Die Klägerin hat ihren Sitz in Deutschland, die Beklagte ist in Italien ansässig. Mit der Klage macht die Klägerin Kaufpreisansprüche geltend. Die Beklagte bestreitet die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Waldshut-Tiengen, lediglich fürsorglich macht sie Mängel geltend.
Seit Anfang 1989 stehen die Parteien in Geschäftsverbindung. Die Beklagte kaufte von der Klägerin Stoffe, die per Spedition von Deutschland nach Italien geschickt wurden. Die Kaufverträge wurden in Italien mündlich abgeschlossen. Die Klägerin bestätigte jeweils die Bestellungen auf Englisch (vgl. I 131) unter Hinweis („GENERAL CONDITIONS P.T.O.“) auf ihre auf der Rückseite abgedruckten in deutscher Sprache abgefassten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), welche den Zahlungs- und Lieferungsbedingungen der Konvention der Baumwollweberei und verwandter Industriezweige e.V. – Einheitsbedingungen der Deutschen Textilindustrie – entsprechen (vgl. I 11). Auch die Rechnungen stellte die Klägerin jeweils in englischer Sprache, wobei diese den folgenden Hinweis auf die auf der Rückseite abgedruckten, ebenfalls in deutscher Sprache abgefassten AGB der Klägerin enthielten (vgl. I 25):
„We delivered at terms of payment and delivery of the convention of the cotton weavers trade-Basic terms of the German Textile Industry-acutally valid.“
§ 1 der klägerischen AGB lautet: „Erfüllungsort für alle Leistungen aus dem Lieferungsver¬trag ist der Ort der Handelsniederlassung des Verkäufers“.
§ 2 bestimmt: „Gerichtsstand (auch für Wechsel- und Scheck-Klagen) ist der Ort der Handelsniederlassung des Klägers oder der Sitz seiner zuständigen Fach- und Kartellorganisation. Das zuerst angerufene Gericht ist zuständig.“
Aufgrund von vier in den Monaten Juni, Juli, September und Oktober 1989 erfolgten Bestellungen lieferte die Klägerin der Beklagten – die den klägerischen AGB nie widersprochen hatte – Waren und stellte darüber unter dem 15.11., 16.11., 20.11.1989 und 18.01.1990 vier Rechnungen über insgesamt 122.230.200,‑ italienische Lire, die bisher nicht bezahlt worden sind.
Vor Abschluss der streitigen Lieferverträge hatten die Parteien in der ersten Jahreshälfte 1989 – beginnend im Februar 1989 – 16 weitere Lieferverträge abgeschlossen (vgl. die Aufstellung der Beklagten I 71), die die Klägerin jeweils in derselben Weise schriftlich bestätigt hatte und in Rechnung stellte.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das Landgericht Waldshut-Tiengen sei gemäß den Artikeln 17 und 5 EuGVÜ als Gericht des vereinbarten Gerichtsstandes bzw. des Erfüllungsortes international zuständig, da die klägerischen AGB nach – hier geltendem – deutschem Recht Vertragsbestandteil geworden seien. Die Beklagte habe nämlich die AGB, auf die ordnungsgemäß hingewiesen worden sei, stillschweigend anerkannt; einer ausdrücklichen Vereinbarung habe es wegen der ständigen Geschäftsbeziehungen nicht bedurft. Überdies seien die AGB im Verkehr der Textilwirtschaft – auch im Auslandsverkehr – branchenüblich. Weiter hat die Klägerin ausgeführt, eine beim Tribunale Civile di Teramo in Teramo/TE von der Beklagten gegen sie anhängig gemachte Klage der Beklagten auf Schadensersatz wegen Schlechtlieferung sei mangels ordnungsgemäßer Zustellung für die Zuständigkeitsfrage unbeachtlich.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Italienische Lire (ITL) 122.230.200,‑ nebst 10 % Zinsen aus ITL 2.156.560,‑ seit dem 13.02.1990, aus ITL 665.000,‑ seit dem 14.02.1990, aus ITL 96.838.480,‑ seit dem 20.03.1990 und aus ITL 22.520.160,‑ seit dem 18.04.1990 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, die Klage sei unzulässig, da das Landgericht Waldshut-Tiengen international nicht zuständig sei. Eine wirksame Prorogation nach Art. 17 EuGVÜ habe nicht stattgefunden. Den auf Rechnungen und Auftragsbestätigungen enthaltenen Hinweis auf die AGB habe die Beklagte weder zur Kenntnis