Die Klägerin macht eine Kaufpreisforderung geltend. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Auf eine Bestellung der Beklagten vom 27. Februar 2002 lieferte die Klägerin, eine Aktiengesellschaft italienischen Rechts, am 5. März 2002 rund 60.000 m Stoff zum Preis von 64.670,86 EUR. Mit Schreiben vom 22. April 2002 rügte die Beklagte Mängel bei insgesamt 8.867 m Ware und kündigte an 13.921,19 EUR von der Rechnung vom 15. März 2002 abzuziehen. Am 24. April 2002 wies die Klägerin die Mängelrüge zurück, weil die Beklagte die Ware bereits gefärbt hatte.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigen vom 5. Juni 2002 forderte die Klägerin die Beklagte auf, den unstreitigen Betrag von 50.749,67 EUR bis zum 12. Juni 2002 zu zahlen. Hinsicht des streitgegenständlichen Betrages unterbreitete die Klägerin ein Vergleichsangebot, ein weiteres Vergleichsangebot machte sie mit Schreiben vom 19. Juli 2002, auf das die Beklagte mit Schreiben vom 5. August 2002 reagierte.
Die Zahlung von 50.749,67 EUR erfolgte am 13. Juni 2002.
Die Klägerin trägt vor:
Die Mängelrüge sei verspätet. Bei den von der Beklagten genannten Mängeln handele es sich um augenscheinliche Mängel, die sofort bei Erhalt der Ware hätten festgestellt werden können.
Die Beklagte sei verpflichtet, die durch das Schreiben vom 5. Juni 2002 entstandenen Anwaltskosten, soweit diese gemäß § 118 Abs. 2 BRAGO nicht auf die im Rechtsstreit anfallenden Gebühren anrechenbar seien, zu ersetzen, und zwar nach einem Wert von 50.749,67 EUR in Höhe von 842,25 EUR.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 13.921,19EUR + Anwaltskosten von 842,25 EUR zu zahlen, zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über den Basiszinssatz wie folgt:
aus 13.921,19 EUR seit 14. Juni 2002, aus 842,25 EUR seit 12. Juni 2002.
Die Beklagte beantragt: Die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor:
Die Ware sei stichprobenartig unmittelbar nach Erhalt untersucht worden. Mängel seien dabei nicht festgestellt worden, weil sich diese erst bei der Verarbeitung der Stoffe gezeigt hätten. Die Mängelrüge sei unmittelbar nach Verarbeitung der Waren, am gleichen oder am Folgetag, erfolgt.
Der Klägerin stehe die Klageforderung auch deshalb nicht zu, da sich die Parteien mit den Schreiben vom 19. Juli 2002 und 5. August 2002 außergerichtlich geeinigt hätten.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgrunde:
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet und war daher abzuweisen.
Die Klage ist nicht schon deshalb unbegründet, weil sich die Parteien außergerichtlich auf einen anderen Betrag geeinigt hatten. Das Vergleichsangebot der Klägerin vom 19. Juli 2002 hat die Beklagte weder fristgerecht noch überhaupt angenommen. Eine Annahme hätte nur durch Zahlung bis zum 25. Juli 2002 erfolgen können. Dass sich die Klägerin nur bis zu diesem Tag an ihr Angebot gebunden sehen wollte, geht ohne weiteres aus der Ankündigung hervor, nach Verstreichen des Termins ohne Zahlung die gerichtliche Beitreibung der Restforderung einleiten zu wollen. Die Beklagte hat weder gezahlt noch hat sie im Schreiben vom 5. August 2002 alle Punkte des Vergleichsvorschlages akzeptiert.
Die Klägerin hat gemäß Art. 53 CISG einen Anspruch auf Zahlung des restlichen Kaufpreises für die am 5. März 2002 gelieferte Ware in Höhe von 13.921,19 EUR. Die Beklagte kann sich gemäß Art. 39 CISG nicht auf die etwaige Mangelhaftigkeit des Stoffes berufen, denn die Mängelrüge ist verspätet erfolgt.
Bei der Beurteilung, ob die Mängelrüge innerhalb einer angemessenen Frist erfolgt ist, sind zwei Fristen zu beachten, die Frist zur Untersuchung gemäß Art. 38 Abs. 1 CISG sowie die Rügefrist nach Art. 39 Abs. 1 CISG. Die Rügefrist nach Art. 39 Abs. 1 CISG ist auch dann versäumt, wenn der Käufer zwar unmittelbar nach Feststellung des Mangels diesen anzeigt, er aber die Untersuchungsfrist versäumt hat und deshalb bei ordnungsgemäßer Untersuchung den Fehler früher hätte feststellen müssen.
