Die Klägerin, eine Körperschaft öffentlichen Rechts, vertritt die beruflichen Interessen der im Bereich der Oberfinanzdirektion Münster bestellten Steuerberater und Steuerbevollmächtigten sowie der in diesem Bereich anerkannten Steuerberatungsgesellschaften.
Der Beklagte ist deutscher Staatsangehöriger. Er unterhält in … ein Büro, in dem er Steuerberatungen durchführt. Mit Schreiben vom 09.03.1995 warb er gegenüber Gewerbetreibenden in Deutschland, die in der Tagespresse eine Geschäftseröffnung bekannt gegeben hatten, unter der Bezeichnung „Belastingadviseur (Steuerberater-NL)” und bot Beratung in
– unternehmerischer Hinsicht
– betriebswirtschaftlichen Aspekten
– Buchführungsfragen
– sowie in steuerlichen Fragen
an.
Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf Blatt 7 der Akten verwiesen.
Die Klägerin erblickt darin einen Verstoß gegen § 3 UWG, weil der Beklagte – unstreitig – nicht über die nach dem deutschen Steuerberatungsgesetz erforderlichen Voraussetzungen für die Hilfeleistung in Steuersachen verfügt.
Das Landgericht hat den Beklagten durch Urteil vom 29. November 1995 unter Androhung von Ordnungsmitteln antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen,
a) umfassende Steuerrechtshilfe, insbesondere Beratung in Buchführungsfragen sowie in steuerlichen Fragen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder durchzuführen,
b) die Bezeichnung „Belastingadviseur” (Steuerberater-NL) im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, solange ihm die dazu notwendigen berufsrechtlichen Voraussetzungen fehlen, zu benutzen und damit zu werben.
Wegen des Inhalts des Urteils im einzelnen wird auf Bl. 42 ff der Akten verwiesen.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der er sein Klageabweisungsbegehren aus erster Instanz weiterverfolgt.
Unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages hält sich der Beklagte im Rahmen der EG-Dienstleistungsfreiheit für berechtigt, auch in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Kunden steuerlich zu beraten, da er nach niederländischem Recht die Eignung erworben habe, Steuerrechtssachen zu bearbeiten. Er verweist in diesem Zusammenhang auf seine entsprechende Eintragung im Handelsregister der in … (vgl. Fotokopie Bl. 27 der Akten sowie die Übersetzung Bl. 92 der Akten). Seine eigentliche Tätigkeit werde der Beklagte auch weiterhin auf das Ausland beschränken. Demgemäß verfüge er auch nicht über eine Niederlassung in Deutschland und beabsichtige auch nicht, eine solche Niederlassung zu gründen, ohne die hierzu erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Soweit er nicht in den Niederlanden ansässige deutsche oder niederländische Kunden betreue, beschränke sich seine Tätigkeit darauf, lediglich vorübergehende Hilfeleistung in Steuersachen von den Niederlanden aus zu erbringen. Diese Tätigkeit halte sich im Rahmen der EG-Dienstleistungsfreiheit, auf die sich der Beklagte auch als deutscher Staatsangehöriger berufen könne.
Der Beklagte beantragt, abändernd die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages ist die Klägerin nach wie vor der Ansicht, daß die beanstandete Werbung und die darin angebotene Tätigkeit gegen das Steuerberatungsgesetz verstoßen würden und damit zugleich wettbewerbswidrig nach §§ 1, 3 UWG seien. Der Beklagte spiegele durch das Werbeschreiben deutschen Interessenten vor, auch im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geschäftsmäßig umfassende Hilfe in Steuersachen anbieten und gewähren zu dürfen, obwohl das nicht der Fall sei. Solche verbotene Steuerberatertätigkeit stelle zugleich auch einen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG dar. Zu Recht habe das Landgericht dem Beklagten auch untersagt, die Bezeichnung „Belastingadviseur (Steuerberater-NL)” im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen. Auch insoweit sei die Klage aus §§ 1, 3 UWG begründet, da der Beklagte sich mangels entsprechender gesetzlicher Voraussetzungen nicht als Steuerberater bezeichnen dürfe. Auf die EG-Dienstleistungsfreiheit könne sich der Beklagte nicht berufen.
Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klage ist zulässig. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts Münster ist nach § 512 a ZPO in der Berufungsinstanz nicht mehr überprüfbar, nachdem das Landgericht Münster seine örtliche Zuständigkeit bejaht hat.
