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Zusammenfassung der Entscheidung Die Parteien hatten im April 1977 einen Handelsvertretervertrag geschlossen, aufgrund dessen die Klägerin Alleinvertreterin der Beklagten für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland war. In diesem Vertrag wurde eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten des Gerichts am Sitz der Beklagten in Italien getroffen. Nach der vorzeitigen Kündigung des Vertrages im Jahr 1980 hatte die Klägerin noch einen Provisionsanspruch gegen die Beklagte. Da sie befürchtete, dass sie diesen Anspruch nicht würde durchsetzen können, hat die Klägerin den dinglichen Arrest in das Vermögen der Beklagten, sowie zugleich die Pfändung von Forderungen gegen die in Deutschland ansässigen Drittschuldner, unter anderem eine Firma in Leverkusen (DE), beantragt. Die Beklagte rügt die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, da zwischen den Parteien bereits das Hauptverfahren vor dem zuständigen italienischen Gericht anhängig sei.
Das Amtsgericht Leverkusen (DE) bejahte seine internationale und örtliche Zuständigkeit für das Arrestverfahren. Das angerufene Gericht sei nach § 919 in Verbindung mit § 23 der deutschen Zivilprozessordung (ZPO) zuständig. § 23 ZPO eröffnet für Klagen gegen eine Person, die keinen inländischen Wohnsitz hat, eine Gerichtsstand am dem inländischen Ort, an dem die Person Vermögen hat. Bei Forderungen gilt als der Ort, wo das Vermögen sich befindet, der Wohnsitz des Drittschuldners. An dieser Zuständigkeit ändere auch die Tatsache nichts, dass die Parteien in ihrem Handelsvertretervertrag die Zuständigkeit italienischer Gerichte vereinbart hätten. Diese Vereinbarung beziehe sich nur auf das Hauptsacheverfahren; die nach § 802 ZPO ausschließliche örtliche Zuständigkeit des deutschen Arrestgerichts werde hierdurch nicht berührt. Auch die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für das Arrestverfahren sei nach Art. 24 EuGVÜ gegeben.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Der Arrestbefehl war zu bestätigen, da der zugrundeliegende Antrag zulässig und begründet ist.
Das angerufene Gericht ist, nach § 919 in Verbindung mit § 23 ZPO zuständig. Daran ändert auch nichts die Tatsache, daß die Parteien unter Punkt 17 ihres Handelsvertretervertrages die Zuständigkeit italienischer Gerichte vereinbart haben. Diese Vereinbarung bezieht sich nur auf das Hauptsacheverfahren; die nach § 802 ZPO ausschließliche Zuständigkeit des Arrestgerichts wird hierdurch nicht berührt. Auch ist die internationale Zuständigkeit des Amtsgerichts Leverkusen für das Arrestverfahren gegeben, wie sich aus Art. 24 des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) vom 27.09.1968 (Bundesgesetzblatt 1972 II Seite 773 ff) ergibt.
Die Arrestklägerin hat den Arrestanspruch, nämlich einen Provisionsanspruch schlüssig dargetan und hinreichend glaubhaft gemacht. Insoweit reicht die eidesstattliche Versicherung des Herrn G. G. vom 02.12.1980 aus. Dem ist die Arrestbeklagte nicht in erheblicher Weise entgegengetreten. Zwar hat sie mit ihrer Widerspruchsschrift zugleich Klageschrift und Klageerwiderung des in Italien anhängigen Hauptsacheverfahrens zum Beweis der dortigen Anhängigkeit vorgelegt, doch enthält die Widerspruchsschrift selbst keinerlei Sachvortrag zum Arrestanspruch. Da in letzterer Grund und Höhe des Provisionsanspruchs nicht bestritten werden und diesbezüglich auch keine ausreichende Bezugnahme auf die beigefügten Anlagen erfolgt ist, sieht das Gericht den entsprechenden Sachvortrag der Arrestklägerin dementsprechend als unstreitig an.
Schließlich sind die Voraussetzungen für die Annahme des Arrestgrundes des § 917 Abs. 2 ZPO erfüllt. Nach dieser Vorschrift ist es als ein zureichender Arrestgrund anzusehen, wenn das Urteil im Ausland vollstreckt werden müßte. Dies ist hier der Fall. Zwar verfügt die Arrestklägerin – wie sie dies auch durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung eines Herrn M. glaubhaft gemacht hat – über nicht unbedeutende Geschäftsbeziehungen zur Bundesrepublik Deutschland, aus der sich auch regelmäßig Forderungen zu ihren Gunsten ergeben, doch ist vorliegend davon auszugehen, daß die Arrestklägerin den von ihr noch zu erwirkenden Titel ganz oder doch überwiegend in Italien vollstrecken müßte. Denn zum einen ist jetzt noch überhaupt nicht abzusehen, ob die Arrestbeklagte nach dem zeitlich noch völlig ungewissen Erlaß eines gegen sie gerichteten Vollstreckungstitels noch über Vermögen in der Bundesrepublik Deutschland verfügt, zum anderen werden der Arrestklägerin die in Frage kommenden Drittschuldner in aller Regel namentlich nicht bekannt sein. Deshalb wird der Arrestklägerin schließlich nichts anderes übrig bleiben, als Vollstreckungsmaßnahmen am Sitz der Arrestbeklagten in Italien durchzuführen.
Der Arrestgrund aus § 917 Abs. 2 ZPO scheidet auch nicht aus dem Grunde aus, daß in der Hauptsache ein italienisches Gericht entscheiden wird. Allerdings wird in Rechtsprechung und Literatur teilweise die Ansicht vertreten, daß von § 917 Abs. 2 ZPO nur die Vollstreckung deutscher Urteile im Ausland erfaßt würde.
Dieser Meinung vermag sich das erkennende Gericht nicht anzuschließen, denn der Wortlaut dieser Vorschrift gibt allein für eine derart einschränkende Auslegung nichts her. Auch Sinn und Zweck der Bestimmung sprechen nicht zwingend dafür. Die Auslandsvollstreckung ist für einen deutschen Gläubiger regelmäßig mit Erschwernissen rechtlicher und tatsächlicher Art verbunden.
Die rechtlichen Schwierigkeiten mögen bei der Vollstreckung eines im Ausland erwirkten Titels in dem gleichen ausländischen Staat entfallen, die tatsächlichen Schwierigkeiten jedoch meistens nicht. Deshalb ist auch in solchen Fällen ein Sicherungsbedürfnis anzuerkennen.
Schließlich spricht auch die bereits oben erwähnte Regelung des Art. 24 EuGVÜ dafür, daß § 917 Abs. 2 ZPO nicht nur auf deutsche Urteile, sondern zumindest auch auf solche der Staaten der europäischen Gemeinschaft anzuwenden ist. Art. 24 setzt nämlich geradezu voraus, daß das Urteil in der Hauptsache in einem anderen Vertragsstaat ergeht, als die Entscheidung über einen Arrestantrag. Außerdem sind Urteile in den anderen Vertragsstaaten inländischen Urteilen grundsätzlich gleichzusetzen. Dieser Argumentation des OLG Düsseldorf (NJW 1977 Seite 2034), die dort noch weiter ausgeführt wird, schließt sich das erkennende Gericht an.