Die in C2/Schweiz ansässige Beklagte ist die Herstellerin von Pharmazeutiker- und Körperpflegeprodukten und welt- und europaweit größter Hersteller von synthetischen Vitaminen. Die Klägerin ist ein Tochterunternehmen der T-Gruppe, einer Unternehmensgruppe im Süßwarenbereich. Sie bezog als verantwortliches Produktunternehmen für das Produkt „O“ über die Firma S AG in H, der deutschen Tochter der Beklagten, von dieser im Zeitraum von September 1989 bis Februar 1999 die von ihr zur Produktion benötigten Vitamine mit einem Gesamteinkaufsvolumen von 10.174.301,‑ DM.
Wegen unerlaubter Preisabsprachen und Marktaufteilung bei Vitaminen auf nationaler und internationaler Ebene in Europa, Asien, Nordamerika und Südamerika wurde gegen die Beklagte und andere Vitaminhersteller ein US-amerikanisches Kartellverfahren geführt. Die Beklagte akzeptierte eine Geldstrafe von 500 Mio. US$ und schloss mit zahlreichen US-amerikanischen Vitamindirektabnehmern zur außergerichtlichen Beendigung einer Sammelklage einen Vergleich über die Zahlung von 1,17 Mrd. US$.
Mit Bescheid vom 17.04.2000 stellte die Schweizer Wettbewerbskommission Kartellverstöße der Beklagten als Mitglied des Vitaminkartells fest. Die europäische Kommission verhängte am 21.11.2001 gegen 8 Vitaminhersteller wegen unerlaubter Marktaufteilung und Preisfestsetzungsabsprachen Geldbußen in Höhe von insgesamt 855,22 Mio. EUR, dabei gegen die Beklagte das höchste Bußgeld in Höhe von 462 Mio. EUR. Zum Inhalt der vorgenannten Entscheidungen wird auf Blatt 59 bis 77 und 160 bis 319 der Akten Bezug genommen.
Die Klägerin nahm die Beklagte auf Schadensersatz hin in Anspruch. Die Parteien verhandelten im Frühjahr 2001 über eine außergerichtliche Einigung. Die Klägerin verlangt die Zahlung von ca. 1 Mio. EUR und legte einen Entwurf der Klage vor. Die Beklagte teilte der Klägerin Anfang April 2002 mit, dass sie keinen Einigungsvorschlag unterbreiten könne, weil es ihrer Geschäftspolitik entspreche, „keine Rückerstattung an Kunden auf Grund früherer Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts zu leisten, so bedauerlich die damaligen Verstöße auch sein mögen.“ Zum genauen Wortlaut des Schreibens wird auf Blatt 48 der Akten Bezug genommen.
Die Klägerin nahm die Beklagte zunächst auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.040.407,‑ EUR in Anspruch. Sie erhöhte die Klage am 03. Juli 2003 auf 1.596.977,‑ EUR.
Mit Urteil vom 11.07.2003 wies das Landgericht Mannheim eine auf Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen Beteiligung am Vitaminkartell gerichtete Klage der Firma N3 gegen die Beklagte und zwei ihrer deutschen Töchter als unbegründet ab. Die Berufung der Firma N3 wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 14.01.2004 zurückgewiesen, wobei die Zulässigkeit der Feststellungsklage verneint wurde. Mit Urteil vom 01.01.2004 des Landgerichts Mainz wurde die Klage der Futtermittelfirma N-Werke GmbH gegen die Firma C AG, gerichtet auf ein ins Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 1.537.037,25 EUR als unbegründet abgewiesen. Der Beklagten war in diesem Verfahren der Streit verkündet worden. Zum Inhalt dieser Entscheidungen wird auf Blatt 440 bis 453 und 483 bis 509 der Akten Bezug genommen.
