Die Klägerin begehrt die Feststellung, daß dem Beklagten gegenüber der Klägerin keinerlei Ansprüche wegen Verletzung eines Europäischen Patents zustehen.
Der Beklagte, der seinen Wohnsitz in Frankreich hat, ist Inhaber des Europäischen Patents EP ..., das mit Wirkung für die Länder Österreich, Belgien, Schweiz, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Liechtenstein, Luxemburg, Niederlande und Schweden erteilt wurde (Anlage K 3 d.A.).
Das Patent betrifft ein elektronisches Leit- und Informationssystem für den Straßenverkehr.
Die Klägerin, die ihren Sitz in München hat, hat ein Navigationssystem zum Einsatz in Landfahrzeugen entwickelt, welches sie herstellt und vertreibt. Dieses System wird u.a. in die Fahrzeuge der deutschen Firma P. eingebaut (Anlagen K 1, K 2 d.A.).
Die französische Tochtergesellschaft der Klägerin, die Firma S. S.A., lieferte an die Firma P. Navigationssysteme zum Einbau in Kraftfahrzeuge. Ob es sich dabei um die gleichen Navigationssysteme, wie die der Klägerin handelt, und wo diese gefertigt werden, ist zwischen den Parteien streitig.
Der Beklagte ließ insoweit in Frankreich ein Saisie-Verfahren durchführen und erhob im Anschluß daran gegen die Firma P. vor dem Tribunal de Grande Instance in Paris Hauptsacheklage wegen Verletzung seines Patents. Die Firma S. S.A. trat mit Schriftsatz vom 25.03.1999 dem zwischen P. und dem Beklagten geführten Rechtsstreit bei (Anlage B 1 d.A.).
Der Beklagte wandte sich ab 1997 im Zusammenhang mit seinem Patent mehrfach an die Klägerin in München.
Mit Schreiben vom 31.10.1997 schlug er unter Bezugnahme auf ein Gespräch in Berlin mit einem führenden Mitarbeiter der für Navigationssysteme zuständigen Abteilung der Klägerin bezüglich seines Patents eine Besprechung in Paris vor (Anlage K 5 d.A.).
Der französische Rechtsanwalt des Beklagten schrieb am 09.09.1998 im Zusammenhang mit der bevorstehenden Ausstellung eines mit einem Navigationssystem der französischen Tochtergesellschaft ausgestatteten Fahrzeugs auf dem Automobilsalon 1998 in Paris die Klägerin an (Anlage K 6 d.A.).
In dem englischsprachigen Schreiben heißt es u.a.:
„Having not received any answer to our letter of February 5, in this case, we remind you that Mr. ... is still convinced that the navigation system you are about to commercialize constitutes an infringement of his European patent an that for instance an exhibition of this system at the Salon de I'Automobile in Paris from September 29 to October 11 will be considered as a patent infringing action, prohibited by the law.
We emphazise that Mr. ... is firmly decided to undertake all necessary steps provided by the law, for obtaining that the rights the patent confers to him be strictly respected. ...“
Ein Mitarbeiter der Klägerin vermerkte auf dem Schreiben handschriftlich u.a.:
„... PSA stellt aus und ist bereits verklagt!“
„... Wir antworten nicht!“
Unter Hinweis auf ein Telefonat am 27.01.1999 schlug der Beklagte mit Schreiben vom 03.02.1999 an die Klägerin bezüglich des Navigationssystems eine Lizenzvereinbarung vor und unterbreitete hinsichtlich der Höhe des Lizenzsatzes konkrete Vorschläge (Anlage K 4 d.A.).
Weiter heißt es in dem englischsprachigen Schreiben:
„It is true that a constructive approach on both sides would make useless Courts judgements and appeals.“
Die Klägerin erhob mit Schriftsatz vom 22.03.1999 negative Feststellungsklage bezüglich Nichtverletzung des deutschen und französischen Teils des Europäischen Patents gegen den in Paris lebenden Beklagten.
Die Klägerin hat geltend gemacht, das Landgericht München I sei international zuständig.
Die Zuständigkeit ergebe sich aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ, da die Schreiben des Beklagten als unberechtigte Schutzrechtsverwarnung zu qualifizieren seien, eine solche Verwarnung als eine unerlaubte Handlung im Sinn von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ einzuordnen sei, und der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ auch für negative Feststellungsklagen einschlägig sei.
Eine Schutzrechtsverwarnung liege hier vor, da der Beklagte an die Klägerin ein ernsthaftes und endgültiges Unterlassungsbegehren gerichtet habe, indem er mehrfach mit gerichtlichen Schritten gedroht habe.
