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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-746
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-746  



LG Saarbrücken (DE) 19.06.1975 - 2 S 213/74
Art. 5 Nr. 1, EuGVÜ – unalexVerhältnis von Art. 7 Nr. 1 Brüssel Ia-VO zu anderen Bestimmungen –unalexVerhältnis von Art. 7 Nr. 1 Brüssel I-VO zu Versicherungs-, Verbraucher- und Arbeitssachen –unalexGerichtsstand am Wohnsitz des Verbrauchers –unalexZuständigkeit für Klagen des Verbrauchers

LG Saarbrücken (DE) 19.06.1975 - 2 S 213/74, unalex DE-746



Für Abzahlungsgeschäfte stellt Art. 14 Abs. 2 EuGVÜ eine gegenüber Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ vorrangige Sonderregel dar.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

Der Beklagte hat mit der französischen Klägerin in Frankreich einen Kaufvertrag abgeschlossen, der ihn verpflichtete, eine Anzahlung zu leisten. Der Vertrag enthielt eine Gerichtsstandsklausel, welche die internationale Zuständigkeit französischer Gerichte begründete. Der Beklagte war französischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Frankreich. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hielt er sich jedoch aufgrund einer befristeten Aufenthaltserlaubnis in Deutschland auf. Die Klägerin klagt nunmehr gegen den Beklagten vor einem deutschen Gericht auf Leistung der Anzahlung.

Das Landgericht Saarbrücken (DE) hält die deutschen Gerichte für international unzuständig. Zwar sei deren Zuständigkeit nicht schon durch die zwischen den Parteien gemäß Art. 17 EuGVÜ zustande gekommene Gerichtsstandvereinbarung ausgeschlossen, weil diese ersichtlich nur zugunsten der Klägerin getroffen worden sei, so dass es ihr frei stehe, jedes andere Gericht anzurufen, das nach dem EuGVÜ international zuständig sei. Das EuGVÜ begründe jedoch keinen Gerichtsstand in Deutschland. Nach deutschem Recht, das gemäß Art. 52 Abs. 1 EuGVÜ maßgeblich sei, habe der Beklagte keinen Wohnsitz im Sinne von Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ in Deutschland begründet, da er sich nur aufgrund einer befristeten Aufenthaltserlaubnis in Deutschland aufhalte. Außerdem habe er nicht den Willen, seinen deutschen Aufenthaltsort zu seinem Zweitwohnsitz zu machen. Da der Beklagte keinen Wohnsitz in Deutschland habe, scheide auch die Anwendung der Sonderregelung des Art. 14 Abs. 2 EuGVÜ für Abzahlungsgeschäfte aus. Schließlich könne die Frage, ob Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ hier einen deutschen Gerichtsstand begründe, dahingestellt bleiben. Denn für Abzahlungsgeschäfte stelle der bereits erwähnte Art. 14 Abs. 2 EuGVÜ gegenüber dieser Vorschrift eine vorrangige Sonderregel dar.

 JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission

-  Entscheidungstext 

Die Klägerin ist eine in Frankreich (Strasbourg) ansässige französische Firma. Der Beklagte ist ein französischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Frankreich (St. Nassaire), der sich aufgrund einer bis 1977 befristeten Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland zur Zeit im Amtsgerichtsbezirk Tholey (Thalexweiler) aufhält. Unter dem 24.10.1970 haben die Parteien in Frankreich einen zur Ergänzung des Tatbestandes vollinhaltlich in Bezug genommenen Autokaufvertrag (Bl. 8, 9 der Akten) abgeschlossen, ausweislich dessen sich der Beklagte zur Leistung einer durch Wechselakzept vom gleichen Tag (Bl. 10 der Akten) gesicherten Anzahlung in Höhe von 1.000 Nouveaux FF verpflichtet hat.

Diesen Betrag hat die Klägerin durch einen am 3.11.1973 zugestellten Zahlungsbefehl zum Amtsgericht Tholey geltend gemacht und hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.000 Nouveaux FF sowie 10 % Zinsen seit dem 27.9.1973 oder die entsprechenden Beträge in Deutscher Mark nach dem am Zahlungstage fälligen Wechselkurs zu zahlen, hilfsweise, den Rechtsstreit an das zuständige Gericht in Strasbourg zu verweisen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klägerin mit der Klage abzuweisen.

Er hat unter Hinweis auf Ziffer 12. des Vertrages vom 24.10.1970 die Ansicht vertreten, daß nicht das Amtsgericht Tholey, sondern das Gericht in Strasbourg zur Entscheidung zuständig sei.

Durch das zur Ergänzung des Tatbestandes im übrigen vollinhaltlich in Bezug genommene Urteil vom 4.2.1974 hat das Amtsgericht Tholey seine Zuständigkeit verneint und die Klage als unzulässig abgewiesen. Gegen dieses noch nicht zugestellte Urteil hat die Klägerin Berufung am 1.7.1974 eingelegt und am 26.9.1974 begründet.

Die Klägerin verteidigt unter Berufung auf die Bestimmungen des EuG-Übk. v. 27.9.1968 (BGBl 72 II 774) die Zuständigkeit des Amtsgerichts Tholey und stellt den Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Tholey zurückzuweisen, hilfsweise, nach ihrem in erster Instanz zuletzt gestellten Sachantrag zu erkennen.