Die Klägerin hält eine Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ für gegeben. Für reine Vermögensdelikte wie hier liege der Ort des schädigenden Ereignisses dort, wo sich die Vermögensinteressen des Geschädigten konzentrieren. Eine Anknüpfung an den Ort der Kartellverstöße sei zur sicheren und vorhersehbaren Zuständigkeitszuweisung nicht geeignet. Außerdem sei bei einem möglichen Anspruch aus § 826 BGB kompetenzeröffnender Erfolgsort der Ort Schadenseintritts. Die Klägerin stützt einen Schadensersatzanspruch auf die vorgenannte Vorschrift und auf § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 81 EG-Vertrag und § 33 GWB in Verbindung mit § 1 GWB. Da die Preisabsprache sich gegen die Marktgegenseite richte, unterfalle sie als Abnehmerin die im Schutzbereich des § 1 GWB und des Art.s 81 EG-Vertrag. Auf eine gezielte oder unmittelbare Schädigung käme es dabei nicht an, da ausreichend sei objektive Betroffenheit, die vorliege. Die in der Kommissionsentscheidung im Einzelnen dargestellten gleichermaßen Vitamine und Vitamingemische betreffenden Preisabsprachen durch Abstimmung über Zielpreise, Zuteilung von Marktanteilen und Berichterstattungs- und Überwachungssysteme, hätten zu einer erheblichen Preissteigerung geführt. Die Kartellverstöße der Vitaminhersteller hätten sich auch auf die Produkte im europäischen Wirtschaftsraum ausgewirkt, da die abgestimmten Preise auch durchgesetzt worden seien. Durchschnittlich hätten sich auf der Grundlage der Feststellungen der Kommission für die von der Beklagten bezogenen Vitamine B 1, B 2, C, E und die Vitamingemische mit den Hauptkomponenten Vitamin B 2 und Vitamin E kartellbedingte Preiserhöhungen von 20 bis 50 % ergeben. Auf Grund der kartellrechtswidrigen Preisabsprachen hätte die Beklagte nicht nur einen Ende der 80ziger Jahre ansetzenden Preisverfall gestoppt, sondern darüber hinaus sogar erhebliche Preissteigerungen durchgesetzt, was bei der Schadensberechnung zusätzlich zu berücksichtigen sei. Nach Ende des Kartells sei es bei allen Vitaminprodukten zu einem erheblichen Preisrückgang zwischen 17 bis mehr als 50 % gekommen. Die Preissteigerung während der Dauer des Kartells und der Preisrückgang nach Beendigung des Kartells seien nicht auf ökonomische Gründe, sondern ausschließlich auf die Kartellabsprachen zurückzuführen. Hierdurch sei ihr auch ein Schaden entstanden. Die Beklagte habe ihr gegenüber die kartellmäßig überhöhten Preise durchgesetzt, weil jeglicher Wettbewerb durch die Kartellabsprachen im relevanten Zeitraum in Anbetracht des weltweiten Kartells von vornherein ausgeschlossen gewesen sei. Eine konkrete Berechnung im Wege der Differenzmethode sei ihr nicht möglich, da es für den Kartellzeitraum keinen im Wettbewerbsprozess herausgebildeten Normalpreis gebe. Ihr Schaden bestehe aber in der Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten Preis und einem hypothetischen Preis, der ohne die Kartellabsprache vereinbart worden wäre. Für die vorzunehmende Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO ergäben sich Anhaltspunkte aus dem US-amerikanischen Schadensersatzverfahrens zur außergerichtlichen Beendigung der Sammelklage, mit dem Vitamindirektabnehmern 18 bis 25 % ihrer Ausgaben für Vitamine ersetzt worden seien. Anknüpfungspunkt sei außerdem der nach Beendigung des Preiskartells einsetzende prozentuale Preisverfall. Danach hätte sie für Vitamin C 841.042,‑ EUR, für Vitamin E und Vitamingemische mit dem Basisvitamin E 265.897,‑ EUR, für Vitamin B und Vitamingemische mit dem Basisvitamin B 2 462.116,‑ EUR und für Vitamin B 1 27.922,‑ EUR weniger für den Einkauf aufwenden müssen. Auf die Frage der Weiterwälzung des Schadens komme es dabei von vorneherein nicht an, da ihr Schaden bereits in dem Augenblick entstanden sei, in dem sie den Vertrag zu den kartellmäßig überhöhten Preisen abgeschlossen habe. Die Frage des Weiterverkaufs sei ein nach Schadenseintritt liegendes Ereignis, das zu Gunsten des Schädigers nicht schadensmindernd zu berücksichtigen sei. Eine Anwendung der Vorteilsausgleichung würde die