Die Verfügungsbeklagte zu 1) ist Eigentümerin zweier Bungalowanlagen auf G. C. Mit der Verfügungsklägerin verhandelte sie 1994 wegen des Abschlusses eines Hotel-Rahmenvertrages. Der Vertragsentwurf, der die Verfügungsbeklagte zu 1) als Vertragspartner bezeichnet, wurde von der Verfügungsbeklagten zu 1) nicht unterzeichnet. Vielmehr wurde am 02.09.1994 ein Pachtvertrag zwischen der Verfügungsklägerin und der „P H, Geschäftsführer S S Generalbevollmächtigte M S, B 8, B N“ über die beiden Bungalowanlagen geschlossen. Der auf eine Laufzeit von fünf Jahren bis zum 31.10.1999 geschlossene Vertrag sieht vor, dass die Verfügungsklägerin eine jährlich zu erneuernde Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern unter Ausschluss der Einreden der Anfechtbarkeit und Aufrechenbarkeit über 2,5 Mio. DM stellen sollte. Nach § 13 des Vertrages kann die Verfügungsbeklagte zu 1) für den Fall schuldhafter Pflichtverletzung des Vertrages durch die Verfügungsklägerin eine Vertragsstrafe in Höhe des Jahrespachtzinses, der mit 2,5 Mio. DM vereinbart war, verlangen. Wegen der Einzelheiten wird auf den schriftlichen Pachtvertrag (GA 10 ff) Bezug genommen. Unter dem 09.09.1994 erklärte die D B AG, Filiale K, in einer an „H P – Geschäftsführung – S S B 8 6 B N“ adressierten Bürgschaftsurkunde zu dem Pachtvertrag die Übernahme einer selbstschuldnerischen Höchstbetragsbürgschaft bis zu 2,5 Mio DM. Die Verfügungsklägerin ließ in der Folgezeit die Pachtanlagen durch die A S. L. betreiben. Hierüber kam es zur Korrespondenz mit der Verfügungsbeklagten zu 1). Unter dem 08.08.1995 erklärte die Verfügungsklägerin, dass der einzig maßgebliche Pachtvertrag derjenige mit der P H S. A. sei und bestätigte am 30.11.1995, dass ihr Betreibervertrag mit der A S. L. die gleiche Laufzeit habe wie der Vertrag mit P H S. A. Mit Schreiben vom 29.10.1997 teilte die Verfügungsklägerin mit, dass sie sich entschlossen habe, die Anlage ab der Wintersaison 1997/98 von einer A T S. L. betreiben zu lassen. Die Verfügungsbeklagte zu 1) widersprach dem und rügte mit Schreiben vom 20.11.1997 weiter, dass die Verfügungsklägerin sich zu Unrecht in dem Reisekatalog als Eigentümerin der Anlage ausgegeben hatte, dass die Instandhaltungsrücklage nicht gezahlt, die Pachterhöhungen gemäß dem gestiegenen Lebenshaltungsindex nicht geleistet und von der Verfügungsklägerin zu tragende Steuern nicht gezahlt waren. Schließlich erklärte die Verfügungsbeklagte zu 1) mit Schreiben vom 22. Januar 1998 die Kündigung des Vertrages. Mit Vertrag vom 01.04.1998 schloss die Verfügungsbeklagte zu 1) mit der T GmbH einen „Hotelvertrag“ über die Nutzung der Bungalowanlagen.
Die Verfügungsbeklagte zu 1), vertreten durch den Verfügungsbeklagten zu 2), nahm die D B mit Schreiben vom 11.03.1998 aus der Bürgschaft in Anspruch. Die Bank zahlte im Hinblick auf eine fehlende Vollmacht nicht aus. Die Verfügungsklägerin erwirkte bei dem Landgericht Kleve am 23.03.1998 eine einstweilige Verfügung gegen die D B, in der dieser die Auszahlung des Bürgschaftsbetrages untersagt wurde, und gegen die Verfügungsbeklagten, eine einstweilige Verfügung, in denen diesen unter Anordnung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,‑ DM untersagt wurde, die D B aus der Bürgschaft in Anspruch zu nehmen.
