Die Klägerin, eine Gesellschaft italienischen Rechts, verlangt von der Beklagten den Kaufpreis für zwei Schuhlieferungen über insgesamt 144.148.790 Italienische Lire. Die Beklagte hat in erster Instanz Mangelhaftigkeit der Schuhe eingewandt. Sie hat ferner behauptet, da ihr die Klägerin 540 Paar Schuhe weniger als bestellt geliefert habe, sei ihr durch entgangenen Gewinn ein Schaden von umgerechnet 8.100.000 Lire entstanden. Außerdem habe ihr der inzwischen zum Geschäftsführer der Klägerin bestellte (...) einen Handelsvertreterausgleichsanspruch gegen die Klägerin abgetreten, mit dem sie die Aufrechnung erkläre.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird ergänzend auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Hinsichtlich der behaupteten Mängel hat das Landgericht eine Mängelanzeige innerhalb angemessener Frist vermißt. In bezug auf den Schadensersatz hat das Landgericht den Urkundenbeweis über den Bestellungsumfang nicht als geführt angesehen. Für die Aufrechnung mit der Handelsvertreterausgleichsforderung des hat das Landgericht seine internationale Zuständigkeit zur Entscheidung verneint.
Gegen das am 12.08.1994 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 06.09.1994 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 05.11.1994 an diesem Tag begründet.
Die Beklagte behauptet, die Waren der ersten Lieferung seien am 28. oder 29.09.1992 und die der zweiten Lieferung am 17. oder 18.11.1992 bei ihr angekommen. Die Schuhe hätten seitlich Klebe- oder Spritzränder gehabt, die Vorderkappen seien faltig gewesen und die Zunge habe nicht das Logo der Beklagten getragen. Jeweils einen Tag nach Wareneingang habe Herr (...) namens der Beklagten gegenüber der Klägerin die Fehler telefonisch gerügt und dabei mit einem Herrn (...) und mit einer Frau (...) gesprochen. Die Mängel rechtfertigten eine Herabsetzung des Kaufpreises um ein Viertel.
Da sie von dem Artikel Nr. 643 540 Paar mehr bestellt habe, als ihr geliefert worden seien, und das Fehlen der Schuhe bei der Klägerin auch gerügt habe, stehe ihr ein Schadensersatz für entgangenen Gewinn von 8.100,– DM oder umgerechnet 8.100.000 Lire zu. Sie hätte die Schuhe mit einem durchschnittlichen Gewinn von 15,– DM pro Paar weiterverkaufen können.
Die Beklagte erklärt in der nachfolgend vorgetragenen Reihenfolge die Aufrechnung mit zwei Ansprüchen, die (...) als Handelsvertreter gegen die Klägerin zustehen sollen und die (...) – wie nunmehr unstreitig ist – durch schriftliche Erklärung vom 20.04.1994 an die Beklagte abgetreten hat. Die Beklagte behauptet, (...) habe eine Ausgleichsforderung als Handelsvertreter der Klägerin in Höhe von 127.050.570 Lire und einen Schadensersatzanspruch wegen entgangener Provisionen in Höhe von 30.658.303 Lire. Wegen der Angaben der Beklagten zum Bestehen eines Handelsvertreterverhältnisses und zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs wird auf ihren Schriftsatz vom 06.05.1994 Bezug genommen. Für das Handelsvertreterverhältnis habe (...) schon zu dessen Beginn in Riva die Geltung italienischen Rechts mit der Klägerin vereinbart. Jedenfalls aber folge die Rechtswahl daraus, daß sowohl (...) wie die Klägerin sich in einem Termin vom 10.07.1994 vor dem Arbeitsgericht in Italien auf die Geltung italienischen Rechts berufen hätten.
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, für das Handelsvertreterverhältnis komme deutsches Recht zur Anwendung, weil die Stellungnahmen vor den italienischen Gerichten nur Meinungsäußerungen gewesen seien und auch sonst keine Vereinbarungen über die anzuwendende Rechtsordnung vorlägen. Dem Prozeßgericht fehle deshalb für die Entscheidung über die Aufrechnungsforderungen der Beklagten die internationale Zuständigkeit. Die von an die Beklagte abgetretenen Forderungen seien bestritten.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1. Die Kaufpreisforderungen der Klägerin aus den Rechnungen Nr. 197 vom 25.09.1992 und Nr. 232 vom 16.11.1992 von zusammen 144.148.790 Lire sind rechnerisch unstreitig. Sie werden in erster Linie mit den von der Beklagten behaupteten Mängeln bekämpft.