Zwecke des Kartelldeliktsrechts aushöhlen. Es sei zudem zu keiner Weiterwälzung des Schadens gekommen, da die kartellbedingten Mehrkosten beim Bezug von Vitaminen nicht durch entsprechende Erhöhung ihrer Verkaufspreise kompensiert worden seien. Im Zeitraum von 1989 bis zur letzten Preiserhöhung zum 01.05.2001 seien die Abgabepreise lediglich wegen wechselnder DSD-Gebühren und Veränderung der Packungsgrößen modifiziert worden. Die kartellbedingte Verteuerung der Vitamine habe auch zu einer Gewinnminderung bei ihr geführt. Dies wäre auch dann der Fall gewesen, wenn sie ihre Abgabepreise auf Grund der Einstandspreise für Vitamine tatsächlich erhöht hätte. Hierdurch wäre ihr eine höhere Marge aus den Produktverkäufen und damit ein höherer Gewinn entgangen, da sie die bestimmten Abgabepreise auch dann realisiert hätte, wenn sie die Vitamine zu günstigeren Preisen hätte einkaufen können. Mit den Kartellabsprachen habe die Beklagte zudem gegen die guten Sitten verstoßen. Sie habe den Leistungswettbewerb auf dem gesamten Weltmarkt für Vitamine ausgeschaltet und damit Grundprinzipien der deutschen und europäischen Marktspielregeln mit Füßen getreten, wobei erschwerend hinzukomme, dass die Kartellabsprachen auf lange Dauer angelegt und perfekt organisiert waren und sich auf lebenswichtige Bestandteile der menschlichen und tierischen Ernährung bezogen. Die Beklagte als Haupttriebkraft und Hauptbegünstigte habe den unter Einschaltung ihrer obersten Leitungsebenen entwickelten und gebilligten strategischen Plan verfolgt, den Vitaminweltmarkt durch Einsatz illegaler Mittel zu beherrschen und zu kontrollieren. Dabei sei ihr bewusst gewesen, dass die Preiserhöhungen bei ihr, der Klägerin, unausweichlich zu einem Schaden führten.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.596,977,‑ EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält eine Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht für gegeben. Zuständig sei nach Art. 2 Abs. 1, 53 Abs. 1, 54 b Abs. 2 b LugÜ das Gericht ihres Sitzes in der Schweiz. Eine Tatortzuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ sei nicht gegeben, da es einer „besonderen Nähebeziehung“ fehle, die es ausnahmsweise rechtfertigen könne, vom allgemeinen Grundsatz der Wohnortzuständigkeit abzuweichen. Auf den Ort des Vermögensschadens als Ort des bloßen Schadenseintritts könne es ebensowenig, wie auf den Ort der Konzentration der Vermögensinteressen ankommen, weil ein Gerichtsstand solcher Maßen nicht sicher und vorhersehbar bestimmt werden könne. Dies gelte auch, wenn das Rechtsverhältnis der Parteien nach § 826 BGB beurteilt werden sollte. Art. 5 Nr. 3 LugÜ verwende einen einheitlichen Begriff der „unerlaubten Handlung“, der nicht zwischen einfachen Delikten und solchen, wie von § 826 BGB beschrieben, unterscheide. Im Übrigen seien die materiellen Voraussetzungen für § 826 BGB als Anspruchsgrundlage nicht gegeben. Es fehle an der erforderlichen sittlichen Verwerflichkeit, da die Preisabsprache nicht gezielt auf Schädigung der Klägerin, sondern lediglich allgemein auf Stabilisierung der Vitaminpreise gerichtet gewesen sei. Ein Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 81 EG und § 33 GWB in Verbindung mit 1 GWB scheitere schon daran, dass mangels gezielten Eingriffs gegen bestimmte oder zumindest bestimmbare Marktteilnehmer die Klägerin nicht in den Schutzbereich der Normen einbezogen sei. Da das Kartell die gesamte Marktgegenseite und nicht einzelne Wettbewerbe dort betroffen habe, seien die Marktbedingungen für alle Teilnehmer auf der Marktgegenseite gleich gewesen sei. Eine schädigende Handlung im Hinblick auf Vitamingemische habe es mangels kartellrechtswidriger Preisabsprachen hierüber nicht gegeben. Solche seien von der Kommission auch weder ausdrücklich noch implizit festgestellt worden. Dies sei auch folgerichtig angesichts eines für Vitamingemische bestehenden eigenen Marktes. Die Klägerin habe auch weder einen Schadenseintritt noch ausreichende Grundlagen für eine Schadensschätzung vorgetragen. Es müsse für jedes einzelne