Durch Vertretungsvertrag vom 09.07./01.10.1987 übertrug die Kl. der Bekl. das alleinige Vertriebsrecht für alle Produkte des Sanitärbereichs für das Gebiet der Niederlande. Der Vertrag enthält als letzten Punkt unter Ziff. 9.4 folgende Bestimmung:
„Sollten zwischen den Parteien Meinungsverschiedenheiten entstehen, die nicht gütlich beigelegt werden können, so gilt als Gerichtsstand Gütersloh.“
Der Vertretungsvertrag wurde seitens der Kl. zum 30.06.1996 gekündigt. Im vorliegenden Rechtsstreit macht die Kl. gegen die Bekl. Kaufpreisansprüche i.H.v. insgesamt 31.447,20 DM für bestimmte bestellungsgemäss im Jahre 1996 ausgeführte Lieferungen geltend. Sie beantragt die Bekl. zu verurteilen, an sie, die Kl., 31.447,20 DM nebst 5,7 % Zinsen seit dem 29.11.1996 zu zahlen.
Die Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen. Sie rügt vorab, dass das angerufene Gericht international unzuständig sei. Sie meint, dass eine internationale Zuständigkeit nach Art. 17 des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelsachen (im folgenden: EuGVÜ) nicht bestehe, da sich die Gerichtstandsvereinbarung zu Ziff. 9.4 des Vertretungsvertrages lediglich auf Ansprüche aus dem Vertriebshändlerverhältnis beziehe, nicht aber auf solche, die aus den einzelnen Kaufverträgen hergeleitet werden. Die Zuständigkeit ergebe sich auch nicht aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ in Verbindung mit Art. 57 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens der Vereinten Nationen über den internationalen Warenkauf im folgenden: CISG). Wie aus Art. 57 Abs. 1 CISG hervorgehe, bestimme sich der Zahlungsort vorrangig nach den Absprachen der Parteien und den beachtlichen Gebräuchen und Gepflogenheiten. Nach der zwischen den Parteien über Jahre praktizierten Geschäftsabwicklung und en zwischen den Parteien getroffenen Absprachen sei der Zahlungsort bezüglich der Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises am Sitz der Niederlassung der Bekl. Wie insoweit unstreitig ist, haben die Parteien seit Anbeginn der geschäftlichen Beziehungen im Jahre 1985 die Bezahlung der jeweiligen Lieferungen so abgewickelt, daß die Bekl. ihre niederländische Hausbank anwies, den Rechnungsbetrag in die Kl. zu überweisen, wobei sämtliche Transferkosten und Bankabwicklungsgebühren von der Kl. getragen wurden, mithin der Kl. lediglich der um die Transferkosten und die Bankabwicklungsgebühren gekürzte Betrag gutgeschrieben wurde, das Konto der BekI. ausschließlich mit dem Rechnungsbetrag belastet wurde. Wie ferner unstreitig ist, haben die Parteien vereinbart und praktiziert, daß sämtliche Lieferungen von der Kl. auf deren Kosten an den Sitz der Bekl. gebracht wurden.
In der Sache erklärt die Bekl. die Aufrechnung mit einem auf insgesamt 148.648,– DM bezifferten Schadenersatzanspruch wegen Verletzung des Alleinvertriebsrechts aus dem Vertretungsvertrag. Eine Verletzung des Alleinvertriebsrechts sieht die Bekl. darin, daß die Kl. unstreitig an Kunden in den Niederlanden das Schreiben vom 30.06.1995 übersandt hat, daß die Kl. auf der Sanitärmesse in Utrecht vom 05.02. bis 11.02.1996 ausgestellt habe, die Kl. im März 1996 an zahlreiche Kunden der Bekl. die Preisliste mit dem Sortiment von Lichtspiegeln aus der Produktion übersandt habe. Durch die Präsentation der Produkte seitens der Kl. auf dem niederländischen Markt habe sie, die Bekl., Umsatzverluste erlitten, die zu einem entgangenen Gewinn von 126.105,09 DM geführt hätten; außerdem seien ihre eigenen Werbeaufwendungen i.H.v. 9.421,85 DM Anzeigekosten und 13.121,06 DM Messestandmiete vergeblich gewesen. Die Kl. hält die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nach Art. 17 EuGVÜ für gegeben. Die Regelung in Ziff. 9.4 des Vertretungsvertrages beziehe sich eindeutig auch auf Meinungsverschiedenheiten aus einzelnen Kaufverträgen.
In der Sache tritt die Kl. dem zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch entgegen. Sie vertritt die Ansicht, das Alleinvertriebsrecht nicht verletzt zu haben. Sie behauptet, die Produkte seien auf der Sanitärmesse in Utrecht nicht von ihr, der Kl., sondern von der X. ausgestellt worden. Auch die Versendung der Preisliste 1996 sei durch die Firma X. unter deren Firmennamen erfolgt. Außerdem bestreitet die Kl., daß die Bekl. den behaupteten Schaden erlitten habe. Sie macht insbesondere geltend, daß die Umsatzrückgänge darauf zurückzuführen seien, daß einerseits die gesamte Branche in der maßgeblichen Zeit Umsatzrückgänge habe hinnehmen müssen, andererseits die rückläufigen Umsätze bei der Bekl. damit zusammenhingen, daß sie, die Kl., immer wieder Lieferungen an die Bekl. wegen erheblicher Zahlungsrückstände habe sperren bzw. zurückhalten müssen. Schließlich erhebt die Kl. bezüglich eines etwaigen Schadensersatzanspruches die Einrede der Verjährung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unzulässig, da es an der internationalen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts fehlt. Die internationale Zuständigkeit bestimmt sich nach den Vorschriften der EuGVÜ. Gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 53 Abs. 1 EuGVÜ ist vorbehaltlich anderer Vorschriften des Übereinkommens eine Gesellschaft an ihrem Sitz zu verklagen. Eine davon abweichende Zuständigkeit aufgrund anderer Vorschriften des EuGVÜ ist nicht gegeben.