Der im Schreiben vom 09.09.1998 enthaltene Hinweis „alle ihm aus dem Patent zustehenden Rechte“ ziele insbesondere auf den Unterlassungsanspruch. Dies gelte umso mehr, als der Unterlassungsanspruch der einzige „Hebel“ sei, um von der Klägerin Lizenzgebühren zu erhalten.
Auch die Drohung mit gerichtlichen Schritten in dem Schreiben vom 3. Februar 1999 sei eine Verwarnung, da derartige Gerichtsentscheidungen und Berufungen sich aber grundsätzlich auch und gerade auf einen Unterlassungsanspruch bezögen.
Dazu komme, daß der Beklagte die Firma PSA, die ein potentieller Kunde der Klägerin sei, aus dem Klagepatent in Frankreich – wenn auch wegen anderer Geräte – bereits auf Unterlassung verklagt habe.
Aus dem objektiven Empfängerhorizont der Klägerin seien die zitierten Schreiben des Beklagten und seiner Vertreter daher als Unterlassungsaufforderung zu verstehen.
Da der EuGH nach ständiger Rechtsprechung den Begriff „unerlaubte Handlung“ autonom auslege, er bisher jedoch keine Gelegenheit gehabt habe, die Qualifikation der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung als „unerlaubte Handlung“ im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ zu beurteilen, seien zur Auslegung die nationalen Rechtsauffassungen der Mitgliedsstaaten heranzuziehen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der herrschenden Meinung stelle die unbegründete Schutzrechtsverwarnung nach deutschem Recht eine unerlaubte Handlung dar. Der Erfolgsort der Verwarnungen sei der Sitz der Klägerin in München.
Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ sei auch für negative Feststellungsklagen gegeben.
Die Zuständigkeit aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ sei auch für die Verletzungsklage mit umgekehrtem Rubrum gegeben.
Die behauptete Verletzungshandlung der Klägerin bestehe im Herstellen und Anbieten der vermeintlich patentverletzenden Gegenstände. Entsprechend der Fiona Shevill-Entscheidung des EuGH könne der Beklagte die Klägerin in Frankreich lediglich auf Verletzung des französischen Teils des Europäischen Patents ... verklagen, während er die Klägerin in Deutschland, dem Land des Handlungs- und Erfolgsorts, sowie dem Sitz der Klägerin, diese auf Verletzung des deutschen und aller übrigen Teile seines Europäischen Patents und insbesondere auf Schadensersatz daraus verklagen könnte.
Da negative Feststellungsklagen grundsätzlich immer auch am Wohnsitz des Schuldners erhoben werden könnten, sei, da Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ dem § 29 ZPO insoweit entspreche, auch aus diesem Grund die Klage, gerichtet auf die Feststellung des Nichtbestehens eines gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen den Parteien, in Deutschland zu erheben.
Da die deutschen Gerichte auch die einzigen seien, die, würde der Beklagte Leistungsklage erheben, über Schadensersatzansprüche in allen Ländern, in denen das Europäische Patent des Beklagten Wirkung entfalte, zu entscheiden hätten, sei das Landgericht München I auch das sachnächste Gericht.
Da der Handlungserfolg im Gerichtsbezirk des Landgerichts München I eingetreten sei, sei das Landgericht München I auch örtlich zuständig (§ 32 ZPO). Diese Zuständigkeit ergebe sich auch aus § 29 ZPO.
Die eingereichte negative Feststellungsklage sei zulässig.
Eine positive Leistungsklage habe der Beklagte bisher nicht erhoben. Der Beklagte habe lediglich die Firma P. nicht aber die Klägerin oder ihre französische Tochterfirma in Frankreich verklagt. In diesem Verfahren seien darüberhinaus nicht die von der Klägerin hergestellten Systeme, sondern die von der selbständigen französischen Tochterfirma der Klägerin hergestellten und vertriebenen Navigationsgeräte, die sich äußerlich und hinsichtlich der Software von den Geräten der Klägerin unterscheiden würden, streitgegenständlich.
Damit bestehe eine erhebliche Rechtsunsicherheit auf Seiten der Klägerin, die ein rechtliches Interesse daran habe, die Nichtverletzung des Klagepatents durch die von ihr hergestellten und vertriebenen Navigationssysteme gerichtlich feststellen zu lassen, wobei alleine die Berühmung eigener vermeintlicher Rechte zur Begründung eines Feststellungsinteresses genüge.
Dieses rechtliche Interesse entfalle nicht dadurch, dass der Klägerin möglicherweise ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Verwarnung gegenüber dem Beklagten zustehe.
Da die Klägerin nicht Partei des Verfahrens in Frankreich und auch ihre rechtliche Tochterfirma dem Verfahren lediglich beigetreten sei, komme eine Aussetzung nach Art. 21 und Art. 22 EuGVÜ nicht in Betracht.