Vitaminumsatzgeschäft angegeben werden, zu welchem Preis das Produkt erworben wurde und in welchem Maß dieser Verkaufspreis kartellbedingt überhöht gewesen sei. Derartige Angaben seien schon deshalb unbedingt erforderlich, weil die Preisentwicklung für die einzelnen Vitamine auch während der Laufzeit der von der Kommission festgestellten Kartelle keineswegs linear ansteigend, sondern zum Teil von einer rückläufigen Preisentwicklung gekennzeichnet gewesen sei. Es entspreche auch keinem allgemeinen ökonomischen Erfahrungssatz, dass die Preisentwicklung in den einzelnen Vitaminmärkten anders ausgefallen wäre, wenn es die festgestellten Kartellabsprachen nicht gegeben hätte. Die Vitaminmärkte und damit auch die Preisentwicklung in diesen Märkten seien von einer Vielzahl von ökonomischen Parametern geprägt, die sämtliche Einflüsse auf die Preisentwicklung gehabt und sich auch einer rückläufigen Preisentwicklung niedergeschlagen hätten. Ein liquidationsfähiger Schaden sei der Klägerin auf gar nicht entstanden, weil davon auszugehen sei, dass die Klägerin einen etwaigen kartellbedingten Preisaufschlag für den Bezug von Vitaminen ohne Gewinnminderung durch eine entsprechende Erhöhung ihrer Verkaufspreise habe kompensieren können. Weil die Klägerin ökonomischer Vernunft entsprechend und angesichts ihrer Unkenntnis vom Preiskartell bereits bei der Kostenkalkulation und dem darauffolgenden Bezug der Vitamine nur davon ausgehen konnte, ihre Produktions- und Einstandskosten zu decken und einen Gewinnzuschlag zu erzielen, sei ihr auch von vorneherein kein Schaden entstanden. Die Abwälzung eines Schadens auf Dritte sei dem unter dem Gesichtspunkt einer Vorteilsausgleichung auch bei kartellrechtlichen Schadensersatzforderungen zu berücksichtigen. Der Gedanke der Vorteilsausgleichung führe wie im allgemeinen Deliktsrecht dazu, dass es weder dem Schädiger möglich sei, ein auf Kosten des Geschädigten erlangten Gewinn einzustreichen noch dazu, dass ein Nichtgeschädigter auf Kosten des Schädigers besondere Vorteile behalten kann, die ihm ohne das schädigende Ereignis gar nicht zugeflossen wären. Dies führe auch nicht zu einer unangemessenen Entlastung des Schädigers, sondern nur zu der auch im Kartellrecht zwingend gebotenen Berücksichtigung des Bereicherungsverbots bei der Schadensberechnung. Eine allgemeine und automatische Entschädigungspflicht für Gesetzesvorstöße unabhängig vom tatsächlichen Bestehen eines Schadens gebe es auch im Kartellrecht nicht, da andernfalls dem Schadensersatz die Funktion einer zusätzlichen Geldbuße zukäme, was allgemein am deutschen Deliktsrecht und nationalem und europäischem Kartellschadensersatzrecht fundamental widerspräche. Eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO komme mangels Benennung konkreter Anhaltspunkte für die wirkliche Schadenshöhe nicht in Betracht. Der in der USA abgeschlossene Vergleich sei als Maßstab zur Schadensermittlung ungeeignet, da er sich an dem in den USA gewährten Schadensersatz mit dem zusätzlichen Element einer Bestrafung des Schädigers orientiere. Im Übrigen seien die Marktbedingungen in den USA, mit denen der europäischen Union und in Deutschland nicht vergleichbar.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die internationale und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ist gegeben nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ, § 87 GWB in Verbindung mit der nordrhein-westfälischen Kartellkonzentrationsordnung. Bei auf Ersatz von Vermögensschäden gerichteten Klagen fallen der zuständigkeitsbegründende Erfolgsort als Ort der Verletzung des Rechtsgut mit dem Schadensort zusammen, wenn Erfolg und Schaden in der Beeinträchtigung des Vermögens liegen. Dies ist zumindest für den mit §§ 823 Abs. 2 BGB, 33 GWB konkurrierenden, ebenfalls deliktischen Anspruch aus § 826 BGB der Fall. Ob die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen dieser Norm materiell-rechtlich erfüllt sind, ist unbeachtlich. Ausreichend ist, dass die Klägerin sich wie hier mit schlüssigem Sachvortrag auf die Vorschrift beruft.
