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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-851
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-851  



OLG München (DE) 08.02.1995 - 7 U 3758/94
Art. 3, 38, 39, 44 CISG – unalexVerträge über die Lieferung herzustellender Ware –unalexWerklieferverträge –unalexUntersuchung der Ware durch den Käufer –unalexMängelrügen –unalexDie Rügeobliegenheit des Käufers –unalexDauer der Rügefrist –unalexEntschuldigtes Unterlassen der Mängelanzeige des Käufers

OLG München (DE) 08.02.1995 - 7 U 3758/94, unalex DE-851



Auf einen Werklieferungsvertrag, bei dem der Verkäufer die von ihm zu liefernde Ware - im entschiedenen Fall Polypropylen-Kunststoffgranulat - nach Vorgaben des Käufers aus von ihm selbst beschafften Stoffen zur Lieferung an den Käufer fertigt, gelangt gemäß Art. 3 Abs. 1 CISG das CISG zur Anwendung.

Rügepflichtig nach Art. 39 CISG ist jede Vertragswidrigkeit, die der Verkäufer bei ordnungsgemäßer Untersuchung festgestellt hat bzw. hätte feststellen können, sowie jede später erkannte Vertragswidrigkeit ohne Rücksicht auf den Entstehungsgrund. Bei der Bestimmung der „angemessenen Frist“ sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Regelmäßig wird bei dauerhaften, nicht saisonabhängigen Waren ein Zeitraum von ca. 8 Tagen zugrundezulegen sein. Ein Käufer, der die Untersuchung seinem Abnehmer überlässt, muß sich dessen Handeln bzw. Unterlassen zurechnen lassen.

Der Käufer ist nach Art. 44 CISG dann entschuldigt, wenn sein Verhalten nach den Umständen des Einzelfalls billigerweise ein gewisses Verständnis und eine gewisse Nachsicht verdient. Eine wesentliche Rolle spielen dabei das Gewicht des Pflichtverstoßes, die Art der Ware und die Art des Mangels sowie eine etwa mangelnde Erfahrung des Käufers. Die Vorschrift greift insbesondere Platz bei Käufern, die ein Einzelhandelsgewerbe, ein Handwerk, einen landwirtschaftlichen Betrieb oder einen freien Beruf betreiben, während größere Betriebe, deren Geschäft auf rasche und pünktliche Abwicklung eingerichtet sein muss, sich in der Regel an ihrem Pflichtverstoß werden festhalten lassen müssen.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

 CLOUT Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung von UNCITRAL

-  Entscheidungstext 

Die Klägerin fordert Feststellung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten aus übergegangenem Recht.

Die Firma … in … Österreich (im folgenden: …) verkauft pro Jahr etwa 12.000 Tonnen Polypropylen-Kunststoffgranulat des Typs Daplen MT 58 an die Firma … in … Dänemark, die hieraus Hygienefasern erzeugt. Um die gewünschten Eigenschaften bei diesen Hygienefasern erzielen zu können, muß das gelieferte Kunststoffgranulat eine bestimmte Qualität besitzen.

Gemäß einem Grundsatzabnahmevertrag, der nach einer Vereinbarung deutschem Recht unterliegt, stellt die Beklagte für die Firma … das Granulat in ihrem Produktionsstandort … her und liefert es an die Firma … direkt aus. Die Beklagte hat das Granulat entsprechend einer vorgegebenen Spezifikation zu produzieren und vor Abgang zu überprüfen.

Im Mai 1993 bestellte die Firma … wiederum Polypropylen des Typs Daplen MT 58. Das Granulat wurde von der Beklagten hergestellt und am 4. Juni 1993 in 7 Chargen an die Firma … ausgeliefert. Dort wurde es in der Zeit vom 7. Juni bis zum 5. Juli 1993 verarbeitet. Mit Schreiben vom 15. Juli 1993 meldete die Firma … bei der Firma … Schadensersatzansprüche für die entsprechende Produktserie an. Die Firma … rügte den geringen Gehalt des Granulats an Stabilisator B 501 W, was nicht der festgelegten Spezifikation entspreche; möglicherweise sei das gelieferte Granulat auch verunreinigt gewesen. Sie machte geltend, das gelieferte Material zur Erzielung der gewünschten Faserqualitäten nicht geeignet gewesen sei. Im einzelnen forderte die Firma … Ersatz für Ausfallkosten, vergebliche Produktionskosten, Test- und Überprüfungskosten, Materialkosten und Säuberungskosten, die mit einem Betrag von 4.413.938,- DKK kalkuliert wurden. Daneben wurden weitere Schadenspositionen angekündigt, für die es aber noch keine Kalkulation gebe.