Da die Klägerin nicht von den Merkmalen des Patentanspruchs Gebrauch mache, sei die Klage auch begründet.
Die Klägerin hat beantragt, zu erkennen:
Es wird festgestellt, daß der Beklagte aus dem deutschen Patent DE ... und aus dem französischen Patent aus dem Europäischen Patent EP ... in deren jeweiligem Geltungsbereich gegen die Klägerin keine Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz besitzt, die sich aus der Herstellung, dem Anbieten, dem In-Verkehr-Bringen und dem Besitzen des folgenden Produkts ergeben:
Elektronisches Navigationssystem für den Straßenverkehr mit ...
Auf Blatt 2 der Akten wird hierzu im übrigen Bezug genommen.
Der Beklagte rügte in der mündlichen Verhandlung vor Stellung der Anträge die internationale Zuständigkeit des Landgerichts München I.
Der Beklagte hat beantragt:
Der Rechtsstreit wird ausgesetzt, bis die Zuständigkeit des Tribunal de Grande Instance de Paris für die vorliegend streitbefangenen Ansprüche feststeht.
Für den Fall, daß die Zuständigkeit des Tribunal de Grande Instance de Paris für die vorliegend streitbefangenen Ansprüche festgestellt wird:
Die Klage wird als unzulässig zurückgewiesen.
Hilfsweise, für den Fall, daß eine Aussetzung entsprechend Antrag I. nicht erfolgt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Beklagte hat geltend gemacht, die Klage sei unzulässig, da das Landgericht München I international nicht zuständig sei und ein Feststellungsinteresse nicht gegeben sei. Zumindest sei das Verfahren auszusetzen.
Nach Art. 2 EuGVÜ sei das Wohnsitzgericht des Beklagten zuständig.
Eine besondere Zuständigkeit aufgrund einer anderen Vorschrift des EuGVÜ, insbesondere nach Art. 5, 6 oder 16, bestehe nicht.
Der Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 des EuGVÜ sei nicht eröffnet, da keine unerlaubte Handlung des Beklagten vorliege und es nicht zutreffe, dass das angerufene Gericht zuständig sei, weil es auch für eine Leistungsklage mit umgekehrtem Rubrum zuständig sei.
Dem Beklagten sei keine unerlaubte Handlung zur Last zu legen.
Streitgegenstand seien die Schreiben Anlage K 4 bis K 6 der Akten, die den Ausschnitt aus einer langen, zwischen der Beklagtenseite und der Klägerseite geführten Korrespondenz darstellten.
Die Schreiben bezögen sich auf eine im September 1998 schon fertiggestellte Ausführungsform des Navigationssystems, nämlich genau diejenige, die Gegenstand der unter Beteiligung der S. S.A. beim Tribunal de Grande Instance Paris geführten Klage sei.
Das an die Firma P. gelieferte System sei dem Beklagten bei Abfassung des Schreibens vom 09.09.1998 unbekannt gewesen.
Diese Schreiben könnten schon deswegen keine unerlaubte Handlung sein, weil es sich bei ihnen nicht um Verwarnungen handle.
Der bloße Hinweis auf ein Schutzrecht, verbunden mit der Berühmung eines Anspruchs auf Lizenzzahlungen sei kein Eingriff in einen eingerichteten Gewerbebetrieb. Ein ernsthaftes, endgültiges Unterlassungsbegehren sei in keinem der Schreiben enthalten; es handle sich lediglich um Einladungen zu Gesprächen.
Auch sei vorliegend zu berücksichtigen, daß nicht etwa ein Abnehmer angeschrieben worden sei, sondern die Klägerin als die Verwaltungsspitze des maßgeblichen Lieferanten selbst. Die Verwarnung eines Zulieferers sei jedoch – selbst wenn sie, wie hier nicht, unberechtigt wäre – kein unerlaubter Eingriff in den Gewerbebetrieb des Zulieferers.
Wenn die in Frankreich an PSA vertriebenen Navigationsgeräte nicht der Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sein sollten, dann sei die vorliegende Klage offensichtlich mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Denn die Klägerin habe das behauptete Feststellungsinteresse ausdrücklich auf die Schreiben der Beklagtenseite Anlage K 4, K 5 und K 6 der Akten gestützt, die sich auf die an PSA gelieferten und von diesen angebotenen und vertriebenen Systeme bezögen. Sofern die Klägerin ihre Ansprüche auf den Vertrieb des P.-Systems stütze, sei der Rechtsstreit gemäß Art. 21, Art. 22 EuGVÜ auszusetzen.
Die Klage sei auch unbegründet, da sowohl das P.-System als auch das Po.-System das Klagepatent verletzen würden.