Die Beklagte stellt den Antrag, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, hilfsweise, ihre Klage abzuweisen.

Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen, beruft sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils und meint, daß die Berufung auf das EuG-Übk. Vom 27.9.1968 im Hinblick auf die klare Zuständigkeitsvereinbarung in Ziffer 12. des Vertrages vom 24.10.1970 arglistig sei.

Für den Sach- und Streitstand im übrigen wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die zum Sitzungsprotokoll getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 511, 511a, 516, 518, 519 ZPO zulässig.

II. Die Berufung der Klägerin hat jedoch im Ergebnis keinen Erfolg; denn unter Zugrundelegung des am 1.2.1973 in Kraft getretenen EuG-Übk vom 27.9.1968 (vgl. Baumbach/Lauterbach/Alberts/Hartmann, 33. Auflg., 1975, S. 2251, 2252) fehlt es für die Entscheidung des am 3.11.1973 rechtshängig gewordenen und daher dieser Regelung unterfallenden Rechtsstreits an der internationalen Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland, so daß das in erster Instanz angerufenen Amtsgericht Tholey seine Zuständigkeit zu Recht verneint hat.

Allerdings ergibt sich die Zuständigkeit eines Gerichts in Strasbourg und somit die internationale französische Zuständigkeit nicht bereits aus der entsprechenden Gerichtsstandsvereinbarung in Ziffer 12. des Vertrages vom 24.10.1970 in Verbindung mit Art. 17 I EuG-Übk; denn da diese Gerichtsstandsvereinbarung ersichtlich lediglich zugunsten der Klägerin getroffen wurde, steht es dieser gemäß Art. 17 III EuG-Übk frei, jedes andere Gericht anzurufen, dessen Zuständigkeit sich aus den Vorschriften des EuG-Übk herleiten läßt. Aus den Vorschriften des EuG-Übk läßt sich jedoch die internationale Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits und mithin die örtliche Zuständigkeit eines ihrer Gerichte nicht begründen.

Nach der Grundregel des Art. 2 I EuG-Übk ist eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangerhörigkeit vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen; hierbei ist gemäß Art. 52 I EuG-Übk die Frage, ob der Beklagte im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates, dessen Gericht angerufen ist, einen Wohnsitz hat, nach dem Recht dieses Staates zu entscheiden. Unter Zugrundelegung deutschen Rechts hat jedoch der Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland keinen Wohnsitz gemäß § 7 I BGB begründet, da er sich an seinem derzeitigen Aufenthaltsort in Thalexweiler nicht „ständig“ niedergelassen hat. Abgesehen davon, daß der Beklagte nach seiner unbestrittenen Erklärung im erstinstanzlichen Termin vom 21.1.1974 (Bl. 28 der Akten) für die Bundesrepublik Deutschland nur eine von vornherein bis 1977 befristete Aufenthaltserlaubnis hat, folgt aus seiner ebenfalls unbestrittenen Angabe von St. Nassaire als Wohnsitz im gleichen Termin, daß er bisher ersichtlich auch nicht den rechtsgeschäftlichen Willen hatte, Thalexweiler über seinen derzeitigen Aufenthaltsort hinaus zu seinem – zweiten, vgl. § 7 II BGB – Wohnsitz zu machen. Die allgemeine Regel des Art. 2 I EuG-Übk spricht somit nicht für die Zuständigkeit eines Gerichts der Bundesrepublik Deutschland.

Die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts läßt sich auch nicht gemäß Art. 3 I EuG-Übk aus den besonderen Vorschriften des 2. bis 6. Abschnittes des EuG-Übk begründen. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang in Anspruch genommene Regelung des Art. 14 II EuG-Übk, wonach bei Abzahlungskäufen der Käufer bzw. Darlehensnehmer vor den Gerichten des Staates verklagt werden muß, in dessen Hoheitsgebiet er seinen Wohnsitz hat, entspricht der allgemeinen Regelung des Art. 2 I EuG-Übk und vermag aus den oben dargelegten Gründen mangels Wohnsitzes des Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland deren internationale Zuständigkeit ebenfalls nicht zu rechtfertigen.

Ob sich die internationale deutsche Zuständigkeit vorliegend aus Art. 5 Nr. 1 EuG-Übk deswegen ergibt, weil der Beklagte seine Zahlungspflicht aus dem Vertrag vom 24.10.1970 möglicherweise in der Bundesrepublik Deutschland erfüllen muß, kann dahingestellt bleiben; denn für Abzahlungsgeschäfte – von welcher Qualifikation des Vertrages vom 24.10.1970 beide Parteien übereinstimmend ausgehen – wäre die bereits erwähnte Bestimmung des Art. 14 II EuG-Übk gemäß Art. 13 EuG-Übk eine vorrangige Sondervorschrift und nach dieser Vorschrift scheidet die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts mangels eines Wohnsitzes des Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland aus.

Da mithin nach den Vorschriften des EuG-Übk die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht gegeben ist, hat sich gemäß Art. 20 EuG-Übk das Amtsgericht Tholey zu Recht für unzuständig erklärt und hat zu Recht die Klage, da eine Verweisung des Rechtsstreits an das international zuständige Gericht nicht vorgesehen ist, als unzulässig abgewiesen.

III. Danach war die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge gemäß § 97 I ZPO zurückzuweisen.





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