I. Die Antragsgegnerin zu 1. ist die frühere Pächterin, die Antragsgegnerin zu 2. deren angebliche frühere Unterpächterin von näher bezeichneten in … Spanien, gelegenen Bungalowanlagen. Diese Hotelanlagen werden touristisch genutzt. Die Antragstellerin ist die Eigentümerin und Verpächterin dieser Anlagen.
Grundlage des Pachtverhältnisses war ein zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zu 1. am 9. September 1994 geschlossener Pachtvertrag zum Betrieb der Bungalows als Hotelanlage. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von 5 Jahren und endete zum 31. Oktober 1999, ohne daß es einer Kündigung bedurfte. Mit Schreiben vom 22. Januar 1998 kündigte die Antragstellerin den Pachtvertrag wegen schwerwiegender Vertragsverletzungen. Ab dem 1. April 1998 verpachtete sie die Bungalowanlagen an die Firma …, die auch heute noch Pächterin ist. Ihrerseits betrieben beide Antragsgegner gegen die Antragstellerin in Spanien ein einstweiliges Besitzschutzverfahren. Sie haben insoweit das Urteil Nr. 178 der Abteilung 5 des Landgerichts … vom 5. April 2000 erwirkt, wonach im einstweiligen Verfügungsverfahren der Klage auf Wiedereinräumung des Besitzes stattgegeben und die Wiedereinweisung der (jetzigen) Antragsgegner in den Besitz angeordnet wird.
Hiergegen nimmt die Antragstellerin die Antragsgegner im einstweiligen Verfügungsverfahren vor der Kammer darauf in Anspruch, es zu unterlassen, die streitgegenständlichen Bungalowanlagen in Besitz zu nehmen. Zur Begründung verweist sie darauf, daß das spanische Gericht bei seiner Entscheidung den Ablauf des Pachtvertrages zum 31. Oktober 1999 übersehen habe und ihr, der Antragstellerin, nunmehr die Zwangsvollstreckung aus dem spanischen Urteil drohe.
II. Das Verfügungsgesuch war wegen doppelter Rechtshängigkeit im Sinne des Art. 21 Abs. 2 des Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens (EuGVÜ) als unzulässig zurückzuweisen. Im Hinblick hierauf war eine mündliche Verhandlung über das Gesuch entbehrlich (§ 937 Abs. 2 ZPO).
Die Regelungen des Abkommens gelten in der Fassung des Übereinkommens vom 26. Mai 1989 über den Beitritt Spaniens und Portugals zum EuGVÜ, das im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland zum 1. Dezember 1994 in Kraft getreten ist (BGBl. 11, 3707). Nach Art. 29 Abs. 1 des Übereinkommens ist das EuGVÜ auf Klagen anzuwenden, die nach Inkrafttreten des Übereinkommens erhoben werden. Dies trifft hier zu, da der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung im Mai 2000 rechtshängig wurde. Unerheblich ist demgegenüber, daß der Pachtvertrag, aus dem sich die angeblichen Besitzrechte der Antragsgegner herleiten, bereits vor Inkrafttreten des Übereinkommens geschlossen wurde. Denn im Hinblick auf den zeitlichen Geltungsbereich ist allein auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abzustellen (vgl. OLG Düsseldorf, RIW 1999, 873, 874).
Die Folgen der doppelten Rechtshängigkeit von Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien bei Gerichten verschiedener Vertragsstaaten regelt Art. 21 EuGVÜ. Hiernach kommt in der Regel zunächst eine Aussetzung in Betracht (Art. 23 Abs. 1 EuGVÜ). Nur wenn die internationale Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht, kann die Klage wegen doppelter Rechtshängigkeit als unzulässig abgewiesen werden (Art. 23 Abs. 2 EuGVÜ).
