Der Kläger war seit 1971 als selbständiger Handelsvertreter für die Beklagte, eine italienische Textilfirma, ua in der Bundesrepublik Deutschland tätig. Mit Schreiben vom 2.9.1976 kündigte er das Vertragsverhältnis fristlos mit der Begründung, die Beklagte habe trotz wiederholter Aufforderung die zum 31.7.1976 fällige Provisionsabrechnung nicht vorgenommen und auch den zum 30.6.1976 vereinbarten Provisionsvorschuß nicht geleistet.
Am 7.9.1976 beantragte der Kläger beim Landgericht Düsseldorf den Erlaß eines dinglichen Arrestes und eines Pfändungsbeschlusses.
Er hat geltend gemacht: Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts folge aus den §§ 919, 23 ZPO, da die Beklagte eine Kaufpreisforderung gegen eine Firma in ... habe. Der Arrestgrund ergebe sich aus § 917 Abs. 2 ZPO, weil das Urteil im Ausland vollstreckt werden müsse. Der Arrestanspruch bestehe aus
a) einer Provisionsforderung in Höhe von 7.512,55 DM,
b) einem Anspruch auf Spesenvergütung in Höhe von 1.016,80 DM,
c) einem Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB, der in Höhe einer nach dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre berechneten Jahresprovision geltend gemacht werde und 50.000 DM betrage.
Das Landgericht hat durch Beschluß vom 8.9.1976 antragsgemäß erkannt.
Die Beklagte hat gegen den Arrestbefehl Widerspruch eingelegt. Sie hat die Ansicht vertreten, ein Arrestgrund liege nach den eigenen Angaben des Klägers nicht vor, wonach sie dem Kläger bekannte pfändbare Forderungen gegen deutsche Kunden habe, die sie auch weiterhin beliefere. Anhand ihrer Abrechnung vom 3.9.1976 sei es ihm zudem ohne weiteres möglich, soweit er überhaupt eine Forderung habe, diese in Deutschland bei den genannten Kunden durchzusetzen. Berücksichtige man ferner, daß der Kläger eine Mehrwertsteuererstattung in Höhe von 6.567,05 DM kassiert habe und sich durch Aufrechnung gegenüber Wechselforderungen der Beklagten befriedigen könne, so sei für den Erlaß eines Arrestes kein Raum.
Die Beklagte hat beantragt, den Arrestbefehl aufzuheben.
Der Kläger hat beantragt, den Arrestbefehl zu bestätigen.
Er hat behauptet, gesichertes Vermögen der Beklagten bestehe in der Bundesrepublik nicht, da es sich ausschließlich um Kundenforderungen handele, die jederzeit bezahlt werden und damit erlöschen könnten.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 16.12.1976 seinen Arrestbefehl wieder aufgehoben. Es hat zur Begründung ausgeführt, § 917 Abs. 2 ZPO setze voraus, daß der Kläger in der Hauptsache vor einem deutschen Gericht ein Urteil erstreiten könne, was aber nach dem Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen und Handelssachen vom 27.9.1968 nicht der Fall sei.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers. Er meint unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens, der von den Parteien nicht gerügte inländische Gerichtsstand sei aufgrund Vereinbarung durch rügelose Einlassung und aufgrund des Erfüllungsortes ... gegeben. Die Beklagte stehe, wie er erst jetzt erfahren habe, seit dem 19.6.1976 unter einem Moratorium, so daß auch die Voraussetzungen des Absatzes 1 des § 917 ZPO gegeben seien. Ihr Umsatz in der Bundesrepublik sei nach seinem Ausscheiden außerordentlich gesunken, ihre finanzielle Lage habe sich ausweislich des Moratoriums überaus verschlechtert, die Vollstreckungsmöglichkeit auch im Inland verschlechtere sich daher von Tag zu Tag. Schließlich sei ein Arrestgrund darin zu sehen, daß die Beklagte bewußt vertragswidrig gehandelt habe, indem sie ihm über Monate keine Abrechnung erteilt und die Provisionszahlungen einseitig eingestellt habe.
Der Kläger hat den Antrag angekündigt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils den Arrestbefehl zu bestätigen.