Die Verfügungsklägerin hat vorgetragen:
Die Verfügungsbeklagte zu 1) sei nicht aus der Bürgschaft begünstigt. Verpächter und Begünstigter aus der Bürgschaft sei vielmehr Herr S persönlich. Das Vorgehen der Verfügungsbeklagten zu 1) stelle einen offensichtlichen Rechtsmissbrauch dar, da sie, ohne Begünstigte zu sein, aus der Bürgschaft Rechte beanspruche, und zudem der Pachtvertrag nur gekündigt worden sei, um die Anlage günstiger anderweitig zu verpachten.
Die Verfügungsklägerin hat beantragt,
den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 23.03.1998 zu bestätigen.
Die Verfügungsbeklagten haben beantragt,
unter Aufhebung der Beschlussverfügung der Kammer vom 23. März 1998 das Verfügungsgesuch zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagten haben die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte und die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Kleve gerügt und dargelegt:
Verpächterin und aus der Bürgschaft Begünstigte sei nach dem Willen aller Beteiligten immer die Verfügungsbeklagte zu 1) gewesen. Wegen des vertragswidrigen Verhaltens der Verfügungsklägerin sei ihre Kündigung berechtigt gewesen. Es fehle nicht nur ein Verfügungsanspruch, sondern auch ein Grund für die einstweilige Verfügung, da Vermögensbeeinträchtigungen oder unberechtigte Rechtsnachteile durch die Inanspruchnahme der Bürgschaft nicht zu befürchten seien.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 15.06.1998 die einstweilige Verfügung mit der Maßgabe bestätigt, dass der Verfügungsbeklagten zu 1) untersagt wird, die D B aus der Bürgschaft in Anspruch zu nehmen, und dem Verfügungsbeklagten zu 2) untersagt wird, die Bank als Vertreter der Verfügungsbeklagten zu 1) aus der Bürgschaft in Anspruch zu nehmen. Das Gericht sieht seine Zuständigkeit aus § 23 ZPO als gegeben an und begründet seine Entscheidung damit, dass sich aus der Bürgschaftsurkunde nicht zweifelsfrei ergebe, wer Begünstigter sei, und diese Unsicherheit gehe bei einer Bürgschaft aufs erste Anfordern zu Lasten der Verfügungsbeklagten zu 1) mit der Konsequenz, dass ein Vorgehen aus der Bürgschaft zu untersagen sei.
Die Verfügungsbeklagten greifen diese Entscheidung mit ihrer Berufung an. Sie nehmen Bezug auf ihren Vortrag aus der ersten Instanz, den sie vertiefen, und tragen vor:
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte sei nicht gegeben, zuständig seien die spanischen Gerichte, die der Verfügungsklägerin auch ausreichenden Rechtsschutz böten. Es fehle ein Verfügungsanspruch. Bei einer Bürgschaft aufs erste Anfordern sei die Gläubigerstellung nicht im Rahmen eines einstweiligen Verfahrens zu prüfen. Im übrigen sei die Verfügungsbeklagte zu 1) Begünstigte aus der Bürgschaft und zur Geltendmachung der Rechte befugt. Es liege auch kein offensichtlicher Rechtsmissbrauch vor, da sie zu Recht den Pachtvertrag gekündigt habe und ihr umfangreiche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche gegen die Verfügungsklägerin zuständen. Angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der Vertragsparteien fehle es auch an einem Verfügungsgrund. Ein Anspruch gegen den als Vertreter der Verfügungsbeklagten zu 1) handelnden Verfügungsbeklagten zu 2) sei nicht ersichtlich.
Die Verfügungsbeklagten beantragen,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Kleve vom 15.06.1998 den Beschluss des Landgerichts Kleve 7 O 33/98 vom 23.03.1998 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Verfügungsklägerin nimmt zur Verteidigung der angefochtenen Entscheidung Bezug auf ihr erstinstanzliche Vorbringen. Sie legt vertiefend dar, dass nach der Bürgschaftsurkunde nicht die Verfügungsbeklagte zu 1) Gläubigerin der Bürgschaftsforderung sei. Die Bürgschaftserklärung habe wegen Dissens keinen Bestand. Das Vorgehen aus der Bürgschaft sei zudem rechtsmissbräuchlich, da die Verfügungsbeklagte zu 1) durch die Verpachtung an ein Drittunternehmen im Jahre 1998 zusätzliche Einnahmen neben der von ihr im voraus geleisteten Pacht habe.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht ein Verfügungsanspruch nicht zu. Daher ist das die einstweilige Verfügung bestätigende Urteil des Landgerichts Kleve abzuändern, der Beschluss über die einstweilige Verfügung vom 23. März 1998 aufzuheben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag abzuweisen.
