Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28. Juli 1993 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen – 42 0 68/93 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits vor dem Landgericht trägt die Klägerin. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,- DM und die Beklagte die Vollstreckung der Klägerin gegen eine Sicherheitsleistung von 5.000,- DM abwenden, sofern nicht die jeweilige Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheit auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlich-rechtlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu erbringen.
TATBESTAND
Die Klägerin macht gegen die Beklagte eine Kaufpreisforderung aus abgetretenem Recht der in N. ansässigen Firma B.T.LTD M./L. (im folgenden: Zedentin) geltend.
Die Zedentin hatte am 27. Januar 1992 mit der Beklagten in Deutschland über eine geschäftliche Zusammenarbeit verhandelt. Mit Telefax vom 28. Januar 1992 an die Zedentin erklärte die Beklagte, sie bestätige ihre Bestellung von 540 m3 Edelholz (Iroko-Schnittholz) zum Preis von 350,- US$/m3 bei Lieferung „XXX A. L.“.
Im Mai 1992 sandte die Zedentin eine Schiffsladung mit zehn Containern des erwähnten Edelholzes an die Beklagte ab. Die Ladung traf am 15. Juni 1992 in H. ein. Die Beklagte ließ die Ladung an die Firma O. Holzimport in P.O. transportieren, an die sie das Holz veräußern wollte. Dort wurde die Lieferung von der Firma O. Anfang Juli 1992 untersucht. Die Beklagte rügte daraufhin bei der Zedentin Mängel des gelieferten Holzes. Der Geschäftsführer der Zedentin antwortete mit Telefax vom 8. Juli 1992 (Bl. 102 der Akten) und erklärte, er werde am 22. Juli 1992 nach Deutschland kommen, um das Holz selbst zu vermarkten („to market the wood myself“). Später teilte er in einem weiteren Telefax vom 27. Juli 1992 (Bl. 136 der Akten) mit, er habe das Holz besichtigt und eine niederländische Firma gefunden, die bereit sei, das Holz für die Zedentin zu vermarkten.
Die Holzlieferung ist bisher unbezahlt. Die Zedentin, die ihrerseits der Klägerin Geld schuldet, hat ihren Zahlungsanspruch gegen die Beklagte am 9. November 1992 an die Klägerin abgetreten. Inzwischen ist die Zedentin bzw. ihr Geschäftsführer nicht mehr erreichbar.
Die Klägerin hat behauptet, die Holzlieferung der Zedentin habe 146 m3 enthalten. Sie hat die Ansicht vertreten, die Beklagte müsse nach der getroffenen Liefer- und Preisvereinbarung den von der Zedentin berechneten Preis von 51.000,- US$ – umgerechnet 82.782,- DM – zahlen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 82.782,- DM nebst 12,25 % Jahreszinsen seit dem 1. Juli 1992 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, sie habe ihren Lieferauftrag vom 28. Januar 1992 einverständlich storniert. Anschließend habe sie mit der Zedentin vereinbart, daß diese ihr das Holz als Kommissionsware liefern solle. Die Lieferung der Zedentin habe jedoch nur eine Menge von 103,451 m3 Holz enthalten. Das Holz sei angefault, durch Seewasser angegriffen, von sehr kleinen Stämmen geschnitten und letztlich nicht veräußerbar gewesen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht haben sich beide Parteien mit der Anwendung deutschen Rechts einverstanden erklärt.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 28. Juli 1993, auf das wegen aller Einzelheiten verwiesen wird, die Klage zugesprochen, da die Beklagte aufgrund ihrer schriftlichen Bestellung vom 28. Januar 1992 zur Zahlung des eingeklagten Kaufpreises verpflichtet sei. Eine Stornierung des Vertrags habe die Beklagte nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Die Beklagte könne sich auch nicht auf eine Aufhebung des Vertrages wegen Lieferung mangelhafter Ware berufen, weil sie weder rechtzeitig die Ware untersucht und die behaupteten Mängel gerügt noch die Frist zur Erklärung der Vertragsaufhebung eingehalten habe.
