderte Zusammenhang, da die Gefahr widersprechender Entscheidungen nicht gegeben ist. Die endgültige Entscheidung hat schon begrifflich Vorrang vor der vorläufigen Entscheidung, die nur der Überbrückung des Zeitraums bis zur endgültigen Regelung dient.
Nach Art. 22 Abs. 2 EuGVÜ können sich deutsche Gerichte schon deswegen nicht für unzuständig erklären, weil eine Verbindung beider Verfahren nach deutschem Recht nicht zulässig wäre. § 147 ZPO gestattet eine Verbindung zweier Verfahren nur, wenn sie vor demselben Gericht anhängig sind.
2. Die Klage ist, soweit ihr erstinstanzlich entsprochen worden ist, auch begründet. Der Klägerin steht aus Art. 75 iVm Art. 74 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 = Convention on Contracts for the International Sale of Goods (im folgenden CISG) ein Schadensersatzanspruch in Höhe der durch das Deckungsgeschäft entstandenen Mehrkosten von US$ 218.840,06 nebst 5 % Zinsen seit dem 8. Juni 1995 zu.
Das CISG ist auf den vorliegenden Fall anwendbar (dazu a]). Die Voraussetzungen, von denen Art. 75 iVm Art. 74 CISG den Anspruch auf Ersatz der durch ein Deckungsgeschäft entstandenen Mehrkosten abhängig macht, liegen vor (dazu b]). Der von der Klägerin am 11. Januar 1995 abgeschlossene Kaufvertrag (Anl. K 19) stellt ein angemessenes Deckungsgeschäft im Sinne von Art. 75 CISG dar (dazu c]). Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf eine Haftungsbefreiung nach Nr. 2 der Vertragsbedingungen (vgl. Anl. B 1) bzw. auf eine Befreiung nach Art. 79 CISG berufen (dazu d]). Die Klägerin muß sich auch keine Verletzung der Schadensminderungspflicht entgegenhalten lassen (dazu e]), so daß der Klägerin ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe von US$ 218.840,06 nebst 5 % Zinsen seit dem 8. Juni 1995 zusteht (dazu f]).
a) Das CISG ist nach seinem Art. 1 Abs. 1 iVm den Regeln des deutschen internationalen Privatrechts, insbesondere Art. 28 EGBGB, auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien anwendbar.
Nach Art. 1 Abs. 1 CISG ist das UN-Kaufrecht auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien anzuwenden, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, wenn diese Staaten Vertragsstaaten sind oder wenn die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaats führen. Zwar ist Großbritannien, der Staat, in dem die Klägerin ihre Niederlassung hat, nicht Vertragsstaat. Es führen aber die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts der Bundesrepublik Deutschland, wo das CISG zum 1. Januar 1991 in Kraft getreten ist. Nach Art. 28 Abs. 1 EGBGB unterliegt, mangels einer anderweitigen Rechtswahl der Parteien, die hier nicht vorliegt, ein Vertrag mit Auslandsbezug dem Recht desjenigen Staates, mit dem er die engsten Verbindungen aufweist. Bei einem in Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit geschlossenen Vertrag ist nach Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EGBGB wichtigster Anhaltspunkt hierfür, in welchem Staat diejenige Partei ihre Niederlassung hat, die die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hat. Die charakteristische Leistung eines Kaufvertrages ist die Verpflichtung zur Lieferung der Ware (vgl. Palandt-Heldrich, 56. Aufl. 1997, Art. 28 EGBGB Rn. 3), die hier die Beklagte traf. Diese hat ihre Niederlassung in Deutschland, so daß, da auf das Recht des Vertragsstaats Deutschland verwiesen wird, gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG das UN-Kaufrecht zur Anwendung kommt.
b) Die Voraussetzungen, von denen Art. 75 CISG die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen der Vornahme eines Deckungsgeschäftes abhängig macht, liegen vor.
