Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Der Klägerin steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Bezahlung der am 08.11.1988 mit DM 13.062,01 in Rechnung gestellten Lieferung (Anl. K 2, AS. I 11) nicht zu.
I. Die Rechtsbeziehungen der Parteien sind in Anwendung französischen Rechts nach den Regelungen des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) zu beurteilen. Da eine ausdrückliche Rechtswahl der Parteien nicht erfolgt ist, folgt die Anwendung französischen Rechts aus Art. 28 EGBGB. Nach Art. 28 Abs. 2 Abs. 2 EGBGB wird vermutet, daß der Vertrag die nach Art. 28 Abs. 1 EGBGB maßgebliche engste Verbindung mit dem Staat aufweist, in dem die Partei, welche die für den Vertrag charakteristische Leistung erbringt, ihre Hauptniederlassung hat. Bei einem Kaufvertrag erbringt die charakteristische Leistung der Verkäufer (Palandt/Heldrich, BGB, 51. Aufl. 1992, Art. 28 EGBGB Rn. 3), im Streitfall somit die in Frankreich ansässige Klägerin.
In Frankreich ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf seit 01.01.1988 in Kraft. Daß das Übereinkommen von der Bundesrepublik Deutschland erst 1989 ratifiziert worden ist und erst seit dem 01.01.1991 in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten ist, ist nicht von Bedeutung. Denn nach Art. 1 Abs. 1 b CISG ist das Übereinkommen auch dann anzuwenden, wenn die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates führen. Nach dem zur Zeit des Vertragsschlusses maßgeblichen französischen internationalen Privatrecht ist das der Fall, da der Abschlußort des Vertrages am Sitz der Klägerin anzunehmen ist und deshalb französisches Recht zur Anwendung kommt (vgl. Sandrock, Handbuch des internationalen Vertragsrechts, 1980, Rn. 268; zum maßgeblichen Abschlußort: Ferid, Das französische Zivilrecht, 1971, 1 E 104). Da die Parteien die Anwendung des Übereinkommens nicht ausgeschlossen haben, unterliegt die Vereinbarung der Parteien den Regelungen des CISG.
II. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises nach Art. 53, 58 CISG nicht zu, da sie der Beklagten die zu liefernde Ware nicht am Ort der Niederlassung der Beklagten zur Verfügung gestellt hat (von Caemmerer/Schlechtriem/Hager, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht, 1990, § 58 Rn. 5).
Die Klägerin hat den ihr obliegenden Beweis für eine Erfüllung ihrer Lieferverpflichtung nicht geführt. Der auf dem Lieferschein (AS. I 61) der Klägerin aufgedruckte Wareneingangsstempel der Beklagten hat keine entsprechende Beweiskraft, da er nicht unterschrieben worden ist, § 416 ZPO.
Die Klägerin hat auch nicht den Nachweis dafür geführt, daß der Stempelabdruck allein ohne Unterschrift ein Indiz für die Empfangnahme der Ware durch die Beklagte darstellt. Die zu dieser Frage vernommenen Zeugen R und G haben entsprechend dem Vortrag der Beklagten ausgesagt, daß der Wareneingangsstempel zunächst vorläufig auf den Lieferschein gesetzt wurde und grundsätzlich nach Annahme und Kontrolle der Ware dieser Vorgang durch eine Unterschrift unter den Stempelabdruck bestätigt wurde. Der Stempelabdruck allein beweist demnach nicht die Übergabe der Ware an die Beklagte. Ihm kann lediglich entnommen werden, daß der Fahrer der beauftragten Spedition den Lieferschein bei der Beklagten vorgelegt hat, nicht aber, daß auch eine Abladung der Ware erfolgt ist.
III Die Beklagte ist nicht nach Art. 66, 67 CISG zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet. Denn die Preisgefahr ist nicht zu einem früheren Zeitpunkt als der Übergabe der Ware auf die Beklagte übergegangen. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn die Klägerin ihre Vertragspflichten bereits mit der Übergabe der Ware an den von ihr beauftragten Spediteur erfüllt hätte, Art. 67 Abs. 1, 31 a CISG. Das ist nicht der Fall. Denn nach der vertraglichen Vereinbarung der Parteien war die Klägerin verpflichtet, die Waren auf eigene Gefahr an die Niederlassung der Beklagten anzuliefern, Art. 31 Hs 1 iVm Art. 6 CISG, – sog. Fernkauf – (von Caemmerer/Schlechtriem/Hager, aaO). Das ergibt sich aus der von der Klägerin in den Geschäftsbeziehungen mit der Beklagten ständig verwendeten Klausel „frei Haus, verzollt, unversteuert“, die damit auch Vertragsbestandteil des im Streitfall maßgeblichen Vertrags geworden ist. Die Klausel „frei Haus“ kann entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht nur als eine Kostenregelung angesehen werden, sondern sie stellt zusätzlich eine Gefahrtragungsregelung dar, nach der die Klägerin die Gefahr bis zur Übergabe der Waren an die Beklagte trägt.