nehmen können noch müssen. Die Vertragssprache sei nämlich italienisch, da die Beklagte die Bestellungen dem italienischen Repräsentanten der Klägerin in Italien auf italienisch aufgegeben habe. Die Klägerin habe nicht davon ausgehen können, dass die Beklagte die in deutsch abgefassten AGB verstehe. Tatsächlich verstehe die Beklagte auch kein deutsch. Laufende Geschäftsverbindungen hätten zwischen den Parteien nicht bestanden. Im Hinblick auf Art. 17 Abs. 1 Satz 2, 3. Alt. EuGVÜ hat die Beklagte vorgetragen, das italienische Recht kenne keinen Handelsbrauch, wonach das Schweigen einer Vertragspartei auf die Übersendung von AGB der anderen Partei geeignet ist, einen Gerichtsstand zu prorogieren. Selbst wenn es einen entsprechenden internationalen Handelsbrauch gebe, müsse der Beklagten deshalb ein solcher Handelsbrauch weder bekannt sein noch müsse sie sich behandeln lassen, wie wenn er ihr bekannt wäre. Im übrigen sei auf das streitige Rechtsverhältnis ohnehin italienisches Recht anzuwenden.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht, das gem. § 280 Abs. 1 ZPO die abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage angeordnet hatte, die Klage als unzulässig abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass allerdings die Einrede der Rechtshängigkeit nach den Art. 21, 22 EuGVÜ unbegründet sei, da die beim Gericht in Teramo erhobene Klage nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Auch sei das Rechtsverhältnis nach deutschem Recht zu beurteilen. Indessen habe die in § 2 der klägerischen AGB enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung zwischen den Parteien keine Geltung, weil sie nicht den Anforderungen nach Art. 17 EuGVÜ entspreche. Insbesondere sei sie nicht in einer Form geschlossen, die internationalen Handelsbräuchen entspreche, welche der Beklagten bekannt waren oder hätten sein müssen. Auch sei zwischen den Parteien keine – allerdings stillschweigend mögliche – Vereinbarung über den Erfüllungsort zustandegekommen. Zwar habe die Klägerin in einer Weltsprache und damit ordnungsgemäß auf die AGB hingewiesen. Indessen habe die Beklagte, da die AGB auf deutsch und damit weder in einer Vertrags- noch einer Weltsprache gehalten gewesen seien, sich keine Kenntnis von deren Inhalt verschaffen können. Für ihre Behauptung, eine maßgebliche Mitarbeiterin der Beklagten sei der deutschen Sprache mächtig gewesen, sei die Klägerin beweisfällig geblieben.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, wobei sie ihr erstinstanzliches Vorbringen im wesentlichen wiederholt und vertieft. Ergänzend führt sie aus, die streitgegenständlichen Verträge unterfielen dem EKG, wonach der Zahlungsort zugleich Erfüllungsort sei.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ITL 122.230.200,‑ nebst 10 % Zinsen aus ITL 2.156.560,‑ seit dem 13.02.1990, aus ITL 665.000,‑ seit dem 14.02.1990, aus ITL 96.888.480,‑ seit dem 20.03.1990 und aus ITL 22.520.160,‑ seit dem 18.04.1990 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, wobei auch sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und weiter vertieft.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze sowie auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und auch in der Sache begründet. Die Klage ist zulässig, da das Landgericht Waldshut-Tiengen international zuständig ist.
Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Landgerichts, dass sich im vorliegenden Fall die Zuständigkeitsfrage nach dem im Verhältnis zwischen Deutschland und Italien anzuwendenden (BGBl. II 1973, 60) EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) vom 27.09.1968 (BGBl. II 1972, 773) bestimmt. Gemäß Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates haben, grundsätzlich vor dem für ihren Wohnsitz zuständigen Gericht zu verklagen, wenn nicht eine der im EuGVÜ enthaltenen Ausnahmevorschriften eingreift. Letzteres ist hier der Fall.
Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Waldshut-Tiengen ergibt sich aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ. Danach können Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates haben, abweichend von der Regelung nach Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden, wenn Gegenstand des Verfahrens Vertragsansprüche bilden und der Erfüllungsort in diesem Staat liegt. Nach der genannten Vorschrift ist dann das Gericht des Ortes zuständig, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Maßgebend für die Bestimmung dieses internationalen Gerichtsstandes des Erfüllungsortes ist dabei diejenige Verpflichtung, die den Gegenstand der Klage bildet (BGH EuZW 1992, S. 518, 520; EuGH NJW 1977, S. 490). Dies sind im vorliegenden Fall die Kaufpreisansprüche der Klägerin. Die Frage, wo zu erfüllen ist, beantwortet sich nach dem materiellen Recht, das nach der Kollisionsnorm des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts maßgeblich ist (BGH aaO; EuGH NJW 1977, S. 491). Dies ist hier, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 EGBGB deutsches Recht, da die in Deutschland residierende Klägerin als Verkäuferin die charakteristische Leistung erbringt (vgl. Palandt/Heinrich, BGB, 52. Aufl., Rn. 8 zu Art. 28 EGBGB), so dass der zwischen den Parteien bestehende Vertrag mit Deutschland die engsten Verbindungen aufweist.
Dieser Erfüllungsort bestimmt sich nach deutschem Recht nicht – wie die Klägerin meint – nach Art. 59 Abs. 1 S. 1 EKG. Denn das EKG hat im Verhältnis zu Italien ab 01. 01. 1988 nicht mehr gegolten (vgl. die Bekanntmachung vom 25. 03. 1987, BGBl. 1987 II S. 231), und die der Klage zugrunde liegenden Lieferverträge wurden im Jahre 1989 abgeschlossen.
Nach § 269 BGB wäre damit zwar Erfüllungsort für die Kaufpreisansprüche der Klägerin der Sitz der Beklagten. Die Parteien haben indessen wirksam vereinbart, dass Erfüllungsort für alle Leistungen aus den Lieferverträgen der Ort der Handelsniederlassung der Klägerin, sonach Waldshut-Tiengen ist.
Die Wirksamkeit einer Vereinbarung des Erfüllungsorts nach Art. 5 EuGVÜ richtet sich nach dem auf den Vertrag anwendbaren innerstaatlichen Recht und wirkt sich auf den Gerichtsstand unabhängig davon aus, ob die Formvorschriften nach Art. 17 EuGVÜ beachtet sind (vgl. EuGH WM 1980, 720).
Die Parteien haben nach deutschem Recht die AGB der Klägerin, die den Erfüllungsort Waldshut-Tiengen festlegen, wirksam zum Inhalt ihrer vertraglichen Beziehungen gemacht.
Die Klägerin hat die mündlich vereinbarten Lieferverträge jeweils durch Bestätigungsschreiben (Kopie I 131 ff.) bestätigt. Diese in englischer Sprache gehaltenen Bestätigungsschreiben enthalten jeweils den Vermerk „GENERAL CONDITIONS P.T.O.“. Damit hat die Klägerin jeweils auf die auf der Rückseite der Bestätigungsschreiben abgedruckten – in deutscher Sprache gehaltenen – AGB hingewiesen. Unabhängig davon, ob als Vertragssprache die italienische Sprache – mündlicher Vertragsabschluß in Italien – oder die englische Sprache – Bestätigungsschreiben der Klägerin – anzusehen ist, ist dieser Hinweis auf die AGB der Klägerin jedenfalls in einer Weltsprache gehalten und genügt deshalb den Anforderungen im kaufmännischen Geschäftsverkehr (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, 6. Aufl., Anhang zu § 2 AGBG Randnote 20; OLG Hamburg NJW 1980, 1232). Ob die Beklagte in der Lage war, die auf der Rückseite der Bestätigungsschreiben in deutscher Sprache abgedruckten AGB der Klägerin zu verstehen, darauf kommt es nicht entscheidend an. Im Rechtsverkehr unter Kaufleuten müssen die AGB dem für den Vertragsabschluß maßgebenden Schreiben nicht beigelegt sein; sie müssen auch sonst dem anderen Vertragsteil nicht in allen Einzelheiten bekannt sein. Vom anderen Vertragsteil kann erwartet werden, dass er die ihm unbekannten AGB anfordert oder sich sonst beschafft (vgl. BGH BB 1976, 1289; Wolf/Horn/Lindacher, 2. Aufl., Randnote 68 zu § 2 AGBG mwN).