Gegen das ihr am 2. August 1993 zustellte Urteil hat die Beklagte am 24. August 1993 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung mit einem am 11. November 1993 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Beklagte verfolgt im Berufungsverfahren ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Sie wiederholt hierzu ihr Vorbringen vor dem Landgericht und trägt ergänzend vor, ihr Schreiben vom 28. Januar 1992 habe lediglich ein Vertragsangebot enthalten, das jedoch von der Zedentin nie angenommen worden sei. Im übrigen ergebe sich aus den Telefaxen der Zedentin vom 8. und 27. Juli 1992, die von der Beklagten erstmals im Berufungsverfahren vorgelegt worden sind, nicht nur, daß sie die Mängel der Holzlieferung rechtzeitig gerügt habe, sondern auch, daß die Zedentin selbst den Vertrag als aufgehoben angesehen habe.
Die Beklagte beantragt,
1. das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen,
2. der Beklagten zu gestatten, eine Sicherheit auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen,
2. ihr zu gestatten, Sicherheit auch durch die Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank zu leisten.
Sie wiederholt ihr früheres Vorbringen und trägt ergänzend vor, daß der Kaufvertrag auch nicht von Seiten der Zedentin wegen der Mängelrüge der Beklagten aufgehoben worden sei. Eine solche Aufhebung könne nicht aus der Tatsache gefolgert werden, daß die Zedentin sich um eine Vermarktung des Holzes bemüht habe. Hiermit habe die Zedentin nicht die Verantwortung für die Vermarktung des Holzes übernommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Abweisung der Klage.
Die Klägerin kann die Beklagte weder aus einem zwischen der Zedentin und der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag noch aus Bereicherungsrecht auf die Klagesumme in Anspruch nehmen.
Die Klageforderung ist nach deutschem Recht zu beurteilen, nachdem sich die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht mit der Anwendung deutschen Rechts einverstanden erklärt habe (Art. 27 Abs. 2 EGBGB). Damit gilt, soweit die Klageforderung auf Kaufrecht gestützt wird, auch das am 1. Januar 1991 in Deutschland in Kraft getretene UN-Kaufrechtsübereinkommen (CISG) vom 11. April 1980 (BGBl II 1989, 588). Dies ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 b CISG, wonach das Übereinkommen auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien mit Niederlassung in verschiedenen Staaten anzuwenden ist, wenn die Regeln des internationalen Privatrechts – hier: Art. 27 Abs. 2 EGBGB – zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaats führen.
1. Nach den Vorschriften des CISG ist zwar im vorliegenden Fall eine Kaufpreisforderung der Zedentin aus dem Vertrag über die Holzlieferung an die Beklagte entstanden, jedoch vor der Abtretung an die Klägerin durch Aufhebung des Kaufvertrags wieder untergegangen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist zwischen ihr und der Zedentin ein Kaufvertrag zustandegekommen. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte dies bereits durch ihre Ausführungen in der Klageerwiderung zugestanden hat und an ein solches Geständnis nunmehr gebunden ist. Jedenfalls ergibt sich aus dem eigenen Schriftwechsel der Beklagten, daß sie sich bereits am 27. Januar 1992 bei ihren mündlichen Verhandlungen mit der Zedentin auf die Holzlieferung geeinigt hatte. Ihr „Bestellschreiben“ vom 28. Januar 1992 (Bl. 9 der Akten) enthält lediglich eine schriftliche Bestätigung der zuvor geschlossenen mündlichen Vereinbarung („we hereby confirm our order“). Zwar ist nach den Kaufabschlußregeln des UN-Kaufrechts – vgl. Art. 18 Abs. 1 Satz 2 CISG – für eine kollisionsrechtliche Verweisung auf die deutschen Regeln über einen Vertragsschluß durch Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben kein Raum (von Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, vor Art. 14 bis 24 Rn. 6; Herber/Czerwenka, Internationales Kaufrecht, Art. 14 CISG Rn. 18). Jedoch bleibt die Bedeutung des Bestätigungsschreibens als Beweismittel für den Vertragsschluß unberührt (von Caemmerer/Schlechtriem, aaO, mwN). Im vorliegenden Fall ist aus dem Schreiben der Beklagten vom 28. Januar 1992 und aus ihrem weiteren Schreiben vom 25. März 1992 (Bl. 96 der Akten), in dem sie ebenfalls auf eine Vereinbarung („agreement“) vom 27. Januar 1992 Bezug nimmt, zu schließen, daß sich die Zedentin und die Beklagte bereits am 27. Januar 1992 kaufvertraglich geeinigt hatten.