Die Klage ist auch begründet. Der Klägerin steht der Beklagten gegenüber ein Schadensersatzanspruch aus § 33 GWB in Verbindung mit § 1 GWB und § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 81 EG-Vertrag zu. Für die Rechtsbeziehung der Parteien gilt nach anzuwendendem deutschen internationalem Privatrecht gemäß Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB deutsches Delikts- und Kartellrecht.
Die Klägerin ist in den Schutzbereich des § 1 GWB und des Art. 81 EG Vertrag einbezogen. Eine Zielgerichtetheit des kartellrechtswidrigen Verhaltens auf einen bestimmten Adressaten ist angesichts der jede Kartellvereinbarung bis billigenden Zielsetzung der Gesetze nicht zu fordern. Ausreichend ist eine unmittelbare und objektive Betroffenheit der Klägerin als bestimmbarer Marktteilnehmer auf der Marktgegenseite. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Das Kartell war in seiner Konzeption und Durchführung gerichtet auf Durchsetzung kartellbedingt überhöhter Preise auf der nächsten Handelsstufe, zu der bei den hier in Rede stehenden Vitaminprodukten auch Herstellerfirmen aus der Nahrungsmittelindustrie als Direktabnehmer gehören.
Ein Kartellverstoß der Beklagten ist gegeben. Nach den Feststellungen in der europäischen Kommissionsentscheidung, die im Verhältnis zum Beklagten ohne Rechtsmittelverfahren rechtskräftig wurde, hat die Beklagte als Haupttriebkraft und Hauptbegünstigter in kollusiver Absprache mit anderen Vitaminherstellern eine auf Preisüberhöhung abzielende und diese auch erreichende Zuteilung von Märkten und Marktanteilsquoten Vereinbarung aufeinander abgestimmter Preiserhöhung, Vereinbarung von Ziel-und Mindestpreisen Abstimmung des Vorgehens bei der Durchsetzung der Preiserhöhung auf den Märkten, Anpassung der jeweiligen Verhaltensweise und Preisbildung zur Gewährleistung der Einhaltung der vereinbarten Quoten, Unterstützung der Durchsetzung der Preiserhöhung durch Abstimmung des Vorgehens und Behandlung von Schlüsselkunden und Aufteilung der Geschäftstätigkeit mit spezifischen Kunden im Rahmen regelmäßiger Beratungen und Kontaktaufnahmen und gestützt durch ein neu entwickeltes und angewandtes Berichterstattungs- und Überwachungssystem betrieben und damit eine spürbare Auswirkung auf den zwischenstaatlichen Handel bewirkt. Die kartellrechtswidrigen Absprachen bezogen sich auf die Vitamine A, E, B 1, B 2, B 5, C, D 3, H, Folsäure, Betacarotin und Carotinoide und dabei gleichermaßen auf Vitamine und Vitamingemische. Letzteres ergibt sich aus den Feststellungen der Kommission in Rn. 565 und 567 letzter Spiegelstrich. Dort wird dargelegt, dass sich das Kartellverfahren befaßte mit 12 Vitaminen und mit diesen eng verbundenen Produkten. Die Beklagte und ein anderer Hersteller verkauften einen wesentlichen Teil ihrer Produktion in Form von mehrere Vitamine enthaltenden Vormischungen, deren wertbildende Bestandteile Vitamine sind, ungeachtet der Frage, ob dafür ein eigener Markt besteht. Die Vitaminmischungen waren auch Gegenstand der Kartellabsprachen. Für das Funktionieren des Kartells war es, zur Vermeidung von Versuchen, die Preis- und Marktanteilabsprachen zu unterlaufen, erforderlich, die Kartellabsprachen auch auf Vormischungen zu erstrecken.