Die Firma … zeigte der Klägerin am 9. September 1993 das Schadensereignis an und forderte sie zur Regulierung auf. Mit Schreiben vom 17. September 1993 meldete die Klägerin bei der Beklagten für den Fall einer Zahlungspflicht Regreßansprüche an. Die Firma … trat schließlich ihre sämtlichen Ansprüche gegen die Beklagte, die auf Grund des geschilderten Schadensfalles entstanden seien, an die Klägerin ab.

Die Klägerin hat bereits im ersten Rechtszug vorgetragen, sie sei Betriebshaftpflichtversicherer der Firma …; sie habe für den Fall, daß ihre Versicherungsnehmerin die Schäden der Firma … zu vertreten habe, die Ersatzzahlungen zu erstatten. Damit gehe der Schadensersatzanspruch der Firma … gegen die Beklagte nach § 67 ÖVVG auf sie, die Klägerin, über. Nachdem die Beklagte nicht auf die Einrede der Verjährung habe verzichten wollen, sei Klageerhebung geboten gewesen.

Die Klägerin hat beantragt zu erkennen:

Es wird festgestellt, daß die Beklagte der Klägerin den Schaden zu ersetzen hat, welcher dieser als Betriebshaftpflichtversicherer der Firma … durch die fehlerhafte Lieferung vom 4.6.1993 von Kunststoffgranulat Polypropylen des Typs Daplen MT 58, Chargen-Nr. 11973 bis 11979 an die Firma ... in Dänemark entsteht.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat vorgetragen, daß eine vertragliche Rechtsbeziehung zwischen den Parteien nicht bestehe. Ein gesetzlicher Forderungsübergang habe nicht stattgefunden. Mit Nichtwissen werde bestritten, daß die Klägerin Haftpflichtversicherer der Firma … sei und daß eine Verpflichtung der Klägerin zum Ersatz der von der Firma … geltend gemachten Schäden bestehe. Die Rüge der Firma … sei verspätet erfolgt. Im übrigen sei das gelieferte Granulat nicht verunreinigt oder wegen nicht ausreichender Stabilisatormengen fehlerhaft gewesen. Die Klägerin selbst nehme gegenüber der Firma … die Rechtsposition der Beklagten ein und verhalte sich widersprüchlich. Schließlich fehle bereits das Feststellungsinteresse.

Das Landgericht hat die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen. Im einzelnen wird auf das den Parteien am 20. April 1994 zugestellte Urteil vom 7. März 1994 Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die am 19. Mai 1994 eingelegte und mittels eines am 14. September 1994 eingegangenen Schriftsatzes begründete Berufung der Klägerin.

Die Klägerin führt aus, daß der von der Firma … geltend gemachte Schaden in seiner Gesamtheit immer noch nicht feststehe. Da es bei den vorhergehenden Lieferungen der Beklagten an die Firma … zu keinerlei Schwierigkeiten gekommen sei, spreche schon der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß das gelieferte Granulat im vorliegenden Falle fehlerhaft hergestellt oder abgeliefert worden sei. Die Aktivlegitimation der Klägerin folge jedenfalls aus der Forderungsabtretung der Firma ....

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und entsprechend dem Feststellungsantrag erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie rügt weiterhin das fehlende Feststellungsinteresse; die Klägerin möge Leistungsklage erheben. Im übrigen habe sie, die Beklagte, fehlerfreie Ware geliefert. Die Analyseergebnisse der ausgelieferten Chargen lägen innerhalb des von der Firma … vorgegebenen Toleranzbereiches. Ferner sei es bereits im April und Mai 1993 bei der Firma zu Betriebsstörungen bei der Verarbeitung von der Firma … gelieferten Polypropylens gekommen; es sei daher davon auszugehen, daß die Ursache für die festgestellten Schäden im Bereich der Firma … zu suchen sei.

Ergänzend wird auf die Berufungsbegründung der Klägerin vom 14. September 1994, auf die Erwiderung der Beklagten mit Schriftsatz vom 25. Oktober 1994 sowie auf den Schriftsatz der Klägerin vom 6. Februar 1995 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung erweist sich als unbegründet.

I. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage mit Blick auf die besonderen Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO konnten nach Auffassung des Senats allerdings nicht durchgreifen.