Ob diese Mängel vorlagen, ist streitig. Das Landgericht hat die Einwendung schon deshalb für unbeachtlich gehalten, weil eine rechtzeitige und ordentliche Anzeige der Mängel gemäß Art. 38 Abs. 1, 39 Abs. 1 CISG bestritten war und die Beklagte keine konkreten Tatsachen dazu vorgetragen hatte, wann die Ware eingegangen war, wann die telefonische Anzeige mit welchem Inhalt erfolgt sein sollte und mit wem von der Klägerin telefoniert wurde. In zweiter Instanz hat die Beklagte die Behauptungen dazu in der Berufungsbegründung nachgeholt, die Daten des Wareneingangs angegeben und sich für die telefonische Rüge am folgenden Tag auf den „Zeugen (...)“ berufen. Die Klägerin bestreitet auch die substantiierten Angaben der Beklagten.
Die Ladung des Zeugen (...) ist gemäß § 273 ZPO angeordnet worden. Jedoch hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat herausgestellt, daß (...) inzwischen zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt ist. Er gilt demzufolge als Partei und könnte nur unter den Voraussetzungen der §§ 445 bis 448 ZPO vernommen werden. Die einschlägigen Bestimmungen sind nicht erfüllt. Weder hat die Klägerin einer Parteivernehmung zugestimmt noch ist ein gewisser Anfangsbeweis zugunsten der Beklagten geführt. Eine Parteivernehmung des Geschäftsführers (...) ist daher unzulässig. Die Beklagte ist in bezug auf die Erhebung und die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge nach wie vor beweisfällig. Es bleibt deshalb insoweit bei der Entscheidung des Landgerichts.
2. Die Beklagte kann auch nicht mit einem Schadensersatzanspruch von 8.100.000 Lire aufrechnen. Der Betrag stellt den in Lire umgerechneten, angeblich entgangenen Gewinn dar, den die Beklagte für 540 Paar nicht gelieferte Schuhe erzielt hätte. Die Voraussetzungen des Artikel 74 Satz 1 CISG sind nicht erfüllt.
Die Beklagte behauptet, von dem Schuh-Artikel Nr. 643 habe sie 3.240 Paar bestellt. Erhalten hat sie unstreitig 2.700 Paar.
Die Bestellung ist bestritten. Die Beklagte hat sich für die vereinbarte Lieferung in erster Instanz zunächst auf „Vorlage des Kaufvertrages“ und dann auf eine Vorlage der schriftlichen Bestellung berufen. Da sie beides vor dem Landgericht nicht vorgelegt hat, hat dieses die Behauptung als unbewiesen angesehen.
Im zweiten Rechtszug beruft sich die Beklagte zum Beweis des von ihr „behaupteten Lieferumfanges“ auf den noch als Zeugen benannten Geschäftsführer (...) und die schriftliche Bestellung, die sie als Anlage B 1 bezeichnet, jedoch nicht vorgelegt hat.
Für diesen Anspruch fehlt es bereits an substantiiertem Vortrag, aus dem zu schließen ist, daß eine Verpflichtung der Beklagten zur Lieferung von mehr als 2.700 Paar Schuhen entstanden ist. Man kann lediglich entnehmen, daß die Beklagte eine schriftliche Bestellung über 3.240 Paar Schuhe aufgegeben haben will. Es fehlt aber das Vorbringen, wie die Klägerin diese Bestellung angenommen haben soll.
Die Bestellung der Beklagten wäre ein Angebot im Sinne von Artikel 14, 15 CISG. Die Zusendung der 2.700 Paar Schuhe wäre eine Annahmehandlung im Sinne des Artikel 18 Abs. 3 CISG. Da diese Warenzusendung jedoch nicht den gesamten bestellten Umfang dargestellt hätte, läge nach Artikel 19 Abs. 1 und 3 CISG eine wesentliche Abweichung vor, die dazu führte, daß das Angebot der Beklagten als abgelehnt gälte und die Sendung der Klägerin ein abweichendes Angebot darstellte.
Selbst wenn die Beklagte – was streitig ist – daraufhin das Fehlen von 540 Paar Schuhen moniert hätte, entstand dadurch noch keine Kaufvereinbarung und keine Verpflichtung der Klägerin zur Lieferung weiterer Schuhe, denn es fehlte nach wie vor an einer Annahmeerklärung der Klägerin hinsichtlich der Differenzmenge.
