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Zusammenfassung der Entscheidung Die Klägerin, eine deutsche Werbeagentur, hat im Auftrag der niederländischen Beklagten eine Reihe von Werbeaktionen in Deutschland durchgeführt, mit denen die Beklagte den Vertrieb ihrer Produkte auf dem deutschen Markt fördern wollte. Im Schriftverkehr mit der Beklagten benutzte die Klägerin Briefbögen, die den Aufdruck „Gerichtsstand Münster (DE)“ trugen. Die Klägerin klagt nunmehr gegen die Beklagte vor einem deutschen Gericht auf Zahlung der vereinbarten Vergütung.
Das Landgericht Münster (DE) findet, dass die deutschen Gerichte nicht international zuständig seien. Eine wirksame, deren internationale Zuständigkeit begründende Gerichtsstandsvereinbarung i.S.v. Art. 17 EuGVÜ liege hier nicht vor. Die Gerichtsstandsvermerke, die auf den Briefbögen abgedruckt seien, welche die Klägerin in der Korrespondenz mit der Beklagten benutzt habe, genügten dem Schriftformerfordernis in Art. 17 Abs. 1 lit. a) EuGVÜ nicht, weil die Beklagte diese nicht mit ihrer Unterschrift versehen habe. Auch Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ begründe vorliegend die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht. Nach dem hier anzuwendenden deutschen Recht (§§ 269, 270 BGB) liege der Erfüllungsort der Verpflichtung der Beklagten, die vereinbarte Vergütung zu zahlen, an deren Sitz in den Niederlanden.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Die Klägerin ist eine Werbeagentur, die ihren Sitz in der … hat. Die Beklagte stellt Fertighäuser her und hat ihren Sitz in den …. Im Jahre 1973 hat die Beklagte die Klägerin beauftragt, Anzeigen in verschiedenen Zeitungen über den Verkauf der von der Beklagten erstellten Fertighäuser zu schalten. Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von 21.852,83 DM nebst 14 % Zinsen seit dem 1.12.1973 aus dieser Geschäftsbeziehung in Anspruch. Zu der von der Klägerin vorgetragenen Klagebegründung hat sich die Beklagte eine Stellungnahme vorbehalten. Zunächst streiten die Parteien lediglich darüber, ob das von der Klägerin angerufene Landgericht Münster örtlich zuständig ist.
Die Klägerin ist der Auffassung, das Landgericht Münster sei im vorliegenden Fall örtlich zuständig.
Sie stützt sich dabei auf die unstreitige Tatsache, daß die Parteien keine Vereinbarung darüber getroffen haben, daß eine bestimmte Rechtsordnung anzuwenden ist. Nach dem Internationalen Privatrecht sei Erfüllungsort der getroffenen Vereinbarung jedenfalls in der … und der Gerichtsstand …. Indiz dafür, daß die Beklagte diesen Gerichtsstand auch gewollt habe, sei auch in diesem Zusammenhang die unstreitige Tatsache, daß die Beklagte den Willen gehabt hat, die Verpflichtungen aus dem Verkauf von Fertighäusern in der Bundesrepublik zu erfüllen.
Im übrigen ergebe sich der Gerichtsstand … aus ihrem Schreiben vom 26.3.1973 an die Beklagte, für das sie nach ihrer Behauptung ein Formular verwendet hat, das dem der Rechnung vom 4.10.1973 entsprochen habe. Dieser Rechung ist unstreitig auf der Vorderseite aufgedruckt: „Erfüllungsort … Gerichtsstand …“
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 21.852,73 DM nebst 14 % Zinsen seit dem 1.12.1973 zu zahlen.
Die Beklagte rügt die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts.
Sie beantragt, 1) die Klage als unzulässig abzuweisen, 2) hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen.
Sie bestreitet, mit der Klägerin eine Vereinbarung dahin getroffen zu haben, daß das Landgericht Münster als Gerichtsstand des Erfüllungsortes zuständig sein soll.
Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 11.12.1973, 15.5.1974 sowie vom 18.6.1974 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht zulässig, da das angerufene Landgericht Münster örtlich nicht zuständig ist.
Die Zuständigkeit ist nach dem Übereinkommen vom 27.9.1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuG-Übk, BGBl II 774) zu beurteilen. Dieses Übereinkommen ist in der … am 1.2.1973 in Kraft getreten (BGBl I 26).
Nach den Art. 2, 53 EuG-Übk ist die Beklagte vor den Gerichten der … zu verklagen, da sie in dem Hoheitsgebiet der … ihren Sitz hat.
Eine wirksame Vereinbarung, daß der Gerichtsstand … sein soll, ist nicht gegeben. Eine solche Vereinbarung ist nach Art. 17 EuG-Übk nur wirksam, wenn sie entweder schriftlich erfolgt oder mündlich getroffen und schriftlich bestätigt worden ist. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die von der Klägerin angeführten Aufdrucke auf den von ihr in der Korrespondenz mit der Beklagten verwandten Briefbögen wahren nicht die Schriftform, da sie nicht durch die Unterschrift der Beklagten anerkannt worden sind.
Die Zuständigkeit ist ferner nicht gemäß Art. 5 (1) EuG-Übk gegeben. Denn Erfüllungsort der von der Beklagten zu erbringenden Leistungen ist der Sitz der Beklagten. Das ergibt sich aus den §§ 269, 270 BGB. Danach ist der Erfüllungsort mangels Vereinbarung und besonderer Umstände der Ort der Niederlassung der Beklagten. Der Umstand, daß die Klägerin in der … für die Beklagte tätig geworden ist und die Beklagte ihre Fertighäuser hier vertreiben wollte, führt nicht dazu, als Leistungsort für die Verpflichtung der Beklagten den Sitz der Klägerin anzunehmen. Für die Ermittlung des Erfüllungsortes ist deutsches Recht anzuwenden; vgl. Geimer, Zeitschrift für Zivilprozeß Bd. 87 S. 336, 339; siehe auch BGH, Urteil v. 9.4.1973 – VIII ZR 64/71 – Zeitschrift für Zivilprozeß Bd. 87 S. 332, zu der gleichliegenden Frage gemäß dem Abkommen zwischen der … und dem … über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 30.06.1958 (BGBl 1959 II 766).
Da nach alledem das angerufene Gericht örtlich unzuständig ist, eine Verweisung an das zuständige Gericht aber nicht erfolgen kann, ist die Klage gemäß § 275 ZPO durch Prozeßurteil abzuweisen.