Er hat sodann mitgeteilt, über das Vermögen der Beklagten sei das Konkursverfahren eröffnet worden.
In der mündlichen Verhandlung hat er hinsichtlich des geltendgemachten Ausgleichsanspruchs in Höhe von 50.000 DM die Hauptsache für erledigt erklärt. Er hat weiterhin geltend gemacht, die Wechselforderungen der Beklagten seien schon in früherer Zeit verrechnet worden; unter Einbeziehung einer inzwischen fällig gewordenen weiteren Provisionsforderung verschulde die Beklagte ihm aus Provisionsforderungen und Spesenvergütungen rund 10.000 DM.
Der Kläger hat zunächst beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils den beantragten Arrestbefehl in Höhe von 10.000 DM zu erlassen und die Kosten des in der Hauptsache erledigten Teils der Beklagten aufzuerlegen.
Der Kläger hat sodann seinen Zahlungsanspruch mit 10.063,91 DM abzüglich einbehaltener Mehrwertsteuerrückvergütung in Höhe von 4.643,78 DM berechnet.
Er beantragt schließlich, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils den beantragten Arrestbefehl in Höhe von 5.420,13 DM zu erlassen und die Kosten des in der Hauptsache erledigten Teils der Beklagten aufzuerlegen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise ihr Vollstreckungsschutz zu gewähren.
Sie hält unter Wiederholung und Ergänzung ihres bisherigen Vorbringens das angefochtene Urteil für zutreffend. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachstandes und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Unterlagen sowie auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die Sitzungsniederschrift vom 4.5.1977 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sachlich jedoch nur zum Teil gerechtfertigt.
Der Senat war entscheidungsbefugt. Der von den Beklagten mit Nichtwissen bestrittene Behauptung des Klägers, über das Vermögen der Beklagten sei der Konkurs eröffnet worden, brauchte nicht nachgegangen zu werden. Ein im Ausland eröffnetes Konkursverfahren unterbricht nach dem Heimatgrundsatz des § 237 KO Inlandsverfahren nicht, da die Beschlagnahmewirkung sich nicht auf Inlandsvermögen erstreckt (vgl Baumbach ZPO, 35. Aufl, § 240 Anm. 1 mNw).
Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf für die Entscheidung über den Arrestantrag folgt aus Art. 24 EuGÜbk vom 27.9.1968, in Kraft getreten am 1.2.1973. Hiernach können die in dem Recht eines Vertragsstaats vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind, bei den Gerichten dieses Staates auch dann beantragt werden, wenn für die Entscheidung in der Hauptsache das Gericht eines anderen Vertragsstaats auf Grund dieses Übereinkommens zuständig ist. Mithin konnte der Kläger unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob für die Klage zur Hauptsache gemäß den Art. 2 Abs. 1; 53 EuGÜbk das italienische Gericht in ... zuständig ist, vor einem deutschen Gericht den Arrestbefehl beantragen. Da insoweit die nationalen Regeln unberührt bleiben (Geimer NJW 1976, 441, 446 aE), konnte gemäß § 919 ZPO die Anordnung des Arrestes auch vor dem Gericht beantragt werden, das nach deutschem Recht als Gericht zur Hauptsache in Betracht käme. Das ist in Anbetracht des Streitwertes das Landgericht.
Der Arrestantrag ist in dem erkannten Umfang begründet. Der Kläger hat insoweit den Arrestanspruch und den Arrestgrund glaubhaft gemacht.
Zum Arrestanspruch hat der Kläger dargelegt und eidesstattlich versichert: Er habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Provisionszahlung und auf Spesenvergütung in Höhe von insgesamt 5.420,13 DM. Dabei sei bereits berücksichtigt, daß er seinerzeit 4.643,78 DM Mehrwertsteuerrückvergütung als Provisionsvorschuß einbehalten habe. Weitere 1.923,27 DM habe er nicht einbehalten, sondern an eine Frau ... zur Begleichung ihrer Rechnung überwiesen. Die Wechselforderungen, die die Beklagte gegen ihn erlangt habe, seien in früherer Zeit bereits verrechnet worden.
Es bestehen keine Anhaltspunkte, die Glaubwürdigkeit dieses Vorbringens zu bezweifeln.