Der Einwand der Beklagten, sie habe ihre Bestellung im Einverständnis mit der Zedentin storniert, ist vom Landgericht mit zutreffenden Erwägungen als unsubstantiiert zurückgewiesen worden. Den Wortlaut einer mündlichen Erklärung der Zedentin, aus dem zumindest im Wege der Auslegung ein Einverständnis der Zedentin mit einer Stornierung des Auftrags entnommen werden könnte, hat die Beklagte auch in zweiter Instanz nicht näher dargelegt. Aus dem Schriftwechsel der Beklagten mit der Zedentin ergibt sich ebenfalls nicht, daß die Zedentin mit einer Stornierung einverstanden war. Das Schreiben der Zedentin vom 27. April 1992 (Bl. 97 der Akten) drückt lediglich ihr Bedauern über die einseitige Stornierung aus, enthält aber kein Einverständnis. Soweit die Zedentin darin um eine „reconfirmation“ bittet, war damit ersichtlich nur eine Bestätigung der Bestellung vom 28. Januar 1992, nicht aber ein Neuabschluß des Kaufvertrages gemeint.
Es sind ferner keine konkreten Tatsachen dafür vorgetragen, daß die Beklagte durch eine vertragsändernde Vereinbarung mit der Zedentin den Kaufvertrag in einen Kommissionsvertrag umgewandelt hat. Im Gegenteil macht das Schreiben der Beklagten vom 5. Mai 1992 (Bl. 30 der Akten), in dem sie eine Preiserhöhung durch die Zedentin zurückweist, deutlich, daß auch die Beklagte weiterhin von einem Kaufvertrag ausging.
Ebensowenig kann sich die Beklagte darauf berufen, daß sie den Vertrag wegen Lieferverzugs der Zedentin aufgehoben habe. Soweit die Beklagte eine Überschreitung des von ihr gewünschten Liefertermins (Mitte März 1992) rügt, hätte sie hieraus eine Aufhebung des Vertrags gemäß Art. 49 Abs. 1 b CISG nur herleiten können, wenn sie der Zedentin eine angemessene Nachfrist zur Erfüllung ihrer Lieferpflicht gesetzt hätte (Art. 47 CISG). Dies hat die Beklagte versäumt.
Der Kaufvertrag ist jedoch von den Vertragsparteien einvernehmlich im Anschluß an die Mängelrüge der Beklagten aufgehoben worden.
Die Beklagte hat die von ihr behaupteten Mängel der Holzlieferung hinreichend konkret dargelegt und zugleich deutlich gemacht, daß es sich um wesentliche Mängel handele. Nach ihrem Vortrag in der Berufungsinstanz hat sie ferner die Mangelhaftigkeit jedenfalls bis zum 8. Juli 1992 gegenüber der Zedentin gerügt, wie durch das Antworttelefax der Zedentin vom 8. Juli 1992 (Bl. 102 der Akten) belegt ist und von der Klägerin nicht mehr bestritten wird. Die erst Anfang Juli 1992 durchgeführte Untersuchung der Ware durch die Firma O. war noch rechtzeitig im Sinne des Art. 38 CISG; denn die Ware mußte – was der Zedentin bekannt war – von H. aus zu der Abnehmerin der Beklagten weiterversandt werden, so daß die Untersuchung gemäß Art. 38 Abs. 3 CISG bis zum Eintreffen der Holzlieferung bei der Firma O. aufgeschoben werden konnte. Ebenso ist die spätestens am 8. Juli 1992 erhobene Mängelrüge noch in angemessener Frist nach Feststellung der Mängel (Art. 39 CISG) erhoben worden, zumal am 4. und 5. Juli 1992 ein Wochenende war (vgl. Herber/Czerwenka, aaO, Art. 39 CISG Rn. 9).
