Die Klägerin, eine Gesellschaft mit Sitz in Kampala/Uganda, kaufte aufgrund einer Internetanzeige der Beklagten von dieser 360 Säcke gebrauchter Schuhe erster Qualität und 360 Säcke gebrauchter Schuhe zweiter Qualität (jeweils 9000 kg) zum Preis von 27.000 EUR zuzüglich C&F FoB Kenia/Mombasa in Höhe von 3.750 EUR, insgesamt also zum Preis von 30.750 EUR. Qualität Nr. 1 umfaßt gebrauchte Schuhe in sehr gutem Zustand, d.h. ohne Risse, Löcher und mit allenfalls unwesentlichen Gebrauchsspuren. Unter Qualität Nr. 2 sind gebrauchte Schuhe in guter Qualität zu verstehen, d.h. mit leichten Gebrauchsspuren, aber ebenfalls ohne Risse und Löcher. Die von der Beklagten versandte Ware traf am 26.04.04 in Mombasa ein. Nachdem die Klägerin die letzte Kaufpreiszahlung am 18.05.04 erbrachte, erhielt sie von der Beklagten am 24.05.05 das Original der Bill of Lading. Im folgenden ließ die Klägerin die Ware weiter nach Kampala/Uganda transportieren, wo sie die Schuhe am 16.06.04 untersuchte. Am 17.06.04 rügte sie bei der Beklagten die Mangelhaftigkeit der Ware. Mit Schreiben vom 23.06.04 rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten erneut die Mangelhaftigkeit der gelieferten Schuhe und setzte eine Nachfrist bis zum 22.07.04. Das ... lehnte mit Schreiben vom 24.06.04, für dessen Wortlaut auf Bl. 14 der Akten Bezug genommen wird, den Import der Schuhe aufgrund deren schlechten und unhygienischen Zustands als nicht akzeptabel für den ugandischen Markt ab, erklärte die Schuhe für unbrauchbar und empfahl die Vernichtung auf Kosten der Vertragsparteien.
Mit Schreiben vom 02.07.04 erklärte die Klägerin die Aufhebung des Vertrages.
Die Klägerin behauptet, die von der Beklagten gelieferten Schuhe seien mangelhaft. Statt der vereinbarten Qualität hätten sich in den Säcken nur defekte und unbrauchbare Schuhe befunden, darunter hochhackige Damenschuhe, Inline-Skates und Schuhspanner. Im Hinblick auf die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge behauptet sie, daß die Beklagte gewusst habe, daß die Ware von Mombasa nach Uganda weitergeleitet werden würde. Sie trägt außerdem vor, daß aufgrund der internationalen Fracht- und Zollbestimmungen die Ware nicht in Mombasa habe untersucht werden können, da die Container bei deren Absendung in Deutschland verplompt worden seien. Für eine Untersuchung in Kenia hätte man das Zollsiegel beschädigen müssen, so daß in Kenia Zoll für die Waren angefallen wäre. Das zusätzliche Bezahlen von kenianischem Zoll sei für sie unzumutbar gewesen. Die Klägerin begehrt die Rückzahlung des Kaufpreises sowie Ersatz der entstandenen Kosten, wie Zoll, Handling-Gebühren und Frachtkosten.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 62.301,63 nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz, aus EUR 10.000,‑ seit dem 11.03.04, aus EUR 5.000,‑ seit dem 06.04.04, aus EUR 10.000,‑ seit dem 28.04.04, aus EUR 5.000,‑ seit dem 30.04.04, aus EUR 475,‑ seit dem 18.05.04, aus EUR 4.475,17 seit dem 10.07.04 und aus EUR 27.351,46 seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte rügt die Mängelanzeige der Klägerin als verspätet. Ferner bestreitet sie die Höhe der geltend gemachten Schadenspositionen.
Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Auf den vorliegenden Rechtstreit ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) anwendbar, da dieser einen Kaufvertrag über Waren betrifft und die beiden Parteien ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten haben (Art. 1 I a CISG). Die Bundesrepublik Deutschland ist seit dem 01.01.1991, Uganda seit dem 01.03.1993 Vertragsstaat des CISG.
2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch weder aus Art. 45 I b, 74, 81 II CISG noch aus sonstigen anderen Anspruchsgrundlagen zu.
a) Zwar hat die Beklagte den zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag wesentlich verletzt, indem sie der Klägerin mangelhafte Schuhe lieferte. Dies ergibt sich aus dem Schreiben des ... vom 24.06.04 (Bl. 14 der Akten), in dem festgestellt wird, daß die Schuhe in einem schlechten und unhygienischen Zustand und für den ugandischen Markt nicht akzeptabel sind. Daß sich dieses Schreiben auf die gelieferte Ware bezieht, ergibt sieh aus dem Wortlaut des Schreibens nebst Anlage, in dem der Absender, Empfänger und Anzahl der gelieferten Säcke festgehalten sind. Nach der Beschreibung entsprechen die gelieferten Schuhe nicht der vertraglich vereinbarten Qualität Nr. 1 und Nr. 2. Da die Beklagte selbst davon ausgeht, daß Schuhe keine verderbliche Ware sind und daher in einem Container im Lagerhaus nicht „verrotten“ können (Bl. 55. der Akten), wird davon ausgegangen, daß sich die Ware bereits vor ihrem Eintreffen in Mombasa in diesem schlechten Zustand befunden hat.