Sinngemäß ergibt sich aus der Bestimmung, daß das Gericht eines Vertragsstaats nicht befugt ist, einer Partei die (Fortsetzung der) Prozeßführung vor dem Gericht eines anderen Vertragsstaats (im Klage- oder Verfügungsverfahren) zu untersagen. Selbst wenn eine Partei einen auf Vertrag oder auf § 826 BGB gestützten Anspruch auf Unterlassung der anderweitigen Prozeßführung besitzt, fehlt es infolge der Regelung des Art. 21 doch am Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage oder einstweilige Verfügung (vgl. Gottwald, MünchKomm. ZPO, EuGVÜ, Art. 21 Rn. 13). Dahinter steht die Überlegung, daß es mit dem Sinn der Art. 26 ff. EuGVÜ betreffend die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen unvereinbar wäre, einen Rechtsstreit zuzulassen, der denselben Gegenstand hat und zwischen denselben Parteien geführt wird wie ein bereits von einem Gericht eines anderen Vertragsstaats entschiedener Rechtsstreit. Nur so wird zudem verhindert, daß sich die Wirkung einer gerichtlichen Entscheidung entgegen den Zielen des EuGVÜ nicht nur auf das nationale Hoheitsgebiet des jeweiligen Staates beschränkt (vgl. EuGH NJW 1989, 665, 666).
Derselbe Anspruch wird bei Gerichten verschiedener Vertragsstaaten zwischen denselben Parteien nicht nur dann anhängig gemacht, wenn – bezogen auf den Streitgegenstandsbegriff der ZPO – Identität der prozessualen Ansprüche vorliegt. Der Begriff ist vielmehr autonom und weit auszulegen. Es reicht, wenn dieselben Parteien in verschiedenen Vertragsstaaten zwei auf derselben Grundlage beruhende Rechtsstreitigkeiten führen (vgl. Thomas-Putzo, ZPO 22. Aufl., EuGVO, Art; 21 Rn. 5 mwN).
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall stellt sich das Verfügungsbegehren der (jetzigen) Antragstellerin aber als bloße Fortsetzung des von den (jetzigen) Antragsgegnerin in Spanien gegen die Antragstellerin betriebenen einstweiligen Besitzschutzverfahrens dar. Im Urteil der Abteilung 5 des Landgerichts … vom 5. April 2000 wird nämlich das den (jetzigen) Antragsgegnern zugewiesene Besitzrecht an den streitgegenständlichen Bungalowanlagen damit begründet, daß diese als Pächter zur Betreibung und Führung der fraglichen Ferienanlage berechtigt gewesen seien, während sich im Eilverfahren nicht klären lasse, ob die Eigentümerin den Vertrag unter dem Vorwand des Vorliegens schwerer Vertragsverletzungen einseitig habe kündigen dürfen (vgl. die Ausführungen unter 3. des Urteils). Demgegenüber beruft sich die Antragstellerin im Verfügungsverfahren vor der Kammer nunmehr darauf, daß den Antragsgegnern entgegen den Ausführungen im spanischen Urteil doch kein Besitzrecht zukomme. Damit läuft das jetzige Verfügungsbegehren darauf hinaus, das in beiden Verfahren identische Streitverhältnis hinsichtlich des einstweiligen Besitzschutzes neu und abweichend von der Entscheidung des spanischen Gerichts zu beurteilen. Diesem Gesuch stattzugeben, würde darauf hinauslaufen, durch eine Regelung im einstweiligen Verfügungsverfahren in unzulässiger Weise den von den Antragsgegnern vor dem spanischen Gericht geführten Prozeß nachträglich gegenstandslos zu machen oder jedenfalls eine widersprechende Entscheidung zu schaffen, welche gemäß Art. 27 Ziff. 3 EuGVÜ in Spanien – aufgrund des Grundsatzes der zeitlichen Priorität – nicht anerkannt werden könnte. Für diesen Grundsatz kommt es darauf an, welche Entscheidung – unabhängig vom Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung – als erste Wirkung entfaltet (vgl. Zöller/Geimer, ZPO 21. Aufl. EuGVÜ, Art. 28 Rn. 26). Da dies das spanische Urteil ist, muß auch unter diesem Gesichtspunkt der (jetzigen) Antragstellerin das rechtliche Interesse am Erlaß der beantragten einstweiligen Verfügung abgesprochen werden.