Ein Recht zur Aufhebung des Kaufvertrages vom 12. Oktober 1994 (Anl. K 1) stand der Klägerin sowohl aus Art. 49 Abs. 1 lit. a als auch aus Art. 49 Abs. 1 lit. b CISG zu.
Die Beklagte hatte die ihr aus dem Kaufvertrag vom 12. Oktober 1994 obliegende Verpflichtung zur Lieferung bis zur Vornahme des Deckungsgeschäftes durch die Klägerin am 11. Januar 1995 nicht erfüllt. Die nicht rechtzeitige Erfüllung der Lieferverpflichtung ist hier auch als wesentliche Vertragsverletzung im Sinne von Art. 49 Abs. 1 lit. a, Art. 25 CISG anzusehen. Zwar ist in einer Verzögerung der Lieferung nicht generell eine wesentliche Vertragsverletzung zu sehen, sondern nur dann, wenn, für den Verkäufer bei Vertragsschluß erkennbar, die genaue Einhaltung des Liefertermins für den Käufer von besonderem Interesse ist (Huber in v. Caemmerer/Schlechtriem – im folgenden Schlechtriem-Bearbeiter –, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht – CISG –, 2. Aufl. 1995, Art. 49 CISG Rn. 5, Staudinger-Magnus, 13. Bearb. 1994, Art. 49 CISG Rn. 11). Dieses besondere Interesse der Klägerin ergibt sich hier schon aus der Verwendung des Incoterms „CIF“ im Kaufvertrag, der das Geschäft als Fixgeschäft ausweist (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 29. Aufl. 1995, Incoterms Nr. 6 Rn. 2), bei welchem die Einhaltung der Lieferzeit begrifflich eine wesentliche Vertragspflicht ist (vgl. auch § 376 Abs. 1 HGB). Darüber hinaus ist eine wesentliche Vertragsverletzung durch die Beklagte auch in der per Fax vom 14. Dezember 1994 (Anl. K 11) übermittelten Erklärung zu sehen, wonach sie mit dem Lieferanten in China über Vertragserfüllung oder Schadensersatz verhandele und deswegen Zeit benötige. Denn hiermit ließ die Beklagte die Klägerin in völliger Ungewißheit darüber, ob sie ihre Lieferpflicht überhaupt noch, und ggfs. wann, erfüllen würde.
Ein Recht zur Vertragsaufhebung stand der Klägerin darüber hinaus auch aus Art. 49 Abs. 1 lit. b CISG zu. In der Erklärung der Klägerin im Fax vom 3. November 1994 (Anl. K 7), sie sei mit einer Verladung der Ware bis spätestens zum 30. November 1994 einverstanden, die Einhaltung dieses Termins sei aber sehr wichtig, ist eine Nachfristsetzung im Sinne des Art. 49 Abs. 1 lit. b CISG zu sehen. Die Klägerin hat die Beklagte hiermit deutlich und warnend unter Angabe einer bestimmten Frist zur Leistung gemahnt (vgl. Schlechtriem-Huber aaO Art. 49 CISG Rn. 20) und darüber hinaus mit der Möglichkeit eines Deckungskaufs auf Kosten der Beklagten bei Nichteinhaltung des Termins gedroht. Diese Nachfrist hat die Beklagte unstreitig nicht eingehalten, so daß der Klägerin, ohne daß es auf ein Verschulden bzw. Vertretenmüssen der Beklagten ankommt (vgl. Staudinger-Magnus aaO Art. 49 CISG Rn. 8), ein Recht zur Aufhebung des Vertrages zugestanden hat.