Das Landgericht hat mit Teil- und Zwischenurteil folgendermaßen erkannt:
1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass der Beklagte aus dem französischen Patent aus dem Europäischen Patent EP ... gegen die Klägerin keine Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz besitzt.
2. Im übrigen ist die Klage zulässig.
Das Landgericht hat die Klage, insoweit die Feststellung begehrt wird, dass dem Beklagten keinerlei Ansprüche wegen Verletzung seines französischen Patents zustehen, als unzulässig abgewiesen, da die internationale Zuständigkeit des Landgerichts München I nicht eröffnet sei.
Es hat ausgeführt:
Da der Beklagte seinen Wohnsitz in Frankreich habe, hätte sich eine internationale Zuständigkeit nur aus Art. 5 EuGVÜ ergeben können.
Die Voraussetzungen der internationalen Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ seien nicht gegeben, da hinsichtlich der Verletzung eines französischen Patents der Gerichtsstand nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ in Deutschland nicht eröffnet sei.
Die Klägerin mache gegenüber dem Beklagten keine Ansprüche wegen der behaupteten rechtswidrigen Schutzrechtsverwarnung geltend, sondern wolle festgestellt wissen, dass dem Beklagten aus einer Verletzung seines französischen Patents keine Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche zustünden.
Eine Verwarnung führe zur Begründung des für die Zulässigkeit einer negativen Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresses, eine solche Feststellungsklage stelle jedoch keine Klage dar, die Schadensersatz wegen Eingriffs in ein sonstiges Recht nach § 823 Abs. 1 BGB bzw. Unterlassung eines Eingriffs in dieses Recht begehrt.
Eine solche negative Feststellungsklage diene vielmehr der Abwehr der Ansprüche des Abmahnenden und der Feststellung, daß seitens des Abgemahnten keine Eingriffe in immaterielle Schutzrechte der anderen Seite erfolgt seien.
Der Gerichtsstand nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ könne unter dem Gesichtspunkt einer rechtswidrigen Schutzrechtsverwarnung nicht gegeben sein, da die Klägerin weder einen Schadensersatzanspruch noch einen Unterlassungsanspruch wegen einer rechtswidrigen Schutzrechtsverletzung geltend mache, sondern sich vielmehr gegen den Vorwurf zur Wehr setze, ihrerseits durch eine rechtswidrige Handlung in Immaterialgüterrechte des Beklagten eingegriffen zu haben.
Der Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ sei für das französische Patent nicht eröffnet, da dieser Gerichtsstand für eine Patentverletzungsklage des Beklagten unter dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung nicht eröffnet wäre.
Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ könne nicht unter dem Gesichtspunkt begründet werden, daß der Erfolgsort in München gegeben sei. Wegen des im Patentrecht geltenden Territorialprinzips könne ein französisches Patent nur in Frankreich verletzt werden. Der Erfolg der Verletzung eines ausländischen Patents könne nur im Ausland eintreten.
Der Gerichtsstand könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Handlungsortes begründet werden, denn die Klägerin habe keinerlei Handlungen und Beiträge der Klägerin zu einer möglichen Verletzung des französischen Patents vorgetragen. Der Beklagte betrachtet zumindest die Klägerin für die in Frankreich behaupteten Verletzungen als mitverantwortlich, behauptet jedoch keinerlei konkrete Handlungen, die sich als Teilakt einer in München begangenen Handlung zur Verletzung des französischen Patents darstellen könnten.
Soweit die Feststellung begehrt werde, dass dem Beklagten keinerlei Ansprüche wegen Verletzung seines deutschen Patents zustünden, sei die Klage zulässig, da die internationale Zuständigkeit des Landgerichts München I eröffnet sei.
Hinsichtlich des deutschen Patents sei die internationale Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ gegeben, da Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ auch auf negative Feststellungsklagen Anwendung finde und der mögliche Tatort im Sinn von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ in München liege.
Die Klägerin habe schlüssig dargelegt, daß der Beklagte ihr gegenüber Eingriffe in seine Patente anlaste und ihm gegenüber Ansprüche im Sinn von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ geltend mache. Aus den vorgelegten Schreiben ergebe sich hinreichend, dass der Beklagte der Klägerin eine Verletzung seiner Patente anlaste. Im Schreiben vom 03.02.1999 (Anlage K 4 d.A.) habe der Beklagte eine weltweite Lizenzvereinbarung für die Navigationsprodukte der Klägerin vorgeschlagen. Das Ansinnen, Lizenzgebühren zu zahlen, unter Hinweis auf gerichtliche Auseinandersetzungen, könne seitens des Empfängers nicht anders verstanden werden, als dass ihm eine Patentverletzung vorgeworfen werde und zwar auch des deutschen Teils des Europäischen Patents.