Gemäß § 917 Abs. 2 ZPO ist es als zureichender Arrestgrund anzusehen, daß das Urteil im Ausland vollstreckt werden müßte. Dabei kann der Ansicht des Landgerichts nicht gefolgt werden, diese Voraussetzung wäre nur dann erfüllt, wenn der Kläger in der Hauptsache vor einem deutschen Gericht ein obsiegendes Urteil erstreiten könnte.
Es kann dahingestellt bleiben, ob, wie das Landgericht und die Beklagte meinen, schon jetzt feststeht, daß hier nur ein italienisches Gericht als Gericht der Hauptsache in Betracht kommt (vgl hierzu Art. 18 EuGÜbk, Geimer aaO S 446, Schlosser NJW 1977, 457, 459). Der Grundsatz, es müsse sich um ein deutsches Urteil handeln (Baumbach, § 917 Anm. 2 aE), kann im Rahmen des europäischen Abkommens keine Anwendung finden. Er steht seinem Sinngehalt entgegen. Die erwähnte Regelung des Art. 24 EuGÜbk setzt geradezu voraus, daß das Urteil in der Hauptsache in einem anderen Vertragsstaat ergeht. Soweit das Übereinkommen reicht, sind Urteile der Vertragsstaaten inländischen Urteilen gleichzusetzen. Die in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidungen werden in dem anderen anerkannt, ohne daß es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf (Art. 26 EuGÜbk). Das bedeutet andererseits nicht, daß die Vertragsstaaten nun nicht mehr als Ausland im Sinne des § 917 Abs. 2 ZPO angesehen werden könnten und § 917 Abs. 2 ZPO daher im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft nicht mehr zur Anwendung gelangen könnte. Das Übereinkommen läßt die Staatsgrenzen unberührt. Die Vertragsstaaten bleiben Ausland.
Der Kläger hat dargelegt und glaubhaft gemacht, daß das Urteil zur Hauptsache in Italien vollstreckt werden müßte. Hierzu genügt bereits, daß wahrscheinlich im Ausland zu vollstrecken ist. Vermögen im Inland steht nur entgegen, falls es ausreicht und nicht die Gefahr der Vereitelung des Zugriffs des Gläubigers besteht (Baumbach § 917 Anm. 2, Stein-Jonas, 19. Aufl, § 917 Anm II 1). Es kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen hierzu als Ausnahmetatbestand der Schuldner und nicht der Gläubiger darzulegen hat. Der Kläger hat glaubhaft gemacht, daß im Zeitpunkt der Entscheidung in der Hauptsache der Vollstreckung zugängliches Inlandsvermögen der Beklagten voraussichtlich nicht mehr vorhanden sein wird:
Die Beklagte, die jetzt in Konkurs gegangen sein soll, wurde bereits am 19.5.1976 unter ein Moratorium gestellt. Ihre finanzielle Lage hat sich dadurch überaus verschlechtert. Ihr Umsatz in der Bundesrepublik ist außerordentlich gesunken. Bei dem zur Zeit noch bestehenden Inlandsvermögen der Beklagten handelt es sich ausschließlich um Kundenforderungen, die ihrem Entstehungsgrund nach (Kaufpreis) typischerweise kurzfristig fällig sind und jederzeit durch vertragsgemäße Bezahlung, von der ausgegangen werden muß, erlöschen können. Zudem ist die Befürchtung des Klägers begründet, die Beklagte habe aufgrund des Moratoriums, wenn überhaupt, dann nur noch gegen Barzahlung oder Akkreditiv nach Deutschland geliefert. Dagegen, daß im Zeitpunkt des Urteils in der Hauptsache Inlandsvermögen der Beklagten vorhanden sein wird, spricht schließlich die vom Kläger behauptete Tatsache, die Beklagte sei inzwischen in Konkurs gegangen. Die Beklagte hat den Konkurs in der mündlichen Verhandlung unzulässigerweise (§ 138 Abs. IV ZPO) mit Nichtwissen bestritten.
Nach alledem ist der Arrestantrag in dem vom Kläger zuletzt begehrten Umfange begründet.