Dahingestellt bleiben kann, ob die Klägerin vor der Vornahme des Deckungskaufes die Aufhebung des Kaufvertrages erklärt hat, wie es Art. 75 CISG an sich verlangt. Zweifel an einer Vertragsaufhebungserklärung vor Vornahme des Deckungskaufes rühren daher, daß das Fax vom 17. Januar 1995 (Anl. K 16) nicht exakt belegt, wann die Klägerin die Beklagte von der Durchführung des Deckungskaufes und der damit einhergehenden konkludenten Aufhebungserklärung in Kenntnis gesetzt hat, und die zuvor von der Klägerin der Beklagten übersandten Schreiben, Fax vom 13. Dezember 1994 (Anl. K 10), Fax vom 16. Dezember 1994 (Anl. K 12) und Fax vom 29. Dezember 1994 (Anl. K 14), nicht eindeutig erkennbar gemacht haben, daß die Klägerin endgültig von der Vertragsdurchführung Abstand nehmen wollte. Auch eine durch die Nichteinhaltung der Nachfrist aufschiebend bedingte Aufhebungserklärung, wie sie grundsätzlich zulässig ist (vgl. BGHZ 74, 193, 204 und Schlechtriem-Huber aaO Art. 49 CISG Rn. 31) wird man in den genannten Schreiben der Klägerin ebensowenig wie in ihrem Fax vom 3. November 1994 (Anl. K 7) sehen können, weil dies voraussetzte, daß die Klägerin sich mit diesen Schreiben tatsächlich ihres Wahlrechts zwischen Vertragserfüllung und Sekundäransprüchen begeben wollte. Hiergegen spricht die vorgelegte Korrespondenz, weil die Klägerin weiterhin an ihrem Anspruch auf Vertragserfüllung („performance of the contract“) festhielt.
Eine ausdrückliche Aufhebungserklärung der Klägerin war aber deswegen entbehrlich, weil die Beklagte vor Durchführung des Deckungsgeschäftes die Erfüllung des Kaufvertrages endgültig und ernsthaft verweigert hatte. Eine Ausnahme vom Grundsatz der Erforderlichkeit der Aufhebungserklärung vor Vornahme des Deckungsgeschäftes ist im CISG zwar nicht vorgesehen, aus dem Gebot der „Wahrung des guten Glaubens im internationalen Handel“ (Art. 7 Abs. 1 CISG) folgt aber, daß eine Vertragsaufhebungserklärung entbehrlich ist, wenn die Vertragsaufhebung grundsätzlich möglich ist und bei Vornahme des Deckungsgeschäftes feststeht, daß der Schuldner keinesfalls erfüllen wird (vgl. Schlechtriem-Stoll aaO Art. 75 CISG Rn. 5, Staudinger-Magnus aaO Art. 75 CISG Rn. 8 und Stoll, RabelsZ 52 Ihrg. [1988], 617, 635).
Spätestens mit ihrem Fax vom 29. Dezember 1994 (Anl. K 13), mit dem die Beklagte das Fax der Klägerin vom 16. Dezember 1994 (Anl. K 12), in der diese an der Vertragsdurchführung unter Androhung von Schadensersatz noch festhielt, beantwortete, hat die Beklagte ihre ernsthafte Weigerung zur Erfüllung des Kaufvertrages zum Ausdruck gebracht. Sie hat auf das Fax der Klägerin nicht mit einem erneuten Angebot auf Vertragserfüllung reagiert, sondern lediglich die Zahlung einer „compensation“ angeboten. In Kenntnis der Tatsache, daß die Klägerin ein Abwarten des Ergebnisses der Verhandlungen zwischen der Beklagten und ihrem chinesischen Lieferanten offensichtlich ablehnte, wollte die Beklagte danach ihre Lieferpflicht nicht durch Beschaffung der Ware aus anderen Quellen erfüllen, sondern Schadensersatz bzw. eine Abfindung leisten. Bei dieser Sachlage konnte die Beklagte redlicherweise nicht mehr davon ausgehen, daß ihr die Möglichkeit der Vertragserfüllung weiterhin offenstehen würde, zumal es sich, wie sie wußte, um ein Fixgeschäft handelte und die Klägerin die besondere Bedeutung des Liefertermins auch mehrmals hervorgehoben hatte.