Vorliegend kann zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass sie die Mängel unmittelbar nach ihrer Feststellung gerügt hat. Die Beklagte hätte somit die Fehler am 21. oder 22. April 2002 entdeckt. Das bedeutet jedoch, dass die Ware vom 5. März 2002 bis zum 21. April 2002 bei ihr lagerte, die Beklagte in dieser Zeit nach ihrer Behauptung zwar Untersuchungen auf Sicht durchführte, weitere Überprüfungen jedoch nicht vornahm. Handelt es sich bei den aufgetretenen Mängeln aber um solche, die, wie die Beklagte behauptet. erst beim Färben des Stoffes sichtbar werden, hätte eine Untersuchung auch in der Weise erfolgen müssen, dass die Stoffe, ebenfalls stichprobenartig, gefärbt werden. Dass dies nicht möglich gewesen wäre, trägt die Beklagte nicht vor. Es fehlt überhaupt jeder Vortrag dazu, warum die Beklagte solange mit dem Farben wartete.
Ein solcher Vortrag wäre um so eher erforderlich gewesen, als die Beklagte die Bestellung dringlich gemacht hatte. So hatte sie in ihrem Schreiben vom 27. Februar 2002 an den Handelsvertreter ... Lieferung „sofort am 1.3.2002“ verlangt, der Handelsvertreter hatte als Lieferzeit „schnellstens nach Zusammenstellung der Ware“ angegeben. Angesichts dieser Dringlichkeit konnte die Klägerin erwarten, dass etwaige Mängel spätestens nach Ablauf eines Monats, wenn nicht noch früher, gerügt würden, nicht aber erst fast 7 Wochen nach der Lieferung. Die Beklagte hat daher die Ware nicht innerhalb einer so kurzen Frist untersucht, wie es die Umstände erlaubten und wie die Klägerin es erwarten konnte, so dass die Mängelrüge nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt, in dem die Beklagte die Mängel hätte feststellen müssen, erfolgt ist.
Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz der für die Mahnung vom 5. Juni 2002 entstandenen Anwaltskosten folgt aus Art. 61, 74 CISG. Die Beklagte befand sich mit der Kaufpreiszahlung in Verzug. Die Fälligkeit des Kaufpreises war mit 45 Tagen nach Warenerhalt vereinbart, danach war der Kaufpreis am 19. April 2002 zu zahlen. Einer Mahnung bedarf es gemäß Art. 59 CISG nicht, um den Verzug zu begründen. Die Beklagte befand sich daher in Verzug, als die Mahnung durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin erfolgte.
Gemäß § 118 Abs. 2 BRAGO ist die Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Tätigkeit auf die entsprechenden Gebühren des anschließenden gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Dies gilt jedoch nur insoweit, als die außergerichtliche Tätigkeit mit dem nachfolgenden Verfahren übereinstimmt. Hier bezog sich die außergerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf die gesamte Kaufpreisforderung, Gegenstand der Klage ist aber nur ein Teil davon. Soweit die Gebühr für die auf Tätigkeit daher die Verfahrensgebühr übersteigt, findet eine Anrechnung nicht statt.
Die nicht anrechenbare Gebühr ist jedoch nicht nach einem Streitwert von 50.749,67 EUR zu berechnen, Vielmehr berechnet sich der Verzugsschaden der Klägerin wie folgt.
Eine 7,5/10 Gebühr nach einem Streitwert von 64.670,86 EUR beträgt 842,25 EUR. Hatte die Beklagte den unstreitigen Betrag rechtzeitig gezahlt, wäre nur eine 7,5/10 Gebühr nach einem Wert von 13.921,19 EUR entstanden, die 424,50 EUR beträgt. Die Differenz von 417,75 EUR ist der Verzugsschaden der Klägerin.
Der Zinsanspruch folgt aus Art. 78 CISG in Verbindung m § 288 BGB. Art. 78 CISG sagt über die Höhe der Zinsen nichts aus. Die Meinungen darüber, welcher Zinssatz anwendbar ist, gehen weit auseinander. Vertretbar ist jedenfalls die Anknüpfung an das Recht des Staates des Niederlassungsortes des Schuldners (von Caemmerer/Schlechtriem, Art. 78, Rn. 32).
Zinsen auf die Kaufpreisorderung sind jedenfalls ab 14. Juni 2002 geschuldet, da die Beklagte sich seit dem 20. April 2002 in Verzug befand. Zinsen auf die Anwaltskosten sind jedoch erst ab Rechtshängigkeit geschuldet, da das Schreiben vom 5. Juni 2002 keine Aufforderung enthält diese Kosten innerhalb einer bestimmten Frist zu zahlen. vielmehr die Kosten nur im Rahmen eines Vergleichsvorschlages erwähnt werden.