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Zusammenfassung der Entscheidung Der deutsche Kläger hat mit dem deutschen Beklagten, einem gewerblichen Reiseveranstalter, einen Mietvertrag über eine in der Niederlanden belegene Ferienwohnung abgeschlossen. Der Beklagte hat außerdem die Reservierung der Reise übernommen. Der Kläger klagt nunmehr gegen den Beklagten vor einem deutschen Gericht auf Minderung des Reisepreises.
Das Landgericht Köln (DE) findet, dass Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ vorliegend der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht entgegen stehe. Diese Vorschrift erfasse keine Verträge, durch die sich ein gewerblicher Reiseveranstalter mit Sitz in Deutschland gegenüber einem deutschen Kunden verpflichte, diesem für einige Wochen den Gebrauch einer in einem anderen Vertragsstaat belegenen Ferienwohnung zu überlassen sowie die Reservierung der Reise zu übernehmen. Eine anderweitige Auslegung von Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ würde dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung widersprechen. Die Regelung des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ habe nämlich ihren Grund in der engen Verknüpfung der Miete mit der rechtlichen Regelung des Eigentums an unbeweglichen Sachen. Ein Ferienhausmietvertrag sei, unabhängig davon ob er nach deutschem Recht als Mietvertrag zu qualifizieren sei, kein Mietvertrag über eine unbewegliche Sache iSv. Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache nur teilweise Erfolg.
Die Klage ist zulässig.
Nach der Entscheidung des EuGH findet Art. 16 EuGVÜ im vorliegenden Fall keine Anwendung, so daß nationales Prozeßrecht über die Zuständigkeit entscheidet und somit Amts- und Landgericht Köln örtlich und sachlich zuständig sind.
Nach dem Tenor der Entscheidung des EuGH ist Art. 16 EuGVÜ auf einen in einem Vertragsstaat geschlossenen Vertrag, durch den sich ein gewerblicher Reiseveranstalter mit Sitz in diesem Staat gegenüber einem Kunden mit Wohnsitz in demselben Staat verpflichtet, diesem für einige Wochen den Gebrauch einer in einem anderen Vertragsstaat gelegenen, nicht in seinem Eigentum stehenden Ferienwohnung zu überlassen und die Reservierung der Reise zu übernehmen, nicht anzuwenden. Diese Formulierung entspricht nicht exakt der Vorlagefrage des Landgerichts, welches darauf abgestellt hatte, daß nach nationalem Recht der Vertrag als reiner Mietvertrag zu bewerten sei, in dessen Rahmen die Buchung der Überfahrt nicht ins Gewicht falle. Es stellt sich daher die Frage, ob der EuGH durch seine Entscheidung grundsätzlich festgestellt hat, dass Art. 16 EuGVÜ auch bei Vorliegen eines Mietvertrages über ein Ferienhaus ohne weitere ins Gewicht fallende Nebenleistungen keine Anwendung findet oder diese Frage weiterhin offen bleibt.