Die Voraussetzung des Feststellungsinteresses nach § 256 Abs. 1 ZPO sei gegeben. Die Klägerin habe, da sie in Deutschland Navigationssysteme vertreibe, ein rechtliches Interesse daran, dass geklärt wird, ob dem Beklagten wegen der behaupteten Verletzung des deutschen Patents Ansprüche zustünden.
Die Klägerin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt hinsichtlich der Abweisung der Klage wegen Unzulässigkeit bezüglich des französischen Teils.
Der Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt hinsichtlich der Feststellung der Zulässigkeit der Klage bezüglich des deutschen Teils des Europäischen Patents.
Zur Berufung der Klägerin:
Die Klägerin macht geltend, die internationale Zuständigkeit des Erstgerichts sei gegeben gewesen.
Sie beabsichtige zwar, in Frankreich tätig zu werden und stehe in Verkaufsverhandlungen mit einem französischen Autohersteller. Es handle sich aber um ein anderes Gerät als das der französischen Tochtergesellschaft. Jedoch habe der Beklagte sie in Deutschland verwarnt, weshalb sie eine Klärung des Vorwurfs der Schutzrechtsverletzung wolle.
Es bestehe die gerichtliche Zuständigkeit des Begehungsorts einer unerlaubten Handlung.
Der Beklagte könnte auch Unterlassung und Schadensersatz wegen Schutzrechtsverletzung gegen die Klägerin in München geltend machen, weshalb vor dem hiesigen Gericht auch die Feststellung des Nichtbestehens von solchen Ansprüchen begehrt werden könne.
Auf jeden Fall könne sie am Begehungsort geltend machen, die Unterlassung und entstandene Schadensersatzansprüche bezüglich der Verwarnungen wegen Verletzung des französischen und deutschen Teils des Patents des Beklagten, was nunmehr hilfsweise in der Berufungsinstanz begehrt werde. Eine behauptete Patentverletzung durch ihr Gerät liege nicht vor.
Die Klägerin stellt folgenden Berufungsantrag:
1. Das Endurteil des Landgerichts München I wird in Nr. 1. abgeändert.
2. Es wird festgestellt, daß die Klage zulässig ist, insoweit die Klägerin die Feststellung begehrt, daß der Beklagte aus dem französischen Patent aus dem Europäischen Patent EP ... gegen die Klägerin keine Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz besitzt.
hilfsweise:
Das Teil- und Zwischenurteil des Landgerichts München I wird aufgehoben, soweit es die Klage als unzulässig abweist.
Es wird festgestellt, daß die Klage mit folgendem Klageantrag I. zulässig ist:
I. 1. Der Beklagte wird verurteilt, weitere Verwarnungen der Klägerin wegen Verletzung des deutschen Patents DE ... und des französischen Patents aus dem Europäischen Patent EP ... wegen der Herstellung, dem Anbieten, dem In-Verkehr-Bringen und dem Besitzen des folgenden Produkts durch die Klägerin zu unterlassen:
Elektronisches Navigationssystem für den Straßenverkehr mit ...
(im übrigen wird wegen des Antrags auf Blatt 159 d.A. Bezug genommen).
I. 2. Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Verwarnung vom 3. Februar 1999 entstanden ist und aus weiteren Verwarnungen bezüglich Handlungen nach Ziffer I. 1. in der Zukunft entsteht.
Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Der Beklagte macht geltend, die Klägerin sei nicht zur Unterlassung von patentverletzenden Handlungen aufgefordert worden; sie habe sich auch nicht angesprochen gefühlt, weil auf dem Pariser Autosalon auch nach ihrer Auffassung ein anderes Navigationsgerät ausgestellt werden sollte, nämlich ein solches der französischen Tochtergesellschaft.
Auch seien Ansprüche der Klägerin wegen Schutzrechtsverwarnung etwas anderes als Ansprüche wegen Patentverletzung.
Für eine Verletzungsklage des Beklagten gegen die Klägerin betreffend den französischen Teil des Europäischen Patents sei in Deutschland weder ein Handlungs- noch ein Erfolgsort einer unerlaubten Handlung gegeben, selbst wenn die Klägerin von Deutschland aus nach Frankreich hinein tätig wäre. Für unerlaubte Handlungen gelte bei Patentverletzungen das Schutzlandprinzip.
Die negative Feststellungsklage sei nicht am Sitz des angeblichen Verletzers möglich, sondern wie jede Klage am Sitz des Beklagten, auch wenn er in diesem Fall der Schutzrechtsinhaber sei.
