-
Zusammenfassung der Entscheidung Der Kläger, ein Kaufmann mit Sitz in Belgien, forderte von einer GmbH mit Sitz in Deutschland Zahlung von Werklohn. Der Kläger hatte aufgrund eines mündlichen Vertrages an in Deutschland belegenen Häusern Schreiner- und Dachdeckerarbeiten erbracht. Die Beklagte stellte hilfsweise Schadensersatzansprüche, die ihr ihrer Meinung nach gegen den Kläger zustanden, zur Aufrechnung. Der Kläger ließ sich sachlich auf diese Schadensersatzansprüche ein.
Der BGH (DE) führt aus, dass gegen die Zulässigkeit der Aufrechnung unter dem Blickwinkel des internationalen Zivilprozessrechts keine Bedenken bestünden. Hier seien die deutschen Gerichte für die zur Aufrechnung gestellten Forderungen jedenfalls gemäß Art. 18 EuGVÜ international zuständig, weil sich der Kläger auf diese Forderungen rügelos eingelassen habe.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Der Kläger, ein Kaufmann mit Sitz in Belgien, hat für die Beklagte, eine GmbH mit Sitz in Deutschland, aufgrund mündlicher Vereinbarungen an mehreren in Deutschland belegenen Häusern Schreiner- und Dachdeckerleistungen erbracht. Die Einzelheiten der Preisvereinbarung sind streitig. Vor dem Landgericht hat der Kläger restlichen Werklohn in Höhe von 138.166,18 DM nebst Zinsen verlangt. Das Landgericht hat ihm 107.021,75 DM zugesprochen. Dabei hat es die von der Beklagten hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzansprüche bis auf einen von der Beklagten geforderten Betrag von 3.600 DM für Mängel an den Treppen des Bauvorhabens We. aberkannt, weil die Aufrechnungsforderungen auch nach Hinweis nicht substantiiert worden seien. Diese Zurückweisung betrifft u.a. auch eine Schadensersatzforderung von 4.800 DM, die die Beklagte wegen der behaupteten Beschädigung der Spannbahnen im Bereich der Veloux-Fenster vom Kläger gefordert hat, sowie Gegenforderungen wegen verschiedener Mängel an den Treppen weiterer sechs Häuser.
Mit ihrer auf Klageabweisung zielenden Berufung hat die Beklagte vor allem die vom Landgericht zugrunde gelegten Preisgrundlagen angegriffen und am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist (18.03.1991) hinsichtlich des nach der Teilentscheidung des Senats vom 1. Oktober 1992 allein noch interessierenden Mängelanspruchs wegen der schadhaften Treppen und der zerstörten Spannbahnen lediglich erklärt, daß sie diese Mängel noch konkretisieren werde. In einem weiteren Schriftsatz vom 28. Mai 1991 hat sie dann unter Vorlage von Rechnungen für die Behebung der Mängel an den Treppen im Hause We. statt der bisher geltend gemachten (und zugesprochenen) 3.600 DM nun 9.690 DM gefordert, während sie sich zur Frage der Mängel an den Treppen der anderen sechs Bauherren nicht geäußert hat. Außerdem hat sie den zur Behebung der Beschädigungen an den Spannbahnen verlangten Betrag auf 6.500 DM erhöht.
Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und dabei u.a. ausgeführt, daß das Rechtsmittel hinsichtlich der wegen der Mängel an den Treppen und den Schäden an den Spannbahnen geltend gemachten Schadensersatzansprüche unzulässig sei, weil die Beklagte die Berufung insoweit nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist begründet habe.
Mit ihrer gegen dieses Urteil gerichteten Revision hat die Beklagte die Aufhebung des Urteils beantragt, soweit es sie zur Zahlung von mehr als 74.277,70 DM nebst Zinsen verpflichtet. Der Senat hat das Rechtsmittel nicht angenommen, soweit mit der Revision die Gegenansprüche für die Krangestellung (7.267,50 DM), für die Beseitigung des Bauschutts (1.407,90 DM), für Stromverbrauch (1.678,65 DM) und wegen Bodenschäden (9.800 DM) weiterverfolgt worden sind. Über den jetzt noch anhängigen Teil der Revision ist gemäß § 547 ZPO durch Urteil zu entscheiden.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist nur teilweise begründet.
1. Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die Beklagte hinsichtlich der hier noch zu beurteilenden Gegenansprüche innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht dargelegt, inwieweit und warum sie das erstinstanzliche Urteil für falsch hält. Soweit die Revision meint, die Berufung sei hier schon durch die Ausführungen zur Klageforderung (Frage der Preisvereinbarung) hinreichend begründet worden, verkennt sie, daß es hier um die Geltendmachung von Gegenrechten geht. Wie der Senat erst vor kurzem entschieden hat, muß aber die Rechtsmittelbegründung im Falle der uneingeschränkten Anfechtung geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen. Bei einem weiteren Streitgegenstand muß sie sich grundsätzlich auf alle Teile des Urteils erstrecken, hinsichtlich deren eine Änderung beantragt ist. Dabei muß die Berufungsbegründung auch angeben, aus welchen Gründen der Berufungskläger die angefochtene Entscheidung in den angegebenen Punkten für unrichtig hält (vgl. Senat Urteil vom 25. Juni 1992 – VII ZR 8/92 = ZfBR 1992, 276 f = BauR 1992, 808, 810). Dem genügt die bloße Ankündigung nicht, die Mängelansprüche wegen der Treppen und der zerstörten Spannbahnen zu konkretisieren. Wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, war aber der Berufungsantrag auf volle Klageabweisung teilweise ordnungsgemäß begründet.
2. Allerdings hat das Berufungsgericht übersehen, daß sich die Berufung hinsichtlich der Mängel an den Treppen nur auf Forderungen beziehen konnte, die die Beklagte vor dem Landgericht wegen derartiger Mängel an sechs weiteren Häusern geltend gemacht hat. Insoweit entsprach die Berufung nicht den Anforderungen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO.
Dagegen konnte sich das Rechtsmittel nicht auf die Treppenmängel im Hause We. erstrecken, weil die Beklagte insoweit durch das angefochtene Urteil gar nicht beschwert war. Das Landgericht hatte ihr nämlich hinsichtlich dieses Mangels genau den Schadensersatzbetrag zugesprochen, den die Beklagte in erster Instanz geltend gemacht hat. Daraus folgt, daß in der Erhöhung dieses Schadensersatzanspruches von 3.600 DM auf 9.690 DM in der Berufungsinstanz nicht eine Anfechtung des landgerichtlichen Urteils, sondern lediglich eine Erweiterung der Aufrechnung liegt (vgl. zur Klageerweiterung BGH Beschluß vom 13. November 1991 – VIII ZB 33/91 = NJW 1992, 698 = ZIP 92, 512). Die teilweise ordnungsgemäß begründete Berufung konnte insoweit ohne Bindung an die Bestimmung des § 519 ZPO durch das neue Verteidigungsvorbringen verstärkt werden. Dabei bestehen gegen die Zulässigkeit der Aufrechnung unter dem Blickwinkel des internationalen Zivilprozeßrechts keine Bedenken. Hier sind die deutschen Gerichte für die zur Aufrechnung gestellte Forderung jedenfalls gemäß Art. 18 des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EuGVÜ = BGBl. 1972 II S. 774) international zuständig, weil sich der Kläger auf diese Forderung rügelos eingelassen hat (vgl. EuGH, Urteil vom 7. März 1985 – Rs. 48/84 = Slg. 787, 798, 800 (Spitzley/Sommer)).
Damit ist das Berufungsurteil insoweit aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, zurückzuverweisen.