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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-850
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-850  



OLG Köln (DE) 21.05.1996 - 22 U 4/96
Art. 7, 35, 40 CISG – unalexAuslegungsgrundsätze –unalexVertragsmäßigkeit der Ware –unalexKenntnis des Verkäufers von Vertragswidrigkeit

OLG Köln (DE) 21.05.1996 - 22 U 4/96, unalex DE-850



Bei arglistigem Verhalten des Verkäufers folgt aus Art. 40 CISG iVm Art. 7 Abs. 1 CISG, dass ein Haftungsausschluss nach Art. 35 Abs. 3 CISG nicht wirksam ist.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

 CLOUT Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung von UNCITRAL

-  Entscheidungstext 

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Zutreffend hat das Landgericht entschieden, daß dem Kläger gegen die Beklagte gemäß Art. 74, 35, 45 Abs. 1 b des Übereinkommens der Vereinten Nationen über den internationalen Warenkauf – CISG – vom 11.04.1980 (BGBl 1989 II Seite 588) ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 20.000,- DM zusteht. Zur Anwendbarkeit des UN-Abkommens im vorliegenden Fall wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des Landgerichts Bezug genommen.

1. Art. 35 CISG knüpft die Haftung des Verkäufers an die Vertragsmäßigkeit der Leistung an. Es steht außer Frage, daß in dieser Sache ein Haftungsfall im Sinne des Art. 35 CISG gegeben ist. Für die Festlegung der Vertragsmäßigkeit kommt es auf die im konkreten Vertrag durch quantitative und qualitative Daten und Beschreibungen festgelegten Eigenschaften an. Unter qualitativen Daten sind dabei alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu verstehen, die die Beziehung der Sache zur Umwelt betreffen; ob sie wegen ihrer Art und Dauer die Brauchbarkeit oder den Wert der Sache beeinträchtigen, ist im Rahmen der Vertragsmäßigkeit nach Art. 35 Abs. 1 CISG nicht relevant. Ausgehend hiervon steht außer Zweifel, daß das gelieferte Fahrzeug deshalb, weil es weder aus dem angegebenen Zulassungsjahr stammte, noch die angegebene Kilometerlaufleistung aufwies, eine nicht vertragsgemäße Leistung der Beklagten darstellt mit der Folge der grundsätzlichen Haftung der Beklagten aus Art. 35 Abs. 1 CISG.

2. Die Haftung der Beklagten ist entgegen der von ihr in der Berufungsinstanz vertretenen Ansicht auch nicht gemäß Art. 35 Abs. 3 CISG ausgeschlossen. Denn sie hat bei Abschluß des Vertrages mit dem Kläger arglistig gehandelt.

Ausweislich der von der Beklagten selbst in der Berufungsinstanz vorgelegten Antragsschrift ihres damaligen Bevollmächtigten, Rechtsanwalt St., aus August 1993 im Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Stuttgart war jedenfalls Rechtsanwalt St. bekannt, daß das veräußerte Fahrzeug erstmalig bereits im März 1990 zugelassen worden ist. Es widerspricht jeder Lebenserfahrung, daß diese Information Rechtsanwalt St. nicht von der Beklagten selbst erteilt worden ist. Wußte die Beklagte aber von der Zulassung des Fahrzeugs seit März 1990, so liegt es nach Überzeugung des Senats auf der Hand, ohne daß es angesichts des Verschweigens des Alters des Fahrzeuges letztendlich für die Entscheidung relevant ist, daß der Beklagten ebenfalls bewußt war, daß die Laufleistung des Mercedes nicht lediglich knapp 15.000 km betrug. Dies zumal angesichts der Tatsache, daß das Fahrzeug von einem Handelsvertreter geleast war, wobei dieser Mitgliederberufsgruppe bekanntermaßen nicht gerade wenige Kilometer im Jahr zurücklegen. Keine rechtserhebliche Rolle spielt in diesem Zusammenhang, wer letztlich die Änderung in den Kraftfahrzeugpapieren bzw. am Tacho vorgenommen hat.

Aber selbst wenn man von der Behauptung der Beklagten selbst nichts von der Zulassung im Jahre 1990 gewußt zu haben, haftet sie wegen arglistigen Verschweigens eines Fehlers. Denn jedenfalls wußte Rechtsanwalt St. um die Erstzulassung im Jahre 1990 und er war es, der als Vertreter der Beklagten beim Vertragsschluß mitgewirkt hat und der die das Fahrzeug betreffenden Fahrzeugpapiere mit der – falschen – Erstzulassung 1992 ins Deutsche übersetzt hat. Das Verhalten ihres Vertreters muß sich die Beklagte wie eigenes arglistiges Verhalten zurechnen lassen.

