Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob der Antragsgegner unter kennzeichenrechtlichen Aspekten ermächtigt ist, die Internet-Domain „intershopping.com“ für sich registrieren zu lassen.
Die Antragstellerin firmiert, wie aus dem Rubrum ersichtlich.
Die Antragstellerin ist Inhaberin der Wortmarke „intershop“, die Schutz für die Waren und Dienstleistungen „Software Programme zur Verwendung im Internet; Telekommunikation; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung“ beansprucht. Sie wurde eingetragen am 20.09.1996.
Die Antragstellerin behauptet, daß Anmeldetag der Marke der 21.03.1996 gewesen sei.
Die Antragstellerin stellt Software für den Handel im Internet her und vertreibt diese. Ausweislich der eigenen Werbung umfasst die Software der Antragstellerin alle Komponenten, um Shops im Internet aufzubauen und einfach zu verwalten (AST 4). Auf diesem Sektor ist die Antragstellerin Marktführer in Deutschland.
Der Antragsgegner ist Inhaber der Internet-Domain „intershopping.com“. Die Internet-Domain ist seit dem 13.05.1996 registriert (AST 7).
Unter der angegriffenen Internet-Domain wird von einer niederländischen Firma ein elektronisches Warenkorbsystem betrieben. Dabei können die Waren und Dienstleistungsbereiche „Billig Telefonieren, Bücher/Bestseller, Deutsche KFZ-Nummernschilder, Ernährungsergänzung, Gesundheit, Hautpflege, Immobilien, Kinderpflege, Kleinanzeigen, Kosmetik, Krankenversicherung, Parfüm, Wunschkarten, Viagra“ ausgewählt werden (AST 9). Im Rahmen des Warenbereichs Bücher werden auch Bestseller zu dem Themenbereich „Computer und Internet“ angeboten (AST 10 und AST 11).
Am 16.07.1999, konkretisiert durch den Schriftsatz vom 21.07.1999, beantragte die Antragstellerin, dem Antragsgegner bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung „Intershopping“ als eigenständige Bezeichnung im Zusammenhang mit dem Vertrieb für Waren oder Dienstleistungen über das Internet zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, insbesondere die Bezeichnung „intershopping“ als Domain-Namen im Internet zu beanspruchen.
Die Kammer hat dem Antrag durch Erlaß der einstweiligen Verfügung vom 23.07.1999 entsprochen.
Am 02.08.1999 legte der Antragsgegner Widerspruch ein. Er bestritt die Zuständigkeit des angegangenen Gerichts und hält sich für nicht passivlegitimiert.
Des weiteren macht der Antragsgegner geltend, daß die Wortmarke „intershop“ nicht hätte eingetragen werden dürfen. Schließlich wird vorgetragen, daß die Domain-Bezeichnung keine kennzeichenmäßige Individualisierung im Geschäftsbereich sei.
Des weiteren seien die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen der Streitparteien sehr unterschiedlich, weshalb Verwechslungsfähigkeit ausscheide.
Zuletzt macht der Antragsgegner prioritätsältere Kennzeichenrechte geltend.
Der Antragsgegner beantragte deshalb, die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 23.07.1999 wird aufgehoben und der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Die Antragstellerin beantragte die Bestätigung der einstweiligen Verfügung vom 23.07.1999.
Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, daß wegen der Besonderheiten des Mediums „Internet“ bereits die Homepage selbst als Ware anzusehen sei und deshalb die im Markenrecht geforderte Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit keine Anwendung finden könne. Im übrigen hebt die Antragstellerin hervor, daß beide Parteien über das Internet Waren bzw. Dienstleistungen vertreiben. Das Angebot der Antragstellerin beinhalte die Software zur Erstellung von Warenkorbsystemen, wie sie der Antragsgegner betreibt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 21.09.1999 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 23.07.1999 war zu bestätigen, weil die Antragstellerin gegen den Antragsgegner einen zulässigen und begründeten Verfügungsanspruch bei Vorliegen eines Verfügungsgrundes hat.
1. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung war zulässig. Gegenstand von Zweifeln könnte allein die internationale und die örtliche Zuständigkeit des angegangenen Gerichts sein.
Die Einwendungen des Antragsgegners gegen die Zuständigkeit der angerufenen Kammer greifen jedoch nicht durch.
a) Dem Antragsgegner konnte die einstweilige Verfügung der Kammer am 02.08.1999 unter der ursprünglich angegebenen Adresse in Deutschland zugestellt werden. Dies ergibt sich aus der Anlage zur Zustellungsurkunde vom 02.08.1999 des Obergerichtsvollziehers H. in B.-K. Nachdem Kennzeichenrechtsverletzungen als unerlaubte Handlungen im Sinne von § 32 ZPO anzusehen sind, hat die Antragstellerin die Wahl, an welchem Ort der unerlaubten Handlung der Antragsgegner in Anspruch genommen wird. Nach ständiger Rechtsprechung des angegangenen Gerichts ist Ort der unerlaubten Handlung bei Kennzeichenrechtsverletzungen durch das Internet jeder Ort, an welchem die Internet-Domain bestimmungsgemäß abgerufen werden kann (vgl. Zöller, ZPO, 21. Aufl., § 32 Rn. 17).
Insofern ist der Gerichtsstand München und somit die internationale Zuständigkeit begründet.
Die etwaige Verlegung des Wohnsitzes des Antragsgegners in die Niederlande spielt für die einmal begründete Rechtshängigkeit keine Rolle (§ 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO).
b) Aber selbst bei Unterstellung eines Wohnsitzes des Antragsgegners in den Niederlanden ergibt sich der Gerichtsstand München aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ Danach können Personen mit Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem bei unerlaubten Handlungen oder diesen gleichgestellten Handlungen das schädigende Ereignis eingetreten ist.