Den Gründen der Entscheidung des EuGH ist eindeutig zu entnehmen, dass der EuGH bei Beantwortung der Vorlagefrage nicht allein auf das Vorliegen weiterer vertraglicher Nebenleistungen neben den mietvertraglichen Pflichten abgestellt hat, sondern seine Entscheidung hauptsächlich auf Sinn und Zweck des Art. 16 EuGVÜ stützt. Wie der EuGH bereits in der Sache ... (Urteil vom 15.1.1985 in der Rechtssache 241/83, S1g. 1985, 99 Rn. 19) ausgeführt hat, hat die in Art. 16 Nr. 1 des EuGVÜ vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Vertragsstaates, in dem die unbewegliche Sache belegen ist, ihren Grund in der engen Verknüpfung von Miete und Pacht mit der rechtlichen Regelung des Eigentums an unbeweglichen Sachen und mit den im allgemeinen zwingenden Vorschriften, die seine Nutzung regeln, wie z.B. den Rechtsvorschriften über die Kontrolle der Miet- und Pachthöhe und über den Schutz der Mieter und Pächter. Diese Überlegungen zur ratio legis des Art. 16 EuGVÜ haben auch im vorliegenden Fall den Ausschlag dafür gegeben, daß der EuGH Art. 16 EuGVÜ hier für nicht anwendbar erklärt hat. Den Nrn. 14 und 15 der Entscheidung des EuGH ist weiter zu entnehmen, daß ein nach nationalem Recht als Mietvertrag zu qualifizierender Vertrag begrifflich nicht zwingend die Zuständigkeitsregelung des Art. 16 EuGVÜ nach sich zieht, da der Vertrag im Rahmen des Art. 16 EuGVÜ unabhängig von seiner Bezeichnung zu bewerten ist. Soweit der EuGH in Nr. 14 seines Urteils auf weitere Nebenleistungen abstellt, handelt es sich um Leistungen, die jedem Mietvertrag über ein Ferienhaus innewohnen. Ein solcher „Ferienhausmietvertrag“ ist daher unabhängig von seiner Qualifizierung nach nationalem Recht kein eigentlicher Miet- oder Pachtvertrag im Sinne des Art. 16 EuGVÜ (vgl. Nr. 15 des Urteils des EuGH vom 26.2.1992 in dieser Sache); Art. 16 EuGVÜ ist somit auf Verträge über ein in einem anderen Vertragsstaat gelegenes Ferienhaus, welches nicht im Eigentum des Vermieters steht, nicht anwendbar.
Der Zulässigkeit der Klage steht auch die in den Reservierungs- und Mietbedingungen unter Ziff. 9.6 vereinbarte Schiedsgerichtsklausel nicht entgegen. Dabei kann dahinstehen, ob die Reservierungs- und Mietbedingungen zwischen den Parteien überhaupt wirksam vereinbart worden sind, da die Klausel unter Ziff. 9.6 lediglich unverbindlichen Charakter hat und somit auch bei einer wirksamen Vereinbarung der Zulässigkeit der Klage nicht entgegenstünde.
Die Klage ist jedoch nur zu einem geringen Teil begründet.
Soweit die Klägerin eine Minderung des Reisepreises verlangt, steht ihr ein solcher Minderungsanspruch gemäß § 537 BGB zu. Wie bereits im Vorlagebeschluß an den EuGH ausgeführt, ist der streitgegenständliche Vertrag nach nationalem Recht als ein Mietvertrag zu bewerten. Unstreitig sollte das Ferienhaus nach den Prospektangaben über eine Größe von 100 qm verfügen. Die Beklagte hat eingeräumt, daß die Ferienwohnung nur eine Größe von ca. 70 qm hatte. Dies stimmt in etwa mit den Angaben der Klägerin überein, wenn man die unterschiedlichen Berechnungsmethoden der beiden Parteien berücksichtigt. Zwar betrug der zur Verfügung stehende Raum nach dem Vortrag der Klägerin nur 55 qm, sie hat jedoch einige Abzüge wegen der vorhandenen Wandschrägen vorgenommen.
Diese geminderte Wohnfläche stellt einen Fehler im Sinne von § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, so daß eine Minderung des Mietpreises vorzunehmen ist.
Die von der Klägerin verlangte Minderungsquote von 50 % erscheint der Kammer unter Berücksichtigung der §§ 472, 473 BGB jedoch zu hoch. Die Minderung des Mietpreises kann vorliegend nicht schematisch durch einen Vergleich der vermieteten und der tatsächlich vorhandenen Wohnfläche ermittelt werden, wie dies etwa bei der Anmietung einer Leerwohnung angebracht wäre, deren Mietpreis sich ausschließlich nach dem Mietpreis pro Quadratmeter errechnet. Bei der Anmietung eines Ferienhauses spielen weitere Komponenten, etwa Ausstattung, Zahl der Räume, Lage zum Strand bzw. zu den Freizeiteinrichtungen und die Saisonzeit eine Rolle. Die Klägerin durfte sich nach den Prospekt angaben auch nicht darauf verlassen, daß die im Prospekt angegebenen 100 qm unter Zugrundelegung der deutschen DIN-Norm ermittelt worden waren. Gerade bei Ferienhäusern in den Niederlanden oder in Belgien, aber auch in Deutschland, befinden sich die Schlafplätze relativ häufig unter einer Dachschräge. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände hält die Kammer eine Minderung des Reisepreises für das Ferienhaus von 30 % für angemessen. Die Berufung der Klägerin hat in diesem Punkt daher in Höhe von 456,‑ DM Erfolg.