1. Die Klägerin macht geltend, daß zwischen ihr und der Beklagten ein Rechtsverhältnis bestehe, auf Grund dessen die Beklagte zum Ersatz eines i.e. noch nicht bezifferbaren Schadens verpflichtet sei. Die Klägerin beruft sich damit nicht etwa auf ein erwartetes, künftiges, sondern auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis (vgl. dazu Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 53. Aufl., § 256 Rn. 16; Zöller, ZPO, 19. Aufl., § 256 Rn. 3 a). I.e. reicht es dabei nach BGH NJW 92, 697 aus, wenn der Kläger das schadensersatzbegründende Verhalten sowie die weiteren Voraussetzungen der die Schadensersatzpflicht begründenden Norm darlegt; ein Schaden braucht nicht festzustehen, wenn er nur wahrscheinlich ist. Dem kann der Vortrag der Klägerin jedenfalls nach Ergänzung des Vorbringens zur Aktivlegitimation, die sie nunmehr (auch) auf eine Forderungsabtretung stützt, letztlich noch genügen. Die Klägerin behauptet eine (schuldhafte) Verletzung vertraglicher Pflichten durch die Beklagte in Form der Herstellung eines mangelhaften Produkts, die eine Haftung der Klägerin und damit einen Vermögensschaden wahrscheinlich mache. Mehr kann nach Auffassung des Senats an dieser Stelle nicht gefordert werden.

2. Das Feststellungsinteresse stellt eine echte Prozeßvoraussetzung nur für das stattgebende Urteil dar, da bei nichtbestehendem Anspruchsgrund – so liegt der Fall hier, wie sich zeigen wird – genauso wie im Falle der Leistungsklage i.E. ein negatives Feststellungsurteil ergeht (vgl. Zöller, aaO, § 256 Rn. 7 a). Es kann daher im vorliegenden Falle letztlich offen bleiben, ob ein Feststellungsinteresse zu bejahen wäre. Der Senat ist allerdings der Auffassung, daß der Klägerin das Feststellungsinteresse nicht abgesprochen werden könnte. Insbesondere wird das Feststellungsinteresse von der Rechtsprechung angenommen, wenn Klageerhebung wie hier zur Unterbrechung der Verjährung (§ 209 Abs. 1 BGB) erfolgt (vgl. Zöller, aaO, § 256 Rn. 8, mwN). Eine Feststellungsklage ist dabei auch dann möglich, wenn der Schaden zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung ist, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden könnte (Zöller, aaO, § 256 Rn. 7 a). Der Kläger ist in diesem Falle nicht gezwungen, etwa in zweiter Instanz zu einer bezifferten Leistungsklage überzugehen, wenn ihm dies nachträglich möglich wird (Zöller, aaO, § 256 Rn. 7 b; BGH NJW 78, 210). Im vorliegenden Fall hat der Senat keinen Zweifel, daß jedenfalls zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Dezember 1993 die Folgen der aufgetretenen, der Klage zugrundeliegenden Störungen bei der Firma … noch nicht endgültig zu übersehen waren.

II. Die Klage ist mangels jeder Anspruchsgrundlage aber unbegründet, so daß der Berufung der Erfolg versagt bleiben muß.

1. Ansprüche, die unmittelbar zwischen den Parteien zur Entstehung gelangt sein könnten, sind nicht ersichtlich.

2. Wie bereits das Landgericht zutreffend bemerkt hat, kann die Klägerin die Beklagte auch nicht aus gesetzlich übergegangenem Recht der … in Anspruch nehmen. Die Voraussetzungen des § 67 ÖVVG (vgl. Art. 33 Abs. 3 EGBGB) sind schon deshalb nicht erfüllt, weil nicht vorgetragen ist, daß Zahlungen von der Klägerin an die Firma … bzw. in deren Auftrag an die Firma … geflossen wären.

3. Im Ergebnis kann die Klägerin Ansprüche aber auch aus abgetretenem Recht der Firma … gegen die Beklagte nicht geltend machen, da solche Ansprüche nicht bestehen.

a) Eine wirksame Abtretung etwaiger vertraglicher Ansprüche gemäß § 398 BGB wäre allerdings erfolgt. Die Abtretung richtet sich nach Art. 33 Abs. 2 EGBGB nach deutschem Recht, da die Firma … und die Beklagte, wie übereinstimmend vorgetragen, ihre Rechtsbeziehung durch eine entsprechende Vereinbarung deutschem Recht unterstellt haben; Art. 27 EGBGB.