Der Kläger hat den sachdienlichen Antrag gestellt, insoweit einen neuen Arrestbefehl zu erlassen. Eine teilweise Bestätigung des Arrestbefehls vom 8.9.1976 kommt nicht in Betracht. Er ist bereits mit Erlaß des angefochtenen Urteils weggefallen. Die aufgrund jenes Arrestbefehls ergangenen Pfändungsbeschlüsse hat das Landgericht nach Erlaß seines Urteils gemäß den §§ 776, 775 Nr. 1 ZPO aufgehoben. Eine Vollziehung des bestätigten Arrestbefehls wäre gemäß § 929 Abs. 2 ZPO wegen Fristablaufs unstatthaft. Die früheren Pfändungen würden nicht wieder aufleben (OLG Düsseldorf, MDR 1962, 660; Baumbach § 925 Anm. 3). Das hat zur Folge, daß der Arrest in der Berufungsinstanz, sofern diese zu einem anderen Ergebnis als der Vorderrichter gelangt, neu erlassen werden muß (Stein-Jonas, § 925 Anm III 1; Winkler MDR 1962, 88; Wieczorek § 925 Anm B III b 1; München OLGZ 1969, 196; OLG Düsseldorf aaO; Thomas-Putzo, 9. Aufl, § 925 Anm. 2; RGZ 32, 424).
Soweit der Kläger seinen Arrestantrag nicht mehr aufrechterhält, war der Antrag zurückzuweisen. Es ist weder in Höhe des ursprünglich geltend gemachten Ausgleichsanspruchs eine Erledigung der Hauptsache eingetreten noch liegt im übrigen eine wirksame Berufungsrücknahme oder Antragsrücknahme vor.
Zu einer Rücknahme hätte es der Einwilligung der Beklagten bedurft (§§ 515, 271 ZPO). Die Beklagte hat aber Zurückweisung der Berufung beantragt. Sie hat damit auch der Erledigung der Hauptsache widersprochen.
Die Erledigungserklärung des Klägers ist unwirksam, da der Arrestantrag, was die Ausgleichsforderung anbelangt, von vornherein unbegründet war. Das ergibt sich aus den dargelegten Gründen, die zu einer Bejahung der Voraussetzungen des § 917 Abs. 2 ZPO führten. Danach sind die Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch des Klägers nicht eingetreten. Nach § 89b HGB kann der Handelsvertreter von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit ua der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat. Hiervon kann vorliegend nach dem eigenen Vorbringen des Klägers keine Rede sein, wonach sich die finanzielle Lage der Beklagten ausweislich des Moratoriums überaus verschlechtert hat und ihr Umsatz in der Bundesrepublik außerordentlich gesunken ist.
Soweit der Kläger geltend macht, es berühre seinen Ausgleichsanspruch nicht, wenn die Beklagte den von ihm in der Bundesrepublik aufgebauten Kundenstamm infolge kaufmännischen Unvermögens nicht nutze, steht dem entgegen, daß der Handelsvertreter jedenfalls die anspruchshindernden oder anspruchsmindernden Auswirkungen solcher Entscheidungen des Unternehmers hinnehmen muß, die wirtschaftlich vertretbar sind, zB bei einer Betriebseinschränkung oder Betriebsstillegung (Schröder, Recht der Handelsvertreter, § 89b Rd 6e mNw).
Ein Ausgleichsanspruch läßt sich auch nicht daraus herleiten, daß die Beklagte, wie der Kläger behauptet, sich durch Vorenthaltung der Abrechnung und einseitige Einstellung der Provisionszahlungen bewußt vertragswidrig verhalten hat. Ganz ausnahmsweise kann der Handelsvertreter den ihm entgehenden Ausgleichsbetrag als Schadensersatz von dem Unternehmer verlangen, wenn keinerlei wirtschaftlich beachtlichen Gründe dem Unternehmer zur Seite stehen und er seine Handlungen nur deshalb vornimmt, um die Ausgleichszahlung nicht leisten zu müssen (Schröder aaO Rd 6g). Davon kann hier schon deshalb keine Rede sein, weil die Beklagte schon beim Ausscheiden des Klägers mehrere Monate unter Moratorium stand.