Die internationale Zuständigkeit, die auch in der Berufungsinstanz noch überprüfbar ist, ist hier nach Art. 2 GVÜ gegeben, da der Beklagte seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat. Ferner ist die internationale Zuständigkeit vorliegend auch noch nach Art. 5 Ziffer 3 GVÜ gegeben, da der Erfolg der beanstandeten Werbung, die als Wettbewerbsverstoß zugleich auch eine unerlaubte Handlung im Sinne dieser Vorschrift darstellt, durch die Versendung des Werbeschreibens an Empfänger in der Bundesrepublik Deutschland ebendort eingetreten ist.
Das Klagebegehren und ihm folgend der Verbotstenor des angefochtenen Urteils sind auch hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO. Was unter Steuerrechtshilfe zu verstehen ist, die dem Beklagten nach Ziff. 1 a des angefochtenen Urteils verboten ist, ist durch die gesetzliche Definition in § 1 Steuerberatungsgesetz genügend klar umrissen. Unter Ziffer 1 b wird dem Beklagten eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen verboten, was wegen der generellen Fassung des Verbotes keinen Zweifel über den Umfang des Verbotes aufkommen lassen kann.
Die Klägerin ist auch klagebefugt im Sinne des § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG. Die Kammern der freien Berufe werden in ständiger Rechtsprechung als klagebefugt im Sinne dieser Vorschrift angesehen (BGH GRUR 1987, 444 – laufende Buchführung). Als Körperschaft des öffentlichen Rechts für die steuerberatenden Berufe kann bei der Klägerin auch ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass ihr eine ausreichende Anzahl von Mitgliedern im Sinne des § 13 Abs. 2 Ziffer 2 UWG angehört.
Die Klage ist auch begründet. In dem beanstandeten Rundschreiben vom 09. März 1995 bietet der Beklagte umfassende Hilfeleistung in Steuersachen an. Damit besteht zugleich auch die Gefahr, daß der Beklagte diese Hilfe tatsächlich leistet. Seine gegenteilige Einlassung ist unbeachtlich, da sie dem eigenen Beratungsangebot widerspricht. Soweit der Beklagte damit nur meint, daß er diese Hilfeleistung in Steuersachen von seinem Büro in den Niederlanden aus erbringen will, ist dies im vorliegenden Zusammenhang unbeachtlich. Denn auch dann, wenn der Beklagte seine Tätigkeit nur von dort aus erbringt, tritt der Beratungserfolg doch im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein, soweit nämlich hier ansässige Mandanten beraten werden. Es handelt sich auch dann nicht um eine Beratungstätigkeit in den Niederlanden, sondern um eine in Deutschland, die lediglich von den Niederlanden aus erbracht wird. Mithin besteht auch nach dem eigenen Vortrag des Beklagten die Gefahr, daß er im Gebiet der Bundesrepublik Hilfeleistungen in Steuersachen nicht nur bewirbt, sondern auch tatsächlich erbringt.
Solche Hilfeleistung in Steuersachen ist dem Beklagten gem. § 5 Abs. 1 Steuerberatungsgesetz verboten, da er nicht zu den in den §§ 3 und 4 Steuerberatungsgesetz genannten Personen gehört, die solche Hilfeleistungen allein erbringen dürfen.
Der Beklagte kann sich für die Zulässigkeit solcher Hilfeleistungen in Steuersachen auch nicht auf die Grundsätze des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 59 EGV berufen. Dies folgt zwar nicht bereits daraus, daß der Beklagte deutscher Staatsangehöriger ist. Denn auch ein Inländer, der seine Tätigkeit ins Ausland verlegt, kann die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 59 EGV für sich in Anspruch nehmen, wenn er Dienstleistungen von seiner Auslandsniederlassung aus im Inland erbringen will (EUGHE 79, 399 – Knors). Allerdings darf ein Inländer die nach Art. 59 EGV garantierte Dienstleistungsfreiheit nicht dazu mißbrauchen, um dadurch inländische Berufsbeschränkungen zu umgehen (EUGHE 74, 1299 – van Binsbergen)
Der Beklagte kann sich aber deshalb hier nicht auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 59 EGV berufen, weil es sich bei seiner Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland um reine Inlandstätigkeit handelt und nicht um grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr, für den Art. 59 EGV allein gilt.
Um Art. 59 EGV in Anspruch nehmen zu können, ist es erforderlich, daß der Leistungserbringer in einem anderen Staat ansässig ist als der Leistungsempfänger. Das setzt voraus, daß der Beklagte als in den Niederlanden ansässig angesehen werden kann, wenn er Hilfeleistungen in Steuersachen in der Bundesrepublik Deutschland erbringen will, daß er also in den Niederlanden zumindest eine berufliche Niederlassung hat und daß er von dieser Niederlassung aus – vorübergehend – Dienstleistungen in der Bundesrepublik erbringt.