Zur Berufung des Beklagten:
Der Beklagte macht geltend, hinsichtlich einer Verletzung des deutschen Teils des Europäischen Patents liege überhaupt keine Schutzrechtsverwarnung gegen die Klägerin vor; es sei keinerlei Aufforderung gegeben, entsprechende Verletzungshandlungen zu unterlassen.
Für eine negative Feststellungsklage sei eine internationale Zuständigkeit nicht gemäß Art. 5 Abs. 3 EuGVÜ am Ort der behaupteten Patentverletzung gegeben. Eine solche hätte vorliegend auch für den deutschen Teil nur am Sitz des Beklagten in Paris erhoben werden können.
Der Beklagte beantragt, das Ersturteil abzuändern, und die Klage insgesamt als unzulässig abzuweisen.
Der Beklagte beantragt die Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Entscheidung des Tribunal de Grande Instance de Paris über die vorliegend streitbefangenen Ansprüche.
Er beantragt ferner die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Auslegung des Art. 5 Abs. 3 EuGVÜ bei negativen Feststellungsklagen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin macht geltend, eine internationale Zuständigkeit sei wegen unerlaubter Handlung gemäß Art. 5 Abs. 3 EuGVÜ gegeben; es liege eine Verwarnung wegen Patentverletzung vor.
Für eine Patentverletzungsklage des Beklagten sei München als Sitz der Klägerin international zuständig und damit auch für die spiegelbildliche negative Feststellungsklage. Es sei kein Unterschied für die internationale Zuständigkeit zwischen Leistungsklage und negativer Feststellungsklage zu machen.
Im übrigen wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands auf die im Berufungsverfahren von den Parteien eingereichten Schriftsätze sowie das Ersturteil Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin bleibt erfolglos; die internationale Zuständigkeit für die erhobene negative Feststellungsklage bezüglich Patentverletzung in Frankreich des französischen Teils des Europäischen Patents ist nicht gegeben, weil kein Ausnahmetatbestand vom Grundsatz der internationalen Sitzzuständigkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ vorliegt.
Die Berufung des Beklagten hat Erfolg; auch für die erhobene negative Feststellungsklage bezüglich Patentverletzung des deutschen Teils des Europäischen Patents in Deutschland ist die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht gegeben, weil das anzuwendende EuGVÜ, anders als die deutsche ZPO, keine Möglichkeit vorsieht, eine negative Feststellungsklage am Begehungsort einer unerlaubten Handlung zu erheben. Damit ist die Klage auch insoweit unzulässig.
1. Die fehlende internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich allerdings nicht etwa aus der notwendigen Anwendung des französischen Patentrechts zur Frage der Verletzung des französischen Teils des Europäischen Patents (Art. 64 Abs. 3 EPÜ). Ist das deutsche Gericht international zuständig, so hat es gegebenenfalls nach dem auf den Fall anzuwendenden französischen Recht zu urteilen.
2. Das deutsche Gericht darf auch nicht mit dem Argument des forum non conveniens sich für unzuständig halten, weil ein besser zur Entscheidung berufenes Gericht gegeben sei. Aufgrund der Regeln des anzuwendenden EuGVÜ erscheint dies nicht zulässig.
3. Das EuGVÜ ist angesichts des Sitzes der Parteien in Deutschland bzw. in Frankreich, für die dieses Übereinkommen jeweils gilt, das anzuwendende Recht.
Ungeachtet aller nationalen Regelungen und Vorteile geht es davon aus, dass für die internationale Zuständigkeit zunächst der Sitz des Beklagten maßgeblich ist (Art. 2 Abs. 2 EuGVÜ), wobei diese Parteistellung rein formal zu beurteilen ist. Dies ist Ausdruck der Vorstellung, dass ein Beklagter sich grundsätzlich nicht auf ein Gericht eines anderen Staates soll einlassen müssen. Vorliegend wurde der Beklagte aber nicht vor den französischen Gerichten verklagt, sondern am Sitz der Klägerin.
4. Der Grundsatz wird nur durchbrochen durch die im EuGVÜ selbst festgelegten Ausnahmen (Art. 3 Abs. 1 EuGVÜ). Eine solche ist die Zuständigkeit der Gerichte im Land der begangenen unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ), dem „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“.
Dieser Begriff ist dabei als autonomer Begriff anzusehen und bezieht sich auf alle Klagen, mit denen eine Schadenersatzhaftung des Beklagten geltend gemacht wird, und die nicht an einen „Vertrag“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ anknüpfen (EuGH NJW 1988, 3088 – Kalfelis/Schröder). Bei der Auslegung dieses Begriffs ist daher nicht an die Regeln des nationalen Rechts anzuknüpfen.
Eine gegen den Beklagten geltend gemachte Patentverletzung ist demnach eine unerlaubte Handlung.
