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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-71
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-71  



BayObLG München (DE) 25.03.1997 - 1 Z AR 2/97
Art. , 6 Nr. 1 EuGVÜ – unalexWohnsitz des Beklagten in einem Mitgliedstaat –unalexAutonome Bestimmung des Sitzes von Gesellschaften und juristischen Personen –unalexDie Gerichtsstände des Art. 8 Brüssel Ia-VO im Zuständigkeitssystem der Verordnung –unalexInternationale und örtliche Zuständigkeit

BayObLG München (DE) 25.03.1997 - 1 Z AR 2/97, unalex DE-71



Aus Art. 53 Abs. 1 S. 1 EuGVÜ ergibt sich, dass das Übereinkommen auch auf Gesellschaften und juristische Personen zur Anwendung gelangt.

Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ regelt nicht nur die internationale, sondern auch die örtliche Zuständigkeit.

Der Mehrparteiengerichtsstand des Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ steht nur für Klagen zur Verfügung, die sich gegen eine Partei richten, deren Wohnsitz in einem anderen Vertragsstaat als dem Gerichtsstaat liegt. Dagegen ist Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ nicht zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit gegenüber Beklagten geeignet, deren Sitz im Gerichtsstaat liegt; insoweit gelten allein die Regeln des nationalen Zivilprozessrechts.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

Der deutsche Antragsteller beabsichtigt mehrere Gesellschaften auf Schadensersatz aus Vertragsverletzung und unerlaubter Handlung vor einem deutschen Gericht in Anspruch zu nehmen. Eine der Gesellschaften hat ihren Sitz und ihre Hauptverwaltung in Italien. Alle anderen Gesellschaften, gegen die der Antragsteller Klage erheben will, haben ihren Sitz in Deutschland. Der Antragsteller beantragt, das Landgericht München I (DE) als gemeinsames zuständiges Gericht zu bestimmen.

Das Bayerische Oberste Landesgericht (DE) führt aus, dass im vorliegenden Fall das EuGVÜ anwendbar sei. Die Regelungen des Übereinkommens bezögen sich auch auf Gesellschaften und juristische Personen; dies ergebe sich aus Art. 53 Abs. 1 S. 1 EuGVÜ. Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ regelt nach Ansicht des Gerichts zwar nicht nur die internationale, sondern auch die örtliche Zuständigkeit. Dies gelte im vorliegenden Fall jedoch nur für die Klage gegen die italienische Antragsgegnerin, denn nur sie solle in einem anderen als dem Staat ihres Sitzes verklagt werden. Demzufolge könne die italienische Antragsgegnerin vor jedem deutschen Gericht verklagt werden, in dessen Bezirk eine der deutschen Antragsgegnerinnen ihren allgemeinen Gerichtsstand habe.

 JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission

-  Entscheidungstext 

Der Antragsteller war oder ist Aktionär der A-AG mit Sitz in Nürnberg (Antragsgegnerin zu 2). Nach seinen Angaben war 1993 die B-AG mit Sitz in Italien (Antragsgegnerin zu 3) im Besitz von 98,4 % der Aktien dieser Gesellschaft und hatte mit ihr einen Beherrschungsvertrag geschlossen. Anfang Juli 1993 unterbreitete B-AG mit Hilfe der C-AG (Antragsgegnerin zu 1), einer Bank mit Sitz in München, den verbliebenen Kleinaktionären das Angebot, deren Aktien zum Preis von 140 DM je 50-DM-Aktie anzukaufen. Dies wurde dem Antragsteller über seine Depotbank, die D-Sparkasse in München (Antragsgegnerin zu 4) mit Schreiben vom 13.7.1993 mitgeteilt. Nach Angaben des Antragstellers hatte die B-AG den Beherrschungsvertrag bereits am 29.6.1993 gekündigt; im Zusammenhang damit seien umfangreiche Veränderungen in den Beteiligungsverhältnissen und der Unternehmensführung der A-AG vorgesehen gewesen. Diese für den Wert der Aktien wesentlichen Umstände seien den Kleinaktionären bewußt verschwiegen worden. Erst im Rahmen einer Verlängerung des Angebots, die ihm mit Schreiben der D-Sparkasse vom 14.10.1993 zugegangen sei, sei die Kündigung des Beherrschungsvertrages mitgeteilt worden. Nach den Angaben des Antragstellers hat die A-Betriebs GmbH mit Sitz in Nürnberg (Antragsgegnerin zu 5) inzwischen Teile des Vermögens der A-AG übernommen.