b) Die Klägerin ist jedoch mit der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen ausgeschlossen (Art. 39 I, 38 CISG). Denn sie unterließ es, die gelieferte Ware rechtzeitig zu untersuchen und die Mängel der Beklagten innerhalb einer angemessenen Frist anzuzeigen.
Die Klägerin stellte die Mangelhaftigkeit der gelieferten Schuhe am 16.06.04 in Kampala/Uganda fest und rügte diese gegenüber der Beklagten am 17.06.04. Zwar hat die Klägerin damit den Mangel innerhalb eines Tages nach dessen Feststellung angezeigt. Jedoch erfolgten die Untersuchung der Ware und damit die Mängelanzeige insgesamt nicht rechtzeitig.
Nach Art. 38 I CISG hatte die Klägerin die Ware innerhalb einer so kurzen Frist zu untersuchen, wie es die Umstände erlauben. Vertragsgemäßer Bestimmungsort der Ware war Mombasa in Kenia, so daß die Warenlieferung dort zu untersuchen war (Art. 38 II CISG). Sie traf am 26.04.04 in Mombasa ein. Zugunsten der Klägerin soll jedoch davon ausgegangen werden, daß die Untersuchungsfrist erst am 24.05.04 begann. Denn erst an diesem Datum erhielt die Klägerin nach Zahlung der letzten Kaufpreisrate das Original der ... Aber auch unter Annahme dieses Fristbeginns erfolgte die Rüge am 17.06.04 – mehr als drei Wochen waren verstrichen – verspätet. Zwar konkretisiert Art. 38 I CISG die Länge der Frist nicht, sondern spricht lediglich von einer „so kurzen Frist [...], wie es die Umstände erlauben“. Auch ist an diese Frist nicht der strenge Maßstab des § 377 HGB anzulegen (Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 4. Aufl.; Art. 38 Rn. 16; MüKo/Benicke, Handelsgesetzbuch §§ 373-406, CISG Bd. 6, Vor Art. 38, 39 Rn. 1). Dennoch ist vorliegend eine Untersuchung, die erst nach mehr als drei Wochen erfolgte, als verspätet und im Rahmen des internationalen Handelsverkehrs als nicht mehr angemessen anzusehen. Die Klägerin wußte bereits seit mehreren Wochen, daß die Ware in Mombasa eingetroffen war und konnte die nötigen organisatorischen Maßnahmen für eine Untersuchung treffen (vgl. auch Achilles, Kommentar zum UN-Kaufrechtsübereinkommen (CISG), Art. 38 Rn. 9). Bei der Ware handelte es sich weder um komplizierte technische Geräte noch um Gegenstände, die für eine ordnungsgemäße Untersuchung eingebaut oder verarbeitet werden mussten (Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 4. Aufl., Art. 38 Rn. 17). Die von der Klägerin gerügten Mängel der Schuhe konnten durch Stichproben bei den gelieferten Säcken und durch bloße Besichtigung festgestellt werden. Da die Untersuchung insoweit unaufwendig war, durfte die Beklagte auch mit der Durchführung einer solchen innerhalb kurzer Zeit rechnen (MüKo/Benicke, aaO Art. 38 Rn. 7). Von der Klägerin wurden keine Umstände vorgetragen, die eine längere Frist rechtfertigen würden. Insoweit durfte die Klägerin mit der Untersuchung der Frage nicht bis zu deren Ankunft in Uganda warten.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf Art. 38 III CISG berufen, wonach bei einer Weiterversendung der Ware durch den Käufer deren Untersuchung bis zum Eintreffen am Bestimmungsort aufgeschoben werden kann, sofern der Käufer vor Weiterleitung keine ausreichende Gelegenheit zur Untersuchung hatte und der Verkäufer die Möglichkeit der Weiterversendung kannte oder kennen musste. Zwar ist Art. 38 III CISG grundsätzlich anwendbar, weil die Klägerin die Schuhe nach deren Eintreffen in Mombasa nach Kampala/Uganda weiterversandte. Auch untersuchte die Klägerin die Ware unmittelbar nach deren Eintreffen in Uganda.
Fraglich ist aber bereits, ob die Beklagte bei Vertragsschluß die Weiterversendung der Ware nach Uganda kannte oder kennen mußte. Dies wird von der Beklagten bestritten. Die Tatsache, daß die Klägerin ihren Firmensitz in ... hat, genügt für ein Kennenmüssen nicht, ebenso wenig die von der Klägerin angeführte Email vom 13.04.04 (Bl. 91 der Akten). Denn letztere wurde erst nach Vertragsschluß versandt.