Allerdings ist für die Frage der Wirkung des Schweigens auf ein Bestätigungsschreiben die Sonderanknüpfung in Art. 31 Abs. 2 EGBGB zu beachten. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung beurteilen sich das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Vertrages oder einer seiner Bestimmungen nach dem Recht, das anzuwenden wäre, wenn der Vertrag oder die Bestimmung wirksam wäre. Dies ist, wie ausgeführt, das deutsche Recht. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung kann eine Vertragspartei jedoch sich auf das Recht des Staates ihres gewöhnlichen Aufenthaltsorts berufen, wenn es um die Wirkung ihres eigenen Verhaltens geht und etwas anderes nach den Umständen nicht gerechtfertigt wäre. Diese Bestimmung hat insbesondere praktische Bedeutung für die Frage, ob das bloße Schweigen einer Partei auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben oder bei der Bezugnahme der anderen Partei auf ihre AGB als Zustimmung zu werten ist. (vgl. Palandt aaO, Rn. 5 zu Art. 31 EGBGB).
Aber auch die Berücksichtigung italienischen Rechts führt zu dem Ergebnis, dass die AGB der Klägerin in die Vertragsbeziehungen der Parteien einbezogen worden sind. Zwar kommt nach italienischem Recht dem Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben keine rechtliche Bedeutung zu (vgl. OLG Köln NJW 1988, 2182 mwN). Für die Frage der Einbeziehung von AGB gilt im italienischen Recht jedoch die spezielle Bestimmung des Art. 1341 Abs. 1 cc, die in deutscher Übersetzung (von der Beklagten vorgelegt, I 185) lautet: „Die von einer der Vertragsparteien im voraus aufgestellten allgemeinen Vertragsbedingungen sind gegenüber dem andern Teil wirksam, wenn dieser sie zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses kannte oder bei Anwendung gewöhnlicher Sorgfalt hätte kennen müssen.“
Dass die Beklagte bei Abschluß der dem Verfahren zugrunde liegenden Lieferverträge die AGB der Klägerin bei Anwendung gewöhnlicher Sorgfalt hätte kennen müssen, daran kann nach Auffassung des Senats kein Zweifel sein. Dem Abschluß der Verträge (Juni bis Oktober 1989) waren im ersten Halbjahr 1989 16 andere Vertragsabschlüsse vorausgegangen. Diese Verträge waren alle – wie die den Verfahren zugrunde liegenden – mündlich abgeschlossen und sodann von der Klägerin schriftlich unter Hinweis auf ihre AGB bestätigt worden. Die Auftragsbestätigungen der Klägerin waren sonach die einzigen schriftlichen Darstellungen des Vertragsinhalts zwischen den Parteien. Dazuhin hatte die Klägerin in ihren bis dahin ausgestellten Rechnungen stets erneut auf ihre AGB hingewiesen. Der Hinweis der Klägerin auf ihre AGB war damit für die Beklagte vor Abschluss der streitigen Verträge unübersehbar. War der Beklagten sonach bekannt oder musste ihr doch bekannt sein, dass die Klägerin ihre AGB verwendet wissen wollte, dann wäre es ihr unschwer möglich gewesen, sich über den Inhalt dieser AGB zu vergewissern, indem sie entweder von der Klägerin diese AGB in italienischer Sprache anforderte oder sich auf andere Weise eine Übersetzung dieser AGB verschaffte.
Ob darüber hinaus die Parteien auch nach Art. 17 EuGVÜ eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarurig gern. § 2 der AGB der Klägerin getroffen haben (vgl. hierzu EuGH NJW 1977, 495), kann dahinstehen. International zuständig wäre im Falle einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung wieder das Landgericht Waldshut-Tiengen als „zuerst angerufenes Gericht“ iS von § 2 der AGB. Für die Auslegung dieser AGB-Klausel, die für die deutsche Textilindustrie aufgestellt ist, ist der enge Streitgegenstandsbegriff des deutschen Rechts maßgebend, nicht der weite Streitgegenstandsbegriff, wie er im Rahmen des EuGVÜ (vgl. EuGH IPRax 1989, 157) gilt. Hinsichtlich der vorliegenden Kaufpreisklage wurde daher „zuerst“ das Landgericht Waldshut-Tiengen angerufen, auch wenn die Beklagte einen vertraglichen Schadensersatzanspruch, den sie der Kaufpreis klage entgegen halten will, schon vorher vor dem Tribunale Civile di Teramo anhängig gemacht hat.
