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unalex. Entscheidungen Entscheidung DE-722
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Entscheidung DE-722  



LG Berlin (DE) 28.09.1995 - 30 O 206/95
Art. 5 Nr. 1, 5 Nr. 5 EuGVÜ – unalexErfüllungsort bei anderen Verträgen als Kauf- oder Dienstverträgen –unalexFür die Ermittlung des Erfüllungsorts maßgebliches Recht –unalexZweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung –unalexBegriff der Niederlassung

LG Berlin (DE) 28.09.1995 - 30 O 206/95, unalex DE-722


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de - Kommentar zur VO (EG) 44/2001 und zum Übereinkommen von Lugano (1 cit.) erweiternde - Kommentar zur VO (EG) 44/2001 und zum Übereinkommen von Lugano (1 cit.)



Der Begriff der Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung im Sinne von Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ erfordert eine auf Dauer angelegte Außenstelle. Die Einrichtung einer Außenstelle allein zur Durchführung eines einzelnen Bauvorhabens reicht hierfür nicht aus.

Die Frage, wo der Erfüllungsort der Verpflichtung im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ liegt, bestimmt sich nach dem Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgeblich ist.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

Die deutsche Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Werklohn für die Entgegennahme und Reinigung von kontaminiertem Boden für ein Bauvorhaben in Berlin (DE) in Anspruch. Die Beklagte hat ihren Hauptsitz in Italien; in München (DE) unterhielt sie bis Mai 1995 eine selbständige Niederlassung. An diese hatte die Klägerin sich stets gewandt. Die Beklagte beschäftigt darüberhinaus in Berlin tätige Mitarbeiter, die bezüglich des Bauvorhabens Erklärungen gegenüber der Klägerin abgegeben haben.

Das Landgericht Berlin (DE) verneint seine internationale und örtliche Zuständigkeit. Diese sei nicht aus Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ herzuleiten. Mit dem Begriff der Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung im Sinne der Vorschrift sei ein auf Dauer angelegter Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit gemeint, der als Außenstelle hervortrete, eine Geschäftsführung habe und sachlich so ausgestattet sei, dass er für das Stammhaus Geschäfte mit Dritten derart betreiben kann, dass diese sich nicht unmittelbar an das Stammhaus wenden müssen, sondern die Geschäfte an dem Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit abschließen können. Danach könne hier nicht davon ausgegangen werden, dass neben der Niederlassung in München auch eine weitere in Berlin bestanden habe. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die in Berlin tätigen Mitarbeitern der Beklagten Erklärungen in Bezug auf das Vorhaben abgegeben hätten, zumal diese Erklärungen überwiegend unter dem Briefkopf der Niederlassung in München erfolgt seien. Auch aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ folge keine Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Die Bestimmung des Erfüllungsort im Sinne dieser Vorschrift erfolge nach dem Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgeblich sei. Nach dem hier anzuwendenden deutschen Recht liege der Erfüllungort für die Zahlungsverpflichtung der Beklagten am Ort ihrer Niederlassung in München.

 JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission

-  Entscheidungstext 

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Werklohn für die Entgegennahme und Reinigung von kontaminiertem Boden/Bauschutt betreffend das Vorhaben „Forum ...“ in der ... in Berlin-... in Anspruch. Die Beklagte ist eine italienische Aktiengesellschaft mit Hauptsitz in Italien. Sie betrieb bis Mai 1995 in München eine selbständige Niederlassung.

Das Landgericht Berlin hat sich gemäß § 281 ZPO für örtlich unzuständig zu erklären, weil ein Gerichtsstand in Berlin nicht begründet ist.

Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch Italien gehören zu den ursprünglichen Vertragsstaaten des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ). Damit kann die Beklagte vor den Gerichten anderer Vertragsstaaten als desjenigen ihres Sitzes nur nach den Vorschriften des EuGVÜ verklagt werden.

1. Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich die Zuständigkeit des Landgerichts Berlin nicht aus Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ herleiten. Mit dem Begriff der Zweigniederlassung, Agentur oder sonstiger Niederlassung i.S. dieser Vorschrift ist ein Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit gemeint, der auf Dauer als Außenstelle eines Stammhauses hervortritt, eine Geschäftsführung hat und sachlich so ausgestattet ist, dass er in der Weise Geschäfte mit Dritten betreiben kann, dass diese, obgleich sie wissen, dass möglicherweise ein Rechtsverhältnis mit dem im Ausland ansässigen Stammhaus begründet wird, sich nicht unmittelbar an dieses wenden müssen, sondern Geschäfte an dem Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit abschließen können, der dessen Außenstelle ist. (EuGH, NJW 1988, 625). Die Beklagte verfügte zwar unstreitig über eine Niederlassung in München. Nach dem Vortrag der Parteien kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass neben der Niederlassung in München eine weitere in Berlin bestand. Auch die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Außenstelle in Berlin auf Dauer und nicht nur für die Durchführung eine einzelnen Bauvorhabens ausgerichtet war. Im übrigen hat sich die Klägerin selbst – jedenfalls schriftlich – stets an die Niederlassung in München gewandt. Allein der Umstand, dass die in Berlin tätigen Mitarbeiter der Beklagten Erklärungen in Bezug auf das Bauvorhaben abgegeben haben, lässt demgegenüber nicht den Schluss auf eine Niederlassung in Berlin zu, zumal die Erklärungen ganz überwiegend unter dem Briefkopf der Niederlassung in München erfolgten. Offensichtlich handelte es sich in Berlin nur um ein Baubüro.

2. Die Zuständigkeit des Landgerichts Berlin lässt sich auch nicht aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ herleiten. Nach dieser Vorschrift kann ein Beklagter, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, auch vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem die streitige Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Die Frage, wo der Erfüllungsort der Verpflichtung liegt, bestimmt sich hierbei nach dem Recht, das nach den Kollisonsnormen des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgeblich ist. Dies ist vorliegend das deutsche Recht, wobei dahinstehen mag, ob insoweit von einer zumindest stillschweigenden Rechtswahl i.S. des Art. 27 Abs. 1 EGBGB auszugehen ist. Denn, wenn dies nicht der Fall wäre, ergäbe sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts jedenfalls aus Art. 28 Abs. 1 und Abs. 2 EGBGB.

Damit bestimmt sich der Erfüllungsort nach § 269 BGB. Nach dieser Vorschrift ist der Erfüllungsort auch bei gegenseitigen Verträgen grundsätzlich für jede Verpflichtung gesondert zu bestimmen. Die deutsche Rechtsprechung tendiert jedoch vorsichtig dahin, den Ort, an dem die vertragscharakteristische Leistung zu erbringen ist, als Schwerpunkt des Vertrages und als Erfüllungsort für die beiderseitigen Verpflichtungen anzusehen. Ob Berlin danach als gemeinsamer Erfüllungsort auch für die Zahlungsverpflichtung der Beklagten angesehen werden kann, kann dahinstehen.

Der zur Auslegung des EuGVÜ berufene EuGH hat der Lehre vom einheitlichen Vertragsgerichtsstand in seiner Entscheidung vom 15.01.1987 (NJW 1987, 1131 f.) eine deutliche Absage erteilt. Vielmehr hat er klargestellt, dass für die Bestimmung des Erfüllungsortes i.S. des Art. 5 Ziff. 1 EuGVÜ regelmäßig allein die Verpflichtung heranzuziehen ist, die dem vertraglichen Anspruch entspricht, auf den der Kläger seine Klage stützt. Eine Orientierung des Erfüllungsortes an der für den Vertrag charakteristischen Leistung hat der EuGH nur ausnahmsweise für zulässig erachtet, wenn Besonderheiten vorliegen, die das Gericht des Ortes, an dem die charakteristische Leistung zu erbringen ist, als am besten zur Entscheidung geeignet erscheinen lassen, insbesondere bei Arbeitsverhältnissen. Eine solche Besonderheit weist der vorliegende Vertrag nicht auf.

Damit bestimmt sich der Erfüllungsort allein nach der Zahlungsverpflichtung der Beklagten. Ausreichende Anhaltspunkte für die – stillschweigende – Vereinbarung eines Erfüllungsortes für die Leistung der Beklagten liegen nicht vor. Damit ist diese als Gewerbeschuld gemäß § 269 Abs. 2 BGB am Ort der gewerblichen Niederlassung, also in München zu erbringen. Dass diese Niederlassung inzwischen aufgelöst ist, ist hierbei ohne Bedeutung, das § 269 Abs. 1 BGB auf den Ort abstellt, an dem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses eine Niederlassung hatte; dieser Erfüllungsort bildet den Gerichtsstand nach § 29 Abs. 1 ZPO.

Damit war der Rechtsstreit antragsgemäß an das Landgericht München zu verweisen.





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