Offenkundig ist die Beklagte von einer weiterbestehenden Erfüllungsmöglichkeit auch nicht ausgegangen; denn im Schriftsatz vom 14. August 1995 (Bl. 20 der Akten) hat sie vortragen lassen, daß die Klägerin im Januar 1995 unstreitig keine Lieferung der Beklagten mehr habe erwarten können. Wenn man auch an das Vorliegen einer Erfüllungsverweigerung nicht zu geringe Anforderungen stellen darf, so ist doch spätestens in dem Fax vom 29. Dezember 1994 (Anl. K 13) eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung der Beklagten zu sehen. Die Beklagte bedurfte hier eines Schutzes durch eine Aufhebungserklärung vor Vornahme eines Deckungsgeschäftes durch die Klägerin nicht mehr, da sie sich selbst nicht mehr um eine Erfüllung bemühte.
Diesem Ergebnis steht auch das Fax der Beklagten vom 17. Januar 1995 (Anl. K 15) nicht entgegen, mit dem sie der Klägerin erneut die Lieferung von Eisen-Molybdän anbot. Denn dieses Angebot war offensichtlich nicht als Erfüllung des Kaufvertrages vom 11. Oktober 1994 gedacht, sondern stellte ein Angebot zum Abschluß eines neuen Kaufvertrages dar. Dies ergibt sich nicht nur aus dem neuen, erheblich abweichenden Preis, den die Beklagte nannte, sondern auch aus dem Hinweis auf die Nichterfüllung des Vertrages vom 11. Oktober 1994, wofür das vermeintlich günstige neue Vertragsangebot eine Kompensation darstellen sollte.
c) Der von der Klägerin mit Vertag vom 11. Januar 1995 (Anl. K 19) vorgenommene Kauf von chinesischem Eisen-Molybdän stellt auch ein angemessenes Deckungsgeschäft im Sinne von Art. 75 CISG dar. Die Klägerin hat in einem in Qualität und Menge etwa dem Vertrag mit der Beklagten vom 12. Oktober 1994 (abgeändert am 31. Oktober 1994, Anl. K 5 und K 6) entsprechenden Umfang Eisen-Molybdän von dritter Seite eingekauft, so daß die Eignung dieses Geschäftes zur Befriedigung des Erfüllungsinteresses der Klägerin zu bejahen ist. Auch ist der zeitliche Zusammenhang zwischen der gescheiterten vertraglichen Beziehung mit der Beklagten und dem Abschluß des „Deckungsgeschäftes“ hier so eng, daß vernünftige Zweifel an der Bestimmung als Deckungsgeschäft nicht ersichtlich sind. Angesichts der Preisentwicklung, die durch das von der Beklagten unter dem 17. Januar 1995 (Anl. K 15) unterbreitete Angebot belegt wird, spricht nichts dagegen, daß der Deckungskauf in einer Art und Weise und zu Bedingungen abgeschlossen wurde, die sich im Rahmen der kaufmännischen Übung halten. Das Deckungsgeschäft ist auch innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach erkennbarer Erfüllungsverweigerung der Beklagten, die hier an die Stelle der Vertragsaufhebung tritt, erfolgt, nämlich etwa binnen zwei Wochen. Dieser Zeitraum ist der Klägerin als Überlegungs- und Orientierungsfrist zur Einholung von Angeboten und deren Prüfung zuzubilligen, zumal eine „sofortige“ Vornahme des Deckungsgeschäfts im CISG – anders als in § 376 Abs. 3 HGB – nicht vorgeschrieben ist (vgl. Staudinger-Magnus aaO Art. 75 CISG Rn. 18, Schlechtriem-Stoll, aaO Art. 75 CISG Rn. 8).