Unabhängig davon muß dieser Anspruch der Beklagten aber auch daran scheitern, daß die Klägerin die Entstehung eines Schadens von 8.100,– DM bzw. 8.100.00 Lire bestritten hat. Wie bereits im Falle der Mängelrüge steht der Geschäftsführer (...) als Zeuge für den entstandenen Schaden nicht zur Verfügung und kann nicht zum Beweis vernommen werden.
3. Vergeblich erklärt die Beklagte auch die Aufrechnung mit zwei Ansprüchen, die dem neuen Geschäftsführer (...) als Handelsvertreter gegen die Klägerin zugestanden haben sollen und die an die Beklagte am 20.04.1994 abgetreten hat. Es handelt sich um den Ausgleichsanspruch in behaupteter Höhe von 127.050.570 Lire und einen sogenannten Schadensersatzanspruch Riva in Höhe von 30.658.503 Lire, die in dieser Reihenfolge zur Aufrechnung gestellt werden.
Der Schadensersatzanspruch Riva betrifft entgangene Provisionen. Die Klägerin soll als Unternehmer dem (...) als Handelsvertreter nach dessen Kündigung vom 30.11.1992 keine Muster mehr zur Verfügung gestellt haben, obwohl sein Vertragsverhältnis erst am 31.05.1993 geendet habe. Deshalb habe er auf der Messe von Riva del Garda keine Aufträge mehr für die Klägerin hereinholen können.
Die Aufrechnung der Beklagten ist unzulässig.
3.1. Die Klägerin meint, diese Ansprüche dürften nicht durch die Verwendung zur Aufrechnung und Entscheidung im vorliegenden Prozeß ihrem gesetzlichen Richter entzogen werden. Das Landgericht hat den Fall der Aufrechnung nach dem Sachstand des ersten Rechtszuges zutreffend entschieden.
Der Bundesgerichtshof (NJW 1993, 2753) hat in einem ähnlich gelagerten Fall (Aufrechnung mit abgetretenen Ansprüchen des Handelsvertreters gegen Kaufpreisforderung eines italienischen Lieferanten) erkannt, daß die Entscheidung über die Prozeßaufrechnung die internationale Zuständigkeit des Prozeßgerichts für die Aufrechnungsforderung voraussetzt. Diese internationale Zuständigkeit richte sich nach den Bestimmungen des EuGVÜ. Dort wie hier lag der Wohnsitz des Schuldners der Gegenansprüche in Italien, so daß sich nach Artikel 2 EuGVÜ die italienische Zuständigkeit ergab.
Abweichendes hätte nur nach Artikel 5 Nr. 1 EuGVÜ gegolten, wenn der Erfüllungsort des Handelsvertreteranspruchs in Deutschland gelegen hätte. Der Erfüllungsort im Sinne des Artikel 5 Nr. 1 EuGVÜ ist nach dem Kollisionsrecht des Prozeßgerichts zu bestimmen (vgl. die in der Entscheidung des BGH, S. 2754 zitierte Rechtsprechung des EuGH). Haben die Parteien des Handelsvertretervertrags keine Vereinbarung über das anzuwendende Recht im Sinne des Art. 27 EGBGB getroffen, so folgt bei Heranziehung des Artikel 27 EGBGB die Geltung des deutschen Rechts und damit für die vom italienischen Unternehmer zu erfüllenden Verbindlichkeiten nach § 269 BGB dessen Sitz als Erfüllungsort.
3.2. Der Senat kommt für den vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, daß die maßgeblichen Parteien für die zur Prozeßaufrechnung verwendeten Ansprüche eine Rechtswahl im Sinne des Artikel 27 EGBGB getroffen haben, die zur Geltung italienischen Rechts führt.
Unstreitig ist, daß die Gegenansprüche schon vor ihrer Abtretung vom 20.04.1994, nämlich im Jahre 1993, vor dem Arbeitsgericht in Barletta in Italien durch (...) gegen die Klägerin rechtshängig gewesen sind. Nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat die Beklagte in den Schriftsätzen vom 04.07.1994 und 11.07.1994 vorgetragen, (...) habe seinen italienischen Anwalt angewiesen, in der mündlichen Verhandlung vom 10.07.1994 den hier zur Aufrechnung gestellten „Abfindungsanspruch zurückzunehmen“; anderweitige Rechtshängigkeit stehe insoweit nicht mehr entgegen.