Der Antragsteller meint, er sei durch die verspätete Bekanntgabe der Kündigung des Beherrschungsvertrages geschädigt worden, und will die Antragsgegnerinnen auf Schadensersatz aus Vertragsverletzung und unerlaubter Handlung verklagen. Er hat zunächst beantragt, das Landgericht München I als gemeinsames zuständiges Gericht für die Antragsgegnerinnen zu 1 bis 4 zu bestimmen. Mit Schriftsatz vom 17.3.1997 hat er diesen Antrag auch auf die Antragsgegnerin zu 5 erstreckt und dies damit begründet, daß durch die Übertragung von Vermögensgegenständen die Haftungsbasis für seine Ansprüche geschmälert worden sei.

1. Die hier beantragte Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts setzt voraus, daß die deutschen Gerichte in der Sache international zuständig sind (BGH NJW 1980, 2646; Wieczorek/Hausmann ZPO 3. Aufl. § 36 Rn. 10). Dies ist auch hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 3 der Fall. Für sie gelten, da sie ihren Sitz in Italien und damit in einem Vertragsstaat hat, die Regelungen des Europäischen Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ). Diese beziehen sich, wie sich aus Art. 53 Abs. 1 EuGVÜ ergibt, entgegen der Auffassung des Antragstellers auch auf Gesellschaften und juristische Personen. Gemäß Satz 1 dieser Vorschrift steht bei solchen Vereinigungen für die Anwendung des Übereinkommens deren Sitz dem Wohnsitz gleich. Gemäß Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ kann deshalb die Antragsgegnerin zu 3, wenn sie unter der hier gegebenen Voraussetzung der Streitgenossenschaft (vgl. EuGH NJW 1988, 3088/3089; Schlosser EuGVÜ Rn. 4, Kropholler Europäisches Zivilprozeßrecht Rn. 6 f., jeweils zu Art. 6 EuGVÜ) zusammen mit den anderen Antragsgegnerinnen verklagt werden soll, vor den deutschen Gerichten in Anspruch genommen werden, in deren Bezirk eine Antragsgegnerin ihren Sitz hat.

2. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung über das Gesuch um Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts berufen (§ 36 Nr. 3 ZPO, §§ 8, 10 Abs. 2 EGGVG, Art. 11 Abs. 1 AGGVG; vgl. BayObLGZ 1983, 64/65). Die Antragsgegnerinnen zu 1, 2, 4 und 5 haben ihren allgemeinen Gerichtsstand (§ 12 ZPO), der durch ihren Sitz bestimmt wird (§ 17 ZPO), in verschiedenen bayerischen Oberlandesgerichtsbezirken. Deshalb liegt auch der besondere Gerichtsstand, der die Einbeziehung der Antragsgegnerin zu 3 in dem beabsichtigten Rechtsstreit rechtfertigt, in Bayern. Denn Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ regelt nicht nur die internationale, sondern auch die örtliche Zuständigkeit (Schlosser Rn. 2, Kropholler Rn. 5, jeweils zu Art. 6 EuGVÜ; Zöller/Geimer ZPO 20. Aufl. Anh. I Art. 2 EuGVÜ Rn. 23).

3. Hinsichtlich der Antragsgegnerinnen zu 1, 2 und 4 sind die Voraussetzungen für eine Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts (§ 36 Nr. 3 ZPO) gegeben.

a) Der Antragsteller macht insoweit Schadensersatzansprüche gegen mehrere Gegner geltend, die ihren allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12, 17 ZPO) in verschiedenen Oberlandesgerichtsbezirken, nämlich zum Teil in München (Antragsgegnerinnen zu 1 und 4), zum Teil in Nürnberg (Antragsgegnerin zu 2) haben.

b) Die Antragsgegnerinnen sollen als Streitgenossen gemäß §§ 59, 60 ZPO in Anspruch genommen werden. Aus dem insoweit maßgebenden Vorbringen des Antragstellers (BayObLGZ 1985, 314/316) läßt sich entnehmen, daß dieser den Antragsgegnerinnen zu 1 und 2 ein bewußtes aufeinander abgestimmtes Unterdrücken von Tatsachen vorwirft, die für die Bewertung der von ihm gehaltenen Aktien wesentlich gewesen sein sollen. Damit ist eine Gesamtschuldnerschaft dieser Antragstellerinnen gemäß § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB und damit eine Rechtsgemeinschaft im Sinne von § 59 ZPO dargetan (vgl. Thomas/Putzo ZPO 20. Aufl. § 59 Rn. 2). Die Ansprüche gegen die Antragsgegnerin zu 4 werden im wesentlichen auf denselben Sachverhalt (unterbliebene bzw. verzögerte Mitteilung der maßgeblichen Tatsachen) gestützt und sind auf dasselbe Ziel (Ersatz des entstandenen Schadens) gerichtet, so daß prozeßökonomische Gründe eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung zweckmäßig erscheinen lassen und § 60 ZPO eingreift (vgl. BGH NJW 1992, 981/982; BayObLGZ 1991, 343/346; Zöller/Vollkommer §§ 59, 60 Rn. 7).

c) Ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand, in dem die beabsichtigte Klage gegen alle Streitgenossen unter jedem der in Betracht kommenden Klagegründe erhoben werden könnte (vgl. BayObLGZ 1962, 297/298 und Zöller/Vollkommer § 36 Rn. 15), ist nicht ersichtlich.

aa) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin zu 1 eröffnet Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ keinen gemeinsamen Gerichtsstand für alle Antragsgegnerinnen, sondern betrifft nur die örtliche Zuständigkeit für Klagen gegen die Antragsgegnerin zu 3. Denn nur diese soll in einem anderen als dem Staat ihres Sitzes verklagt werden (vgl. Schlosser Vorbem. zu Art. 2 Rn. 13, 14 und Wieczorek/Hausmann § 36 Rn. 78).

bb) Gegen die Antragsgegnerinnen zu 1 und 4 können die angekündigten Ansprüche schon im Hinblick auf deren allgemeinen Gerichtsstand beim Landgericht München I erhoben werden. Hingegen ist für die Antragsgegnerin zu 2 dort ein Gerichtsstand nicht hinsichtlich aller Ansprüche gegeben. Der Antragsteller macht geltend, die Antragsgegnerin habe die Pflichten verletzt, die ihr ihm gegenüber aus dem Rechtsverhältnis zwischen Gesellschaft und Aktionär oblegen hätten, und leitet hieraus Schadensersatzansprüche ab. Diese Ansprüche sind am Sitz der Gesellschaft, d.h. in Nürnberg, zu erfüllen (§ 269 Abs. 1 BGB). Ein vom allgemeinen Gerichtsstand der Antragsgegnerin zu 2 abweichender besonderer Gerichtsstand kann für sie weder aus § 29 ZPO noch aus § 32 ZPO abgeleitet werden.

4. Es steht nichts entgegen, auch die Antragsgegnerin zu 3 in die Gerichtsstandsbestimmung einzubeziehen. Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, daß für einen Beklagten mit Wohnsitz (Sitz) in einem anderen Vertragsstaat eine Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts gemäß § 36 Nr. 3 ZPO ausscheidet, soweit das Europäische Übereinkommen (EuGVÜ) auch die örtliche Zuständigkeit regelt (Zöller/Geimer Art. 2 EuGVÜ Rn. 23 vgl. auch Stein/Jonas/Schumann ZPO 21. Aufl. § 36 Rn. 13). Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof auch in einem solchen (allerdings besonders gelagerten) Fall bei gegebener Streitgenossenschaft § 36 Nr. 3 ZPO angewandt (BGH NJW 1988, 646; vgl. auch Wieczorek/Hausmann § 36 Rn. 78). Die Frage bedarf hier keiner Entscheidung. Denn der Senat kann für den Rechtsstreit gegen die Antragsgegnerinnen zu 1, 2 und 4 als örtlich zuständig nur ein Gericht bestimmen, in dessen Bezirk eine dieser Antragsgegnerinnen ihren allgemeinen Gerichtsstand hat (BGH NJW 1986, 3209 und BayObLGZ 1991, 343/347). Gemäß Art. 6 Nr. 1, Art. 53 Abs. 1 Satz 1 EuGVÜ kann die Antragsgegnerin zu 3 bei jedem dieser Gerichte mitverklagt werden, da aus den oben dargelegten Gründen auch bei ihr die Voraussetzungen der Streitgenossenschaft gegeben sind.

5. Hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 5 kann das zuständige Gericht nicht bestimmt werden. Aus dem Vortrag des Antragstellers ergibt sich nicht, daß bei ihr die Voraussetzungen einer Streitgenossenschaft mit den übrigen Antragsgegnerinnen gegeben sind.

6. Als örtlich zuständig wird entsprechend dem Antrag das Landgericht München I bestimmt. Dort haben die Antragsgegnerinnen zu 1 und 4 ihren allgemeinen Gerichtsstand. Die Antragsgegnerin zu 2 hat gegen die Zuständigkeit dieses Gerichts keine Einwände erhoben.





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