Eine solche ist nach dem Vortrag der Klägerin nicht eingetreten, ja sie droht nicht einmal. Jedoch behauptet die Klägerin, der Beklagte spreche von einer von ihr, der Klägerin, begangenen Patentverletzung, was aber nicht zutreffe.
Es geht also nicht um die Geltendmachung einer Schadenshaftung gegen den Beklagten, sondern gerade um das Fehlen einer solchen.
Bei einer solchen Konstellation ist es der Klägerin (als angeblich Verletzter) nicht gestattet, in Abweichung vom allgemeinen Grundsatz des Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ, gegen den Patentinhaber die Gerichte außerhalb des Beklagtensitzes anzurufen, obwohl eine Patentverletzungsstreitigkeit zugrunde liegt. Sie kann das forum delicti commissi gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ nicht wählen, weil sie gemäß ihrem Klageantrag nicht als der verletzte Schutzrechtsinhaber auftritt.
Dies ergibt sich auch aus der Entscheidung des EuGH im Fall Kalfelis/Schröder (aaO).
Dort ist ausgesprochen, dass die in den Art. 5 und 6 EuGVÜ aufgezählten „besonderen Zuständigkeiten“ Ausnahmen vom Grundsatz der Zuständigkeit der Gerichte des Wohnsitzstaats des Beklagten darstellen, die einschränkend auszulegen sind.
In der Entscheidung Fiona Shevill/Presse Alliance SA (EuGH NJW 1995, 1881) hat der EuGH zwar ausgesprochen, dass entsprechend dem Erfordernis einer geordneten Rechtspflege, das der besonderen Zuständigkeitsregel des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ zugrunde liegt, das Gericht jedes Vertragsstaats, in dem die ehrverletzende Veröffentlichung verbreitet und das Ansehen des Betroffenen nach dessen Behauptung beeinträchtigt worden ist, örtlich am besten geeignet sei, um die in diesem Staat erfolgte Ehrverletzung zu beurteilen und den Umfang des entsprechenden Schadens zu bestimmen.
Dem lag aber der Fall zugrunde, dass der Rechtsinhaber gegen den Verletzer mit Schadenersatzklage vorging und lediglich die Frage zu entscheiden war, ob und inwieweit der Begehungsort sowohl am Ort der Handlung als auch am Ort des Erfolgseintritts gegeben ist.
Für die Geeignetheit zur Beurteilung im Sinne einer geordneten Rechtspflege ist folgendes zu berücksichtigen:
Die häufigsten Streitpunkte der Verletzungsklagen bzw. Nichtverletzungsklagen betreffen den Schutzumfang des Streitpatents. Dieser ist jedoch bei einem Europäischen Patent überall gleich und von den Gerichten gemäß Art. 69 Abs. 1 EPÜ einheitlich zu bestimmen, wozu auch das Protokoll über die Auslegung des Art. 69 Abs. 1 EPÜ eine Anleitung gibt. Der Gesichtspunkt der Vermeidung voneinander abweichender Entscheidungen von Gerichten verschiedener Staaten außerhalb des Schutzlands erscheint demnach nicht mehr zur Berücksichtigung der Erfordernisse einer geordneten Rechtspflege als im Vordergrund stehend. Der eine Verletzung behauptende Patentinhaber darf in Ausübung seines Wahlrechts zur Klärung die Gerichte des Wohnsitzes des angeblichen Patentverletzers oder die Gerichte der Begehungsorte anrufen. Dem angeblichen Patentverletzer, der eine Klärung der Verletzungsfrage sucht, muss nicht unbedingt ein Wahlrecht eingeräumt werden.
Außerdem spricht ein weiterer Gesichtspunkt gerade gegen die Zulässigkeit eines solchen Wahlrechts bei der Erhebung einer negativen Feststellungsklage als Erfordernis einer geordneten Rechtspflege.
Hat der angebliche Patentverletzer die Möglichkeit, die negative Feststellungsklage am Ort des Erfolgs der angeblichen unerlaubten Handlung zu erheben (in einem, mehreren oder allen Verletzungsstaaten des Patents), so blockiert die dadurch entstandene Rechtshängigkeit eine Verletzungsklage des Patentinhabers nicht nur in diesen Staaten, sondern auch am Sitz des potenziellen Verletzers, weil die Streitgegenstände als gleich zu werten sind (Art. 21 EuGVÜ) (vgl. EuGH JZ 1995, 616 – Tatry). Dem Patentinhaber wird hierdurch seine Wahlmöglichkeit genommen und er darüberhinaus durch Auswahl eines in der Verfahrensweise langsamen und ihm nicht günstig erscheinenden Gerichts in der zügigen Durchsetzung seines Rechts gehemmt. Auch kommt es zu einem Wettlauf, wer von beiden Parteien seine Klage früher einreicht und damit den weiteren Fortgang bestimmt. Diese Erscheinungen sind nicht im Sinne einer geordneten Rechtspflege.