Außerdem habe (...), nachdem sich die Klägerin im Verfahren in Italien auf die Geltung italienischen Rechts bezüglich der Handelsvertreteransprüche berufen habe, ausdrücklich ebenfalls die Geltung italienischen Rechts in der mündlichen Verhandlung vom 10.07.1994 vor dem italienischen Gericht akzeptiert. Damit sei die Geltung italienischen Rechts für die Ansprüche vereinbart.
Das Landgericht hat bereits ausgeführt, daß es keine Rechtswahl der Parteien des vorliegenden Rechtsstreits darstellt, wenn sich die Klägerin in Italien im Prozeß gegen den Zedenten (...) mit der angeblichen Geltung italienischen Rechts verteidigt und die Beklagte des hiesigen Prozesses unter Bezugnahme auf diese Erklärung der Klägerin ihrerseits erklärt, sie sei mit der Anwendung italienischen Rechts einverstanden. Bei der Erklärung der Klägerin im italienischen Prozeß handelt es sich nicht um die Abgabe eines Angebots an die Beklagte des vorliegenden Prozesses, weshalb diese auch keine Annahme erklären konnte.
Dagegen konnte der in Italien klagende Handelsvertreter (...), dem diese Erklärung über das anzuwendende Recht galt, die Erklärung annehmen. Daß nach deutschem internationalem Privatrecht – auf das es nach der Rechtsprechung des EuGH für die Klärung der Voraussetzungen des Artikel 5 Nr. 1 EuGVÜ ankommt – eine Rechtswahl auch nachträglich durch gleichgerichtete Erklärungen im Prozeß erfolgen kann, ist ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 53, 189, 193) und des Senats.
Hinsichtlich der Forderungen, die (...) bereits am 20.04.1994 an die Beklagte abgetreten hatte, fehlte ihm allerdings in der mündlichen Verhandlung in Italien am 10.07.1994 die Verfügungsbefugnis über die Ansprüche. Er war nicht mehr deren Inhaber und hatte deshalb auch nicht die Rechtsmacht, diese Ansprüche der Geltung einer anderen als der vom Gesetz bestimmten Rechtsordnung zu unterwerfen.
Hat der Handelsvertreter (...) als Nichtberechtigter verfügt, so ist das in der Rechtswahl liegende Rechtsgeschäft dennoch wirksam gemäß § 185 Abs. 2 BGB, wenn die Beklagte, die Zessionarin und Inhaberin der Forderung im Zeitpunkt der Rechtswahl war, dieses Rechtsgeschäft nachträglich genehmigte. Dies tat sie schlüssig, als sie sich unmittelbar nach dem Termin in Italien im Schriftsatz vor dem Landgericht vom 11.07.1994 auf die Zustimmung des (...) zur Anwendung italienischen Rechts berief. Die Beklagte stützte sich im hiesigen Verfahren ausdrücklich auf die durch (...) getroffene Rechtswahl zu ihren Gunsten und genehmigte damit dessen Erklärung.
Deshalb bedarf es auch nicht mehr der Aufklärung zu der in zweiter Instanz neuen Behauptung der Beklagten, bereits am 09.06.1991 sei in Riva zwischen (...) und der Klägerin vereinbart worden, daß zwischen ihnen italienisches Recht für das Handelsvertreterverhältnis gelten solle.
3.3. Die Anwendbarkeit der italienischen Rechtsordnung hilft der Beklagten im Ergebnis aber nicht. Gemäß Artikel 1182 Abs. 3 des Italienischen Zivilgesetzbuchs (Codice Civile, im folgenden c.c.) liegt der Erfüllungsort am Sitz des Gläubigers, für die Forderungen des Handelsvertreters (...) also in Deutschland. Es kommt dann die internationale Zuständigkeit des Prozeßgerichts gemäß Artikel 5 Nr. 1 EuGVÜ zum Zug und eine fehlende internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts stünde der Aufrechnung nicht mehr im Wege.
Legt man zugrunde, daß der Erfüllungsort gemäß Artikel 1182 Abs. 3 c.c. in Deutschland liegt und die internationale Zuständigkeit des Prozeßgerichts begründet ist, so scheitert die Aufrechnung dennoch an den für die Zulässigkeit der Aufrechnung im italienischen Recht geforderten Voraussetzungen.
Die Klageforderung als Kaufpreisforderung eines italienischen Verkäufers richtet sich, soweit sie nicht durch UN-Kaufrecht (CISG) geregelt ist, gemäß Artikel 28 EGBGB nach dem italienischen Recht. Ob gegen sie aufgerechnet werden kann, ist nach der italienischen Rechtsordnung zu beantworten.
