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Zusammenfassung der Entscheidung Der in Deutschland wohnhafte Kläger schloss mit der in der Schweiz ansässigen Beklagten zu 2 einen Geschäftsbesorgungsvertrag, nach dem die Beklagte zu 2 in der Schweiz Warentermingeschäfte für den Kläger ausführen sollte. Der Vertrag kam über die in Deutschland ansässige Firma X als „Agenten“, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 1 ist, zustande. Die Beklagte zu 2 hatte der X Prospektmaterial zur Weitergabe an deutsche Interessenten überlassen. Der Kläger hatte daraufhin sein Vertragsangebot an die Beklagte zu 2 in Deutschland abgegeben. Er erhob Klage zum Landgericht München I (DE) und machte Ansprüche aus rechtsgrundloser Bereicherung und wegen mangelhafter Aufklärung gegen die Beklagte zu 2 geltend. Diese rügte die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte.
Das Oberlandesgericht München (DE) bejaht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Sie ergebe sich aus Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b, 14 Abs. 1 LugÜ. Die Beklagte zu 2 habe für den Kläger Dienstleistungen in der Schweiz erbracht. Das Überlassen des Prospektmaterials an „Agenten“ zur Weitergabe an Interessenten in Deutschland stelle eine Werbung im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. a LugÜ dar. Der Kläger habe alle für den Abschluss des Vertrags erforderlichen Rechtshandlungen in Deutschland vorgenommen. Darunter seien nicht nur Rechtshandlungen zu verstehen, die den endgültigen Vertragsschluss herbeiführen, wie die Annahme eines Angebots. Auch die Abgabe eines Angebots sei eine zum Abschluss erforderliche Rechtshandlung im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b LugÜ.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Die zulässige Berufung (§§ 511 ff ZPO) erweist sich im Ergebnis als unbegründet.
Die Entscheidung des Erstgerichts wird vom Kläger nur insoweit angegriffen, als auch Ansprüche auf der Grundlage rechtsgrundloser Bereicherung und wegen mangelhafter Aufklärung abgewiesen wurden. Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen in der Entscheidung des Landgerichts wird Bezug genommen.
Ergänzend ist auszuführen:
1. Das Erstgericht hat zu Recht seine internationale Zuständigkeit bejaht. Sie ergibt sich aus Art. 13 Nr. 3b, 14 Satz 1 LGVÜ. Die Beklagte zu 2) erbrachte für den Kläger Dienstleistungen (vgl. BGHZ 123, 380) in der Schweiz. Das Überlassen des Prospektmaterials an „Agenten“ zur Weitergabe an Interessenten stellt eine Werbung im Sinne des Art. 13 Nr. 3a LGVÜ dar. Der Kläger nahm die für den Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen in Deutschland vor. Darunter sind nicht nur Rechtshandlungen zu verstehen, die den endgültigen Vertragsschluss herbeiführen, wie die Annahme eines Angebots. Auch die Abgabe eines Angebots ist eine zum Abschluss des Vertrags erforderliche Rechtshandlung im Sinne des Art. 13 Nr. 3b LGVÜ (vgl. dazu die Kommentierung bei Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., Rn. 7 zum inhaltsgleichen Art. 13 EuGVÜ).
Jedenfalls für die örtliche Zuständigkeit des international zuständigen Erstgerichts ist im Berufungsverfahren nicht mehr zu prüfen (§ 513 Abs. 2 ZPO). Für die internationale Zuständigkeit kann dies offen bleiben.
2. Ein Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 BGB iVm § 53 Abs. 2 BörsG aF, der sich auch nur gegen die Beklagte zu 2) als Empfängerin der Leistungen richten könnte, besteht nicht.
a) Die Parteien haben im Geschäftsbesorgungsvertrag wirksam die Geltung des Schweizer Rechts vereinbart. Art. 29 Abs. l EGBGB steht dieser Rechtswahl nicht entgegen. Gemäß Art. 29 Abs. 4 Nr. 2 EGBGB gilt die Einschränkung der Rechtswahl nach Abs. 1 nicht für Dienstverträge, wenn die dem Verbraucher geschuldete Leistung ausschließlich in einem anderen als dem Staat erbracht werden muss, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Durch den Geschäftsbesorgungsvertrag wurde die Beklagte zu 2) verpflichtet, in der Schweiz Warentermingeschäfte und damit Dienstleistungen zu erbringen. Eine Dienstleistung in Deutschland war nicht geschuldet.