An einer solchen Niederlassung des Beklagten in den Niederlanden fehlt es hier. Nach den eigenen Angaben des Beklagten im Senatstermin handelt es sich bei seinem Büro um einen angemieteten Hoteltrakt, in dem ein Großraumbüro von 20 X 25 qm eingerichtet ist. Dieses Büro teilt sich der Beklagte mit etwa 20 Kollegen entsprechend einem Arbeitsverteilungsplan, nach dem jeweils bis zu 4 Personen in dem Büro gleichzeitig arbeiten können. Eine gemeinsame Büroangestellte arbeitet dort ebenfalls noch, so daß das Telefon in der Regel besetzt ist, andernfalls ist ein Anrufbeantworter eingeschaltet. Der Beklagte selbst will etwa 3 – 4 mal im Monat in diesem Büro sein.
Eine solche spärliche Büroorganisation reicht nicht aus, um als berufliche Niederlassung des Beklagten, etwa im Sinne des Art. 52 EGV, angesehen werden zu können, von der aus der Beklagte dann grenzüberschreitende Dienstleistungen in Deutschland erbringen kann (zur Abgrenzung von Niederlassung und Dienstleistungserbringung vgl. EUGH DB 1996, 35). Vielmehr dient die Einrichtung des Büros in den Niederlanden erkennbar nur dem Zweck, formal eine grenzüberschreitende Tätigkeit darstellen zu können, während in der Sache eine bloße Inlandstätigkeit vorliegt. Dem entspricht auch, daß die Mandanten des Beklagten nach seinen eigenen Angaben im Senatstermin zu 90 % in Deutschland ansässig sind und nur zu 10 % in den Niederlanden. Damit fehlt es beim Beklagten an einer effektiven grenzüberschreitenden Tätigkeit, die nach Art. 59 EGV allein geschützt ist.
Das Ergebnis ist aber auch nicht anders, wenn man das Büro des Beklagten als ausreichende Auslandsniederlassung ansieht, von der aus grenzüberschreitende Dienstleistungen erbracht werden können, für die der Beklagte dann prinzipiell den Schutz des Art. 59 EGV in Anspruch nehmen könnte. Zu beachten ist dabei aber, daß sich Art. 59 EGV nur auf die Dienstleistungsfreiheit bezieht, also auf die vorübergehende Tätigkeit im Empfängerstaat. Davon zu unterscheiden ist die dauernde Tätigkeit, die durch die Niederlassungsfreiheit nach Art. 52 EGV geschützt ist (zur Abgrenzung von Niederlassung und vorübergehender Tätigkeit vgl. EUGH DB 1996, 35). Für die Niederlassung als
– ausländischer – Steuerberater in Deutschland bestehen strengere Voraussetzungen als für die vorübergehende Dienstleistungstätigkeit, § 36 Abs. 4 Steuerberatungsgesetz. Diese Voraussetzungen erfüllt der Beklagte nicht. Dementsprechend nimmt der Beklagte auch ausdrücklich nicht das Recht für sich in Anspruch, neben seinem Büro in den Niederlanden in der Bundesrepublik Deutschland eine weitere Niederlassung gründen zu dürfen. Vielmehr reklamiert er ausdrücklich für sich nur das Recht der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 59 EGV.
Das, was der Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland tun will, ist aber keine vorübergehende Tätigkeit im Sinne des Art. 59 EGV mehr, sondern dauernde Beratungstätigkeit. Er will mit dem beanstandeten Werbeschreiben, Mandanten als Dauerkunden gewinnen. Dementsprechend hat er im Senatstermin auch eingeräumt, daß es sich bei seinen Mandanten in der Bundesrepublik Deutschland um solche Dauerkunden handelt. Der Aufbau eines ständigen Mandantenstammes kann aber nicht mehr als vorübergehende Tätigkeit im Sinne des Art. 59 EGV qualifiziert werden, weil eine solche Betrauung von Dauerkunden eine ständige Präsenz im Empfängerstaat erfordert. Eine solche Betreuung von Dauerkunden ist typischer Weise mit der Gründung einer Niederlassung verbunden, während die von Art. 59 EGV erfasste Tätigkeit einzelfallbezogen ist. Schon die Verteilung der Mandanten des Beklagten auf die Niederlande und die Bundesrepublik Deutschland zeigt, daß das Schwergewicht der Tätigkeit des Beklagten gerade nicht in den Niederlanden, sondern in der Bundesrepublik Deutschland liegt. Eine schwerpunktmäßige Tätigkeit kann aber nicht mehr als bloße vorübergehende Tätigkeit qualifiziert werden.