Letztlich kann diese zwischen den Parteien streitige Frage aber dahinstehen. Denn die Klägerin hat nicht zur Überzeugung des Gerichts dargetan, daß sie vor Weiterversendung der Ware keine ausreichende Gelegenheit hatte, die Ware zu untersuchen (Art. 38 III CISG). Wie bereits oben ausgeführt, hatte die Klägerin ausreichend Zeit, um die Untersuchung der Ware in Mombasa organisatorisch vorzubereiten und auszuführen. Sie stand auch unter keinerlei zeitlichem Druck, weil etwa die Ware unmittelbar nach Eintreffen in Mombasa sofort weiterversandt worden wäre. Letztlich erfolgte eine Weiterversendung erst mehr als drei Wochen nach Erhalt der ... und mehr als sieben Wochen nach Ankunft der Ware in Mombasa. Auch wies die Art und Weise der Verpackung keinerlei Besonderheiten auf, die eine Untersuchung vor Ort unzumutbar gemacht hätten. Denn die Schuhe waren in einfachen Plastiksäcken verpackt, die ohne Schwierigkeiten, ohne die Verpackung zu zerstören und ohne die Schuhe zu beschädigen geöffnet werden konnten (Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 4. Aufl.; Art. 38 Rn. 25; Honsell, Kommentar zum UN-Kaufrecht, Art. 38 Rn. 31). Auch ein aufwendiges Umpacken der Schuhe war nicht erforderlich (Achilles, aaO Rn. 15). Für das Gericht ist schließlich nicht ersichtlich, warum vorliegend das Öffnen der Container unangemessen oder unzumutbar gewesen sein sollte.
Das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, es sei für die Klägerin nicht zumutbar gewesen, für die Untersuchung der Ware von Uganda nach Kenia zu fliegen, vermag nicht zu überzeugen. Denn um ihrer Untersuchungsobliegenheit nachzukommen, mußte die Klägerin bzw. deren Geschäftsführerin nicht unbedingt selbst nach Mombasa fliegen. Vielmehr konnte sie auch jemand anderen mit der Untersuchung beauftragen (Art. 38 I CISG – „untersuchen lassen“). Darüber hinaus kann die mögliche Unbequemlichkeit eines Fluges von Uganda nach Kenia nicht zu Lasten der Beklagten gehen, da sich die Klägerin selbst Mombasa als Bestimmungsort gewählt hat. Sie hätte mit der Beklagten auch einen anderen Bestimmungsort der Ware vereinbaren können.
Auch der Vortrag der Klägerin, gemäß der internationalen Fracht- und Zollbestimmungen habe die Ware in Mombasa nicht untersucht werden können, da hierfür das Zollsiegel hätte beschädigt werden und damit in Kenia Zoll für die Waren bezahlt werden müssen, ist nicht nachvollziehbar. Dem diesbezüglichen Argument der Klägerin, die zusätzliche Zahlung kenianischen Zolls sei für sie unzumutbar gewesen, kann nicht gefolgt werden. Denn dies stellt keine fehlende ausreichende Gelegenheit zur Warenuntersuchung im Sinne des Art. 38 III CISG dar, die zu Lasten der Beklagten gehen kann. Anzahl und Höhe der entstehenden Zölle waren Aspekte, die von der Klägerin als Käuferin im Rahmen ihrer kaufmännischen Überlegungen zu berücksichtigen waren. Die Klägerin mußte sich demzufolge überlegen, ob sich ein Geschäft unter Zugrundelegung des Kaufpreises bei der Beklagten und des zu erzielenden Wiederverkaufspreises für sie lohnt. Es stand der Klägerin im übrigen frei, mit der Beklagten als Bestimmungsort für die Warenlieferung Kampala in Uganda und nicht Mombasa in Kenia zu vereinbaren.
Abgesehen davon ist aber ohnehin zweifelhaft, ob bei Beschädigung des Zollsiegels in Kenia der Klägerin zusätzliche Zollgebühren entstanden wären. Dies wurde von der Klägerin nicht substantiiert dargetan. Selbst wenn bei einer Untersuchung der Waren in Kenia für die Klägerin zweifach Zollgebühren angefallen wären, läßt dies eine Untersuchung der Ware nicht automatisch unzumutbar werden. Gründe für eine Unzumutbarkeit wurden von der Klägerin nicht dargelegt. Aus dem Vortrag der Klägerin lässt sich nicht einmal entnehmen, wie hoch die Zollgebühren in Kenia gewesen wären. Insoweit führt Art. 38 III CISG nicht zu einer Fristverlängerung für die Klägerin.
3. Auch ein Restanspruch bleibt der Klägerin nicht erhalten. Denn die fehlende rechtzeitige Mängelanzeige wurde von ihr nicht hinreichend entschuldigt (Art. 44 CISG). Die Klage war daher abzuweisen.