1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die auch in der Berufungsinstanz zu prüfen ist (vgl. BGHZ 44, 46, 52; BGHZ 69, 44; BGHZ 98, 263, 270) ist für das Eilverfahren gemäß Art. 24 EuGVÜ iVm § 23 ZPO gegeben.
Im Verhältnis zwischen Spanien und Deutschland richtet sich die internationale Zuständigkeit nach den Bestimmungen des Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen (EuGVÜ). Diese Regelungen gelten in der Fassung des Übereinkommens vom 26. Mai 1989 über den Beitritt Spaniens und Portugals zum EuGVÜ, das im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland zum 01.12.1994 in Kraft getreten ist (BGBl. II 3707). Nach Art. 29 Abs. 1 des Übereinkommens ist das EuGVÜ auf Klagen anzuwenden, die nach Inkrafttreten des Übereinkommens erhoben werden. Dies trifft hier zu, da der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung im Jahre 1998 rechtshängig wurde. Unerheblich ist demgegenüber, dass der Bürgschaftsvertrag, aus dem die Ansprüche hergeleitet werden, bereits vor Inkrafttreten des Übereinkommens geschlossen wurde, denn im Hinblick auf den zeitlichen Geltungsbereich ist allein auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abgestellt.
Nach Art. 24 EuGVÜ können im Recht eines Vertragsstaates vorgesehene einstweiligen Maßnahmen bei einem Gericht dieses Staates auch dann beantragt werden, wenn für die Entscheidung in der Hauptsache das Gericht eines anderen Vertragsstaates aufgrund des Übereinkommens zuständig ist. Für das einstweilige Verfügungsverfahren ergibt sich die Zuständigkeit des Landgerichts Kleve jedenfalls aus § 937 iVm § 23 Satz 2 ZPO, da sich der Anspruch darauf richtet, eine von der D B, Filiale K, erklärte Bürgschaft nicht in Anspruch zu nehmen. Der für die Anwendung des § 23 ZPO erforderliche Inlandbezug (vgl. BGH in NJW 1991, 3092) ist damit gegeben.
Die Anwendung des § 23 ZPO ist für das Eilverfahren nicht durch das EuGVÜ ausgeschlossen, wobei dahin stehen kann, ob sich für die Hauptsache eine ausschließliche Zuständigkeit nach Art. 16 a EuGVÜ ergibt. Für das Hauptverfahren bestimmt allerdings Art. 3 Abs. 2 EuGVÜ, dass § 23 ZPO insoweit keine Anwendung findet. Die Bestimmung des Art. 24 EuGVÜ enthält eine derartige Einschränkung für das einstweilige Verfügungsverfahren aber gerade nicht. Das Übereinkommen verweist für Eilverfahren ohne Einschränkungen in vollem Umfang auf die nationalen Zuständigkeitsregelungen und damit auch auf den nach deutschem Recht anwendbaren § 23 ZPO (so auch OLG Köln in NJW-RR 1997, 59, 60; OLG Düsseldorf in NJW 1977, 2034; Schütze, Deutsches Internationales Zivilprozessrecht, 1985, Seite 183, 184; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 4. Aufl. 1997, § 15 Rn. 6; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 1991, Rn. 424; Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, 1983, § 41; Gottwald in Münchner Kommentar zur ZPO, Art. 24 EuGVÜ Rn. 5; vgl. dazu auch Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 6. Aufl. 1998, Art. 24 Rn. 8). Hierdurch entsteht allerdings die Möglichkeit, dass im Eilverfahren ein nationales Gericht zu entscheiden hat, dessen Zuständigkeit sich für ein Hauptverfahren nicht ergeben kann. Es wird daher die Ansicht vertreten, dass über §§ 937, 23 ZPO nicht ein Gericht als das Gericht der Hauptsache angesehen werden könne, dass sich im Hauptsacheverfahren wegen der Bestimmungen des EuGVÜ für international unzuständig erklären müsste (OLG Koblenz in RIW 1990, 317, 318; Schlosser, EuGVÜ, 1996, Art. 24 Rn. 2). Diese Ansicht findet in Art. 24 EuGVÜ aber keine Stütze. Die Regelung soll gewährleisten, dass das nationale Zuständigkeitsrecht auf dem Gebiet des einstweiligen Rechtsschutzes nicht beschnitten wird. Die jeweiligen nationalen Bestimmungen für Eilverfahren sollen deshalb gerade uneingeschränkt gelten. Wenn der Schuldner im Ausland wohnt und kein anderer Gerichtsstand zur Verfügung steht, wären die Rechte des Gläubigers im Eilverfahren aber beschnitten, wenn er sich nicht auf § 23 ZPO stützen kann. Es ist im Hinblick auf die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes nach den jeweiligen nationalen Zuständigkeitsregelungen hinzunehmen, dass im Einzelfall eine Gericht nur für das Eilverfahren, nicht aber für das Hauptverfahren zuständig sein kann.