Dem Beklagten nützte es darüber hinaus aber auch nichts, wenn man entgegen den obigen Ausführungen zu seinen Gunsten seine berufliche Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland, noch als vorübergehende Dienstleistung im Sinne des Art. 59 EGV qualifiziert. Denn nach Art. 60 Abs. 3 EGV wird die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 59 EGV nur unter den Voraussetzungen gewährt, die der Empfängerstaat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt. Wie oben bereits erwähnt, hat der EUGH in diesem Zusammenhang mehrfach betont, daß Inländer die Art. 59 ff nicht dazu missbrauchen dürfen, sich den nationalen Vorschriften über die Berufsausbildung und Berufsausübung zu entziehen (EUGH aaO – van Binsbergen; – Knoors). Für einen solchen Mißbrauch spricht hier auch der letzte Satz in dem beanstandeten Werbeschreiben, in dem der Beklagte den Empfängern ankündigt, daß sie ihn jeder Zeit auch privat in Deutschland anrufen könnten.
Unabhängig von diesem Mißbrauchsgesichtspunkt kann der Beklagte sich auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 59 EG gemäß Art. 60 Abs. 3 EGV hier schön deshalb nicht berufen, weil er nicht die Qualifikationen mit sich bringt, die in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Steuerberatungsgesetz erforderlich sind, um Hilfeleistungen in Steuersachen erbringen zu dürfen.
Nach Art. 60 Abs. 3 EGV ist die Freiheit der Dienstleistung durch die allgemeinen Berufsausübungsregeln prinzipiell beschränkbar (BFH Stbg 1994, 503 mit ausführlicher Darstellung der Rechtsprechung des EUGH). Der EUGH macht in dieser Hinsicht nur die Einschränkung, daß die Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit sachlich gebotenen sein müssen (EUGH E 91 I Seite 4221 – Säger; 92 I Seite 3351 – Ramrath). Vor allem aber müssen ausländische Berechtigungen zu der entsprechenden Tätigkeit anerkannt und auf ihre Gleichwertigkeit mit den inländischen Berufsvoraussetzungen überprüft werden (EUGH E 91 I Seite 2357 – Vlassopoulou).
Beide Einschränkungen greifen hier nicht. Daß die Hilfe in Steuersachen, jedenfalls wenn sie so umfassend wie hier angeboten wird, nach § 3 Steuerberatungsgesetz bestimmten Berufsgruppen vorbehalten ist, liegt im Allgemeininteresse (vgl. BFH aaO).
Prüfungen oder Ausbildungsgänge in steuerrechtlicher Hinsicht kann der Beklagte nicht vorweisen. Nach seinen eigenen Angaben im Senatstermin besitzt er lediglich eine kaufmännische Ausbildung und hat sich durch Kurse und Selbststudien im Steuerrecht versucht, steuerrechtlich kundig zu machen. Allein aufgrund dieser Nachweise ist er dann in den Niederlanden in das Handelsregister eingetragen worden. Dann kann der Beklagte auch nach der Rechtsprechung de EUGH aber keine Befreiung von § 3 Steuerberatungsgesetz für sich beanspruchen, nur weil er in den Niederlanden Hilfe in Steuersachen leisten darf. Insoweit werden auch nach der Rechtsprechung des EUGH der freien Dienstleistung Grenzen gesetzt, wenn ein Mitgliedsstaat bestimmte Dienstleistungen in sachlich vertretbarer Weise allgemein an bestimmte Erbringungsvoraussetzungen knüpft (EUGH NJW 1988, 887). Da der Beklagte keine vergleichbaren Qualifikationen vorweisen kann, wie sie nach dem Steuerberatungsgesetz erforderlich sind, um in der Bundesrepublik Deutschland Hilfeleistungen in Steuersachen erbringen zu dürfen, ist dem Beklagten eine solche Tätigkeit auch unter dem Gesichtspunkt der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 59 EGV in der Bundesrepublik Deutschland verwehrt.