Weiter kann die Klägerin von der Beklagten die Kosten für die Anmietung des Ersatzzimmers gemäß § 538 Abs. 1 1. Alternative BGB in Höhe von 288,‑ DM verlangen, denn diese Anmietung war erforderlich, um den fehlenden Wohnraum in dem angemieteten Ferienhaus auszugleichen.
Die Beklagte haftet der Klägerin in jedem Fall für den Mangel der Mietsache, da es sich um einen anfänglichen Mangel handelt. Ein Verschulden der Beklagten bzw. eine Abmahnung der Klägerin ist für diesen Anspruch somit nicht erforderlich. Die Höhe des geltend gemachten Schadens hat die Beklagte nicht bestritten, so daß die Berufung auch Erfolg hat, soweit die Klägerin die Kosten für das Ersatzzimmer in Höhe von 288,‑ DM geltend macht.
Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude kann die Klägerin jedoch weder für sich noch für ihren Ehemann verlangen.
Zwar ist § 651 f Abs. 2 BGB dann entsprechend anwendbar, wenn kein Reisevertrag im Sinne von § 651 a BGB vorliegt, sondern lediglich die Bereitstellung eines Ferienhauses oder einer Ferienwohnung zu Urlaubszwecken als alleinige Leistung geschuldet ist (vgl. BGH NJW 85, 906). Grundsätzlich stünde der Klägerin somit ein Schadensersatzanspruch gemäß § 651 f Abs. 2 BGB analog zu. Die Voraussetzungen des § 651 f Abs. 2 BGB sind hier jedoch nicht gegeben.
Nach der Rechtsprechung des BGH kann eine Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit nur verlangt werden, wenn die Reise ganz vereitelt oder aber erheblich beeinträchtigt worden ist. Eine Vereitelung der Reise liegt hier nicht vor. Es sind auch keine Umstände ersichtlich, die eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise im Sinne von § 651 f Abs. 2 BGB belegen. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise wird bei Quantifizierung der Reisemängel von der Rechtsprechung durchweg erst dann angenommen, wenn eine Minderung etwa 50 % des Reisepreises betragen würde (vgl. RGRK Kommentar zum BGB, § 651 f Rn. 8 mwN; Isermann, Reisevertragsrecht. 2. Aufl., Seite 91). Weiter muß die für die Reise aufgewendete Urlaubszeit infolge der erheblichen Beeinträchtigung nutzlos vertan worden sein.
Schon aus der zuerkannten Minderungsquote des Reisepreises ergibt sich vorliegend inzidenter, daß hier kein Anspruch auf Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit besteht, denn die Minderungsquote beträgt nur 30 %. Im übrigen wurde die mangelhafte Unterbringung der Klägerin und ihrer Familie durch die Anmietung des Ersatzzimmers abgemildert und durch eine Minderung des Reisepreises berücksichtigt. Es ist nicht ersichtlich, daß die in Holland verbrachte Zeit keinen Erholungswert für die Klägerin und ihren Ehemann hatte, insbesondere dürften die Urlaubsaktivitäten am Tage nur ganz geringfügig beeinträchtigt gewesen sein. Unannehmlichkeiten am Abend und die geplante Geselligkeit mit der mitgereisten Familie allein wiegen noch nicht so schwer, daß von vertaner Urlaubszeit im Sinne des § 651 f Abs. 2 BGB gesprochen werden kann.
Soweit die Klägerin Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit verlangt, hat die Berufung somit keinen Erfolg.