2. Darauf, dass das Landgericht Kleve seine örtliche Zuständigkeit zu Unrecht bejaht habe, können die Verfügungsbeklagten ihre Berufung nicht stützen, § 512 a ZPO. Auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 04.02.1986 (NJW 1986, 2436, 2437) können sich die Verfügungsbeklagten nicht mit Erfolg berufen, denn der Sonderfall einer „überschießenden“. Sachentscheidung des Erstgerichts, das nur für einen bestimmten Anspruchsbereich zuständig ist, aber auch über sonstige Ansprüche, für die eine Zuständigkeit nicht gegeben war, entscheidet, liegt hier nicht vor.
3. Der Verfügungsklägerin steht ein Anspruch darauf, der Verfügungsbeklagten zu 1) zu untersagen, die D B aus der Bürgschaft in Anspruch zu nehmen, nicht zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus der Verletzung einer Nebenpflicht zu dem Pachtvertrag (positive Vertragsverletzung) noch aus § 1004 BGB oder aus unerlaubter Handlung, § 823 Abs. 1 BGB.
Bei dem Bürgschaftsversprechen der D B handelt es sich um eine Bürgschaft auf erstes Anfordern. In der Bürgschaftserklärung vom 09.09.1994 hat die D B erklärt, dass sie sich zur Zahlung des Bürgschaftsvertrages bis zum Höchstbetrag von 2,5 Mio. DM unter Verzicht auf die Einreden der Anfechtung, der Aufrechnung und der Vorausklage auf erstes Anfordern verpflichtet. Bei einer derartigen Bürgschaft auf erstes Anfordern braucht der Gläubiger nicht im einzelnen vorzutragen, dass die gesicherte Hauptforderung besteht (BGH in NJW 1997, 255). Es reicht vielmehr aus, wenn er das erklärt, was als Voraussetzung in der Bürgschaft niedergelegt ist (BGH in NJW 1994, 380, 381; in NJW 1996, 193, 194; in NJW 1997, 255; OLG Köln in WM 1998, 1443; OLG Düsseldorf in ZIP 1994, 203, 203). Die Bürgschaft auf erstes Anfordern soll dazu dienen, anstelle des früher gebräuchlichen Bardepots dem Gläubiger sofort liquide Mittel zu verschaffen. Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn alle Streitfragen tatsächlicher und rechtlicher Art, welche die Begründetheit der Hauptforderung betreffen, in den Rückforderungsprozess verwiesen werden. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur insoweit, als klar auf der Hand liegt, dass der Gläubiger formal nicht berechtigt ist (BGH in NJW 1997, 255).
a) Unter Berücksichtigung dieser Intention der Bürgschaft auf erstes Anfordern kann die Verfügungsklägerin ihren Untersagungsanspruch nicht darauf stützen, dass die Verfügungsbeklagte zu 1) nicht Gläubigerin des Bürgschaftsanspruches sei. Denn das Fehlen dieser Rechtsstellung liegt nicht klar auf der Hand. Es ergibt sich vielmehr im Gegenteil, dass die Verfügungsklägerin Gläubigerin des Ansprüche ist.
aa) Auch wenn die Verfügungsbeklagte zu 1) in dem Text der Bürgschaftserklärung nicht eindeutig als Gesellschaft bezeichnet ist, so rechtfertigt dies keinen klar auf der Hand liegenden Zweifel an ihrer Gläubigerstellung. Die Auslegung der Bürgschaftserklärung ergibt, dass diese zugunsten der Verfügungsbeklagten zu 1) als Verpächterin der Bungalowanlagen erklärt wurde. Ein Dissens liegt nicht vor.