Sie ergibt sieh nicht aufgrund Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ. Es bleiben zumindest Zweifel, ob die Parteien die unter Ziff. 9.4 getroffene Gerichtsstandsvereinbarung nur auf Rechtsstreitigkeiten beziehen wollten, die ihren Grund unmittelbar in dem Vertretungsvertrag haben, oder auch erstreckt wissen wollten auf Rechtsstreitigkeiten, die ihren Grund finden in den einzelnen selbständigen Kaufverträgen, die die Parteien aufgrund der Rahmenbedingungen des Vertretervertrages zukünftig abschließen. Wenn man bei der Auslegung allein auf den Wortlaut der Bestimmung in Ziff. 9.4 des Abtretungsvertrages abstellt, soll allerdings der darin genannte Gerichtstand schlechthin gelten, wenn „zwischen den Parteien Meinungsverschiedenheiten entstehen, die nicht gütlich beigelegt werden können“. Wollte man sich an den Wortlaut halten, würde die Gerichtsstandsvereinbarung sämtliche in Betracht kommenden Rechtsstreitigkeiten, die künftig zwischen den Parteien entstehen, erfassen. So verstanden So verstanden wäre die Gerichtsstandsvereinbarung unzulässig. Denn die Vereinbarung nach §17 EuGVÜ muss ein bestimmtes Rechtsverhältnis betreffen, wobei – wie bei §40 ZPO – allerdings die Bestimmbarkeit ausreicht. Nicht zulässig ist es hingegen, wenn die Zuständigkeit eines Gerichts für alle aus einer bestehenden oder zukünftigen Geschäftsverbindung denkbaren Streitigkeiten vereinbart wird. Um der Gerichtsstandsklausel in Ziff. 9.4 des Vertretungsvertrages Wirksamkeit zu verleihen, ist deshalb eine einschränkende Auslegung geboten. Dabei bietet sich an, diese aus der systematischen Stellung der Klausel als eine der, die unter Ziff. 9. des Vertrages getroffen sind, herzuleiten. Alle anderen unter Ziff. 9. enthaltenen Klausen, nämlich die Schriftformklausel unter Ziff. 9.1, die Rechtsübertragungsklausel unter Ziff. 9.2 sowie die Geltungserhaltungsklausel unter Ziff. 9.3 beziehen sich nur auf den konkret niedergelegten Vertretungsvertrag: Es ist deshalb – bei der gebotenen einschränkenden Auslegung – auch die Gerichtsstandsklausel nur auf die unmittelbar auf dem Vertretungsvertrag beruhenden Rechtsstreitigkeiten zu beziehen, nicht auch auf die in deren Folge abgeschlossenen einzelnen Kaufverträge.
Auch Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ begründet keine Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, da die Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises am Sitz der Bekl. zu erfüllen ist. Nach Art. 57 CISG, welche auf die zwischen den Parteien geschlossenen Kaufverträge Anwendung findet, liegt allerdings der Erfüllungsort für die Kaufpreiszahlung am Ort der Niederlassung des Verkäufers, jedoch nur nachrangig, wenn nämlich nicht der Käufer an einem anderen bestimmten Ort zu zahlen hat. Vorrangig richtet sich demnach der Zahlungsort gem. Art.6 CISG nach den Absprachen der Parteien bzw. gem. Art. 9 CISG nach den Gebräuchen, mit denen sich die Vertragsparteien einverstanden erklärt haben, und den Gepflogenheiten, die zwischen den Vertragsparteien entstanden sind. Aus den hier zwischen den Parteien innerhalb vieler Jahre praktizierten Gepflogenheiten ergibt sieh, daß der Zahlungsort am Sitz der BekI. liegt. Dies ist deshalb der Fall, weil von Beginn der Geschäftsbeziehungen an die Kosten des Zahlungsverkehrs von der Kl. getragen worden sind. Nach UN-Kaufrecht folgt grundsätzlich aus dem Zahlungsort, zu wessen Lasten die Kosten des Zahlungsverkehrs gehen (vgl. Staudinger/Magnus, Wiener-UN-Kaufrecht, 13. Aufl., Rn. 19 zu Art. 57; von Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 2. Aufl., Rn. 4 zu Art. 57; Piltz, Internationales Kaufrecht, Rn. 141). Wenn also hier die Parteien es immer so praktiziert haben, daß die Kosten des Zahlungsverkehrs von der Kl. getragen worden sind, läßt dies umgekehrt darauf schließen, daß sie den Zahlungsort am Sitz der Bekl. gesehen haben.