Auch das Verbot zu 1 b ist gerechtfertigt. Die vom Beklagten geführte Berufsbezeichnung ist irreführend nach § 3 UWG. Denn der Beklagte ist eben kein Steuerberater. Daß er die gewählte Bezeichnung in den Niederlanden führen darf, steht der Irreführung nicht entgegen. Denn wenn jemand in Deutschland einen bestimmten Titel führt, mit dem der Verkehr ein bestimmtes Berufsbild verbindet, reicht es zur Vermeidung der Irreführung nicht aus, auf die ausländische Herkunft des Titels zu verweisen (BGH GRUR 1992, 525 – Professorenbezeichnung in der Arztwerbung). Vielmehr ist es erforderlich, daß die ausländische Berufsbezeichnung in ihren Erwerbsvoraussetzungen in etwa denen der entsprechenden deutschen Bezeichnung entspricht. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Während der deutsche Steuerberater eine umfangreiche Ausbildung mit anschließender staatlicher Prüfung zu absolvieren hat, vgl. §§ 35 ff Steuerberatungsgesetz, kann man sich in den Niederlanden nach eigener Einschätzung als Steuerberater bezeichnen, was auch vom Beklagten nicht in Abrede gestellt worden ist (vgl. auch das Schreiben der Deutsch-Niederländischen Handelskammer vom 19. Mai 1993 B1. 163 ff. der Akten).
Es ist aber irreführend im Sinne des § 3 UWG, mit einer Berufsbezeichnung zu werben, die auf eine staatliche Prüfung hindeutet, wenn sie in Wahrheit auf bloßer Selbsteinschätzung beruht (vgl. OLG Köln WRP 1994, 130; BGH GRUR 1978, 368 – Gemmologe). Auch wenn der Beklagte danach die niederländische Bezeichnung zu Recht führen darf, so erweckt er doch, wenn er sie in der Bundesrepublik Deutschland führt, damit den Eindruck, entsprechende oder zumindest ähnliche Prüfungen dafür in den Niederlanden abgelegt zu haben, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland erforderlich sind. Denn es ist dem Publikum nicht bekannt, daß die Bezeichnung in den Niederlanden ungeschützt ist. Ohne aufklärende Zusätze ist deshalb auch die niederländische Bezeichnung, in der Bundesrepublik Deutschland geführt, irreführend.
Die vom Beklagten angeregte Vorlage an den EUGH zur Vorabentscheidung nach Art. 177 EGV kommt hier nicht in Betracht, weil es im wesentlichen nur um Tatfragen geht, ob nämlich der vorliegende Sachverhalt so beschaffen ist, daß er unter die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 59 EGV fällt. Damit zusammenhängende Auslegungsfragen zu Art. 59 EGV können durch den EUGH als geklärt angesehen werden (vgl. BFH aaO).
Aus den gleichen Gründen hat der Senat auch nicht die Revision zugelassen, weil es sich vorliegend nicht um eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung handelt, sondern um die Entscheidung eines Einzelfalles, nämlich inwieweit gerade der Beklagte die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 59 EGV für sich in Anspruch nehmen kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §708 Ziff. 10, 711 ZPO.
Ergänzungsurteil vom 3. September 1996:
In dem Rechtsstreit ... hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 3. September 1996 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schwanke und die Richter am Oberlandesgericht Boesenberg und Bähr für Recht erkannt:
Der Antrag des Beklagten auf Ergänzung des Urteilstenors vom 25. Juni 1996 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Ergänzungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand und Entscheidungsgründe:
Der Beklagte beantragt fristgemäß, das Senatsurteil vom 25. Juni 1996, durch das die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 29. November 1995 kostenpflichtig zurückgewiesen worden ist, gemäß § 321 ZPO dahingehend zu ergänzen, daß die Revision zugelassen wird.
Dieses Ergänzungsbegehren des Beklagten muß entsprechend dem Antrag des Klägers schon deshalb zurückgewiesen werden, weil es an einer ergänzungsbedürftigen Entscheidungslücke im vorliegenden Falle fehlt. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob über die Zulassung der Revision überhaupt im Wege der Urteilsergänzung nach § 321 ZPO entschieden werden kann (dagegen: BGH NJW 1981, 2755; bejahend: Zöller/Vollkommer ZPO, 19. Aufl. § 321 Rn. 5; Stein/Jonas/Leipold ZPO, 20. Aufl. § 321 Rn. 11 jeweils mwN). Denn im vorliegenden Fall hat der Senat über die Frage der Revisionszulassung bereits in seinem Urteil entschieden, dessen Ergänzung der Beklagte nunmehr begehrt, nämlich im negativen Sinne dahin, daß die Revision nicht zugelassen wird. Dies ist im Urteilstenor zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen worden. Ein solcher Ausspruch über die Nichtzulassung der Revision bereits im Tenor ist aber weder üblich noch nötig. Es reicht aus, wenn sich wie hier aus den Entscheidungsgründen ergibt, daß die Revision nicht zugelassen wird (Zöller/Schneider 19. Aufl., § 546 Rn. 51; Thomas/Putzo ZPO, 18. Aufl. § 546 Rn. 2-2; MünchKomm-ZPO/Walchshöfer § 546 Rn. 49 jeweils mwN).