d) Die Haftung der Beklagten ist auch nicht gemäß Nr. 2 der Vertragsbedingungen („Force majeur“) bzw. gemäß Art. 79 CISG ausgeschlossen. Ohne auf den Wortlaut von Nr. 2 der „Conditions“ (Anl. B 1) im einzelnen eingehen zu müssen, läßt sich nicht feststellen, daß diese von der Beklagten aufgestellte Klausel eine über die Regelung des Art. 79 CISG hinausgehende Haftungsfreizeichnungsklausel für den Verkäufer enthält. Unter „Force majeur“ im Sinne dieser Bestimmung sind solche Hinderungsgründe zu verstehen, die nicht in den vertraglich übernommenen Risikobereich einer Vertragspartei fallen und für den Verkäufer nicht beherrschbar sind. Damit stimmt diese vertragliche Regelung zur Haftungsbefreiung mit der Regelung in Art. 79 CISG überein, wonach eine Vertragspartei für eine Nichterfüllung nicht einstehen muß, wenn diese auf außerhalb ihres Einflußbereiches liegenden Hinderungsgründen beruht, die nicht vermeidbar oder überwindbar sind, wobei für die Beurteilung der Vermeidbarkeit und Überwindbarkeit wiederum die vertraglich vorausgesetzte Risikoverteilung wesentlich ist (vgl. Schlechtriem-Stoll aaO Art. 79 CISG Rn. 16 ff.).
Die Voraussetzungen eines Haftungsausschlusses gemäß Art. 79 Abs. 1 CISG liegen nicht vor. Die Belieferung durch den eigenen Lieferanten gehört zum allgemeinen Beschaffungsrisiko, welches bei einem nicht auf eine bestimmte Produktion bzw. einen bestimmten Vorrat beschränkten Gattungskauf nach dem typischen Sinn des Vertrages der Verkäufer zu tragen hat. Dieser kann sich nicht damit entlasten, daß ihn sein Lieferant im Stich gelassen habe, auch dann nicht, wenn das Verhalten des Lieferanten vertragswidrig ist und für den Verkäufer nicht vorhersehbar war. Ein solches Hindernis ist für den Verkäufer überwindbar, soweit und solange noch Ersatzware auf dem Markt erhältlich ist. Selbst wenn auf dem chinesischen Markt nicht exakt die im Vertrag vom 12. Oktober 1994 beschriebene Qualität zu beschaffen gewesen sein sollte, was von der Beklagten nicht einmal vorgetragen wird, so hätte zumindest ein in der Zusammensetzung etwas abweichender, nach der Handelsauffassung vernünftiger Ersatz beschafft werden können. Daß die Klägerin sich hierauf eingelassen hätte, zeigt ihre im Fax vom 31. Oktober 1994 (Anl. K 6) demonstrierte Bereitschaft, auch eine etwas schlechtere Qualität zu akzeptieren. Das Beschaffungsrisiko des Gattungsverkäufers wird erst dann überschritten und der Verkäufer dementsprechend gemäß Art. 79 CISG trotz Nichtleistung entlastet, wenn die Ware auch in etwa vergleichbarer Qualität nicht mehr am Markt ist und hiermit bei Vertragsschluß nicht gerechnet zu werden brauchte (Schlechtriem-Stoll aaO Art. 79 CISG Rn. 30). Das hat die dafür beweisbelastete Beklagte nicht dargelegt.
Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß sie sich die „richtige und rechtzeitige Selbstbelieferung vorbehalten“ habe und wegen Nichterfüllung der Lieferverpflichtung ihres Zulieferers von der Haftung freigeworden sei. Dabei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob ein solcher Selbstbelieferungsvorbehalt der Regelung in Nr. 2 der Vertragsbedingungen (Anl. B 1) überhaupt entnommen werden kann. Denn dieser Einwand der Beklagten scheitert jedenfalls daran, daß das erst im Berufungsrechtszug als Anlage B 2 vorgelegte Geschäft vom 29. August 1994 nicht die Voraussetzungen erfüllt, die an ein kongruentes Deckungsgeschäft zu stellen sind (vgl. hierzu BGHZ 92, 396, 401). Die insoweit zu stellenden Anforderungen, daß nämlich Menge, Qualität sowie Liefer- und Abladezeiten einander entsprechen müssen, hat die Beklagte nicht dargetan. Hinzu kommt, daß die Beklagte auch nichts dazu vorgetragen hat, warum der Vorlieferant nicht geleistet hat, weswegen auch die Voraussetzungen des Art. 79 Abs. 2 CISG (Befreiung des Dritten von seiner Leistungspflicht) nicht dargetan sind.