Durch den Kartellvorstoß der Beklagten ist es zu einem Schaden der Klägerin gekommen. Der Schaden bei einem unzulässigen Preiskartell besteht in der Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten Kartellpreis und dem hypothetischen Wettbewerbspreis ohne das Preiskartell. Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass ein im Wettbewerbspreis gefundener Preis, niedriger ist, als ein kartellierter Preis. Dass und ggf. aus welchen Gründen dies hier anders gewesen wäre, hat die hierfür darlegungsbelastete Beklagte nicht dargetan. Die Differenz zwischen Wettbewerbspreis und Kartellpreis stellt einen Vermögensschaden im Sinne einer zunächst eingetretenen Vermögensminderung dar. Ob der im zuviel bezahlten Einkaufspreis liegende Schaden nachträglich verringert oder beseitigt werden kann durch Schadensabwälzung auf Dritte, ist keine Frage der Schadensentstehung, sondern der Schadenskompensation nach den Grundsätzen der Vorteilsanrechnung. Dahinstehen kann aber, ob eine Vorteilsausgleichung bei Kartellrechtsverstößen überhaupt sachgerecht ist, wogegen gewichtige Gründe sprechen. Auf jeden Fall ist für die im Rahmen der Schadensminderung zu berücksichtigenden Umstände der Schädiger darlegungs- und beweisbelastet. Die Beklagte hat aber weder substantiiert vorgetragen noch Beweis angeboten für die Behauptung einer Weitergabe der Einstands- und Herstellungskostenerhöhung an die Abnehmer. Sie ist der Verpflichtung zu substantiiertem Sachvortrag auch nicht enthoben. Entgegen ihrer Darstellung führen höhere Einkaufspreise keineswegs regelmäßig zu höheren Verkaufspreisen. Hierfür ist nicht allein die sicherlich auf Beibehaltung einer Gewinnmarge ausgerichtete Kalkulation eines wirtschaftlich handelnden Unternehmens ausschlaggebend, sondern zunächst die Frage, ob bei vitaminisierten Produkten angesichts der damaligen Kosten- und Wettbewerbssituation eine Erhöhung von Abgabepreisen überhaupt realisierbar waren. Hierzu fehlt es an jeglichem konkreten Sachvortrag der Beklagten. Sie wäre zumindest zu einer Darstellung der betreffenden Marktverhältnisse in der Lage gewesen. Erst dann wäre zum substantiierten Bestreiten die Klägerin verpflichtet zur Darlegung der Entwicklung ihrer Abgabepreise.
Der der Klägerin entstandene Schaden beläuft sich auf den von ihr geltend gemachten Betrag. Für die Feststellung der Schadenshöhe gilt § 287 ZPO, da ein Schaden eingetreten gegeben ist und ausreichende Anhaltspunkte zur näheren Bestimmung dieses Schadens gegeben sind. Anknüpfungspunkt für eine Schadensschätzung ist der nach Beendigung des Preiskartells einsetzende prozentuale Preisverfall bei den hier relevanten Vitaminen B 1, B 2, C und E und den Vitamingemischen auf der Basis von Vitamin B 2 und Vitamin E. Die in der Entscheidung der europäischen Kommission hierzu festgestellten Prozentzahlen lassen einen Rückschluß auf die Preiserhöhung während der gesamten Dauer der Kartellabrede zu. Die Tabellen über die Preisentwicklung III., V. und VIII. zeigen eine im wesentlichen gleichbleibende Beibehaltung des überhöhten kartellierten Preises. Dass der Preis unmittelbar nach Beendigung der Kartellabsprache niedriger war als der Preis vor Beginn des Kartells, steht dem nicht entgegen. Die Preisentwicklung für die streitrelevanten Vitamine war vor Beginn der Kartellabsprachen gekennzeichnet durch einen deutlichen Preisverfall, der durch die Preisabsprache zu Beginn des Kartells erst aufgehalten werden musste. Es kann angenommen werden, dass ohne die Preisabsprache der schon erhebliche Ausmaße angenommene Preisverfall sich schnell weiterentwickelt und alsbald das nach Ende der Kartellabrede in sich ergebende Preisniveau erreicht hätte.
Im Rahmen der Schadensschätzung kann auch die von der Klägerin praktizierte durchgehende Schadensberechnung zugrundegelegt werden. Eine Differenzierung bezogen auf jedes einzelne Vitaminumsatzgeschäft ist nicht erforderlich. Die Preisentwicklungen während der Laufzeit des Kartells waren, wie die Tabellen für die hier relevanten Vitamine zeigen, im Wesentlichen linear ansteigenden und/oder gleichbleibend. Preisrückentwicklung kam beim Vitamin E gar nicht und bei den übrigen hier relevanten Vitamin B 1, B 2 und C nur in ganz geringem Umfang vor.
Der Zinsanspruch der Klägerin ist begründet gemäß §§ 288, 291 ZPO.