Weder hinsichtlich des Handelsvertreterausgleichsanspruchs noch bezüglich des Schadensersatzanspruchs sind die Voraussetzungen einer Aufrechnung nach Artikel 1243 Abs. 1 c.c. erfüllt.
Die Tilgungswirkung der Legalkompensation nach italienischem Recht ist unabhängig von einer darauf gerichteten Erklärung des Inhabers der Gegenforderung, jedoch darf das Gericht sie nicht von Amts wegen beachten (Kindler, Einführung in das italienische Recht, § 14 Rn. 15).
Zu den Voraussetzungen der Legalkompensation gehört die Entscheidungsreife (liquiditá). Beide Forderungen müssen nach Grund und Höhe feststehen (Kindler aaO).
Die Entscheidungsreife läßt sich nicht darauf stützen, daß die Klägerin gegenüber den zur Aufrechnung gestellten Ansprüchen der Beklagten keine sachlichen Ausführungen macht. Sie bezeichnet sie lediglich als „bestrittene Forderungen“, beruft sich aber ansonsten nur auf die Unzulässigkeit der Aufrechnung wegen fehlender internationaler Zuständigkeit des Prozeßgerichts. Dem Grunde nach feststehend sind nach italienischem Rechtsverständnis bestrittene Forderungen auch dann, wenn das Bestreiten offensichtlich unbegründet ist (Kindler aaO).
Es kann dahinstehen, ob eine völlig unsubstantiiert bestrittene Forderung, bei der aus prozessualen Gründen das Bestreiten unerheblich ist, ebenso zu behandeln ist wie eine offenkundig mit unzutreffenden materiellen Einwendungen bekämpfte Forderung. Denn jedenfalls muß der den abgetretenen Ansprüchen des Handelsvertreters zugrundegelegte Tatsachenvortrag auf seine Schlüssigkeit überprüfbar sein, um die Frage der Entscheidungsreife beantworten zu können.
Handelte es sich um Ansprüche, die nach deutschem Recht zu beurteilen wäre, begegnete dies keinen Problemen, weil das Gericht aus eigener Rechtskenntnis die Schlüssigkeit prüfen kann. Bei einer Gegenforderung, die sich nach ausländischem Recht richtet, ergibt sich eine andere Lage. Der Gegenanspruch, mit dem aufgerechnet wird, ist schon dann nicht entscheidungsreif, wenn das Gericht zu seiner Beurteilung erst Auskünfte über das auf den Anspruch anzuwendende ausländische Recht einholen muß. Ein solches Hindernis für eine unmittelbare Entscheidung kann nicht anders bewertet werden als die Notwendigkeit zu weiterer tatsächlicher Aufklarung oder Beweiserhebung.
Weder für den Ausgleichsanspruch noch den Schadensersatzanspruch kann das Prozeßgericht ohne die Einholung eines Gutachtens über das einschlägige italienische Recht entscheiden. Der nach Schluß der mündlichen Verhandlung von der Beklagten eingereichten Text von Vorschriften des Codice Civile in italienischer Sprache vermag daran nichts zu ändern. Dadurch könnte die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung fehlende „liquiditá“ nicht rückwirkend hergestellt werden. Die Information ist auch zu unvollständig, als daß bei einem Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung gemäß § 156 ZPO damit zum Ziel zu kommen wäre.
Mangels Entscheidungsreife ist deshalb die Aufrechnung mit den abgetretenen Gegenansprüchen unzulässig.
Wenn es an der Entscheidungsreife fehlt, besteht nach dem italienischen Recht die Möglichkeit, die Gegenforderung im Wege der Widerklage (compensazione giudiziale, Artikel 1243 Abs. 3 c.c.) geltend zu machen (Kindler, § 14 Rn. 16). Aber selbst diese setzt voraus, daß sich die Gegenforderung leicht und schnell feststellen läßt (Kindler aaO). Nicht einmal für dieses Rechtsinstitut wären bei der Notwendigkeit der Ermittlung ausländischen Rechts die Voraussetzungen erfüllt. Das unterstreicht, daß bei gleichen Gegebenheiten erst recht für die „compensazione legale“, also die schlichte Aufrechnung, die Voraussetzungen fehlen.
4. Den gemäß Artikel 1284 c.c. in Verbindung mit dem Gesetz Nr. 253 vom 16.11.1990 mit 10 % zuerkannten Zins hat die Beklagte nicht angegriffen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 108, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.