Ob die Beklagte wegen der behaupteten Mängel rechtzeitig die Aufhebung des Kaufvertrags erklärt hat, was in der gleichen angemessenen Frist wie die Mängelrüge geschehen mußte (von Caemmerer/Schlechtriem, aaO, Art. 49 Rn. 44), kann offenbleiben. Jedenfalls hat die Zedentin auf die Mängelrüge ihrerseits den Willen bekundet, den Vertrag aufzuheben, und die Beklagte hat sich hiermit schlüssig einverstanden erklärt. Dies ergibt sich aus der schriftlichen Reaktion der Zedentin auf die Mängelrüge und aus dem weiteren Vertragsverhalten der Beklagten.
Die Zedentin hat nämlich bereits mit Schreiben vom 8. Juli 1992 (Bl. 102 der Akten) angekündigt, daß sie nach Deutschland kommen werde, um das Holz selbst zu vermarkten. In ihrem weiteren Telefax vom 27. Juli 1992 hat die Zedentin nach Besichtigung der Ware die Mängelrüge der Beklagten – mit Einschränkung – bestätigt („not as bad as you claim“) und mitgeteilt, daß sie eine niederländische Firma gefunden habe, die das Holz für sie vermarkten werde (Bl. 136 der Akten). Spätestens hieraus konnte die Beklagte entnehmen, daß die Zedentin den Kaufvertrag nicht weiter durchführen wollte. Da der Wille der Zedentin, das Holz selbst zu vermarkten, ohne Vorbehalt oder Einschränkung geäußert war, bestand entgegen der Auffassung der Klägerin kein Anlaß zu der Annahme, die Zedentin habe lediglich bei der Vermarktung behilflich sein, aber die Verantwortung für die Vermarktung bei der Beklagten belassen wollen. Andererseits konnte die Zedentin aus dem Verhalten der Beklagten, die weder den Schreiben vom 8. und 27. Juli 1992 widersprochen noch eine mängelfreie Ersatzlieferung angefordert hat, entnehmen, daß die Beklagte ebenfalls mit einer Vertragsaufhebung einverstanden war.
Art. 29 Abs. 1 CISG läßt eine solche Vertragsaufhebung durch Vereinbarung ausdrücklich zu. Für das Zustandekommen der aufhebenden Vereinbarung gelten die gleichen Regeln wie für den Abschluß des Kaufvertrags (von Caemmerer/Schlechtriem, aaO, Art. 29 Rn. 3). Ein Aufhebungsangebot kann danach gemäß Art. 18 Abs. 1 CISG zwar nicht allein durch Schweigen oder Untätigkeit des anderen Vertragsteils angenommen werden; in Verbindung mit anderen Umständen kann jedoch auch ein Schweigen durchaus Erklärungsbedeutung haben und als Annahme des Aufhebungsangebots gedeutet werden. So liegen die Umstände hier, weil die Beklagte nicht nur geschwiegen, sondern auch von der weiteren Durchführung des Vertrags, insbesondere von der Geltendmachung einer Ersatzlieferung oder von anderen Gewährleistungsansprüchen abgesehen hat. Der Kaufpreisanspruch der Zedentin ist damit untergegangen.
2. Ein Zahlungsanspruch aus Bereicherungsrecht (§ 812 BGB), der an die Klägerin abgetreten sein könnte, scheidet ebenfalls aus. Die Klägerin hat nicht dargelegt, daß die Beklagte aus einer Weiterveräußerung des gelieferten Holzes einen Erlös vereinnahmt hat, der nach Vertragsaufhebung herauszugeben wäre. Die Beklagte hat vielmehr in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, daß das Holz nach den ihr vorliegenden Informationen noch bei der Firma O. lagere.