Der Bürge muss seine Erklärung so gegen sich geltend lassen, wie sie aus der Sicht des Gläubigers mit Rücksicht auf die ihm erkennbaren Umstände aufzufassen ist (BGH in ZIP 1998, 106, 107). Maßgeblich ist in erster Linie der Wortlaut der Bürgschaftserklärung. Begleitumstände können in die Auslegung miteinbezogen werden, soweit sie für den Gläubiger einen Schluss auf den Sinngehalt der Bürgschaftserklärung zulassen (BGH in ZIP 1998, 106, 107). In der Bürgschaftsurkunde heißt es einleitend, dass die Bürgschaft zu dem Pachtvertrag über die beiden Bungalowanlagen zugunsten des Verpächters übernommen wird. Adressiert ist die Bürgschaftserklärung an „H P – Geschäftsführung – S S, B 8, 6 B N“. Aus der Sicht des Erklärungsempfängers ergibt sich aus dem Wortlaut und dem Sinn der Erklärung, dass die Bürgschaft nicht zugunsten irgendeiner juristischen oder natürlichen Person abgegeben werden sollte, sofern diese nicht Verpächter ist, sondern allein gegenüber dem tatsächlichen Verpächter, dessen Pachtforderungen gesichert werden sollten. So hat die D B in dem einstweiligen Verfügungsverfahren der Verfügungsklägerin gegen sie in der Berufungsinstanz ausdrücklich vorgetragen: „Sie (die D B hatte den Willen, dem Verpächter, wer es auch immer gewesen sein mag, eine entsprechende Sicherheit auszustellen“ (Seite 18 der Berufungsbegründung OLG Düsseldorf 15 U 176/98). Empfänger der Bürgschaftserklärung war Herr S als „Geschäftsführung H P“. Für ihn ergab sich, wie dargelegt, dass die Bürgschaft nur zugunsten des Verpächters ausgestellt war. Verpächter wiederum war aus seiner zutreffenden Sicht die P H S. A., das heißt eine Gesellschaft, nicht er als Privatperson. Denn die Auslegung des Pachtvertrages ergibt, dass dieser zwischen der Verfügungsklägerin und der Verfügungsbeklagten zu 1) zustande gekommen war. Der Vertrag weist als Verpächter die P H, Geschäftsführung S S aus. Dies ist nach dem Wortlaut eine nicht eindeutige Erklärung, weil sie sich durch die Bezeichnung Geschäftsführung auf eine Gesellschaft als Verpächter beziehen kann als auch auf Herrn S persönlich, der unter einer Geschäftsbezeichnung handelt. Auch nachträgliches Verhalten der Vertragsparteien ist angesichts bestehender Unklarheiten des Wortlautes bei der Auslegung von Verträgen zu berücksichtigen. Das nachträgliche Verhalten kann zwar den bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachten objektiven Gehalt der wechselseitigen Vertragserklärungen nicht mehr beeinflussen (BGH in NJW 1988, 2878, 2879). Für die Auslegung hat es aber Bedeutung, weil sich daraus Anhaltspunkte für den tatsächlichen Willen der Vertragsparteien ergeben können (BGH in WM 1998, 106, 107; in WM 1994, 267, 268). Das Verhalten der Parteien nach Vertragsschluss belegt, dass die Verfügungsklägerin und die Verfügungsbeklagte zu 1) übereinstimmend bei Vertragsschluss davon ausgegangen waren, dass die Verfügungsbeklagte zu 1) Verpächter war. Denn die Pachtzahlungen erfolgten auf ein Konto der Verfügungsbeklagten zu 1). Die Verfügungsklägerin korrespondierte mit der Verfügungsbeklagten zu 1) wegen Streitfragen zu dem Pachtvertrag, ohne jeglichen Hinweis darauf, dass diese aus dem Vertrag gar nicht berechtigt sei. Da sich bei zutreffender Wertung dieser Umstände ergab, dass die P H S. A. Verpächter war, dann konnte und musste die Bürgschaftserklärung auch in dem Sinne verstanden werden, dass daraus diese Gesellschaft als Verpächter begünstigt werden sollte. Danach liegt kein Dissens vor, sondern es bestehen übereinstimmende Willenserklärungen, das die Verfügungsbeklagte zu 1) als Verpächterin aus der Bürgschaft begünstigt werden sollte.