b) Ein Schadensersatzanspruch der Firma … gegen die Beklagte ist jedoch nicht nachzuweisen:

aa) Für etwaige Ansprüche wegen Verletzung des zwischen der Firma … und der Beklagten vereinbarten Werklieferungsvertrages wäre nach der getroffenen Vereinbarung deutsches Recht anwendbar. Das deutsche Recht sieht für Werklieferungsverträge der hier vorliegenden Form (keine Anlieferung eines Teils der zur Erzeugung der Ware notwendigen Stoffe durch den Besteller), die zwischen Parteien mit Niederlassungen in verschiedenen CISG-Vertragsstaaten geschlossen werden, die Geltung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (BGBl 1989 II. Seite 588) vor (vgl. Art. 1 Abs. 1 iVm Art. 3 Abs. 1 CISG; v. Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum CISG, 2. Aufl., Art. 3 Rn. 3). Die Niederlassungsstaaten der Firma … und der Beklagten, Deutschland und Österreich, sind Vertragsstaaten. Es kann ferner nicht davon ausgegangen werden, daß die Firma an und die Beklagte bei Regelung des für sie maßgebenden Vertragsstatuts die Anwendung lediglich bestimmter Normen des deutschen Rechts (etwa: des BGB bzw. des HGB) vereinbaren und damit die Anwendung anderer Rechtsvorschriften ausschließen wollten (vgl. Art. 6 CISG; von Caemmerer/Schlechtriem, aaO, Art. 6 Rn. 16). Die vertragliche Regelung muß vielmehr so verstanden werden, daß das maßgebende deutsche Recht in seiner zum maßgebenden Zeitpunkt jeweils geltenden Fassung zur Anwendung kommen soll.

bb) Anspruchsgrundlage im Falle einer mangelhaften Leistung wäre damit im vorliegenden Falle Art. 45 Abs. 1 b iVm Art. 74 CISG.

Ob die Beklagte hier eine nicht vertragsgemäße Leistung iSv Art. 45 Abs. 1 iVm Art. 35 CISG erbracht hat, ist strittig. Hierauf kommt es indessen gar nicht mehr an, denn die Firma … hat etwaige Mängel nicht nach Art. 39 Abs. 1 CISG rechtzeitig gerügt.

Rügepflichtig nach Art. 39 CISG ist jede Vertragswidrigkeit, die der Verkäufer bei ordnungsgemäßer Untersuchung (Art. 38 CISG) festgestellt hat bzw. hätte feststellen können, sowie jede später erkannte Vertragswidrigkeit ohne Rücksicht auf den Entstehungsgrund (von Caemmerer/Schlechtriem, aaO, Art. 39 Rn. 5). Im vorliegenden Fall ist bereits sehr zweifelhaft, ob die erst nach vollständiger Verarbeitung des gelieferten Granulats erfolgte Mängelrüge durch die Firma … den Bestimmungen des CISG genügen könnte. Wenn die Beklagte Ausgangskontrollen ihres Produkts vornehmen konnte und mußte, wäre es der Firma … wohl zumutbar gewesen, ihrerseits Eingangskontrollen (vgl. Art. 38 Abs. 1 CISG) durchzuführen und dabei entdeckte Mängel innerhalb angemessener Frist zu rügen. Bei der Bestimmung der „angemessenen Frist“ sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen; im Normalfall wird bei dauerhaften, nicht saisonabhängigen Waren ein Zeitraum von ca. 8 Tagen zugrundezulegen sein (vgl. von Caemmerer/Schlechtriem, aaO, Art. 39 Rn. 17). Ein Käufer wie die Firma …, der die Untersuchung seinem Abnehmer überläßt, muß sich dessen Handeln bzw. Unterlassen zurechnen lassen (von Caemmerer/Schlechtriem, aaO, Art. 38 Rn. 26).

Hier kommt aber noch hinzu, daß die Firma ... ihrerseits nach Eingang der Mängelrüge der Firma … immer noch nicht sofort die Beklagte verständigt, sondern sich zunächst an die Klägerin gewandt hat. Nach Sachvortrag erhielt die Beklagte erstmals mit Schreiben der Klägerin vom 17.9.1993 davon Kenntnis, daß ihre Anfang Juni des Jahres angelieferten Granulat-Chargen mangelhaft gewesen sein sollen. Damit ist die Rüge im Vertragsverhältnis der Firma … zur Beklagten unzweifelhaft verspätet; die Beklagte kann diese Einwendung nach § 404 BGB auch der Klägerin entgegenhalten.

cc) Gründe für eine Entschuldigung der verspäteten Rüge iSv Art. 44 CISG sind nicht dargetan.