Die Klägerin hat mit der Klausel „frei Haus“ in Geschäftsbeziehungen mit einem deutschen Käufer eine in deutscher Sprache abgefaßte im deutschen Handelsverkehr übliche Klausel verwendet. Bei der Auslegung der Klausel ist deshalb auf die Anschauungen im deutschen Recht abzustellen. Denn nach Art. 8 Abs. 2 CISG ist für die Auslegung der verwendeten Klausel auf den Empfängerhorizont abzustellen. Daraus folgt, daß eine Partei, die im grenzüberschreitenden Handelsverkehr eine in der Rechtsordnung ihres Vertragspartners übliche Klausel gebraucht, diese so gegen sich gelten lassen muß, wie sie ihr Vertragspartner verstehen durfte.
Die Klausel „frei Haus bzw. die entsprechende Klausel „frei ... Bestimmungsort“ besitzt zwar im Handelsverkehr noch keinen typischen eindeutigen Inhalt (BGH NJW 1984, 567). Sie wird aber in der Literatur überwiegend und mit zunehmender Tendenz nicht nur als Kosten-, sondern auch als Gefahrtragungsregel ausgelegt (Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl. 1991, § 447 Rn. 4; ders. in von Caemmerer/Schlechtriem aaO, Art. 31 Rn. 33; Baumbach/Duden/ Hopt, HGB, 28. Aufl. 1989, § 346 Anm. 5, der bereits einen entsprechenden Handelsbrauch annimmt; Staub/Koller, Großkommentar HGB, 4, Aufl. 1985, vor § 373 Rn. 226; ebenso in der dritten Auflage Würdinger/Röhricht, 1970, § 373 Anm. 190 und Ratz, 1978, § 346 Anm. 150; Staudinger/Köhler, BGB, 12. Aufl. 1978, § 447 Rn. 4; Liesecke, WM 1978, Sonderbeilage Nr. 3, Seite 30; a. A.; Schlegelberger/Hefermehl, HGB, 5. Aufl. 1976, § 346 Rn. 72; Heymann/Horn, HGB, 1990, § 346 Rn. 101, der nach den jeweiligen Umständen eine andere Auslegung für zulässig erachtet).
Für eine Auslegung der von der Klägerin verwendeten Klausel als Gefahrtragungsregelung spricht zunächst die Erwägung, daß ein Käufer, dem eine Ware „frei Haus“ versprochen wird, schwerlich auf den Gedanken kommen wird, daß es seine Sache sein könnte, sich um Transportversicherung und Transportschäden zu kümmern (Soergel/Huber, aaO). Für eine Auslegung der Klausel als Gefahrtragungsregel spricht deshalb im Streitfall der Umstand, daß die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag (AS. II 33) eine Transportversicherung abgeschlossen hatte. Daraus kann geschlossen werden, daß sie selbst davon ausging, das Risiko des Transportes der Ware zu tragen (Ratz, aaO). Hinzu kommt, daß nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten (AS. I 71) die Klägerin den Transport nicht nur durch Spediteure vornehmen ließ, sondern für die Beklagte bestimmte Ware regelmäßig auch mit eigenen Fahrzeugen anlieferte. Diese Umstände sprechen dafür, daß die Parteien nicht von der Vereinbarung eines Versendungskaufes im Sinne von § 31 a CISG ausgingen, sondern die Klausel „frei Haus“ entsprechend der überwiegend vertretenen Auffassung auch als Gefahrtragungsregel angesehen haben. Im Rahmen der Vereinbarung der Parteien ist deshalb die von der Klägerin verwendete Klausel nicht nur als Kostentragungs-, sondern auch als Gefahrtragungsregel anzusehen, so daß, da der Klägerin der Beweis einer Übergabe der Ware an die Beklagte nicht gelungen ist, ein Gefahrübergang auf die Beklagte nicht erfolgt und die Beklagte deshalb nicht zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet ist.
IV. Die Klägerin kann ihre Forderung auch nicht als Schadensersatzanspruch aus einer positiven Vertragsverletzung der Beklagten herleiten.
Der vorläufige Aufdruck des Wareneingangsstempels vor Entgegennahme der Ware stellt keine Vertragsverletzung der Beklagten dar. Denn die Klägerin konnte allein aufgrund des Stempelaufdrucks ohne Beifügung einer bestätigenden Unterschrift der Beklagten nicht von einer Auslieferung der Ware an die Beklagte ausgehen. Ein die Klägerin täuschendes schuldhaftes Verhalten der Beklagten, das die Klägerin an der Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Spediteur hindern konnte, liegt nicht vor. Denn der Stempelaufdruck allein enthält gerade keine Bestätigung des Wareneingangs.