bb) Sogar dann, wenn man davon ausginge, Herr S persönlich, nicht die Verfügungsbeklagte zu 1) sei ursprünglich Gläubiger des Bürgschaftsanspruches geworden, ist die Gläubigerstellung der Verfügungsbeklagten zu 1) im Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Bürgschaft ausreichend belegt. Denn die Verfügungsklägerin hat selbst unter dem 08.08.1995 erklärt, dass die P H S. A. Verpächterin ist. Bei einem Wechsel des Verpächters, der angesichts dieser Erklärung anzunehmen wäre, wenn zunächst Herr S Verpächter war, ist aber die Gläubigerposition aus der Bürgschaft auf die Verfügungsbeklagte zu 1) übergegangen, § 401 BGB. Bei einer Bürgschaft aufs erste Anfordern geht mit der Abtretung der Hauptforderung auch das Recht die zur Fälligstellung der Bürgschaft erforderlichen Erklärungen abgeben zu können auf den neuen Gläubiger über (BGH in NJW 1987, 2075). Ein Streit über die materielle Berechtigung des neuen Gläubigers wird auf diese Weise wiederum in einen möglichen späteren Rückgriffsprozess verlagert (BGH in NJW 1987, 2075). Ein offensichtlicher Rechtsmissbrauch der Verfügungsbeklagten zu 1), der eine Untersagungsverfügung rechtfertigen könnte, ergibt sich angesichts dieser gesetzlichen Regelungen gerade nicht.
b) Ein offensichtlicher Rechtsmissbrauch der Verfügungsbeklagten zu 1) aus anderen Gesichtspunkten hat die Verfügungsklägerin nicht dargelegt. Es ist nicht offensichtlich, dass die Kündigung nur vorgeschoben ist um im Wege des Vertragsbruches höhere Einnahmen zu erzielen, noch ist offensichtlich, dass keine gesicherten Ansprüche der Verfügungsbeklagten zu 1) bestehen können. Die Verfügungsbeklagte hat Zahlungsansprüche gegen die Verfügungsklägerin wegen behaupteter Vertragsverletzungen dargelegt. Der streitige Vortrag der Verfügungsklägerin, die Verfügungsbeklagte zu 1) sei anderweitig gesichert und habe angesichts der Pachtzahlung im voraus allenfalls geringe Ansprüche, mag in einem eventuellen Rückforderungsprozess zu klären sein. Ein offensichtlicher Rechtsmissbrauch, eine klar erkennbare missbräuchliche Ausnutzung einer formalen Rechtsposition, der eine Unterlassungsverfügung rechtfertigen könnte, ist nicht vorgetragen und nicht mittels liquider Beweismittel belegt.
4. Ein Verfügungsanspruch gegen den Verfügungsbeklagten zu 2) ist nicht gegeben. Der Verfügungsbeklagte zu 2) hat als Vertreter der Verfügungsbeklagten zu 1) die Rechte der Gläubigerin aus der Bürgschaft geltend gemacht. Insoweit scheiden eigene Ansprüche gegen ihn aus positiver Vertragsverletzung oder § 1004 BGB aus. Für den Tatbestand einer unerlaubten Handlung des Verfügungsbeklagten zu 2) ist nichts ersichtlich. Ein rechtswidriger Eingriff in den ausgeübten Gewerbebetrieb der Verfügungsklägerin liegt nicht vor. Es ergibt sich zudem überhaupt kein Anhalt, dass der Verfügungsbeklagte zu 2) im Falle der Untersagungsverfügung gegen die Verfügungsbeklagte zu 1) selbständig weiterhin Rechte aus der Bürgschaftsurkunde geltend gemacht hätte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Das Urteil ist rechtskräftig, da eine Revision nicht statthaft ist, § 545 Abs. 2 Satz 1 ZPO.