Eine Entschuldigung könnte immer nur nach Maßgabe von Billigkeitserwägungen angenommen werden, da ein Schuldner, der die angemessene Frist des Art. 39 CISG verstreichen läßt, stets gegen die Anforderungen kaufmännischer Sorgfalt verstößt (von Caemmerer/Schlechtriem, aaO, Art. 44 Rn. 4, 5). Der Schuldner ist deshalb entschuldigt, wenn sein Verhalten nach den Umständen des Einzelfalls billigerweise ein gewisses Verständnis und eine gewisse Nachsicht verdient. Eine wesentliche Rolle spielen dabei das Gewicht des Pflichtverstoßes, die Art der Ware und die Art des Mangels sowie eine etwa mangelnde Erfahrung des Käufers. Die Vorschrift greift insbesondere Platz bei Käufern, die ein Einzelhandelsgewerbe, ein Handwerk, einen landwirtschaftlichen Betrieb oder einen freien Beruf betreiben, während größere Betriebe wie die Firma …, deren Geschäft auf rasche und pünktliche Abwicklung eingerichtet sein muß, sich in der Regel an ihrem Pflichtverstoß werden festhalten lassen müssen (vgl. i.e. von Caemmerer/Schlechtriem, aaO, Art. 44 Rn. 6 ff.). So ist es auch hier.

c) Ansprüche der Firma … gegen die Beklagte auf außervertraglicher Grundlage sind ebenfalls nicht ersichtlich, so daß eine Abtretung auch insoweit ins Leere ging:

aa) Legt man deutsches Recht zugrunde, hat die Beklagte weder ein absolut geschütztes Recht der Firma … im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB verletzt noch ansonsten eine unerlaubte, zum Schadenersatz verpflichtende Handlung im Sinne der §§ 823 ff. BGB begangen. Auch eine Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz kommt mangels Verletzung der in § 1 Abs. 1 ProdHaftG genannten Rechtsgüter nicht in Betracht. Bei der Firma … ist – allenfalls – ein Vermögensschaden eingetreten; Schäden der Firma … kann die Firma … gegenüber der Beklagten nicht geltend machen.

bb) Ausländisches (hier insbesonders: österreichisches) Recht kann hier nicht zur Anwendung kommen, da die Firma … und die Beklagte ihre vertraglichen Beziehungen deutschem Recht unterstellt haben, so daß nach Auffassung des Senats auch für etwaige deliktsrechtliche Ersatzansprüche aus Vertragsverstößen eine akzessorische Anknüpfung an das Vertragsstatut zu erfolgen hat (vgl. dazu Palandt, BGB, 54. Aufl., Art. 38 EGBGB Rn. 17). Vereinbarungen über das maßgebende Recht sind auch im Bereich der unerlaubten Handlung beachtlich; eine solche Vereinbarung kann stillschweigend geschlossen werden und sich sogar aus dem Prozeßverhalten der Parteien ergeben (vgl. Palandt, aaO, Art. 38 EGBGB, Rn. 13; BGH NJW 81, 1606/7). Ferner ist im vorliegenden Fall noch zu berücksichtigen, daß sich die Vorfrage, ob ein Geschehen überhaupt als unerlaubte Handlung zu qualifizieren ist, nach deutschem Recht entscheidet (Palandt, aaO, Art. 38 EGBGB, Rn. 2).

Letztlich würde aber auch die Anwendung österreichischen Rechts nicht zu einem anderen als dem darstellten Ergebnis führen, da auch das österreichische Produkthaftungsgesetz bei bloßer Verletzung von Forderungsrechten keinen Schadensersatz zuspricht (vgl. § 1 Abs. 1 ÖProdHaftG), eine Rückgriffshaftung nach § 12 ÖProdHaftG schon mangels bisher geleisteten Schadenersatzes nicht in Betracht kommt und die Generalklausel des österreichischen Deliktsrechts (§ 1295 A BGB) jedenfalls bei bloßen Vermögensschäden so ausgelegt werden muß, daß Ansprüche nur unter den Voraussetzungen der entsprechenden vertragsrechtlichen Regelungen begründet werden. (zur Konkurrenz deliktsrechtlicher Ansprüche mit dem CISG vgl. im übrigen von Caemmerer/Schlechtriem, aaO, Art. 45 Rn. 46 ff.).





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