Ist nach alledem das Landgericht international zuständig, so steht der Zulässigkeit der Klage auch nicht entgegen, dass die Beklagte eine Klage gegen die Klägerin vor dem Tribunale Civile di Teramo anhängig gemacht hat (Art. 21 f EuGVÜ); dieses in Italien anhängig gemachte Verfahren gibt auch keinen Anlass, nach Art. 22 Abs. 1 EuGVÜ die Entscheidung auszusetzen. Das Verfahren vor dem italienischen Gericht ist nämlich nicht vor dem vorliegenden Verfahren rechtshängig geworden im Sinne dieser Vorschriften.
Art. 21 EuGVÜ ist dahin auszulegen, dass als „zuerst angerufenes“ Gericht dasjenige anzusehen ist, bei dem die Voraussetzungen für die Annahme einer endgültigen Rechtshängigkeit zuerst vorliegen; diese Voraussetzungen sind für jedes der betroffenen Gerichte nach seinen nationalen Vorschriften zu beurteilen (vgl. EuGH NJW 1984, 2759). Nichts anderes gilt für Art. 22 EuGVÜ.
Die vorliegende Klage ist der Beklagten am 14. 11. 1990 zugestellt worden (I 46). Nach deutschem Recht wurde die Klage daher am 14. 11. 1990 rechtshängig. Zu diesem Zeitpunkt war die von der Beklagten vor dem Tribunale Civile di Teramo anhängig gemachte Klage noch nicht rechtshängig.
Die Frage der Rechtshängigkeit der Klage vor dem italienischen Gericht bestimmt sich – entgegen der Auffassung des Landgerichts – nach italienischem Recht. Hier kommt es auf die Zustellung der auf die Klage hin verfügten Ladung an (Art. 39 Abs. 3 cpc). Nach Art. 137, 142 Abs. 3 dieses Gesetzes hat die Zustellung im Ausland nach den einschlägigen internationalen Übereinkommen zu erfolgen. Einschlägig ist hier das Haager Zustellungsübereinkommen vom 15.11.1965. Im Rahmen dieses Übereinkommens ist für Zustellungen in der Bundesrepublik Deutschland eine Übersendung unmittelbar, durch die Post unzulässig, weil dem der Widerspruch Deutschlands gegen die Benutzung der in Art. 10 des Übereinkommens vorgesehenen Übermittlungswege entgegensteht (vgl. Bekanntmachung vom 21.06. 1979,BGBl 1979 II S. 779). Die Klage mit der Ladung vor das italienische Gericht ist der Klägerin aber nicht im vorgeschriebenen Rechtshilfeweg, sondern – am 15.06.1990 – unmittelbar durch die Post zugegangen (vgl. Kopie I 151). Dieser Zustellungsmangel ist, da die Klägerin sich nicht als Beklagte auf das Verfahren vor dem italienischen Gericht eingelassen hat, nach dem auch für das italienische Recht maßgebenden Haager Zustellungsübereinkommen nicht geheilt. Bestimmungen des italienischen Prozessrechts über die Heilung von Zustellungsmängeln treten demgegenüber zurück (vgl. BGH RIW 1990, 1010, 1012). Dem entsprechend hat das Tribunale Civile di Teramo – wie die Parteien in der Berufungsverhandlung vorgetragen haben – inzwischen auch eine Erneuerung der Zustellung veranlasst. Daher ist die Zustellung vom 15.06.1990 nicht wirksam erfolgt. Eine Bestimmung, wonach speziell für die Frage des Eintritts der Rechtshängigkeit (Art. 39 Abs. 3 cpc) eine Heilung von Zustellungsmängeln vorgesehen wäre, sieht das italienische Prozeßrecht nicht vor.
Nach alledem war das angefochtene Urteil aufzuheben, die Zulässigkeit der Klage festzustellen und die Sache gem. § 538 Abs. 1 ZPO zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Waldshut-Tiengen zurückzuverweisen.