5. Dieses Ergebnis wird auch bestätigt durch die Regelung in ähnlichen Fällen, nämlich für die Gemeinschaftsmarke in Art. 93 Abs. 5, 94 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20.12.1993 über die Gemeinschaftsmarke (GemeinschaftsmarkenVO) sowie Art. 14 Abs. 5, 17 Abs. 2 des Streitregelungsprotokolls über die Verletzung und die Rechtsgültigkeit von Gemeinschaftspatenten zum Übereinkommen über das europäische Patent für den Gemeinsamen Markt vom 21.12.1989 (s. BIPMZ 1992, 42 ff.), das allerdings bisher noch nicht in Kraft getreten ist.
Danach ist eine internationale Zuständigkeit am forum delicti commissi bei Klagen auf Feststellung der Nichtverletzung einer Gemeinschaftsmarke bzw. eines Gemeinschaftspatents ausdrücklich nicht gegeben. Ebenso ist im übrigen das Gericht am forum delicti commissi nur für die im Hoheitsgebiet des Staates begangenen oder drohenden Handlungen zuständig, in dem das Gericht seinen Sitz hat.
Wenn diese Regelungen bereits bei der Verletzung von Gemeinschaftsmarken bzw. Gemeinschaftspatenten gelten, so treffen sie umso mehr auf parallele Rechte, insbesondere auf das nationale Patente beinhaltende europäische Bündelpatent zu, das aber einen einheitlich auszulegenden Schutzumfang aufweist.
6. Nachdem das angerufene Gericht international zur Entscheidung der negativen Feststellungsklage nicht zuständig ist, ist über die weitere, zur Zulässigkeit der Klage gehörende Voraussetzung, ob nach deutschem Zivilprozessrecht ein Feststellungsinteresse der Klägerin für ihre negative Feststellungsklage gegeben ist, nicht mehr zu entscheiden. Es bleibt also dahingestellt, ob die Klägerin ausreichend schlüssig hat vortragen können, der Beklagte mache eine Verletzung des deutschen sowie des französischen Teils seines Europäischen Patents durch sie geltend.
7. Zum Hilfsantrag der Klägerin.
Die von der Klägerin um den Hilfsantrag in der Berufungsinstanz erweiterte Klage ist nicht sachdienlich und daher nicht zulässig.
Die Klägerin stellt zusätzlich einen Feststellungsantrag.
Für diesen Antrag, der gegen den Beklagten nicht am Gerichtsort seines Wohnsitzes geltend gemacht wird (Art. 2 EuGVÜ), ist eine internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ gegeben.
Geltend gemacht wird hier eine unerlaubte Handlung des Beklagten durch die Zusendung von Verwarnungen bezüglich Verletzung des deutschen und französischen Teils seines Europäischen Patents. Hierfür besteht eine internationale Entscheidungszuständigkeit gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ. Es handelt sich weder um eine negative Feststellungsklage noch wird eine Patentverletzung unmittelbar verfolgt. Die Klägerin macht vielmehr geltend eine wie auch immer begründete rechtswidrige Handlungsweise des Beklagten ihr gegenüber außerhalb eines Vertragsverhältnisses.
Nach dem anzuwendenden deutschen Zivilprozessrecht ist diese Klageerweiterung in der Berufungsinstanz jedoch nicht sachdienlich (§ 523 / § 263 ZPO) und wird daher nicht zugelassen.
Die Unterlassung bzw. die Feststellung von Schadenersatzverpflichtung, um die es hier geht, betrifft nicht die früher geltend gemachte (fehlende) Patentverletzung, sondern einen anderen Sachverhalt, nämlich einen Eingriff in den Gewerbebetrieb der Klägerin. Hierüber und über die Bedeutung der Maßnahmen des Beklagten gegenüber der Klägerin besteht aber keine Einigkeit und wurde auch in 1. Instanz nichts festgestellt, da dies nicht von Erheblichkeit war. Daher müsste in der Berufungsinstanz hierüber erstmalig verhandelt und festgestellt werden.
Außerdem fehlt der Klägerin nach dem anzuwendenden deutschen Zivilprozessrecht das für eine Feststellungsklage notwendige Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO). Die Zulässigkeit einer bestimmten Klage ist kein gegenüber dem Beklagten gesondert feststellbares Rechtsverhältnis. Die Klägerin ist vielmehr darauf verwiesen, gegen den Beklagten die Leistungsklage unmittelbar zu erheben.