Bei Arglist des Verkäufers ist aus dem Grundgedanken des Art. 40 CISG, wonach der Verkäufer sich nicht auf ein Verhalten des Käufers berufen kann, wenn ihn selber ein größerer Vorwurf trifft, in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 CISG zu folgern, daß der Verkäufer selbst dann einzustehen hat, wenn der Käufer über den Mangel nicht in Unkenntnis sein konnte. Deshalb kommt es auf die Ausführungen der Beklagten zu den angeblichen Erkenntnismöglichkeiten der Ehefrau des Klägers – die, worauf ergänzend hinzuweisen sei, nicht gleichzusetzen sind mit der Erkenntnismöglichkeit des Klägers selbst – nicht an. Selbst der grob fahrlässig unwissende Käufer erscheint schutzwürdiger als der arglistig handelnde Verkäufer (vgl. von Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum CISG, 2. Aufl., Art. 35 Rn. 37 mwN). Bei arglistigen Verhalten des Verkäufers folgt somit aus Art. 40 iVm Art. 7 Abs. 1 CISG die Unanwendbarkeit des Art. 35 Abs. 3 CISG.

3. Auch der zwischen den Parteien bei Abschluß des Kaufvertrages vereinbarte Haftungsausschluß steht einer Haftung der Beklagten nicht entgegen. Aufgrund des von der Beklagten in der Berufungsinstanz vorgelegten Rechnungsentwurfs des Klägers, der sodann ins Italienische übersetzt und zur Grundlage der Rechnung der Beklagten gemacht worden ist, ist zwar davon auszugehen, daß der Kauf unter Ausschluß jeglicher Gewährleistung erfolgt ist. Ein derartiger Gewährleistungsausschluß ist nach Art. 6 CISG jederzeit zulässig, wobei sich die Inhaltskontrolle einer solchen Freizeichnungsklausel jedoch nicht nach den CISG richtet (vgl. von Caemmerer/Schlechtriem, aaO, Art. 35 Rn. 42). Die Inhaltskontrolle richtet sich vielmehr nach dem nationalen Recht. Da eine subsidiäre Rechtswahl fehlt, Art. 27 EGBG mithin nicht anwendbar ist, greift Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGBGB ein. Berufen ist hiernach das nationale Recht des Staates, in dem die gegen mißbräuchliche Freizeichnung zu schützende Partei niedergelassen ist und ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (vgl. von Caemmerer/Schlechtriem, aaO, Art. 79 Rn. 64 mwN). Der individualvertragliche Gewährleistungsausschluß ist mithin an deutschem Recht und hier an § 476 BGB zu messen. Gemäß § 476 BGB greift aber bei arglistigen Verhalten des Verkäufers der zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Gewährleistungsausschluß nicht durch.

4. Der von dem Kläger geltend gemachte Schaden ist ersatzfähig im Sinne von Art. 74 ff. CISG. Der Schaden des Klägers ist ein sogenannter Folgeschaden im Sinne des Art. 74 CISG in Form eines Haftungsschadens, der dadurch entstanden ist, daß die Vertragsverletzung der Beklagten den Kläger Dritten gegenüber haftbar gemacht hat. Der Kläger hat seinen Schaden, wie dies das CISG erfordert, konkret berechnet. Ersatzfähig wäre der Schaden unter diesen Voraussetzungen nur dann nicht, wenn er im Sinne von Art. 74 Satz 2 CISG als nicht voraussehbarer Schaden einzustufen wäre. Dies ist zu verneinen.

Der Beklagten war bekannt, daß der Kläger den Wagen nicht für seinen Eigengebrauch, sondern in seiner Eigenschaft als Kfz-Händler gekauft hat. Sie mußte mithin damit rechnen, daß die Lieferung einer vertragswidrigen Ware den Kläger seinem Abkäufer gegenüber haftbar machen werde. Angesichts dessen wäre die Voraussehbarkeit des Schadens nur dann zu verneinen, wenn dieser als so außergewöhnlich hoch anzusehen wäre, daß die Beklagte damit nicht rechnen mußte. Im Hinblick auf das um zwei Jahre höher liegende Alter des Fahrzeugs und insbesondere angesichts der erheblich höheren Laufleistung steht außer Zweifel, daß die freiwillige Zahlung des Klägers in Höhe von 20.000,- DM bei einem Kaufpreis von 95.000,- DM nicht zu hoch gegriffen war. Mit einem Schaden in dieser Größenordnung mußte die Beklagte somit rechnen.





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