2. Der Verfügungsantrag ist begründet.
Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung der Internet-Adresse „intershopping.com“ aus § 14 Abs. 5 iVm Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
a) Die Anwendung deutschen Rechts ergibt sich aus Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB. Danach spielt es keine Rolle, ob die Internet-Domain in den USA registriert ist. Nach der genannten Vorschrift kann der Verletzte verlangen, daß anstelle des Rechts des Staates des Handlungsorts das Recht des Staates des Erfolgsorts angewendet wird. Nachdem die deutschen Internetseiten in der Bundesrepublik Deutschland abgerufen werden können, ist deutsches Recht anzuwenden.
b) Der Unterlassungsanspruch besteht, weil die sich gegenübertretenden Bezeichnungen und die sich gegenübertretenden Waren und Dienstleistungen Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG begründen.
aa) Die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen „intershop“ und „intershopping“ sind verwechslungsfähig. Für die Frage der Verwechslungsfähigkeit sind hierbei die Erfahrungsgrundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung anzuwenden. Dabei ist festzuhalten, daß der Betrachter eine Kennzeichnung grundsätzlich als Einheit ansieht. Für die Prägung der jeweiligen Zeichen ist Von Bedeutung, daß gerade der Anfang eines Begriffs dessen Gesamteindruck wesentlich mitbestimmt (BGH GRUR 1996, 200, 201 – „Innovadiclophlont“).
Bei der Prüfung der Verwechslungsfähigkeit ist ferner zugrundezulegen, daß die übereinstimmenden Merkmale der sich gegenüberstehenden Bezeichnungen stärker hervortreten als die Unterschiede. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Übereinstimmungen quantitativ überwiegen und außerdem den Wortanfang bilden (BGH GRUR 1993, 118, 120 – „Corvaton/Corvasal“).
So verhält es sich auch hier. Bei beiden sich gegenüberstehenden Bezeichnungen handelt es sich um Einwortzeichen, die zu Wortbeginn identisch sind. Die Domain-Bezeichnung des Antragsgegners enthält zusätzlich die Silbe „ping“, die jedenfalls von einem bedeutenden Teil des angesprochenen Verkehrs als englische Verlaufsform identifiziert wird und keinen eigenen kennzeichnenden Charakter aufweist.
bb) Bei der gegebenen Verwechslungsfähigkeit der sich gegenüberstehenden Bezeichnungen bedarf es zur Begründung einer Verwechslungsgefahr keiner Waren- oder Dienstleistungsidentität. Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren zu berücksichtigen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH, GRUR Int. 1998, 875, 876 – „Canon“).
Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen sind sachlich nicht soweit Von einander entfernt, daß die Verwechslungsgefahr entfiele. Unter der vom Antragsgegner gehaltenen Internet-Domain werden Waren und Dienstleistungen im Internet angeboten. Die Antragstellerin ist Marktführerin für Software, die Unternehmen ermöglichen soll, Warenkorbsysteme einzurichten. Es handelt sich zwar dabei nicht um identische Waren und Dienstleistungen; es liegen jedoch Komplementprodukte vor. Bei sich einander ergänzenden Waren oder Dienstleistungen ist jedoch Warenähnlichkeit im Sinne Von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG anzunehmen (EuGH, aaO, 877).
c) Der Antragsgegner ist Störer im kennzeichenrechtlichen Sinn, weil er die Internet-Domain für seinen Namen hat eintragen lassen (vgl. Ingerl/Rohnke, Vor §§ 14 – 19 Rn. 10). Störer ist jeder, der adäquat kausal an einer Kennzeichenverletzung mitwirkt und die Möglichkeit hat, sie zu verhindern.
d) Für das Verhältnis der eingetragenen Marken zu Internet-Domains ist grundsätzlich keine andere Beurteilung anzulegen als für andere Bezeichnungen. Gegenständlich wird unter der Internet-Domain, die von der Antragstellerin angegriffen worden ist, ein Waren- und Dienstleistungsangebot unterbreitet, das insgesamt – wie unter lit. b) ausgeführt – als die Verwechslungsgefahr begründend zu der Kennzeichnung der Antragstellerin und ihren Waren und Dienstleistungen anzusehen ist.
e) Originäre Kennzeichnungsschwäche der Bezeichnung „intershop“ ist nicht anzunehmen. Das Zeichen besteht nämlich nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Einzuräumen ist, daß der zusammengesetzte Begriff „intershop“ aus zwei nicht kennzeichnungskräftigen Bestandteilen besteht. Durch das Zusammenfügen der beiden Bestandteile entsteht jedoch ein Kunstwort, das so weder in der deutschen noch in der englischen Sprache gebräuchlich ist. Infolge dessen entsteht ein neuer kennzeichnungskräftiger Begriff.
f) Der Antragsgegner kann sich auch nicht auf einen Wegfall der Wiederholungsgefahr berufen. Die angegriffene Domain besteht für das Waren- und Dienstleistungsangebot nach wie vor fort. Die Tatsache, daß die Übertitelung der Domain-Seiten nunmehr „Internet Shopping“ lautet, läßt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen.
g) Zuletzt kann der Antragsgegner auch keine bessere Priorität an Kennzeichenrechten für sich in Anspruch nehmen. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, daß ihre Marke mit der Bezeichnung „intershop“ am 21.03.1996 angemeldet worden ist. Demgegenüber existiert die Internet-Domain erst seit dem 13.05.1996 (Anlage AST 7). Die bestrittene Behauptung des Antragsgegners, dass bereits im Jahr 1995 eine Nutzung der Bezeichnung erfolgt sein soll, reicht nicht aus, um ein prioritätsälteres Kennzeichenrecht zu begründen.
h) Der Verfügungsgrund ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von § 25 UWG.