Auch der Umstand, daß die Beklagte bei einer Ersatzbeschaffung erhebliche geschäftliche Verluste hätte hinnehmen, nämlich einen erheblich höheren Preis hätte aufwenden müssen, entlastet sie nicht. Dem Verkäufer sind grundsätzlich auch mit der Ersatzbeschaffung verbundene erhebliche Mehraufwendungen zuzumuten, selbst die Hinnahme von Geschäftsverlusten, da er durch den Vertrag die Einstandspflicht für die Beschaffung der Ware und auch das mit dieser Beschaffung verbundene Preisrisiko übernommen hat. Trotz der zwischenzeitlich eingetretenen Verdreifachung des Marktpreises für chinesisches Eisen-Molybdän kann von einer Überschreitung der „äußersten Opfergrenze“ (vgl. dazu Schlechtriem-Stoll aaO Art. 79 CISG Rn. 40) nicht gesprochen werden. Bei einer Geschäftstätigkeit in einem Handelssektor, der starke spekulative Züge trägt, sind die Grenzen der Zumutbarkeit weiter zu stecken. Von einer der Unmöglichkeit einer Beschaffung gleichzustellenden wirtschaftlichen Unzumutbarkeit kann daher nicht gesprochen werden.
e) Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist auch nicht wegen einer Verletzung der Schadensminderungspflicht im Sinne von Art. 77 CISG herabzusetzen.
Auszugehen ist davon, daß Steigerungen des Marktpreises für Eisen-Molybdän in der Zeit bis zum 29. Dezember 1994 in die Risikosphäre der Beklagten fielen, weil bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht von einer Vertragsaufhebung ausgegangen werden konnte und es daher bis dahin Sache der Beklagten war, ggfs. Ersatz zu beschaffen. Frühestens nach Erhalt des Faxes der Beklagten vom 29. Dezember 1994 (Anl. K 13) war die Klägerin gehalten, sich um eine Ersatzbelieferung zu kümmern. Weder ist aber von der Beklagten im einzelnen dargelegt worden, daß zwischen Ende Dezember 1994 und dem 11. Januar 1995 ein nennenswerter Anstieg des Marktpreises für Molybdän stattgefunden hat, noch sind Anhaltspunkte dafür vorgetragen, daß die Klägerin unter Verletzung ihrer Schadensminderungspflicht sich nicht gehörig um einen günstigeren Ersatzankauf bemüht hätte. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, daß die Klägerin vom Erhalt der endgültigen Ablehnung durch die Beklagte an nur knapp zwei Wochen bis zur Vornahme des Deckungsgeschäftes hat verstreichen lassen. In dieser Zeit hatte die Klägerin zu entscheiden, ob und in welcher Form sie eine Ersatzbeschaffung vornehmen wollte. Dafür, daß in diesem Zeitraum ein günstigeres Deckungsgeschäft möglich gewesen wäre, hat die Beklagte nichts Stichhaltiges vorgetragen. Die Klägerin war auch nicht gehalten, angesichts des hohen Marktpreises von einem Deckungsgeschäft Abstand zu nehmen.
f) Die durch die Vornahme des Deckungsgeschäftes entstandenen Mehrkosten hat die Klägerin mit dem Betrag von US$ 218.840,06 zutreffend berechnet. Hiergegen sind von der Beklagten auch keine Einwendungen erhoben worden. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte auch zur Schadensersatzleistung in Dollar verurteilt, weil bei einer konkreten Schadensberechnung, wie sie nach Art. 75 CISG vorgenommen wird, der Schadensersatz in der Währung geschuldet wird, in der der Verlust des ersatzberechtigten Gläubigers entstanden ist (vgl. Schlechtriem-Stoll aaO Art. 74 CISG Rn. 30).
Der der Klägerin zuerkannte Zinsanspruch in Höhe von 5 % ab Rechtshängigkeit folgt aus §§ 286, 288 BGB iVm § 352 HGB.