b) Der wirksamen Rechtswahl steht auch der ordre public (Art. 6 EGBGB) nicht entgegen. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 21.4.1998 (BGHZ 138, 331 = WM 1998, 1176 = NJW 1998, 2358) die vor Inkrafttreten der Börsengesetznovelle von 1989 vertretene Auffassung aufgegeben, wonach es sich bei den Vorschriften über den Termin- und den Differenzeinwand um Schutzgesetze handele, die der Ordnung des deutschen innerstaatlichen Soziallebens dienen und zum deutschen ordre public gehören. Unabhängig vom Wegfall des Termineinwandes im Rahmen des 4. Finanzmarktförderungsgesetzes seit 1.7.2002 kann zumindest für Warentermingeschäfte, die nach dem Jahr 1989 durchgeführt wurden, der Termineinwand im Rahmen des ordre public keine Berücksichtigung finden.
3. Das Erstgericht hat auch zu Recht ausgeführt, dass dem Kläger weder gegen den Beklagten zu 1), noch gegen die Beklagte zu 2) Ansprüche aus der Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten zustehen. Der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich nach schweizerischem Recht. Eine Verletzung dieser Pflichten wurde vom Kläger nicht vorgetragen und nicht behauptet. Damit entfallen jedenfalls Ansprüche gegen die Beklagte zu 2).
Aber auch der Beklagte zu 1) als Geschäftsführer der Firma … GmbH haftet nicht wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten durch Mitarbeiter der Gesellschaft. Eine solche Haftung ergibt sich nicht aus der Entscheidung des BGH vom 2.2.1999 (NJW-RR 1999, 843 = WM 1999, 540). Dies würde zunächst voraussetzen, dass die Firma …-GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 1) war, dem Kläger gemäß § 826 BGB haften würde. Für eine solche Haftung fehlen konkrete Anhaltspunkte.
Die Vertragsbeziehungen zwischen dem Kläger und der Fa. …-GmbH wurden von der Klagepartei nicht näher vorgetragen. Es könnte sich um einen Vermittlungs- oder Beratungsvertrag gehandelt haben, wobei auch ein konkludenter Abschluss möglich wäre. Unstreitig hat aber der Kläger vor Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages mit der Beklagten zu 2) und der ersten Geldanlage von der Firma … die Informationsschrift der Beklagten zu 2) erhalten. Diese enthält auch in entsprechend deutlicher Aufmachung umfassende Risikohinweise, die eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB auch dann ausschließen, wenn dem Kläger durch Mitarbeiter der Firma … für bestimmte Transaktionen „sichere“ Gewinne in Aussicht gestellt wurden.
Die dem Kläger zur Verfügung gestellte Broschüre enthält bereits vor der Selbstdarstellung der Beklagten zu 2) als Einleitung auf Seite 1 Risikohinweise. Darin wird bereits auf die entscheidende Auswirkung der Gebühren und den Interessenkonflikt für den Berater hingewiesen, der von erhöhten Handelsaktivitäten in jedem Fall profitiert. Den besonderen Risiken durch Transaktionskosten wird auf den Seiten 14 und 15 ein eigenes Kapitel gewidmet. Darin wird erläutert, dass erhebliche Unterschiede zwischen den Kosten des Fachhandels und denen von Privatanlegern bestehen. Der Interessent wird darauf hingewiesen, dass bei relativ hohen Gebühren und Provisionen der Gesamterfolg unwahrscheinlich, wenn nicht sogar unmöglich ist. Der „Auftrag zur Geschäftsbesorgung“ enthält vor der vom Kunden zu leistenden Unterschrift nochmals den Hinweis auf das hohe Risiko und die Möglichkeit des Totalverlustes. Schließlich hat der Kunde auch noch die „Allgemeinen Risikohinweise“ zu unterzeichnen, in denen die Besonderheiten dieser Anlageform zusammengefasst sind.
Damit wurde dem Kläger von dem Unternehmen, dessen Geschäftsführer der Beklagte zu 1) war, vor der ersten Geldanlage die Möglichkeit eröffnet, ohne Zeitdruck und Beeinflussung die Anlageentscheidung zu überdenken und sich gegebenenfalls von unabhängigen kompetenten Personen beraten zu lassen. Eine Haftung der Fa. …-GmbH. gemäß § 826 BGB scheidet deshalb aus und somit auch die persönliche Haftung des Beklagten zu 1) als Geschäftsführer, der an den Gesprächen und Vertragsverhandlungen nicht selbst beteiligt war.
4. Auf die Frage, ob die – nicht vorgelegte – Schiedsvereinbarung wirksam ist und der Zulässigkeit der Klage entgegensteht, brauchte vom Erstgericht nicht eingegangen zu werden.